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Veröffentlicht am 12.03.2024

Botanische Fantasy, Assassinen-Abenteuer, ulkiger Bürokratie-Wahnsinn und Krimi-Elemente

Assassin's Wood
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Penta Colt arbeitet als Beamter für die streng geheime Todesgilde und verwaltet die Tötungsaufträge der ihm zugeteilten Assassinen. Als er eines Tages die Urlaubsvertretung für einen Kollegen übernimmt ...

Penta Colt arbeitet als Beamter für die streng geheime Todesgilde und verwaltet die Tötungsaufträge der ihm zugeteilten Assassinen. Als er eines Tages die Urlaubsvertretung für einen Kollegen übernimmt und damit auch die Betreuung seines größten Idols, des berühmt-berüchtigten Gentleman-Assassinen, wird sein hübsch geordnetes Leben ganz schön auf den Kopf gestellt. Dabei ist ihm auch der sprechende Ginko-Bonsai „Wurzel“ keine große Hilfe. Dieser kann seinen Mund nämlich nicht halten und bringt Penta damit immer wieder in Schwierigkeiten.

Die beiden kreuzen den Weg der jungen Tonia Fill, die seit Jahren beweisen möchte, dass es tatsächlich mordende Assassinen gibt. Doch niemand schenkt ihr Glauben und das obwohl sie selbst vor 20 Jahren Zeugin des Mordes an ihrer Mutter wurde.

Erzählt wird die Geschichte aus den Perspektiven der beiden Protagonisten. Für Penta ist nichts wichtiger als das Einhalten von Regeln und Vorschriften. Er ist der geborene Bürokrat, was zu einigen irrwitzigen und überspitzten Situationen führt, die einen sprachlos zurücklassen können. Er ist stets bemüht, dass die Geheimnisse der Todesgilde auch geheim bleiben. Da ist er bei Tonia natürlich an der ganz falschen Adresse. Die kann ihr Glück kaum fassen, endlich mehr über die Assassinen erfahren zu können und wähnt sich ihrem Ziel, diese auffliegen zu lassen, ganz nah. Doch da macht ihr ein äußerst pikanter Mordauftrag einen Strich durch die Rechnung.

Mein absoluter Lieblingscharakter ist selbstverständlich Wurzel. Was hat der mich gut unterhalten mit seinen verbalen Ausfällen, frechen Sprüchen, seiner Überheblichkeit und seiner uneingeschränkten Liebe zu der künstlichen Orchidee Moos. Einfach zu goldig.

Ganz besonders gut gefallen haben mir außerdem die Wortspiele, welche sich allesamt auf Pflanzen beziehen. Madera ist eine schwimmende Insel, auf der sich alles um Pflanzen dreht: die Stadtbezirke haben waldige Namen, alles ist aus Holz gebaut, es gibt Blattgeld und sogar Sekten, die sprechende Bäume anbeten. Ich liebe sowas.

Es ist ein gelungener Mix aus botanischer Fantasy, Assassinen-Abenteuer, ulkigem Bürokratie-Wahnsinn und Krimi-Elementen.

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Veröffentlicht am 02.03.2024

Menschenunwürdige Version einer möglichen Zukunft, die einem die Haare zu Berge stehen lässt

Vollendet – Der Aufstand
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Der Krieg zwischen Abtreibungsgegnern und -befürwortern wurde durch die sogenannte Charta des Lebens beendet: Eltern können ihre Kinder zwischen dem 13. und 18. Lebensjahr nachträglich abtreiben, in dem ...

Der Krieg zwischen Abtreibungsgegnern und -befürwortern wurde durch die sogenannte Charta des Lebens beendet: Eltern können ihre Kinder zwischen dem 13. und 18. Lebensjahr nachträglich abtreiben, in dem sie diese zur Umwandlung freigeben. Dabei wird der Körper des Jugendlichen vollständig zur Organspende genutzt. Aber nicht erst nach dessen Tod, sondern sofort. Eine Frage, welche die Jugendlichen sich immer wieder stellen, ist die folgende: Wenn jedes einzelne deiner Organe an andere gespendet wird - lebst du dann oder bist du tot?

