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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 17.06.2018

Brutale Morde im Outback

Die Schlingen der Schuld
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Detective Daniel Clement ist nach erfolgreicher Polizeiarbeit in Perth auf Grund privater Veränderungen (Scheidung) in die Einsamkeit des Outback zurückgekehrt und arbeitet nun in der ruhigen Polizeidienststelle ...

Detective Daniel Clement ist nach erfolgreicher Polizeiarbeit in Perth auf Grund privater Veränderungen (Scheidung) in die Einsamkeit des Outback zurückgekehrt und arbeitet nun in der ruhigen Polizeidienststelle seines früheren Heimatortes. Ein äußerst brutaler Mord an einem Deutschen in den Mangrovensümpfen beendet jedoch bald sein ruhiges Polizistenleben, denn nun sind intensive Recherchen erforderlich, die Spuren nach Deutschland und in das Hamburger Drogenmilieu der 80er Jahre aufdecken. Schon bald passiert ein zweiter Mord....
Sehr positiv zu erwähnen sind zunächst die landeskundlichen Informationen zum Outback, die den Leser die Einsamkeit und die Weite dieser Region fühlen lassen und zugleich auch die damit verbundenen Probleme. Auch das Cover ist sehr schön gestaltet und präsentiert ein Stimmungsbild zu diesem Krimi.
Der Fall selbst ist recht komplex, erfordert gründliche Ermittlungsarbeit, weist auch einige falsche Spuren auf, wird schließlich aber logisch durchdacht gelöst. Am Anfang noch ziemlich unspektakulär, wird die Handlung dann aber immer spannender und löst beim Leser ein vielseitiges Miträtseln aus, das öfters in die falsche Richtung läuft, aber das macht es ja umso aufregender. Es erfolgen immer wieder informative Rückblicke auf die Hamburger Zeit, die allmählich Licht ins Dunkel bringen. Der Showdown vollzieht sich, als ein Zyklon über den Outback hinwegfegt und schafft eine unheimliche Szenerie.
Was mir überhaupt nicht gefallen hat (deshalb der Punktabzug) sind die Längen in der Beschreibung des Detective Clement, angefangen bei seinen Gedanken an seine Exfrau und seine Tochter, weiter mit seinen Erinnerungen an seine Kindheit und die damalige Rolle seines Vaters und letztendlich z.B. auch sein Zahnweh, das ihn über längere Zeit beschäftigt. Ein wenig Information zum Privatleben des Ermittlers ist ja interessant und sinnvoll, aber hier gibt es zuviel davon. Diese Passagen waren sehr langatmig und minderten die Spannung. Demzufolge ist mir der Protagonist weder sympatisch noch unsympathisch und hinterlässt keine bleibende Erinnerung.
Ich kann das Buch sowohl Krimi- als auch Australienfans empfehlen, würde mir aber wünschen, dass bei weiteren Clement-Krimis, die wohl geplant sind, die privaten Ausführungen deutlich gekürzt werden.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Atmosphäre
  • Spannung
  • Charaktere
  • Geschichte
Veröffentlicht am 12.06.2018

Provenzalischer Genuss

Das Grab unter Zedern (Ein-Leon-Ritter-Krimi 4)
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Krimigenuss pur - so gefällt es mir!
- Ein Krimi mit einigen Verdächtigen, der zum Miträtseln einlädt
- Ein logisch konstruierter Fall mit glaubwürdigen Charakteren
- Ein Schauplatz, der viel Provenz-Atmosphäre ...

