Bodyshaming und Selbstliebe
The Sky in your EyesElín ist etwas dicker, wurde schon als Kind wegen ihrer Figur gehänselt und ihr Ex-Freund hat die fiesen Bemerkungen diesbezüglich fortgesetzt. Zutiefst verletzt, achtet sie penibel auf ihre Ernährung ...
Elín ist etwas dicker, wurde schon als Kind wegen ihrer Figur gehänselt und ihr Ex-Freund hat die fiesen Bemerkungen diesbezüglich fortgesetzt. Zutiefst verletzt, achtet sie penibel auf ihre Ernährung und nimmt an einem veganen Kochkurs teil. Schon in den ersten Minuten fühlt sie sich unwohl: Nicht nur „Was werden die anderen Teilnehmerinnen denken, wenn eine Dicke zum Kochkurs geht?“, nein, Elín hört die Antworten darauf direkt in ihrem Kopf. Jón ist der einzige männliche Teilnehmer und beim gemeinsamen Kochen lachen die beiden viel miteinander, wodurch sie sich näher kommen. Doch wie soll Elín mit ihren Selbstzweifel, Unsicherheiten und Stimmen der anderen im Kopf alle Hüllen vor Jón fallen lassen?
Ehrlicherweise muss ich zugeben, dass mich Elíns Gedanken mit der Zeit auch mal genervt haben. Fast auf jeder Seite macht sich Elín Gedanken, wie ihr Körper auf andere wirken könnte. In vielen Situationen reduziert sie sich auf ihren Körper, wobei man als Leser/in oft bemerkt, dass der oder die Gegenüber bestimmt gar nicht darüber nachdenken. Insbesondere wenn sie und Jón sich langsam näher kommen und er sie berührt, springt das Gedankenkarussel an. Elín fühlt sich nicht einfach unwohl, wenn Jón über ihre Hüfte oder Rücken streichelt, sie hört die hämischen Kommentare ihres Ex-Freundes und trägt gedanklich erst einmal zusammen wo sie überall „zu viel“ ist. Und dann rufe ich mir drei Dinge in Erinnerung: Wie oft denkst du über deine nicht-ideale Figur nach? Wie oft übernehmen deine Unsicherheiten die Überhand? Und was soll Elín denn sonst denken, wenn sich ihr Ex-Freund diesbezüglich immer wieder abfällig geäußert hat? Und dann sehe ich, nein: fühle ich, wie authentisch und nachvollziehbar Kira Mohn diese plus size Protagonistin dargestellt hat. Schon auf den ersten Seiten habe ich mitfühlend genickt und bemerkt, dass die Autorin sensitive reader für dieses Thema hatte, was sich auch in der Danksagung bestätigt hat. Das Thema Bodyshaming wurde nicht nur durch Mobbing allumfassend dargestellt, sondern auch durch Personen in Elíns Umfeld, die ihr Problem nicht als solches erkennen („Lach mit!“) oder als nahestehende Person voreingenommen ist und nur ihren tollen Charakter sehen.
Bis die Geschichte endet passieren sogar auch einige überraschende Dinge. Den Schluss empfand ich als etwas zu schnell, weil ich gerne bei dem wichtigen Moment von Jón dabei gewesen wäre.
"Body Positivity. Als ob das so leicht wäre, als müsste man sich nur ein wenig Mühe geben. Liebe dich selbst. Um ehrlich zu sein, finde ich diesen Satz eher deprimierend, weil ich etwas, das so wichtig ist und so simpel zu sein scheint, einfach nicht kann." Elín, S. 146
Fazit:
In „The Sky in your Eyes“ geht es vor allem um Bodyshaming und Selbstliebe. Einfühlsam und authentisch hat Kira Mohn die Gedanken der Protagonistin und ihre Unsicherheiten bezüglich ihres Gewichts dargestellt, was vielleicht an der einen oder anderen Stelle auch kurz nerven könnte. Eine sehr gefühlvolle Geschichte über Bodyshaming, Mobbing, Empathie und Selbstliebe, die jeder in sich nachwirken lassen sollte.