Profilbild von TochterAlice

TochterAlice

Lesejury Star
offline

TochterAlice ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit TochterAlice über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 27.07.2018

Bayerisches Original ermittelt in fremden Landen

Tante Poldi und die Früchte des Herrn
0

Um genauer zu sein, auf Sizilien. Tante Poldi - ein strammes bayerisches Urgestein - hat es nämlich dorthin verschlagen, was nicht zuletzt mit Männern zu tun hat, nämlich mit ihrem zunächst geschiedenen, ...

Um genauer zu sein, auf Sizilien. Tante Poldi - ein strammes bayerisches Urgestein - hat es nämlich dorthin verschlagen, was nicht zuletzt mit Männern zu tun hat, nämlich mit ihrem zunächst geschiedenen, dann verstorbenen Ehemann, der von dieser Insel stammte, sich jedoch längst in München niedergelassen hatte.

Hier lebt die betagte, doch ausgesprochen lebensfrohe Dame nun und widmet sich ihren Leidenschaften, zu denen außer Männern und alkoholischen Getränken auch kriminalistische Ermittlungen zählen. Sie ist bereits in ihrem 2. literarisch verewigten Fall gelandet, in dem es zunächst "nur" um einen toten Hund, bald jedoch auch um eine ermordete Dame mit einem delikaten Beruf geht. Nein, nicht das, was sie meinen! Etwas ganz, ganz anderes, das jedoch auch zur Diffizilität eines Falles beitragen kann (und auch tut).

Dennoch, Tante Poldi reisst mich nicht vom Hocker und ihren ersten Fall - dessen Lektüre im Übrigen nicht unerlässlich ist, um den 2. Band zu verstehen - werde ich mir sicher nicht antun. Ich bin nämlich verwöhnt durch den niederbayerischen Eberhofer Franz, dessen Tante Poldi auch durchaus sein könnte, wenngleich sie für mich im Vergleich zu den Charakteren von Rita Falk ein wenig fad wirkt. Wobei, das ist sicher das Letzte, was der Autor mit der Schaffung dieser in jeder Hinsicht prallen und lebensfreudigen Figur beabsichtigt hat, doch bei mir ist es nicht so angekommen. Ich konnte mich nicht fasziniert auf diesen originellen und witzigen Fall einlassen, denn irgendetwas fehlte mir.

Das muss aber bei ihnen nicht sein, nicht jeder hält die Flagge der Rita Falk so hoch, dass er keine Götter neben ihr duldet und das sizilianische Setting hat durchaus was für sich. Probieren Sie es einfach mal, vielleicht finden Sie ja - im Gegensatz zu mir - uneingeschränkt Freude daran!

Veröffentlicht am 27.07.2018

Eine Rückkehr zu ihren Wurzeln

Hell-go-Land
0

bedeutet für Polizistin Anna Krüger der Arbeitsantritt in der Dienststelle auf Helgoland - dort, auf dem kleinen, sturmumtosten Eiland mitten im Meer ist sie aufgewachsen und es gibt irgendetwas in ihrer ...

bedeutet für Polizistin Anna Krüger der Arbeitsantritt in der Dienststelle auf Helgoland - dort, auf dem kleinen, sturmumtosten Eiland mitten im Meer ist sie aufgewachsen und es gibt irgendetwas in ihrer Vergangenheit, das sich auf der Insel ereignet hat und an das sie nicht gern zurückdenkt.

Tim Erzberg beschreibt die kleine Insel eindrucksvoll als isolierte, abgeschlossene Enklave - unheimlich und atmosphärisch kommt es rüber, auch als Anna und ihre Kollegen in einem Vermisstenfall ermitteln, der möglicherweise keiner ist. Das Setting, das Umfeld, alles sehr eindringlich und geheimnisvoll, doch leider habe ich keinen Zugang zu den Figuren gefunden.