Krimigenuss pur - so gefällt es mir!
- Ein Krimi mit einigen Verdächtigen, der zum Miträtseln einlädt
- Ein logisch konstruierter Fall mit glaubwürdigen Charakteren
- Ein Schauplatz, der viel Provenz-Atmosphäre vermittelt
Paul Simon wird verdächtigt, seine Tochter ermordet zu haben, wird inhaftiert, aber nach 5 Jahren mangels Beweisen aus der Haft entlassen. Er kehrt in seinen Heimatort zurück, wo er weiter als Kindermörder angesehen und entsprechend behandelt wird. Der Fall muss nun neu aufgerollt werden und führt zu weiteren Morden, neuen Erkenntnissen und neuen Gefahren. Der Rechtsmediziner Leon Ritter gewinnt durch seine präzise Arbeit neue Einsichten und beginnt privat zu ermitteln, was ihn in große Bedrängnis bringt, aber schließlich den komplexen Fall aufklärt.
Nach dem dramatischen Prolog beginnt die eigentliche Handlung zunächst recht unspektakulär, entwickelt sich aber schnell zu einem spannenden Kriminalfall, in dem man mitfiebert, um den Täter endlich zu ermitteln. Mir ging es so, dass ich das Buch ungern aus der Hand gelegt habe, was natürlich auch am lebendigen Schreibstil des Autors liegt, auf der einen Seite das provenzalische Lebensgefühl vermittelt, auf der anderen Seite aber auch einen verzwickten, aber durchaus nachvollziehbaren Kriminalfall aufbaut.
Der Hauptprotagonist Dr. Leon Ritter ist mir sehr sympathisch, da er ein aufrechter Charakter ist, der auch bereit ist, gegen den Strom zu schwimmen, aber nicht radikal, sondern in liebenswürdiger Art und Weise. Er verfügt über einen feinen Humor, der sich in vielen Situationen zeigt, teilweise als Ironie. Er hat den Tod seiner früheren Frau Sarah weitgehend überwunden und genießt wieder das Leben, gemeinsam mit der Kommissarin Isabelle Morell und deren Tochter. Leon und Isabell bilden ein gutes Ermittler-Duo, wobei jeder auch mal Alleingänge unternimmt.
Ich kann das Buch jedem empfehlen, der bodenständige Krimikost mag, ohne derbe Brutalität oder sensationsträchtige Aktionen. Es macht Spaß, das Buch zu lesen, und ich muss gestehen, dass dies mein erster Leon-Ritter-Krimi war, es aber sicher nicht mein einziger bleiben wird.

Veröffentlicht am 28.05.2018

Was geschah mit Billy?

Sommernachtstod
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Ein kleiner Junge, Billy, verschwindet spurlos und wird trotz intensiver Suche und intensiven Recherchen seitens der Polizei nicht gefunden. Seine Mutter verzweifelt in dieser schlimmen Situation und begeht ...

Ein kleiner Junge, Billy, verschwindet spurlos und wird trotz intensiver Suche und intensiven Recherchen seitens der Polizei nicht gefunden. Seine Mutter verzweifelt in dieser schlimmen Situation und begeht schließlich Selbstmord. 20 Jahre später versucht seine Schwester Vera Lindh, eine Gesprächstherapeutin, erneut, Licht in die Sache zu bringen, nachdem in einer Trauergruppe ein junger Mann, Isak, auftaucht, der anscheinend mehr über den Fall Billy weiß. Sie beginnt ihre Recherchearbeit und stößt auf so manche Merkwürdigkeit, aber auch auf Ablehnung seitens ihrer Familie......
Das Cover präsentiert den Giebel eines typischen Schwedenhauses, aber irgendwie ist keine Bewegung im Bild, alles erscheint erstarrt und bedrohlich, ein guter Einstieg in diesen famosen Krimi mit seiner unheilvollen Atmosphäre.
Die Handlung läuft in 2 Erzählsträngen ab: im Sommer 1983, als Billy verschwand, und 20 Jahre später, als Vera den Fall wieder aufrollt. Beide Handlungsebenen wechseln sich ab, sind Zeugen der verzweifelten Situation, wobei die aktuelle Ebene mehr Informationen und Details liefert, wodurch sich der Fall hochspannend und außerdem mysteriös darstellt.
Der Schreibstil ist flüssig, abwechslungsreich und konnte mich bis zum Ende fesseln, denn der Autor Anders de la Motte versteht es, Spannung aufzubauen und diese auch logisch zu steigern bis zu der überraschenden Auflösung. Immer wieder schiebt er neue Spannungselemente ein, so dass man das Buch nicht weglegen möchte. Immer wenn ich eine Pause einlegen wollte, habe ich zunächst in das neue Kapitel hineingelesen.... Endlich nochmal ein Krimi, der mich zum Miträtseln motiviert und mir immer wieder neue Anhaltspunkte geliefert hat. Bis zum Ende hält die Ungewissheit an, denn erst dann erfährt man die genaueren Umstände des Falles und ob Billy noch lebt.....
Sympathisch ist mir die Figur des leitenden Kommissars Mansson, der trotz ständiger Kritik die Ruhe behält , stets freundlich ist und engagiert ermittelt. Allerdings kommt er nicht gegen die eingeschworene Dorfgemeinschaft an und zieht sich deshalb zurück. Die anderen Protagonisten finden nicht meine uneingeschränkte Symathie, da sie alle irgendetwas verheimlichen oder vertuschen wollen.
Ich habe das Buch sehr gern gelesen und möchte es jedem empfehlen, der bodenständige Krimikost mag, ohne reißerische Stunteinlagen oder nicht nachvollziehbare Elemente. Hier ist jeder Schritt folgerichtig und transportiert den Leser in die Handlung, so dass er an den Ermittlungen teilhat. Wirklich gelungen!!!

