Profilbild von Tintenwelten

Tintenwelten

Lesejury Star
offline

Tintenwelten ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Tintenwelten über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 21.10.2020

Sehr atmosphärische Geistergeschichte, leider (nicht grundlos) mit enttäuschendem Ende

Mitternacht
0

Es gibt einen Ort in den Nebeln, der von Geistern bevölkert ist. Sie führen dort zuzusagen ein zweites Leben nach dem Tod und handeln mit Alpträumen und Geschichten. Der junge Autor Nicholas übertritt ...

Es gibt einen Ort in den Nebeln, der von Geistern bevölkert ist. Sie führen dort zuzusagen ein zweites Leben nach dem Tod und handeln mit Alpträumen und Geschichten. Der junge Autor Nicholas übertritt durch einen Zufall die Grenze zwischen dieser und unserer Welt und wird dabei in Machtkämpfe und Intrigen hineingezogen.

Zwei Aspekte sind hier besonders hervorzuheben: die tollen und liebenswerten, aber manchmal auch ein wenig verschrobenen Charaktere sowie der sehr bildhafte und detaillierte Schreibstil. Ich mochte vor allem Chesterton, der Nicholas unter seine Fittiche nimmt. Szenen mit ihm haben mir immer ein Schmunzeln auf die Lippen gezaubert. Auch der sogenannte Findelgeist Agatha ist sehr interessant. Sie weiß nicht wirklich, wer sie eigentlich ist, weil sie keinerlei Erinnerung an ihr Leben hat. Aber natürlich war mir auch Nicholas selber sympathisch, auch wenn er ab und zu ein bisschen naiv und unüberlegt handelt.

Mich hat die Story mit ihrem metaphorischen Schreibstil und der düsteren, leicht gruseligen Atmosphäre sofort in ihren Bann gezogen. Wer gerne Geistergeschichten liest, dem wird auch dieses Buch gefallen.

Leider kam das Ende allerdings unerwartet zackig daher. Die letzten Seiten unterscheiden sich vom Rest des Buches wie Tag und Nacht: deutlich kürzere und „abgehacktere“, ja schon fast eher zusammenfassende Kapitel und dementsprechend auch ein völlig anders anmutender Schreibstil. Zuerst war ich etwas enttäuscht, vor allem weil ich auf Anhieb auch nicht alles verstanden habe. Dann habe ich das Nachwort des Autors gelesen. Die Erklärung ist leider traurig und tragisch: 2018 erlitt Christoph Marzi einen schweren Schlaganfall. „Mitternacht“ hat er deshalb nur unter großen Anstrengungen beenden können. Er hat meinen vollen Respekt, dass er es trotzdem geschafft hat die Geschichte von Nicholas, Agatha und Chesterton für uns Leser und wahrscheinlich besonders auch für sich selbst abzuschließen.

Übrigens ist im Nachwort auch die Rede von einem möglichen Folgeband. Vielleicht wird das Ende dort nochmal neu aufgerollt? Zu wünschen wäre es diesem ansonsten überaus überzeugenden Buch.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 15.10.2020

Tagsüber unscheinbare Studentin, nachts schillernde Tänzerin

Hiding Hurricanes
0

Lenny führt ein Doppelleben: tagsüber studiert sie an der Fletcher University, verhüllt ihren Körper mit schlabbriger Kleidung, ist eher mürrisch und abweisend. Nachts hingegen verdreht sie den Männern ...

Lenny führt ein Doppelleben: tagsüber studiert sie an der Fletcher University, verhüllt ihren Körper mit schlabbriger Kleidung, ist eher mürrisch und abweisend. Nachts hingegen verdreht sie den Männern als maskierte Tänzerin „Daisy“ in einem Edel-Stripclub den Kopf. Seit Jahren ist sie in ihren besten Freund Creed verliebt. Blöd nur, dass der sich jetzt ausgerechnet in Daisy verguckt.

Die Geschichte wird aus der Perspektive der beiden Protagonisten erzählt, die man bereits aus den Vorgänger-Bänden kennt (die man unabhängig voneinander lesen kann). Ich war mega gespannt auf dieses Buch, weil ich die Charaktere dort gerne mochte und sie mich so neugierig auf sich gemacht hatten. Im Nachhinein muss ich sagen, dass die beiden es wirklich meisterhaft verstehen sich selber im Weg zu stehen.

