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Veröffentlicht am 01.03.2017

Geschichtliche Ereignisse leicht überspitzt mit Fiktion vermischt

Die Analphabetin, die rechnen konnte
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Nombeko lebt im größten Slum Südafrika. Mit fünf beginnt sie zu arbeiten, früh verliert sie die Eltern. Sie ist 15 Jahre alt als sie zur Chefin des Latrinenbüros befördert wird. Aber das kann doch nicht ...

Nombeko lebt im größten Slum Südafrika. Mit fünf beginnt sie zu arbeiten, früh verliert sie die Eltern. Sie ist 15 Jahre alt als sie zur Chefin des Latrinenbüros befördert wird. Aber das kann doch nicht alles im Leben sein? Das junge Mädchen, welches als einziges unter lauter Analphabeten lesen und sogar überragend rechnen kann, verlässt schließlich die Heimat, um die Nationalbibliothek aufzusuchen. Doch es kommt ganz anders als sie denkt. Denn wie der Zufall es will, hängt plötzlich das Schicksal der Welt von ihr ab.

Nombeko ist klug, wortgewandt, schlussfolgert blitzschnell. Deshalb überflügelt sie ihre Mitmenschen schnell mit ihrem Wissen, da sie zur Expertin in mehreren Gebieten wird. Diese Kenntnisse setzt sie allerdings stets sehr geschickt und oft im Verborgenen ein. Sie macht immer das Beste aus ihrer Situation und arbeitet geduldig auf ihre Ziele hin.

Natürlich geht es nicht nur um Nombeko selbst, sondern auch um die Menschen, die sie im Verlauf ihres Lebens kennen lernt. Dies wären drei chinesische Schwestern, ein Zwillingspaar, bei dem beide Geschwister Holger heißen und eine junge Zornige nebst einer allgegenwärtigen Atombombe. Sämtliche Charaktere wirken äußerst authentisch und können in voller Linie überzeugen.

Idee und Handlung sind, wie sämtliche Werke des Autoren, besonders und einzigartig. Jonas Jonasson besticht mit einem humorvollen und teilweise sarkastischen Schreibstil, der von der ersten Seite an fesselt. Der Autor hat nicht nur einen teilweise witzigen und skurrilen Roman geschrieben, er behandelt auch sozial- und wirtschaftskritische Themen. Dabei führt er uns in eine Zeit des atomaren Wettrüsten, in der dunkelhäutige Mädchen dafür bestraft werden, dass sie sich anfahren lassen. Doch eben dieses Mädchen trotzt allen Widerständen, um letztendlich ihre Träume auf Umwegen und auf verrückte und turbulente Art und Weise wahr werden zu lassen.

Ein absolut gelungener und lesenswerter Roman, der leicht überspitzt geschichtliche Ereignisse mit Fiktion vermischt.

Veröffentlicht am 01.03.2017

Witz und Gesellschaftskritik kombiniert

Mörder Anders und seine Freunde nebst dem einen oder anderen Feind
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Mörder Anders hat schon dreimal wegen Mordes gesessen. Doch damit ist jetzt Schluss. Er will sein Leben ändern und die Zukunft auf freiem Fuß verbringen. Ein neuer Job und neue Freunde müssen her. Die ...

Mörder Anders hat schon dreimal wegen Mordes gesessen. Doch damit ist jetzt Schluss. Er will sein Leben ändern und die Zukunft auf freiem Fuß verbringen. Ein neuer Job und neue Freunde müssen her. Die atheistische Pfarrerin Johanna, die aufgrund eben dieser Haltung selber arbeitslos geworden ist, wittert eine neue Geschäftsidee. Zusammen mit Per, dem Rezeptionisten des Hotels, in dem alle drei Zuflucht gefunden haben, gründen sie eine "Körperverletzungsagentur" mit Mörder Anders in der Hauptrolle. Alles könnte so schön sein, wenn Anders sich nicht plötzlich für Gott interessieren und sich von nun an weigern würde auch nur einer Fliege etwas zu Leide zu tun. Denn die Gangsterbosse der Stadt haben noch eine Rechnung mit ihm offen.

