Profilbild von Tamagotchi

Tamagotchi

Lesejury Star
offline

Tamagotchi ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Tamagotchi über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 17.12.2017

Eltern ohne Empathie

Das Wüten der Stille
0

Zunächst möchte ich hervorheben, dass die Autorin Cornwall und seine Eigenschaften bzw. Eigenheiten auf vortreffliche Weise schildert. Wer schon einmal dort war, kann sich wunderbar einfühlen, und auch ...

Zunächst möchte ich hervorheben, dass die Autorin Cornwall und seine Eigenschaften bzw. Eigenheiten auf vortreffliche Weise schildert. Wer schon einmal dort war, kann sich wunderbar einfühlen, und auch Nicht-Kenner bekommen einen guten Eindruck vermittelt.
In der Geschichte geht es um zwei verschwundene 16-jährige Mädchen, der erste Fall liegt schon Jahre zurück, der zweite ist ganz aktuell. Zunächst gibt es keine heiße Spur,was sich auch im Spannungsaufbau bemerkbar macht, denn anfangs plätschert die Handlung so dahin. Dies ändert sich dann aber und nimmt rasante Fahrt auf, man muss dann unbedingt weiterlesen....
Ganz erschreckend werden 2 Elternbilder gezeichnet, auf der einen Seite totale Vernachlässigung, keinerlei Empathie und Laissez-Faire Haltung, auf der anderen Seite totale Unterdrückung und Duldung der Missstände. Und da ist dann noch die trauernde Mutter des ersten Falles, die in ihrer Verzweiflung nicht mehr am realen Leben teilhaben möchte.
Die Charaktere sind vortrefflich skizziert und in vielen Details beschrieben, besonders die betroffenen Eltern. Aber auch Lehrer und die Polizisten sind realistisch dargestellt.
Was mich nicht so überzeugt, ist die Ursachenerklärung, warum die Mädchen dem Täter überhaupt folgen, denn dies hat mit den Mythen und Sagen rund um Cornwall zu tun, und ich denke, ein 16-jähriger Teenager unserer Zeit müsste sich da distanzieren können. Aber vielleicht fliehen sie einfach vor dem nicht akzeptierten Elternhaus...
Auf jeden Fall spreche ich eine Leseempfehlung aus, und diese nicht nur für England-Fans

Veröffentlicht am 29.11.2017

Gefühlschaos

Die Henry Frei-Thriller / Böses Kind
0

Ein Teenager ist verschwunden, und dieser Umstand stürzt die Mutter, alleinerziehend und überfordert, in ein absolutes Gefühlschaos, in dem sie nicht mehr klar zwischen Realität und Illusion unterscheiden ...

Ein Teenager ist verschwunden, und dieser Umstand stürzt die Mutter, alleinerziehend und überfordert, in ein absolutes Gefühlschaos, in dem sie nicht mehr klar zwischen Realität und Illusion unterscheiden kann.

Dies ist das erste Buch von Martin Krist, das ich gelesen habe, und mir scheint, ich habe was verpasst, denn der Autor ist ein Meister im Spannungsaufbau. Bereits vom ersten Kapitel an baut sich die geheimnisvolle Situation auf. Mysteriöse Vorfälle, die zunächst unerklärlich scheinen, wechseln sich ab mit chaotischen Alltagsbeschreibungen der Hauptpersonen. Dazwischen immer wieder kurze Kapitel aus der Opferperspektive. Immer wenn ich eine Lesepause eingelegt habe, musste ich kurz ins nächste Kapitel reinlesen, um zu sehen, wie es weitergeht...und stets versucht man in Gedanken, den Täter aufzuspüren.

Dies ist die Aufgabe der beiden Kommissare, die hier die Ermittlungen leiten. Kommissar Frei ist mir trotz seiner Pedanterie sympathisch, da er zielstrebig und zuverlässig seine Aufgaben erfüllt. Kommissarin Albers hingegen, junge Mutter und stets übermüdet, würde in der Realität ihren Job nicht meistern. Ständig knabbert sie an Möhren und gähnt, selbst während der Vernehmungen, ihr Charakter ist vom Autor übertrieben dargestellt, einer der Minuspunkte dieses Buches.