Für mich war es faszinierend zu sehen, wie gut und schnell Lenny es geschafft hat sich in Daisy und wieder zurück zu verwandeln. Daisy führt das Leben, das sie sich immer erträumt hat und besitzt Charakterzüge, die sie selber gerne hätte. Sie ist selbstbewusst, schlagfertig, lebt ihre größte Leidenschaft - das Tanzen - aus und wird dafür gefeiert. Denn ohne all das ist sie eben „nur“ Lenny. Und diese schafft es nicht die Aufmerksamkeit von Creed auf sich zu ziehen, denn für den ist sie nur eine Art Kumpel. Als er dann plötzlich immer wieder im „Dolly House“ auftaucht und ihr Alter Ego anhimmelt, gerät ihre Welt ins Wanken. Schließlich will sie ihm nah sein, aber eben als sie selbst.

Creed auf der anderen Seite ist genauso sympathisch wie eh und je. Er tut einem schon fast ein bisschen Leid, wie er von Lenny (unbeabsichtigt) an der Nase herumgeführt wird. Als Leser ist man den beiden natürlich deutlich voraus, man weiß also wie ihre Gefühlswelt aussieht und was in der Vergangenheit passiert ist. Das macht das Ganze irgendwie noch dramatischer und manchmal auch etwas anstrengend, weil die beiden vor lauter Bäumen den Wald einfach nicht sehen.

Die Themen Tanzen, Showtanz und Striptease wurden interessant umgesetzt. Es wirkt nie „billig“, sondern zeigt eher wieviel Training, Arbeit und Leidenschaft dahinter steckt. Auch der Zusammenhalt unter den Mädchen war schön zu sehen, besonders zu erwähnen ist hier ihre Kollegin und Freundin Gigi. Allerdings zeigt sich natürlich auch teilweise Eifersucht und Missgunst. Es wird außerdem erwähnt, dass Lenny Glück hat im „Dolly House“ gelandet zu sein, weil es ein gehobeneres Etablissement ist, der Chef die Mädchen gut behandelt und auf sie Acht gibt. Das ist dementsprechend leider nicht immer der Fall.

Tami Fischer hat mich mit „Hiding Hurricanes“ wieder in ihren Bann gezogen und ich bin gespannt auf weitere Geschichten der Fletcher University.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 12.10.2020

Beste Dreiecksbeziehung, die ich bisher gelesen habe

Mein Leben basiert auf einer wahren Geschichte
0

Rosa und Frank treffen sich in Australien. Beide sind unverhofft alleine zu dieser Reise aufgebrochen und beschließen nun zusammen einen Roadtrip zu machen. Doch dann schließt sich ihnen auch noch David ...

Rosa und Frank treffen sich in Australien. Beide sind unverhofft alleine zu dieser Reise aufgebrochen und beschließen nun zusammen einen Roadtrip zu machen. Doch dann schließt sich ihnen auch noch David an und verändert damit alles, denn drei sind einer zu viel. Oder?

Für mich ist dies die beste Dreiecksbeziehung, die ich bisher beschrieben bekommen habe. Das Buch ist aus allen drei Perspektiven geschrieben, was die Sache besonders spannend gemacht hat. Es herrscht die ganze Zeit ein ganz spezielles Feeling. Die Jugendlichen haben Urlaub, es ist Sommer, sie reisen durch ein riesiges und faszinierendes Land. Sie sind räumlich frei, aber eben nicht emotional. Sie wollen einander nicht verletzen, aber dennoch sind sie hin- und hergerissen zwischen Freundschaft, Leidenschaft und prickelnden Gefühlen, die nicht unbedingt nur einer Person gelten.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 12.10.2020

Faszinierende und düstere Traumwelt

Aus Asche & Nacht
0

Noelle wird seit dem Tod ihrer Mutter von schrecklichen Albträumen heimgesucht. Nach jahrelangen Qualen und der ständigen Angst davor die Augen zu schließen und einzuschlafen, ist sie an ihrem 18. Geburtstag ...

Noelle wird seit dem Tod ihrer Mutter von schrecklichen Albträumen heimgesucht. Nach jahrelangen Qualen und der ständigen Angst davor die Augen zu schließen und einzuschlafen, ist sie an ihrem 18. Geburtstag kurz davor aufzugeben. Doch dann trifft sie auf Nate, der mysteriös, geheimnisvoll und unnahbar ist. Allerdings behauptet er ihr helfen zu können. Da sie ansonsten niemanden hat, dem sie sich anvertrauen kann, legt sie ihre ganze Hoffnung in ihn.