Veröffentlicht am 21.05.2018

Thriller???

Zu nah
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Frankie Sheehan, Detective bei der Dubliner Gardai, ist gerade wieder in ihren Dienst zurückgekehrt, nachdem sie in ihrem vorigen Fall schwer verletzt wurde und die psychischen Folgen noch nicht vollständig ...

Frankie Sheehan, Detective bei der Dubliner Gardai, ist gerade wieder in ihren Dienst zurückgekehrt, nachdem sie in ihrem vorigen Fall schwer verletzt wurde und die psychischen Folgen noch nicht vollständig überwunden hat. Ihr wird alsbald trotz Bedenken von Seiten ihres Chefs die Ermittlung in einem neuen Todesfall übertragen, da die Dubliner Polizei gerade unter Personal- und Geldmangel leidet. Was zunächst wie Selbstmord aussieht, entpuppt sich schnell als brutaler Mord. Im Laufe der Ermittlungen, während es noch weitere Opfer gibt, fällt es Frankie zunehmend schwer, konzentriert zu ermitteln, da sie immer noch traumatisiert ist. Zudem handelt es sich um äußerst brutale Morde, mit sadomasochistischen Zügen.
Die Story mit ihren Hintergründen ist originell und hätte durchaus Potenzial für einen nervenaufreibenden Thriller, aber leider wird die Spannung nur ganz langsam aufgebaut, eigentlich erst ab dem letzten Drittel. Vorher laufen die Ermittlungen zu langatmig, und die traumatisierenden Ereignisse des vorigen Falls treten in Flashbacks immer wieder in den Vordergrund. Frankie ist noch nicht gänzlich in der Lage, zuverlässig im Team zu arbeiten, macht vieles im Alleingang und ertränkt ihre Probleme in Alkohol und Tabletten.
Im letzten Drittel gibt es schließlich einige Verdächtige und man fängt an mitzurätseln, wer es denn gewesen sein könnte (endlich die gewünschte Spannung!), aber dann kommt der Showdown - und man ist total enttäuscht...Auch im Verlauf der Handlung sind einige Szenen unglaubwürdig und inkonsequent.
Richtig sympathisch ist mir keiner der Protagonisten, auch nicht die Hauptermittlerin. Irgendwie verfällt sie oft in Selbstmitleid anstatt wieder neu durchzustarten...Die anderen Personen werden nicht intensiv genug vorgestellt, um Sympathie oder Antipathie zu fühlen. Einige Personen, die Erwähnung finden, hätten ruhig weggelassen werden können, da sie für den Handlungsverlauf unerheblich bleiben.
Lobend hervorheben kann ich die Leistung der Sprecherin Sabine Godec, die ihre Stimme personenbezogen variierte und auf die jeweilige Szene abstimmte. Ich habe ihrer Lesung gern zugehört und kann sie jedem empfehlen.
Alles in allem würde ich diesen Krimi als mittelmäßig einstufen, keine nervenaufreibende Spannung, aber ein origineller Fall. Ich hätte mir vom Setting mehr landeskundliche Informationen über Irland gewünscht, was leider überhaupt nicht zutraf. Aber davon abgesehen, meine Empfehlung für alle Krimifans, die es eher ruhig mögen....