So eindringlich die Schilderung der Insel, so wenig Leben haucht der Autor den Figuren ein. Für mich zumindest nahmen sie kaum Gestalt an, was es mir zunehmend erschwerte, der Handlung zu folgen. Doch das war nicht das Einzige: nein, es gab etwas, was mich noch viel mehr gestört hat und zwar der mehr als umständliche, ausgesprochen langatmige Schreibstil. Der Autor braucht schon eine Weile, bis er sich einer Beschreibung, einem Sachverhalt annähert - dies geschieht stets langsam und auf Umwegen. Mehrmals war ich drauf und dran, ihn anzutreiben, ihm zuzurufen "Komm endlich zur Sache! Spuck's aus!" Doch es hätte eh nichts geholfen, denn das Papier ist ja bereits beschrieben. Massen von Papier, gut die Hälfte davon hätte es auch getan und in Verbindung mit knackigerem Personal einen echt zündenen Regionalkrimi geboten. So ist es aus meiner Sicht nur was Halbherziges: Gute Ideen, die sich in Umständlichkeit verlieren. Nicht schlecht, aber eben auch nicht richtig gut, finde ich. Schade!

Veröffentlicht am 27.07.2018

Rückkehr des Condor - ein bisschen träge, aber sehr gut übersetzt

Die letzten Tage des Condor
0

"Die drei Tage des Condor" ist ein durchaus vielbeachteter Film aus den 1970ern, der reich an Komplexität, Ideen und neuen Blickrichtungen ist: Robert Redford als Condor war ein Held, bei dem die Grenze ...

"Die drei Tage des Condor" ist ein durchaus vielbeachteter Film aus den 1970ern, der reich an Komplexität, Ideen und neuen Blickrichtungen ist: Robert Redford als Condor war ein Held, bei dem die Grenze zwischen gut und böse keine Rolle mehr spielte und andere Gesetzmäßigkeiten im Vordergrund standen. Dieser Film basierte auf der nicht minder vielschichtigen Romanvorlage von James Grady, die damals ungeheuer innovativ war.

Jetzt, mehr als 40 Jahre später, hat der Autor die Sache rund gemacht und einen hinterhergeschoben. Einen weiteren Fall aus dem Leben des Condor, eines Literaturagenten, der ins Kreuzfeuer der Geheimdienste geraten war. Naja, einer reicht, muss man fast sagen. Oder auch nicht, denn es ist immer wieder ein Genuss, die wunderbare Übersetzung von Zoe Beck, selbst auch als Autorin herrlich spannender Thriller bekannt, zu lesen. Ich habe fast den Eindruck, als müsste ich froh sein, die deutsche Übersetzung, die ja quasi das Sahnetüpfelchen ist, lesen zu dürfen.

Also - der Condor ist ein wenig träge geworden: Besonders viel Innovatives bzw. Spannendes bringt er uns nicht gerade, doch ein sprachlicher Genuss ist er allemal!

Veröffentlicht am 27.07.2018

Einen Neuanfang

Septembermeer
0

wollen Svea und Daniel auf einer kleinen Insel - die ehemals im Osten Deutschlands lag, das kristallisiert sich im Handlungsverlauf als wichtiges Detail heraus - wagen und zwar mit der Gründung einer Buchhandlung. ...

wollen Svea und Daniel auf einer kleinen Insel - die ehemals im Osten Deutschlands lag, das kristallisiert sich im Handlungsverlauf als wichtiges Detail heraus - wagen und zwar mit der Gründung einer Buchhandlung. Dies spielt am Anfang eine Rolle, dann aber nicht mehr - ebenso wie Svea und Daniel selbst und auch weitere Akteure, deren Schicksal irgendwann einfach im Sande verläuft, nebensächlich wird, in Beiläufigkeit ertrinkt oder wie auch immer.