Mich hat diese Traumthematik sehr interessiert und direkt in ihren Bann gezogen, weil ich selber immer wieder ziemlich krasse Albträume habe. Die Art und Weise wie das Ganze umgesetzt und schließlich aufgelöst wurde, hat mich ebenfalls überzeugen können. Sabrina Milazzo hat in „Aus Asche & das Nacht“ eine teilweise düstere und bedrohliche Traumwelt erschaffen, die auf der anderen Seite aber auch wunderschön sein kann. Sie selber und ihre Besucher unterliegen bestimmten Regeln, die es unbedingt einzuhalten gilt. Ansonsten kann dies fatale Folgen haben.

Für mich ist es völlig unverständlich wie Noelle diesen Schlafmangel und die Panik vor den nächtlichen Ereignissen so lange durchhalten konnte. Sie macht im Verlauf auf jeden Fall eine riesige Entwicklung durch, die ich sehr mochte. Ich konnte mich sehr gut in sie hineinversetzen und mit ihr fühlen. Generell waren mir die Charaktere sehr sympathisch. Obwohl Nate anfangs doch eher arrogant und überheblich wirkte, merkt man schnell, dass da noch mehr dahinter steckt.

Die Geschichte erschreckt, überrascht und bleibt von der ersten bis zur letzten Seite spannend. Vor allem Noelle ist eine starke und mutige Protagonisten, mit der man gerne mitfiebert. Lesenswert!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 05.10.2020

Monstermäßig gut!

Memento Monstrum (Bd. 1)
0

Graf Dracula stehen die Haare zu Berge: er soll ganz alleine auf seine Enkelkinder aufpassen, während deren Mutter zusammen mit seiner Frau ein Wellness-Wochenende macht. Was, wenn den Kleinen etwas passiert? ...

Graf Dracula stehen die Haare zu Berge: er soll ganz alleine auf seine Enkelkinder aufpassen, während deren Mutter zusammen mit seiner Frau ein Wellness-Wochenende macht. Was, wenn den Kleinen etwas passiert? Doch als der Jüngsten ein altes Photo-Album in die Hände fällt, ist für Unterhaltung und Ablenkung gesorgt. Denn er hat allerlei aus seinem langen Leben zu berichten.

Da gibt es gleich mehrere Dinge, die ich super fand. Zuerst mal die Namen der Enkel: Globinchen, Vira und Rhesus, die alle etwas mit Blut zu tun haben. Auch die ganzen Wortspiele, die aufs Vampir-Dasein gemünzt sind, waren sehr amüsant. Die Vorstellung, dass Graf Dracula sich in die Hosen macht, weil er auf die Enkel hüten soll, hat mich auch schmunzeln lassen.

Generell sind alle Charaktere einfach der Hammer! Allen voran Vlad (Dracula) selber, seine Enkel und natürlich sein Gegenspieler Van Helsing. Sie alle waren für die ein oder andere Überraschung gut. Besonders Letzterer, dessen Persönlichkeit und Rolle im Buch doch mehr als unerwartet war. Das Gekabbel zwischen den Geschwistern war ebenfalls sehr nett anzusehen. Da ist Rhesus, der sich nur für sein Handy und die Spiele darauf zu interessieren scheint sowie die kluge, aber ein wenig besserwisserische Vira. Auch Globinchens kindliche, logische Argumentationen und Denkweise waren echt Zucker. Sie alle interessieren sich dann schließlich sehr für das, was ihr Großvater zu erzählen hat.

Dementsprechend haben wir hier also noch vier zusätzliche Geschichten in der Geschichte. Auch dort treffen wir auf liebenswürdige Charaktere wie DIE Yeti, ein Fischmonster, eine Mumie sowie einen Werwolf. Jede dieser kurzen Stories vermittelt wichtige und überzeugende Botschaften, die unter anderem mit Vorurteilen, Mobbing oder auch Bodyshaming zu tun haben.

Das Buch hat mich rundum unterhalten mit interessanten Charakteren, spannenden und humorvollen Geschichten, witzigen Wortspielen und Anspielungen auf Romanfiguren oder Persönlichkeiten der Geschichte, wirklich grandios! Besonders zu erwähnen ist aber auf jeden Fall auch die wunderschöne, stimmungsvolle Aufmachung und die zahlreichen Illustrationen - ein Traum. Danke für dieses Leseerlebnis!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere