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Veröffentlicht am 27.07.2018

Im Vordergrund steht der Mensch

Vor dem Fall
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Ein Flugzeugunglück, elf Insassen, neun Opfer, zwei Überlebende - aber ich tue mich schwer, sie nicht auch als Opfer zu bezeichnen. Denn für sie ist nach dem Unglück nichts mehr, wie es war - auf den Maler ...

Ein Flugzeugunglück, elf Insassen, neun Opfer, zwei Überlebende - aber ich tue mich schwer, sie nicht auch als Opfer zu bezeichnen. Denn für sie ist nach dem Unglück nichts mehr, wie es war - auf den Maler Scott hagelt eine wahre Sturmflut von Überfällen - journalistischer Art, aber auch echten, in Form von Vorwürfen, herab und der kleine JJ, erst vier Jahre alt, ist der einzige, der von seiner Familie übrig geblieben ist.

Es war ein luxuriöses Privatflugzeug, mit dem es von Martha's Vineyard nach New York ging, alle Insassen außer Scott und der Besatzung waren so genannte Superreiche. Hat das Unglück damit zu tun?

Noah Hawley stellt eines in den Vordergrund seines Romans, der kein Krimi und nur in eingeschränkter Form ein Spannungsroman ist: die Menschen, die von diesem grauenvollen Unglück betroffen waren - es wird im Nachhinein alles aufgedröselt, Zusammenhänge werden hergestellt, Verbindungen, um an das große Ganze zu gelangen: an die Unglücksursache.

Noah Hawley schreibt sehr detailliert, dennoch ist kein Wort zu viel, er ist weder ausschweifend noch schwatzhaft. Nein, seine Erzählweise ist eine gründliche - er lässt keine Einzelheit aus und auch der Leser sollte nichts überspringen - jede Kleinigkeit könnte wichtig sein.

Ein sehr eigenartiges Buch, was aber nicht als negativer Kommentar gemeint ist, sondern einfach den Stil des Autors bezeichnet, der etwas eigenes hat, mit dem ich mich durchaus erstmal anfreunden musste. Danach habe ich das Buch mit Begeisterung gelesen, die am Ende ein kleines bisschen abebbte, aber nun ja: die Geschmäcker sind nun mal verschieden.

Auf jeden Fall lohnenswert für Leser, die sich für ungewöhnliche Arten von Spannungsliteratur interessieren und dabei durchaus bereit sind, auch mal ein Risiko einzugehen.

Veröffentlicht am 27.07.2018

Ein dunkles Kapitel

Schattwald
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der deutschen Geschichte wird in diesem Roman thematisiert - und zwar die Situation von psychisch Kranken und von psychiatrischen Einrichtungen in der Zeit des Nationalsozialismus.

Die Handlung ist in ...

der deutschen Geschichte wird in diesem Roman thematisiert - und zwar die Situation von psychisch Kranken und von psychiatrischen Einrichtungen in der Zeit des Nationalsozialismus.

Die Handlung ist in den Rahmen eines Spannungsromans, man könnte auch sagen: Krimis eingebettet und zwar mit zwei Handlungssträngen, einem in der Gegenwart und einem in den 1940er Jahren.

Anne Südhausen erfährt vom Tod ihrer Großmutter Charlotte, einer sehr eigenen Person, zu der sie seit Jahren keinen Kontakt hatte und die nun, im Alter von 92 Jahren verstarb. Als einzige verbliebene Verwandte reist sie von Hamburg nach Innsbruck, um dort den Nachlass zu regeln und stösst sowohl auf Spannendes, nämlich die Tagebücher ihrer Großmutter aus den 1940er Jahren, die ihren Aufenthalt in einer Nervenklinik thematisieren als auch auf Verwirrendes: Charlotte hat sehr zurückgezogen gelebt und so gibt es zwar nahe Bekannte, die ihrer Großmutter auch durchaus verbunden waren, aber keine wirklich engen Freunde und damit auch niemanden, der Anne wirklich weiterhelfen kann.

Zudem scheint es, als hätte es Einbrüche im Hause der Großmutter gegeben, zudem stirbt eine enge Bekannte kurz nach Annes Eintreffen in Innsbruck recht unerwartet.

Der Leser hat zudem über den zweiten Erzählstrang, in dem die Geschichte Charlottes geschildert wird, einen direkten Einblick in die Geschehnisse, die sich in Schattwald, der Nervenklinik, in der Charlotte sich befand, abgespielt haben.