Neben den bereits bekannten Charakteren wird die Geschichte zusätzlich aus einigen neuen Perspektiven erzählt: Starkey, ein gestorchter Jugendlicher, der zum Wandler wird und große Ambitionen hat, was das Übernehmen einer Machtposition angeht. Storchen bedeutet, dass Mütter das Recht haben, ihre Neugeborenen auf der Türschwelle Fremder zu hinterlassen. Schaffen sie dies ohne erwischt zu werden, muss die betreffende Familie das Kind behalten und großziehen. Störche werden oft diskriminiert und werden verhältnismäßig oft zur Umwandlung freigegeben. Ein weiterer Neuling ist Cam, der wirklich eine sehr spannende, wenn auch erschreckende und dennoch Mitleid erregende Person ist. Nelson kennen wir bereits aus dem ersten Band, wo Connor ihm übel mitgespielt hat. Hier übernimmt er jetzt eine wichtige Rolle.

Nach dem spektakulären Ende des ersten Teiles hat sich einiges geändert, nicht nur für die Protagonisten, sondern auch in der Gesellschaft - im positiven, aber leider ebenso im negativen Sinne. Die Lage spitzt sich also weiter zu. Und so wird es wieder spannend, nervenaufreibend und erschreckend. Neal Shusterman begeistert mit allerlei Überraschungen, einem grandiosen, kurzweiligen Schreibstil und entführt uns dabei in eine menschenunwürdige Version einer möglichen Zukunft, die einem die Haare zu Berge stehen lässt.

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Veröffentlicht am 26.02.2024

Fesselndes Finale

Immortality
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Die junge Lady Hazel Sinnett möchte unbedingt Chirurgin werden. Das ist für eine Frau im Jahre 1817 aber nahezu unmöglich. Doch Hazel wäre nicht Hazel, wenn sie nicht doch einen Weg finden würde, um für ...

Die junge Lady Hazel Sinnett möchte unbedingt Chirurgin werden. Das ist für eine Frau im Jahre 1817 aber nahezu unmöglich. Doch Hazel wäre nicht Hazel, wenn sie nicht doch einen Weg finden würde, um für ihren Traum zu kämpfen. Und so bekommt sie unverhofft die Gelegenheit die kranke Prinzessin Charlotte zu behandeln. Dabei findet sie sich nicht nur an einem glamourösen Königshof wieder, sondern sieht sich mit allerlei Intrigen und Geheimnissen konfrontiert. Nichts ist wie es scheint und jeder hat etwas zu verbergen - allen voran der mysteriöse Club der Todesgefährten. Und schon bald steht mehr als nur Hazels Zukunft als Chirurgin auf dem Spiel.

Hazel an sich ist schon eine starke Protagonistin, aber wir dürfen sogar noch mehr interessante Frauen kennenlernen, die ihrer Zeit bereits weit voraus sind. Dabei handelt es sich unter anderem um Prinzessin Charlotte und ihre Zofe Elisa. Spannend! Aber natürlich gibt es auch noch andere erwähnenswerte Charaktere, so hat es mir beispielsweise Dr. von Ferris angetan.

Die Atmosphäre ist eher düster und makaber. Durch die Beschreibungen von bestimmten ärztlichen Tätigkeiten oder anderen zwielichtigen Aktivitäten wird es immer wieder ziemlich blutig und teilweise etwas eklig. Das ist definitiv nichts für schwache Nerven, dafür sind aber Gänsehaut-Momente garantiert!

Wir finden in dieser düsteren Regency Romance einen gelungenen Mix aus Liebe, Feminismus, Medizin sowie einigen wenigen Fantasy-Elementen. Es handelt sich dabei um den Abschluss einer Dilogie. Dieser war wieder sehr fesselnd und das Ende ist definitiv rund. Dennoch ist es schade, dass wir nicht erfahren, wie es weitergeht. In diesem Fall gefällt mir der Interpretationsspielraum aber ziemlich gut.

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Veröffentlicht am 22.02.2024

Schreckliche Version einer möglichen Zukunft

Vollendet – Die Flucht
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Der Krieg zwischen Abtreibungsgegnern und -befürwortern wurde durch die sogenannte Charta des Lebens beendet: Eltern können ihre Kinder zwischen dem 13. und 18. Lebensjahr nachträglich abtreiben, in dem ...

Der Krieg zwischen Abtreibungsgegnern und -befürwortern wurde durch die sogenannte Charta des Lebens beendet: Eltern können ihre Kinder zwischen dem 13. und 18. Lebensjahr nachträglich abtreiben, in dem sie diese zur Umwandlung freigeben. Dabei wird der Körper des Jugendlichen vollständig zur Organspende genutzt. Aber nicht erst nach dessen Tod, sondern sofort. Es heißt, dass man dabei nicht stirbt, sondern in den Körpern der Empfänger weiterlebt.