Sehr gut dargestellt werden dagegen die sozialen Gegensätze Berlins, besonders am Beispiel der alleinerziehenden Mutter, die sich im Plattenbau unter ärmlichen Bedingungen durchschlägt.

Ein weiterer Minuspunkt ist für mich das plötzliche überraschende Ende, zwar nachvollziehbar, aber man wünscht sich mehr Hintergrunderklärungen. Auch über den ehemaligen Kommissar Marek und seine Geschichte möchte man mehr erfahren.

Des weiteren stören mich die ständigen 'Tut-Sätze' des kleinen Dennis. Kinder ahmen die Sprache ihrer engsten Bezugspersonen nach, jedoch spricht seine Mutter grammatikalisch richtiges Deutsch, woher also das 'tut'?

Alles in allem ist das Buch lesenswert für alle, die spannende Thriller mögen und die auch brutale Szenen verkraften können. Ich habe es bereits weiter empfohlen.

Veröffentlicht am 17.11.2017

Unglaubwürdige Heldin

Untiefen (Ein Nora-Watts-Thriller 1)
0

Nora Watts, ehemalige Alkoholikerin, ist Privatdetektivin und lebt mit ihrer Hündin Whispers in einer gut versteckten Kellerwohnung, da sie nach einer heftigen persönlichen Erfahrung die Öffentlichkeit ...

Nora Watts, ehemalige Alkoholikerin, ist Privatdetektivin und lebt mit ihrer Hündin Whispers in einer gut versteckten Kellerwohnung, da sie nach einer heftigen persönlichen Erfahrung die Öffentlichkeit scheut.
Dieses Erlebnis gerät nun wieder in ihren Blickwinkel, da sie den Auftrag bekommt, ein junges Mädchen zu suchen, und dieses Mädchen ist ihre leibliche Tochter, zur Adoption freigegeben nach der fast tödlichen Vergewaltigung.
Soweit hört sich der Plot gut an und liest sich auch zunächst spannend. Aber dann baut die Autorin Elemente ein, die mich an James Bond erinnern und unglaubwürdig erscheinen, z.B. schwingt sich Nora in einem Geschäftszentrum an einem Banner in die nächste Etage, um ihren Verfolgern zu entkommen. Von diesen Stunt-Einlagen folgen noch einige und mindern den Lese-Spaß.
Zudem trifft die Detektivin Entscheidungen, deren Kausalität man gerne nachvollziehen würde, die aber nicht weiter erklärt werden. Plötzlich hat sie die richtige Eingebung, und man wüsste gern, was den Anstoß gab.
Die Heldin Nora ist mir nicht sympathisch, da sie über einige kriminelle Energie verfügt, z.B. klaut sie alles, von der Mütze bis hin zum Auto ihrer Schwester. Außerdem lügt sie das Blaue vom Himmel herunter. Vielleicht kann sie deshalb so gut erkennen, wenn andere lügen...Auch ist sie der ständig misstrauische Typ, der viele vor den Kopf stößt. Sie schreckt auch nicht vor körperlicher Gewalt zurück, was teilweise recht heftig ausfällt.
Was mir zudem gefehlt hat, ist ein durchgehender Spannungsaufbau. Zwischendurch gab es so detaillierte Beschreibungen von Nebensächlichkeiten, dass es langatmig wurde und ich nicht den Wunsch verspürte, die Lektüre wieder aufzunehmen.
Zum Ende hin wird es wieder spannender, was der Grund für 3 Sterne ist. Außerdem das zentrale Thema, um das sich letztendlich alles dreht.
Die grundlegende Idee des Buches ist gut, die Umsetzung hätte durchdachter sein können. Deshalb nur eine eingeschränkte Leseempfehlung.