Profilbild von Tamagotchi

Tamagotchi

Lesejury Star
offline

Tamagotchi ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Tamagotchi über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 24.07.2018

Aufbruch zur Selbstbestimmung

Ida
0

Ida wächst in wohlbehüteten Verhältnissen auf und leidet keine offensichtliche Not, aber ihre Seele leidet auf Grund der schwierigen Familienstruktur, ihrer von der Mutter zugewiesenen Rolle als Mädchen, ...

Ida wächst in wohlbehüteten Verhältnissen auf und leidet keine offensichtliche Not, aber ihre Seele leidet auf Grund der schwierigen Familienstruktur, ihrer von der Mutter zugewiesenen Rolle als Mädchen, das sich unterzuordnen hat, und wegen der immer schwieriger werdenden Situation als Jüdin.
Durch die psychische Belastung entstehen Krankheitssymptome, die sich nicht erklären lassen und die Ida schließlich zu Dr Freud führen. In vielen Sitzungen wird eine Psychoanalyse vorgenommen, um Ida von ihren psychsomatischen Leiden zu befreien. Sie ist gespalten zwischen Zustimmung und Ablehnung. Schließlich beendet sie auf eigenen Wunsch die 'Kur' bei Freud, um selbstbestimmt zu leben, was ihr teilweise gelingt....
Trotz einiger langatmiger Passagen über den historischen Hintergrund hat mich diese Biographie gefesselt, und ich habe sie gern gelesen. Besonders die detaillierte Beschreibung der Vorgehensweise der Psychoanalyse fand ich sehr interessant. Ich denke, dass die Autorin sehr viel Mühe investieren musste, um diese Phase in Idas Leben zu rekonstruieren. Und auch sonst fand ich es spannend zu lesen, wie Ida mit den Herausforderungen des Lebens, z.B. die Geburt ihres Sohnes, mit ihren Freunden und auch mit 'falschen Freunden' umgegangen ist. Durch häufige Zeitsprünge versteht es die Autorin Erklärungen einzubringen und Ursachen zu enthüllen.
Eine Sympathieträgerin ist Ida auf keinen Fall, denn sie stößt viele Leute vor den Kopf durch Sturheit und Arroganz, z.B. ihren eigenen Sohn, auch als er schon erwachsen ist. Und sie möchte immer die dominante Rolle spielen, worunter auch engste Familienangehörige leiden. Empathie fehlt ihr weitgehend! Auf der anderen Seite gibt sie nicht auf, sondern kämpft mit allen Kräften, um aus einer ausweglos scheinenden Situation zu entkommen. Letzteres zeigt sich besonders, als der Nationalsozialismus den Juden das Leben immer schwerer macht und sie sich zur Emigration entschließt.
Die Beschreibung der Hintergründe, besonders während des 1.Weltkriegs, fand ich zu detailliert beschrieben, was mich etwas gelangweilt hat, aber ansonsten ein prachtvolles Buch. Ich kann es jedem empfehlen, der Biographien über starke Persönlichkeiten liebt und auch Freudianern, denn hier werden die Anfänge der Psychoanalyse an einem authentischen Fall geschildert.

Veröffentlicht am 09.07.2018

Spektakuläre Mordserie im Westerwald

Der Alphabetmörder (Ein Grall-und-Wyler-Thriller 1)
0

Diesen Thriller musste ich unbedingt lesen, da er lokal gesehen in unmittelbarer Nachbarschaft stattfindet und mir viele der genannten Örtlichkeiten durchaus bekannt sind. Zunächst habe ich einen soften ...

Diesen Thriller musste ich unbedingt lesen, da er lokal gesehen in unmittelbarer Nachbarschaft stattfindet und mir viele der genannten Örtlichkeiten durchaus bekannt sind. Zunächst habe ich einen soften Regionalkrimi vermutet, wurde dann aber bereits vom 1.Kapitel an eines besseren belehrt, denn dieser Thriller ist voll fesselnder Spannung.
Ein Mörder ist unterwegs und hinterlässt auf seinen grausam getöteten Opfern die einzelnen Buchstaben des Alphabets. Werden die Opfer zufällig ausgewählt? Oder besteht ein Zusammenhang zwischen ihnen, der auch mit den Buchstaben zu tun hat? Um mehr über den Mörder herauszufinden, schickt das LKA zwei junge Profiler als Unterstützung für das Ermittlungsteam, Jan Grall und Rabea Wyler.
Jan Grall stammt aus dem Westerwald, arbeitet aber ungern dort, weil sein Aufenthalt dort unbewältigte Erinnerungen an seine Jugendzeit wiederbelebt. Nach und nach erfahren wir mehr über dramatische Ereignisse in Jans Vergangenheit....
Der Autor versteht es, den Leser in Spannung zu versetzen und den Lesefluss zu garantieren. Es ist eins dieser Bücher, die man nicht weglegen möchte, dazu tragen auch die relativ kurzen Kapitel bei....Außerdem rätselt man von Anfang an mit, wer der Täter sein könnte und dem Leser wird auch manche falsche Spur gelegt, was das Lesen noch spannender macht. Diese überraschenden Wendungen und die insgesamt sehr düstere Atmosphäre garantieren Spannung bis zum Schluss. Auch der Perspektivwechsel hat mir gut gefallen, denn neben der Handlung kommen sowohl Opfer als auch Täter zu Wort.
Ein weiterer Pluspunkt ist die Beschreibung der einzelnen Taten, man bekommt eine Ahnung der Brutalität, mit der der Täter vorgeht, aber der Autor verliert sich nicht im Blutrausch.
Was mir nicht so gut gefallen hat, sind die auffällig problembeladenen Protagonisten, allen voran Jan Grall. Jeder der Hauptakteure hat irgendeine schwere Belastung, die sein Leben beeinflusst, oder ist sonst irgendwie exzentrisch, wie z.B. die Deutschjapanerin. Da wäre ein bisschen weniger vielleicht realer gewesen.
Aber das schadet der Spannung nicht und mindert für mich auch nicht die Sterne. Ich würde das Buch jedem empfehlen, der einen spannenden und unterhaltsamen Thriller sucht. Mich hat das Buch überzeugt und ich bin gespannt auf weitere Bände......