Diesmal hat Jonas Jonasson sich gleich drei Anti-Helden als Protagonisten gewählt. Obwohl mir keiner von ihnen besonders sympathisch war, empfand ich sie dennoch als authentisch. Meistens werden sie nicht mit ihren Namen betitelt, sondern lediglich mit "der Rezeptionist", "die Pfarrerin" und "Mörder-Anders". Dies hat eine zusätzliche Distanz, ja schon fast Kälte geschaffen. Ich kam nicht wirklich hinter die Emotionen und Beweggründe der Charaktere. Bei Rezeptionist und Pfarrerin war sicherlich die Geldgier das beherrschende Thema, während Anders einfach nicht besonders viel mit gekriegt hat. Dies lag vor allem an seinem wachsenden Alkoholkonsum, welcher auch seine einzige Sorge und sein einziges Ziel am Tag war. Er selber hat absolut keine Ahnung, was Geldfragen angeht und lässt sich dementsprechend nach Strich und Faden ausbeuten, ohne etwas zu bemerken. Grade wenn es um ihn geht, wirkt die Sprache oft roh und platt. Sein einziger Lösungsweg von Problemen sind und waren immer der Alkohol und die Gewalt . Dies spiegelt sich hier wieder.

Idee und Handlung sind äußerst verrückt und auch genauso umgesetzt. Das Trio taumelt von einer gefährlichen Situation in die nächste und hat dabei oft mehr Glück als Verstand. Meistens wissen sie gar nicht in welch brenzlicher Lage sie sich zur Zeit befinden – ganz im Gegenteil zum Leser. Dieser ist nämlich aufgrund des allwissenden Erzählers ständig auf dem neusten Stand. Toll dabei fand ich, dass man auch immer wieder über die Machenschaften der Gangsterbosse auf dem Laufenden gehalten wird. Spannend waren auch die kleinen Einschübe, die sich mit dem Leben des ein oder anderem Nebencharakters beschäftigt haben.

Langweilig wurde es im gesamten Buch nie, was unter anderem an dem bereits bekannten humorvollen und sarkastischen Schreibstil des Autoren liegt. Auch hier kombiniert er Witz und Gesellschaftskritik. Das große und zentrale Thema ist definitiv Profitgier, welches Jonas Jonasson wirklich gekonnt auf die Schippe nimmt.

Veröffentlicht am 18.01.2017

Wunderschöne, romantische und weihnachtliche Atmosphäre

Dein Leuchten
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Sierras Familie züchtet auf ihrer Farm Weihnachtsbäume. Jedes Jahr verbringen sie die Weihnachtszeit in Kalifornien, um dort ihre Tannen zu verkaufen. Als sie Caleb trifft, ist es sofort um sie geschehen, ...

Sierras Familie züchtet auf ihrer Farm Weihnachtsbäume. Jedes Jahr verbringen sie die Weihnachtszeit in Kalifornien, um dort ihre Tannen zu verkaufen. Als sie Caleb trifft, ist es sofort um sie geschehen, sie verliebt sich und das bedingungslos. Doch ihre Freundin Heather warnt sie. Caleb soll seine Schwester angegriffen haben und wird seit dem von allen gemieden.

Der Autor erschafft eine wunderschöne, romantische und weihnachtliche Atmosphäre. Der Weihnachtsbaumverkauf, jede Menge Kaffee mit Pfefferminzstangen und festliche Traditionen sind nur ein paar der vielen liebevollen Details, die diese Geschichte zu etwas ganz besonderem machen. Hinzu kommen liebenswerte und authentische Charaktere, die der Leser bereits auf den ersten Seiten in sein Herz schließt.