Ein geheimnisvoller und vielschichtiger Roman, der in der Gegenwart ein kleines bisschen zu viel Herzschmerz enthält und damit vom Wesentlichen ablenkt. Doch das ist mein einziger Kritikpunkt: die Journalistin Barbara Drirbbusch schreibt packend und fesselnd und hat zudem hervorragend recherchiert, so dass man spannende und aufwühlende Details zur Situation in der Nazizeit erfährt.

Ein sowohl unterhaltsames und fesselndes als auch informatives Buch, das man nicht so schnell vergisst und das sich dennoch gut als Lektüre im Urlaub oder auf einer längeren Zugfahrt eignet.

Veröffentlicht am 27.07.2018

Prost(ata)!

Eierlikörtage
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Eierlikör ist nicht die liebste Droge des Hendrik Groen. Nein, definitiv nicht! Er bevorzugt Rotwein, Bier, Weißwein oder auch mal ein Schnäpperken. Aber dieser Titel ist auch schon das Einzige, das aus ...

Eierlikör ist nicht die liebste Droge des Hendrik Groen. Nein, definitiv nicht! Er bevorzugt Rotwein, Bier, Weißwein oder auch mal ein Schnäpperken. Aber dieser Titel ist auch schon das Einzige, das aus meiner Sicht an diesem Buch nicht passt, der Rest tut es um so mehr. Denn Hendrik ist ein Junge bzw. - um die Dinge klarzurücken - ein Greis aus dem Leben und zwar einer, der schon 83 1/4 Jahre auf dem Buckel hat und seine noch überschaubare Zukunft wohl in dem Amsterdamer Seniorenheim verbringen wird, das den maßgeblichen Schauplatz des Geschehens bildet. Wo nicht (nur) der Alkoholgenuss, sondern auch die verschiedenen kleinen und vor allem größeren Zipperlein, die man eben so hat, eine ungewollt große Rolle spielen. Hendrik hat ein Buch geschrieben und zwar ist es kein Roman, sondern ein Tagebuch, das (fast) jeden Tag des Jahres 2013 dokumentiert.

Hendrik ist ein Typ, der zwar nicht überschäumend frohgemut ist, dennoch ist er bereit, jeden Tag seines restlichen Lebens zu genießen, aber so, wie er es will! Und mit wem er es will! Damit ist dieses Buch quasi eine Hymne auf die Indiviualität, auf den eigenen Weg, den man in jeder Situation gehen kann, selbst wenn einem der Unterschenkel amputiert wird, wie es bei Hendriks Evert im Verlauf dieses hier dokumentierten Jahres der Fall ist. Und auf eine selbstbestimmte Lebenseinstellung bis ins hohe Alter hinein!

Peu à peu wird deutlich, dass auch Hendriks eigenes Leben nicht gerade ein Rosengarten war - dennoch scheint gerade dies ihm deutlich zu machen, welche Prioritäten er noch setzen will und wann Schluss sein sollte. Auch das gehört nämlich zu einem selbstbestimmten Leben. Dieses Buch ist nicht niedlich, es ist nicht anrührend, auch wenn es bestimmte Dinge tief in mir drin sehr berührt hat (ja, das ist ein Unterschied). Ich bewundere Hendrik nicht, ich will ihn auch nicht kennen lernen - aber ich hoffe sehr, dass ich selbst und die Menschen die mir wichtig sind, im hohen Alter ebenso in der Lage sein werden, ihre Prioritäten zu setzen wie Hendrik es tut. Auf jeden Fall habe ich tiefen Respekt vor ihm und vor seiner Art, die Dinge anzupacken.

Keine Ahnung, ob es diesen Hendrik wirklich gibt, aber wer auch immer dieses Buch geschrieben hat, der hat etwas geschaffen, das mich beeindrucken konnte, das ich nicht so schnell vergessen und unbedingt weiterempfehlen werde!

Veröffentlicht am 27.07.2018

Eine Überdosis Schweden

Mord auf der Insel
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genauer gesagt: Gotland erhält der Leser dieses Krimis, aber ich bin sicher, dass es viele gibt, die von dem so properen skandinavischen Land gar nicht genug bekommen können, zumal es ja ein Krimiland ...

genauer gesagt: Gotland erhält der Leser dieses Krimis, aber ich bin sicher, dass es viele gibt, die von dem so properen skandinavischen Land gar nicht genug bekommen können, zumal es ja ein Krimiland par Excellence ist.