Connor wird als Unruhestifter von seinen Eltern zur Umwandlung freigegeben. Risa wird als Mündel des Staates Opfer von Einsparungen und soll ebenfalls umgewandelt werden. Lev ist ein Zehntopfer, was bedeutet, dass er seit seiner Geburt auf seine Umwandlung zum Wohle der Gesellschaft vorbereitet wird. Die drei treffen unerwartet aufeinander und müssen sich entscheiden: Flucht oder Umwandlung? Können sie überhaupt einem System entkommen, das Jagd auf Menschen wie sie macht?

Was ist das denn bitte für eine schreckliche Version einer möglichen Zukunft? Welche Eltern sind denn in der Lage ihre Kinder dem sicheren Tod zu überlassen, nur weil sie ein bisschen schwierig sind? Und das alles unter dem Deckmantel der Wohltätigkeit. So eine große Nachfrage an Körperteilen wie Jugendliche umgewandelt werden, kann es doch überhaupt nicht geben. Andererseits ist es anscheinend mittlerweile so, dass lieber transplantiert als geheilt wird. Man macht sich nicht mehr die Mühe „normal“ zu therapieren. Eine wirklich menschenunwürdige Vorstellung, die einem die Haare zu Berge stehen lässt.

Im Verlauf werden wir auch Zeuge einer Umwandlung und das war für mich die mit Abstand schlimmste und herzzerreißende Szene seit langem. Übrigens: ich habe das Buch vor neun Jahren schon mal gelesen und konnte mich tatsächlich an quasi nichts mehr von der Handlung erinnern, außer an diese Beschreibung, so eindrücklich war sie für mich…

Wir erleben die Geschichte aus der Perspektive von verschiedenen Charakteren. Das sind nicht nur die drei bereits benannten drei Protagonisten, was das Ganze besonders interessant macht. Aber die Spannung lässt hier eigentlich sowieso nie nach. Neal Shusterman hat einfach ein Händchen für Überraschungen und Wendungen sowie einen genialen Schreibstil.

Ich freue mich sehr diese atemraubende und nervenaufreibende Dystopie weiterzulesen. Die restlichen Bände liegen schon auf dem SuB oder sind bestellt.

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Veröffentlicht am 21.02.2024

Mutmachbuch für alle, die eben diesen verloren haben

Everything is okay
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Dunkle Wolken am Horizont, die sich gar nicht mehr verziehen wollen, das Aufstehen am Morgen wird zum Kraftakt und die Tränen wollen einfach nicht mehr versiegen.

Jeder redet über seinen Schnupfen und ...

Dunkle Wolken am Horizont, die sich gar nicht mehr verziehen wollen, das Aufstehen am Morgen wird zum Kraftakt und die Tränen wollen einfach nicht mehr versiegen.

Jeder redet über seinen Schnupfen und erhält nett gemeinte Genesungswünsche. Aber niemand spricht gerne über Depressionen und Angststörungen, weil über diese gerne hinweggelächelt wird. Betroffene fühlen sich nicht ernst genommen, wertlos, als Last. Die genannten Erkrankungen sind immer noch Tabu-Themen und dabei doch erschreckend weit verbreitet.

Debbie Tung zeichnet ihre Depression als ein schwarzes Monster, das in ihrem Kopf sitzt. Als einen Ozean, in dem sie zu ertrinken droht. Als dunkle Wolke, die sie erstickt. Die Illustrationen sind meist in schwarz-weiß und eher schlicht gehalten, trotzdem wirken sie sehr emotional und ausdrucksstark.

Anhand dieser Graphic Novel erfahren wir, wie sich Depressionen und Angststörungen für Debbie anfühlen, welche Gedanken sie hat/te und wie sie gelernt hat, ihre Ängste zu akzeptieren, so dass ihre Welt wieder bunter wurde.

Wichtig ist: Niemand ist allein. Es gibt überall Betroffene. Der erste Schritt zur Besserung ist es um Hilfe bitten und diese anzunehmen. Dementsprechend ist hier auch Therapie ein Thema.

Everything is okay ist ein Mutbuch für alle, die von Monstern verfolgt werden. Für alle, die drohen im Ozean zu ertrinken. Für alle, die von einer dunklen Wolke erstickt werden. Für alle, die das Monster endlich umarmen wollen, die lernen möchten zu schwimmen oder jene, deren Wunsch es ist endlich wieder freier atmen zu können. Für alle, die wieder Farbe in ihr Leben lassen möchten.

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