Veröffentlicht am 02.07.2018

Keine Empathie

Der Flüstermann: Thriller
0

Zunächst fällt einem das typische Shepherd-Cover ins Auge, in den Farben weiß-schwarz-blutrot gehalten, und nicht überladen. Das macht neugierig!
Nachdem ich bereits die 'Krähenmutter' sehr aufregend und ...

Zunächst fällt einem das typische Shepherd-Cover ins Auge, in den Farben weiß-schwarz-blutrot gehalten, und nicht überladen. Das macht neugierig!
Nachdem ich bereits die 'Krähenmutter' sehr aufregend und fesselnd fand, kann ich nur sagen, dass dieser Thriller kein bisschen hinterherhinkt. Ich habe das Buch nicht weglegen gemocht, und wenn ich unterbrechen musste, habe ich immer kurz in das nächste Kapitel hineingelesen.
Auch hier geht es wieder um Morde, die nur ein Psychopath begangen haben kann, denn er mordet ohne jegliche Empathie für die Opfer. Ein Gewissen scheint er nicht zu haben, denn Mitleid ist ihm fremd, auch wenn die Opfer ihn anflehen...
Die Art der Morde zeigt uns die große Kreativität der Autorin. Der Täter bringt die Opfer in seine Gewalt und quält sie grauenvoll zu Tode. Wo ist das Verbindungsglied zwischen den einzelnen Opfern? Zunächst zeigt sich kein offensichtlicher Zusammenhang. Und hier zeigt sich, wie gut Catherine Shepherd die Kunst des Krimi-Schreibens beherrscht, denn sie legt ganz geschickt immer wieder falsche Spuren, die den Leser zum Miträtseln anregen.
Der Schreibstil ist flüssig und lässt sich mühelos lesen. Die Spannung setzt direkt beim Prolog ein und hält bis zum Epilog an.
Was mir ein wenig missfällt ist, dass sich hier auch wieder eine Liaison zwischen zwei Ermittlern anbahnt, das ist in vielen Krimis bereits zum Klischee geworden. Das muss doch nicht sein, können Mann und Frau nicht zusammen arbeiten, ohne dass eine Beziehung entsteht? Aber ich kann darüber hinweglesen
Ich kann diesen Thriller wärmstens jedem empfehlen, der Spannung und die Möglichkeit zum Miträtseln sucht, denn hier findet man beides, und man kommt nicht eher zur Ruhe, bis der Fall gelöst ist.

Veröffentlicht am 17.06.2018

Brutale Morde im Outback

Die Schlingen der Schuld
0

Detective Daniel Clement ist nach erfolgreicher Polizeiarbeit in Perth auf Grund privater Veränderungen (Scheidung) in die Einsamkeit des Outback zurückgekehrt und arbeitet nun in der ruhigen Polizeidienststelle ...