Hier geht es um die frisch verwitwete Anki Karlsson, die auf Gotland ihren Jugendtraum verwirklichen und ihren Ruhestand auf dem Rücken der Pferde genießen will. Ihre Ehe war eine wahre Hölle - das gibt sie jetzt im Nachhinein vor sich selbst zu - ab jetzt sollen nur noch sie und ihre beiden neu erstandenen Pferde eine Rolle spielen in ihrem Leben in dem kleinen (fiktiven) Dorf Mullvald in Küstennähe.

Aber schon bald kommt sie nicht mehr um den Tod herum, denn die Barbro, die Vorbesitzerin ihres Hofes, wurde brutal ermordet und leider muss sie bald feststellen, dass es mit den Morden noch nicht vorbei ist. Und nicht nur das erschwert Ankis Einstieg ins neue Leben...

Ein charmanter, wenngleich recht behäbiger Krimi mit allerdings recht brutalen Morden, die gar nicht zur pittoresken Umgebung passen wollen. Trotzdem ist es ein nettes Buch, bei dem Schweden- und vor allem natürlich Gotlandfans voll auf ihre Kosten kommen. Die Insel wird ausführlich und in den schillerndsten Farben beschrieben, was leider auf Kosten der Figuren, die allesamt recht farblos und mit wenig Alleinstellungsmerkmalen dargestellt sind, geht. Also definiti eher was für Anhänger der Region und nicht des Genres!

Veröffentlicht am 27.07.2018

Antoni Gaudí in einer ganz neuen Rolle

Die Sieben Türen
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Beziehungsweise in mehreren, denn in diesem Roman lernen wir den so vielseitigen Architekten als Freund, Student, Dealer, Herumjobber, Objekt der Begierde und nicht zuletzt als Ermittler kennen, denn zusammen ...

Beziehungsweise in mehreren, denn in diesem Roman lernen wir den so vielseitigen Architekten als Freund, Student, Dealer, Herumjobber, Objekt der Begierde und nicht zuletzt als Ermittler kennen, denn zusammen mit seinem Freund Gabriel Camarasa - dem auch die Rolle des Erzählers in diesem Buch zufällt - schlittert er in einen Fall, der sozusagen ganz Barcelona, ja eigentlich ganz Spanien aufmischt. Man könnte es einen Politkrimi - Thriller wäre ganz eindeutig eine unpassende Bezeichnung nennen, auch wenn das Buch streckenweise durchaus entspannt daherkommt und damit traditionelle Elemente eines historischen Romans aufweist.

1874 - Gabi, wie der Erzähler genannt wird und Gaudí lernen sich durch einen Zufall kennen und schlittern - wie es bei so jungen Menschen oft der Fall ist - schnell in eine Vertrautheit, aus der Freundschaft wird. Schnell geht Gaudí bei der ausgesprochen wohlhabenden Familie Casamara - selbstverständlich lebt Gabi noch bei seiner Familie und macht auch keine Anstalten, dies zu ändern - ein und aus und erfährt so manches Vertrauliche. Auf der anderen Seite führt er Gabi rasch in Kreise, man könnte sogar sagen: neue Welten, ein, von deren Existenz dieser bislang überhaupt keine Ahnung hatte. Wie auch von gewissen Entwicklungen, die mit seiner eigenen Familie zusammenhängen.

Ein überaus vielschichtiger Roman, mit dem man ein wenig Geduld haben muss und den man aufgrund der komplexen Entwicklungen konzentriert lesen sollte - es kommen eine Menge unterschiedlichster Figuren vor, die durchaus zu einem wesentlich späteren Zeitpunkt wieder von Belang sein können und wenn man sich die Namen nicht merkt, dann ist man verloren! Ein streckenweise etwas verwinkeltes Buch mit zahlreichen ausgesprochen überraschenden Entwicklungen und einer ganz besonderen Atmosphäre, die den Leser tief in das Barcelona längst vergangener Zeiten eintauchen lässt. Wer bereit ist, sich in das Geschehen zu vertiefen und historische Spannungsromane mag und möglicherweise sogar eine Affinität zu Barcelona hat, der sollte sich dieses Buch nicht durch die Lappen gehen lassen.