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Stimme
  • Spannung
  • Figuren
  • Atmosphäre
Veröffentlicht am 04.05.2018

Karl Marx und seine heimliche Liebe: Lenchen

Revolution im Herzen
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Anfang des 19. Jahrhunderts: es herrscht große Armut, und der Unterschied zwischen Arm und Reich ist extrem....Lenchen Demuth verlässt im zarten Alter von 8 Jahren ihre Heimat, nachdem ihr Vater verstorben ...

Anfang des 19. Jahrhunderts: es herrscht große Armut, und der Unterschied zwischen Arm und Reich ist extrem....Lenchen Demuth verlässt im zarten Alter von 8 Jahren ihre Heimat, nachdem ihr Vater verstorben ist und sie sich zu Hause ungeliebt fühlt. Sie möchte in Trier als Hausmädchen arbeiten und Geld für ihre Familie verdienen. Durch einen großen Zufall kommt sie in das Haus der Familie des Barons von Westfalen und verdient bei harter Arbeit tatsächlich ihr erstes Geld. Später heiratet die Tochter des Hauses Karl Marx, und so wird Lenchen einige Zeit später Dienstmädchen im Hause Marx.
Lenchen Demuth ist ein starker Charakter, denn sie ist fleißig, ehrgeizig und intelligent. Zunächst habe ich nur gestaunt, was Lenchen alles schafft, sie ist ja noch ein Kind, aber vom Ehrgeiz getrieben, Geld zu verdienen. Anfangs ist sie total unterwürfig als Mädchen für alles, aber sie gewinnt immer mehr Selbstbewußtsein und wird zu einer starken Frau, die im Hause Marx unentbehrlich ist. Auch als unverheiratete schwangere Frau bleibt sie ihrer Linie treu und standfest.
Auch die junge Baronesse Jenny von Westfalen ist eine sympathische Figur, denn sie schaut nicht auf Lenchen herab, sondern hilft ihr, vertraut ihr und wird zu ihrer Freundin. Durch sie lernt Lenchen das Lesen und Schreiben und erfährt grundlegende Lebensweisheiten.
Karl Marx ist zunächst ein Negativcharakter, denn er ist der arrogante Sprößling einer reichen Ratsfamilie, der auf Dienstmädchen herabblickt und sie dies auch spüren lässt. Dies ändert sich aber zusehends....
Ich habe das Buch gern und interessiert gelesen, der Schreibstil ist sehr flüssig und macht Lust auf mehr. Lenchens Biographie ist spannend und lesenswert. Einzig manche Beschreibungen, z.B. der Schachzüge, waren mir zu detailliert und eine Spur zu langweilig.
Was mir besonders gut gefallen hat, ist die politische Hintergrundinformation. Was ich zu Schulzeiten nie richtig verstanden habe über die Marx/Engels Theorie, wird mir hier klar und gut verständlich. Ich liebe diese Bücher, die vordergründig Roman sind und gleichzeitig reales Wissen vermitteln.
Ich kann das Buch jedem empfehlen, der historische Romane mag, die anhand einer Biographie auch die Hintergründe der jeweiligen Zeit realistisch darstellen. Es ist keine leichte Unterhaltungsliteratur, sondern versetzt uns in eine andere Zeit, in die wir beim Lesen abtauchen, aus der wir aber auch gern wieder in unsere Zeit zurückkehren.