Detective Daniel Clement ist nach erfolgreicher Polizeiarbeit in Perth auf Grund privater Veränderungen (Scheidung) in die Einsamkeit des Outback zurückgekehrt und arbeitet nun in der ruhigen Polizeidienststelle seines früheren Heimatortes. Ein äußerst brutaler Mord an einem Deutschen in den Mangrovensümpfen beendet jedoch bald sein ruhiges Polizistenleben, denn nun sind intensive Recherchen erforderlich, die Spuren nach Deutschland und in das Hamburger Drogenmilieu der 80er Jahre aufdecken. Schon bald passiert ein zweiter Mord....
Sehr positiv zu erwähnen sind zunächst die landeskundlichen Informationen zum Outback, die den Leser die Einsamkeit und die Weite dieser Region fühlen lassen und zugleich auch die damit verbundenen Probleme. Auch das Cover ist sehr schön gestaltet und präsentiert ein Stimmungsbild zu diesem Krimi.
Der Fall selbst ist recht komplex, erfordert gründliche Ermittlungsarbeit, weist auch einige falsche Spuren auf, wird schließlich aber logisch durchdacht gelöst. Am Anfang noch ziemlich unspektakulär, wird die Handlung dann aber immer spannender und löst beim Leser ein vielseitiges Miträtseln aus, das öfters in die falsche Richtung läuft, aber das macht es ja umso aufregender. Es erfolgen immer wieder informative Rückblicke auf die Hamburger Zeit, die allmählich Licht ins Dunkel bringen. Der Showdown vollzieht sich, als ein Zyklon über den Outback hinwegfegt und schafft eine unheimliche Szenerie.
Was mir überhaupt nicht gefallen hat (deshalb der Punktabzug) sind die Längen in der Beschreibung des Detective Clement, angefangen bei seinen Gedanken an seine Exfrau und seine Tochter, weiter mit seinen Erinnerungen an seine Kindheit und die damalige Rolle seines Vaters und letztendlich z.B. auch sein Zahnweh, das ihn über längere Zeit beschäftigt. Ein wenig Information zum Privatleben des Ermittlers ist ja interessant und sinnvoll, aber hier gibt es zuviel davon. Diese Passagen waren sehr langatmig und minderten die Spannung. Demzufolge ist mir der Protagonist weder sympatisch noch unsympathisch und hinterlässt keine bleibende Erinnerung.
Ich kann das Buch sowohl Krimi- als auch Australienfans empfehlen, würde mir aber wünschen, dass bei weiteren Clement-Krimis, die wohl geplant sind, die privaten Ausführungen deutlich gekürzt werden.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Atmosphäre
  • Spannung
  • Charaktere
  • Geschichte
Veröffentlicht am 12.06.2018

Provenzalischer Genuss

Das Grab unter Zedern (Ein-Leon-Ritter-Krimi 4)
0

Krimigenuss pur - so gefällt es mir!
- Ein Krimi mit einigen Verdächtigen, der zum Miträtseln einlädt
- Ein logisch konstruierter Fall mit glaubwürdigen Charakteren
- Ein Schauplatz, der viel Provenz-Atmosphäre ...

Krimigenuss pur - so gefällt es mir!
- Ein Krimi mit einigen Verdächtigen, der zum Miträtseln einlädt
- Ein logisch konstruierter Fall mit glaubwürdigen Charakteren
- Ein Schauplatz, der viel Provenz-Atmosphäre vermittelt
Paul Simon wird verdächtigt, seine Tochter ermordet zu haben, wird inhaftiert, aber nach 5 Jahren mangels Beweisen aus der Haft entlassen. Er kehrt in seinen Heimatort zurück, wo er weiter als Kindermörder angesehen und entsprechend behandelt wird. Der Fall muss nun neu aufgerollt werden und führt zu weiteren Morden, neuen Erkenntnissen und neuen Gefahren. Der Rechtsmediziner Leon Ritter gewinnt durch seine präzise Arbeit neue Einsichten und beginnt privat zu ermitteln, was ihn in große Bedrängnis bringt, aber schließlich den komplexen Fall aufklärt.
Nach dem dramatischen Prolog beginnt die eigentliche Handlung zunächst recht unspektakulär, entwickelt sich aber schnell zu einem spannenden Kriminalfall, in dem man mitfiebert, um den Täter endlich zu ermitteln. Mir ging es so, dass ich das Buch ungern aus der Hand gelegt habe, was natürlich auch am lebendigen Schreibstil des Autors liegt, auf der einen Seite das provenzalische Lebensgefühl vermittelt, auf der anderen Seite aber auch einen verzwickten, aber durchaus nachvollziehbaren Kriminalfall aufbaut.
Der Hauptprotagonist Dr. Leon Ritter ist mir sehr sympathisch, da er ein aufrechter Charakter ist, der auch bereit ist, gegen den Strom zu schwimmen, aber nicht radikal, sondern in liebenswürdiger Art und Weise. Er verfügt über einen feinen Humor, der sich in vielen Situationen zeigt, teilweise als Ironie. Er hat den Tod seiner früheren Frau Sarah weitgehend überwunden und genießt wieder das Leben, gemeinsam mit der Kommissarin Isabelle Morell und deren Tochter. Leon und Isabell bilden ein gutes Ermittler-Duo, wobei jeder auch mal Alleingänge unternimmt.
Ich kann das Buch jedem empfehlen, der bodenständige Krimikost mag, ohne derbe Brutalität oder sensationsträchtige Aktionen. Es macht Spaß, das Buch zu lesen, und ich muss gestehen, dass dies mein erster Leon-Ritter-Krimi war, es aber sicher nicht mein einziger bleiben wird.