Caleb ist ein absolut toller und sympatischer Charakter. Man lernt ihn zusammen mit Sierra aus ihrer Sicht kennen und kann genauso wenig wie sie glauben, dass er gefährlich sein soll. Der Mensch, der Caleb heute ist, ist nicht mit dem Gerüchten zu vereinbaren. Er ist freundlich, hilfsbereit und sehr verletzlich, auch wenn er es sich nicht anmerken lassen möchte. Für mich wurden Calebs Gefühle durch Sierra sehr glaubhaft und nachvollziehbar dargestellt. Ich habe die Emotionen förmlich aus den Seiten sickern sehen. Ganz großes Kino.

Sierra versucht zu sich selbst zu finden, um zu erforschen, was sie wirklich will, was richtig und was falsch ist. Sie ist hin und her gerissen zwischen ihrem "richtigen" Leben in Oregan und ihrem Leben in Kalifornien. Sie möchte ihre Zeit dort auskosten, denn es könnte ihr letztes Jahr beim Weihnachtsbaumverkauf sein. Dabei steht sie für Caleb ein und begegnet ihm ohne Vorurteile, was ich unheimlich großartig von ihr finde.

Die beiden sind ein richtig süßes Paar und lassen den Leser an ihrer aufkeimenden Liebe und Freundschaft teilhaben und zeigen, dass es sich lohnt für die Liebe zu kämpfen.

Es ist eine Geschichte um Vertrauen und Vergebung, Liebe, Freundschaft und Nächstenliebe, die den Leser sofort in ihren Bann zieht und bis zum Ende nicht mehr los lässt.

Veröffentlicht am 18.01.2017

Schaurig schön

Lockwood & Co. - Das Flammende Phantom
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Nach dem die letzten Ereignisse dazu geführt haben, dass Lucy die Agentur verlassen hat, um ihre Freunde zu schützen, arbeitet sie nun als selbstständige Beraterin. Sie lebt alleine, ihr einziger Gesprächspartner ...

Nach dem die letzten Ereignisse dazu geführt haben, dass Lucy die Agentur verlassen hat, um ihre Freunde zu schützen, arbeitet sie nun als selbstständige Beraterin. Sie lebt alleine, ihr einziger Gesprächspartner ist der Wispernde Schädel. Als Lockwood & Co. einen neuen Fall annehmen, bei dem dringend eine Hörende benötigt wird, bittet Lockwood Lucy um Hilfe. Doch schnell wird klar, dass hinter dem Fall mehr steckt, als bisher angenommen. Die Spur führt die Freunde in die Londoner High Society und zu einer erschreckenden Erkenntnis.

Auch dieser Band versprüht wieder seinen typischen Lockwood & Co Charme, welcher sich durch liebenswürdige Charaktere, eine spannende Story und einen mitreißenden Schreibstil auszeichnet. Im gesamten Buch herrscht eine leicht düstere Grundstimmung, einfach weil die Bedrohung durch die Geister stets präsent ist. Obwohl es sich um ein Jugendbuch handelt, ist es stellenweise doch recht gruselig und erzeugt so manche Gänsehaut.

In jedem Band werden die Fälle von Lockwood & Co. größer, die Agentur bekannter. Im vierten Band verstricken sich die Freunde in gleich mehrere Fälle, welche zusammen hängen. Wo die Handlung zu Beginn langsam in Schwung kommt, nimmt sie doch schnell an Fahrt auf und fesselt den Leser dann komplett. Durch unvorhersehbare Wendungen, haarsträubende Enthüllungen und ein grandioses Agententeam wird "Das flammende Phantom" zu einem gelungenen Lesevergnügen.

Lucy macht im Verlauf der Bücher eine relativ große Entwicklung durch. Sie erforscht das Ausmaß ihrer Fähigkeiten immer mehr und wird sich auch ihrer Gefühle zunehmend bewusst. Für mich steht seit dem ersten Band fest, dass sie in Lockwood verliebt ist. Dies nimmt zwar einen relativ geringen Stellenwert ein, klingt aber immer dezent mit.

Die Charaktere sind liebevoll ausgearbeitet und wachsen dem Leser von Band zu Band mehr ans Herz. Besonders amüsant empfand ich die Dialoge zwischen dem Wispernden Schädel und Lucy, zwischen denen sich mittlerweile eine Art Hass-Liebe entwickelt hat.