Fahrig und unkonzentriert - so ist aus meiner Sicht der Erzählstil, so sind auch die Figuren, finde ich. Ein stimmungs- und kraftvoller Sommerroman mit ordentlich Schmackes und Aussagekraft? Nichts weniger als das, zumal eine Menge von Charakteren - bspw. Sveas Eltern - irgendwann kurz auftauchen, um dann nie mehr eine Rolle zu spielen. Auch die Namen Svea und Daniel versickern irgendwann, um durch Protagonisten wie Jeannette und Madsen und viele, viele weitere ersetzt zu werden und nur noch am Rande aufzutauchen.

Also ist die Insel die eigentliche Hauptdarstellerin - ein interessanter Ansatz, der aber aus meiner Sicht nicht konsequent umgesetzt wird, auch das wird nicht klar durchgezogen. Es fehlt einfach die Stringenz, ein roter Faden, der sich durch die Handlung zieht, EINE Geschichte. Finde ich.

Auch dem Schreibstil kann ich nichts abgewinnen, auch den empfinde ich als ausgesprochen sprunghaft. Die zwei Sterne vergebe ich für die gut recherchierten und recht interessanten historischen Details, das war das Einzige, was mir an dem Werk zugesagt hat!

Veröffentlicht am 27.07.2018

Ein Geheimnis

Die Verwandlung des Schmetterlings
0

umgibt das tragische Leben des jungen Sam, nämlich das, warum seine Mutter ums Leben kam. Seitdem ist Sam ein Pflegekind unter vielen und hat zwar in Billy einen treuen Freund gefunden, doch das Leben ...

umgibt das tragische Leben des jungen Sam, nämlich das, warum seine Mutter ums Leben kam. Seitdem ist Sam ein Pflegekind unter vielen und hat zwar in Billy einen treuen Freund gefunden, doch das Leben ist nicht einfach, gibt es doch Orson, der ihnen das Leben schwer macht. Und auch ein Geheimnis mit sich rumträgt, das es zu ergründen gilt. Eine Kindheit in den 1980ern, die keine einfache ist. die jedoch durch das Auftauchen des faszinierenden Mädchens Miranda in der Nachbarschaft - auch sie nicht frei von Geheimnissen - bereichert wird. Sam, Billy und Miranda werden zum unschlagbaren Trio, doch können sie sich der Vergangenheit stellen?

Ich liebe geheimnisvolle Familienromane, vor allem, wenn sie wie der vorliegende auf verschiedenen Zeitebenen spielen und so griff ich voller Begeisterung zu dieser Neuerscheinung eines mir unbekannten Autoren. Kein Wunder, denn dies ist das erste Buch des 1975 geborenen argentinischen Autors Federico Axat, das ins Deutsche übersetzt wurde, insgesamt sein zweiter Roman, im spanischen Original 2013 erschienen. Und leider bestätigt er alle meine Vorurteile, die ich so gegen lateinamerikanische Autoren hege. Und zugegebenermaßen auch pflege, obwohl ich durchaus auf der Suche nach Büchern bin, die mir den Wind aus den Segeln nehmen, die mich meine Vorbehalte vergessen machen und die es natürlich auch jetzt schon gibt, bspw. teilweise die Werke der Chilenin Isabel Allende.

Aber leider ist die Sprache mir viel zu oft viel zu blumig und umständlich, wie es auch hier definitiv der Fall ist. Die Sätze mit den vielen Adjektiven ermüdeten mich, taten mir teilweise sogar weh. Und sie trugen definitiv nicht dazu bei, mir ein Bild vor Augen zu führen bspw. von den Figuren die beschrieben wurden. Ganz im Gegenteil, ich verlor die Lust.

Das so toll aufgebaute, spannungsreiche und vielschichtige Thema des Buches wurde also verbaut durch die Umständlichkeit der Schilderung. Sprache und Stil wirkten auf mich schwerfällig und ich bin sicher, dass der Autor alles andere bezweckte. Bei mir als Leserin ist dieser Roman - dem ich in Bezug auf Thema und Ansatz durchaus etwas abgewinnen kann - aber leider nicht so angekommen. Schade.