Im Grunde ein Krieg gegen sich selbst?
Der Krieg der EnzyklopädistenAmerikas Generation der Jahrtausendwende hat eine neue Stimme, beziehungsweise gleich zwei: denn der vorliegende Roman wurde gleich von zwei Autoren gemeinsam geschrieben, die hier aufs Eindrucksvollste ...
Amerikas Generation der Jahrtausendwende hat eine neue Stimme, beziehungsweise gleich zwei: denn der vorliegende Roman wurde gleich von zwei Autoren gemeinsam geschrieben, die hier aufs Eindrucksvollste die Zerissenheit ihrer Generation, der neuen Kriegsgeneration der Jahrtausendwende spiegeln.
Kriegsgeneration, welch hässlich Wort! Sind wir Kinder der 1950er und 1960er, auch der frühen Siebziger doch elegant um diese extreme und tragische Entwicklung herumgekommen, jedenfalls ist den meisten von uns - sowohl in Europa als auch in den Vereinigten Staaten - die Nähe bpw. zum Falklandkrieg der 1980er oder auch den Kriegen der 1990er Jahre auf dem Golf und dem Balkan erspart geblieben. Doch hat sich im neuen Jahrtausend gleich in den ersten Jahren nicht nur durch 09/11 eine neue, aggressive Komponente eingeschlichen, die quasi die ganze Welt beeinflusst, Kriegsherde an gleich mehreren Stellen auf der ganzen Welt, in die vor allem die junge amerikanische Generation mit voller Wucht hineingezogen wurde, wenn auch in vielen Fällen eher zufällig. Inzwischen haben wir uns fast schon daran gewöhnt, dass Einheiten der NATO-Länder an allen Ecken und Enden der Welt stationiert sind, doch hier geht es um den Beginn des Jahrtausends, der Roman spielt hauptsächlich im Jahr 2004.
So ist es auch bei Mickey Montauk, der seit Jahren als Reservist gemeldet ist und dann doch nach Bagdad kommt, sogar einen ganzen Platoon befehligen muss. Dabei hat er gerade noch zusammen mit seinem Freund Hal Corderoy die coolsten Feste im hippen Seattle gegeben, als "die Enzyklopädisten" waren sie Trendsetter sowohl durch ihre ständig modifizierten Artikel auf Wikipedia wie auch durch ihre Happenings, die im Grunde stets wilde Partys waren. Ein klares Ziel, so schien es, hatten beide nicht vor Augen.
Doch Montauk wurde durch den Krieg schnell gezwungen, erwachsen zu werden, während Corderoy in seiner Planlosigkeit weiter dahindriftet. Der Kontrast zwischen der Ziellosigkeit in der Heimat und dem harten Alltag in Bagdad, bei dem man selten wählen kann und wo es stets um Leben und Tod geht, ist eindrucksvoll gespiegelt. Montauk muss Verantwortung übernehmen, Corderoy ist noch immer nicht bereit dazu.
Ein Roman über eine Welt, die vor einigen Jahren noch die unsere war und nun schon wieder in einem schnellen Wandel zu einer anderen, eher noch bedrohlicheren wird, auch dadurch, dass wir noch nicht wissen, was uns erwartet. Jedenfalls haben Terror und Gewalt seit Beginn des Jahrtausends nicht abgenommen, ganz im Gegenteil. Ein Phänomen, an das wir durch dieses Buch auf jeder Seite erinnert werden, wenn es auch ein wenig zu ausschweifend daherkommt, um als Ganzes wie eine Bombe einzuschlagen. Jedenfalls erzielt es bei mir eine solche Wirkung. Aber es ist auf jeden Fall ein Buch, das etwas Neues beschreibt, Ereignisse, die erst vor recht kurzer Zeit eine Rolle gespielt haben, auch wenn es womöglich schon in wenigen Jahren als historischer Roman zu lesen ist, so schnelllebig, wie es heute zugeht.
Ein Buch, das mich bewegt, aber nicht vollends gepackt hat, dafür war der starke Tobak dann doch zu schwere Kost. Wer jedoch die Zerissenheit einer - seiner? - Generation spüren will, der sollte sich durch dieses Werk kämpfen!