Schön fand ich auch, dass Kipps wieder mit von der Partie war. Obwohl er in den vorherigen Teilen ja eher eine Nervensäge war, entpuppt er sich hier doch als durchaus sympathisch und menschlich.

Die Gefühle und Handlungen der Jugendlichen werden authentisch dargestellt. Man bemerkt, dass sie trotz ihrer Fähigkeiten ängstlich und nervös im Bezug auf die Heimsuchungen sind. Dies zeigt sich vor allem auch bei Kipps, der langsam in ein Alter kommt, in dem er für Geister taub und blind ist. Es ist mit Sicherheit beängstigend zu wissen, was für Bedrohungen und Wesen um einen herum lauern, man sie aber nicht mehr wahrnimmt. Man muss zudem bedenken, dass die Protagonisten noch sehr jung sind und deshalb auch hin und wieder nicht unbedingt verantwortungsbewusst und klug handeln. Hier zeigt sich ihr jugendlicher Leichtsinn, der aber dennoch viel Mut aufweist und doch oft sehr draufgängerisch daher kommt.

"Das flammende Phantom" ist eine gelungene Fortsetzung die Lust auf mehr macht. Ein schaurig schönes Lesevergnügen!

Veröffentlicht am 24.12.2016

Verrückt, skurril, Wunderland!

Dark Wonderland - Herzkönig
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Alyssa ist die Nachfahrin von Alice Riddel, besser bekannt als Alice im Wunderland. Doch dieses dunkle und verrückte Wunderland steht durch die Schreckensherrschaft von Königin Rot vor der totalen Zerstörung. ...

Alyssa ist die Nachfahrin von Alice Riddel, besser bekannt als Alice im Wunderland. Doch dieses dunkle und verrückte Wunderland steht durch die Schreckensherrschaft von Königin Rot vor der totalen Zerstörung. Nur Alyssa allein kann die Katastrophe abwenden. Dabei stünden ihr normalerweise ihr Jugendfreund Jeb und Morpheus, der Gott der Träume, zur Seite. Allerdings sind diese beiden verschollen in IrgendwoAnders. Ali ist fest entschlossen die beiden zu finden, zu befreien und Wunderland und die Netherlinge zu retten.

Nachdem uns A.G. Howard in den letzten beiden Teilen zunächst nach Wunderland geführt hat, das Wunderland anschließend in unsere Welt kam, spielt dieser Teil hauptsächlich in IrgendwoAnders. Die Atmosphäre ist hier auch wieder herrlich gruselig und verrückt, skurrile Charaktere und Kuriositäten säumend den Weg. Teilweise kommt es wirklich einem phantastischen Fiebertraum nahe. Es ist bewundernswert, wie besonders die Autorin ihre Welten aufleben lässt und mit welch außergewöhnlichen Wesen sie diese bevölkert. Die Lektüre ist ein wahres Feuerwerk der Farben, Phantasie und Magie.

Auch in diesem Band fühlt Alyssa sich zerrissen zwischen ihren Gefühlen für Jeb und Morpheus und ihrem Zugehörigkeitsgefühl zum Wunderland und der realen Welt. Der Konkurrenzkampf um Alyssas Herz ist wie auch in Herzkönigin und Herzbube zentrales Thema der Handlung. Im Verlauf der Trilogie macht Alyssa durchaus einiges an Entwicklung durch, dennoch wirkt sie auf mich immer noch relativ unentschlossen und egoistisch, grade auch im Bezug auf das genannte Liebesdreieck.

Mein absoluter Lieblingscharakter ist, bleibt und wird immer Morpheus sein. Ich liebe seine arrogante, selbstverliebte und egozentrische Art, seine Extravaganz und Intelligenz.

In diesem finalen Band werden nochmals alle Fäden zusammen geführt. Es ist ein absolut würdiger Abschluss, welcher durch überraschende Wendungen und spannende Ereignisse besticht. Dabei toppt er seine Vorgänger nochmals an Verrücktheit und Skurrilität. Ein Muss für Fans von Alice im Wunderland.