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Veröffentlicht am 30.12.2017

Keine Macht den Bösen

Macht
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Aber wer sind sie? Wer ist böse, wer ist gut - in seinem neuen Thriller "Macht" spielt David G. L. Weiss mit der Kraft der bösen und guten Mächte und lässt den Leser seitenlang auflaufen.

Die Handlung: ...

Aber wer sind sie? Wer ist böse, wer ist gut - in seinem neuen Thriller "Macht" spielt David G. L. Weiss mit der Kraft der bösen und guten Mächte und lässt den Leser seitenlang auflaufen.

Die Handlung: der freundliche Pfarrer Gabriel wird tot aufgefunden, bei seiner Beerdigung treffen sich seine Klassenkameraden wieder - eine alte Clique, die jahrelang keinen Kontakt zueinander hatte - dann stirbt auch noch seine Frau und nun ist klar, dass es Mord war. Die gemeinsame Tochter bleibt als Waise zurück und die Freunde ermitteln... und stoßen auf jahrhundertealte Verschwörungen und Verbindungen.

Der Krimi beginnt virtuos und ausgesprochen vielversprechend mit einem Vorfall im Berliner Führerbunker gleich nach der Wiedervereinigung, 1990 - spektakulär und geheimnisvoll geht es weiter und offenbart das umfassende Wissen, die umfangreichen Recherchen und die klug angelegte Erzählstruktur des Autors. Die Figuren sind gut gezeichnet - vielschichtige Charaktere geben sich hier auf beiden - man sollte eigentlich sagen, auf allen Seiten der Geschichte ein Stelldichein. Gepaart mit seinem geschliffenen Schreibstil ist dies ein fulminanter Start, bei dem Leser auf diverse Gestalten der Geschichte, unter anderem den Freiherrn von Knigge, trifft.

Doch ach, leider wird es zur Mitte hin wirr und driftet zudem noch ab ins Esoterische - damit kann ich schon allein nichts anfangen, wenn dann aber noch eine allgemeine Konfusion dazukommt, ist es eindeutig des Guten zu viel und ich verliere den Überblick. Hier habe ich ihn leider bis zum Schluss nicht zurückgewonnen. Ich empfehle diesen anspruchsvoll angelegten Thriller Lesern mit einem ausgesprochenen Hang zur Esoterik und einem Faible für Verschwörungstheorien - sie werden mit Sicherheit empfänglicher sein für den Charme dieses Buchs, als ich es bin!

Veröffentlicht am 30.12.2017

Verliebt in Mr. Malik

Kleine Tierkunde Ostafrikas
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sind vermutlich so einige der weiblichen Rezipientinnen dieses Buches nach vollendeter Lektüre, denn einen bezaubernderen Protagonisten findet man selten. Nicht, dass er keine Ecken und Kanten hätte, aber ...

sind vermutlich so einige der weiblichen Rezipientinnen dieses Buches nach vollendeter Lektüre, denn einen bezaubernderen Protagonisten findet man selten. Nicht, dass er keine Ecken und Kanten hätte, aber er bemüht sich, sie zu schleifen und geht behutsam mit seiner Umwelt und seinen Mitmenschen um. Mr. Malik ist indischer Abstammung, lebt in Nairobi, Kenia, gehört - vermutlich schon länger - zur Generation 50+, ist Witwer, Fabrikbesitzer, Vater einer erwachsenen Tochter - Petula, die die Fabrik sukzessive übernimmt und engagiert sich sozial und kulturell über Gebühr. Derzeit gilt sein Augenmerk vor allem dem alteingesessenen Asadi Club, einem ehrwürdigen Club nach englischem Vorbild, in dem er sich seit Jahren engagiert, indem er bspw. die jährliche Clubsafari vorbereitet. Nun jedoch steht er vor größeren Herausforderungen, denn dem Club droht das Aus...

Darüberhinaus ist sein Schwarm Rose nach 4 Jahren in Schottland wieder im Lande, leider jedoch auch sein Kontrahent seit Schulzeiten Harry Kahn...

Es kommt zu diversen Irrungen und Wirrungen mit durchaus überraschenden Windungen und Abwegen. Das Entzückende an diesem Buch ist jedoch nicht der Inhalt - der auch nicht ohne ist - sondern vor allem das "Wie". Der Autor Richard Drayson vermag absolut reizend zu plaudern - bzw. hat er einen Erzähler eingesetzt, der dies für ihn tut.

Mir hat er pausenlos Tränen in die Augen getrieben, sei es, weil ich mich vor Lachen gekugelt habe, sei es vor Rührung. Spass und Empathie werden in diesem kleinen, jedoch durchaus gehaltvollen Buch nämlich aufs Trefflichste verbunden. Es ist zwar niedlich, aber nie oberflächlich, denn Missstände und Ungerechtigkeiten werden auf die dem Autor eigene Art durchaus angesprochen.

Ein Wohlfühlbuch, aber eines mit Ecken und Kanten, eines, das ich, wie bereits den Vorgänger, die "Kleine Vogelkunde Ostafrikas" mit Sicherheit mehrfach verschenken werde - denn dieses Buch macht einfach gute Laune und gibt zudem Impulse an geeigneter Stelle - nicht gerade ein Benimm-Knigge, aber wenn man es richtig liest, kann man durchaus Empfehlungen dazu aufgreifen, wie man es im Leben ein wenig einfacher haben kann - indem man hie und da den Mr. Malik in sich hervorblitzen lässt. Ein Buch zum Lesen, zum Vorlesen, zum Schwärmen, zum Verehren, zum Verschenken an jeden, mit dem man es gut meint!

Veröffentlicht am 30.12.2017

Wer sich umdreht oder lacht

Bodin lacht
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kriegt den Buckel schwarz gemacht!

So auch der Psychiater Bodin, dessen unangenehmes Lachen an den merkwürdigsten Stellen, bei den merkwürdigsten Gelegenheiten zu hören ist.. Bodin ist auf der Suche- ...

kriegt den Buckel schwarz gemacht!

So auch der Psychiater Bodin, dessen unangenehmes Lachen an den merkwürdigsten Stellen, bei den merkwürdigsten Gelegenheiten zu hören ist.. Bodin ist auf der Suche- vordergründig nach einer ehemaligen Patientin, in Wahrheit wohl eher nach dem Sinn des Lebens. Der Hermaphrodit Martin sucht nach seiner Identität, seine Mutter Paula nach der Jugend - oder nach dem wahren Glück? Sie alle verbindet etwas: das Blut, eine frühere Affäre.... aber vor allem der Umstand, dass sie alle die engelsgleiche Pianistin und Klavierlehrerin Evelyn kannten, die ermordet aufgefunden wird - und das in unmittelbarer Nähe von Paulas Haus... Verfolgt von einem eigenartigen Ermittlerteam, das untereinander merkwürdige, ja abstoßende Beziehungen hegt... Ein eigenartiges Buch, dessen schönes, pralles und auffälliges Cover fast mehr verspricht, als es halten kann.
Doch möglicherweise irritiert nur mich diese ungewöhnliche Geschichte, dieses eigenartige Sammelsurium von Figuren, von denen viele untereinander, die meisten jedoch hauptsächlich mit sich selbst hadern... und dadurch im Leben merkwürdige, ja befremdliche Pfade einschlagen.

Ein Buch, dass Lesern ungewöhnlicher Krimis, bspw. Fans von Heinrich Steinfest gefallen könnte und in das der Leser, ob es ihm nun bedingungslos zusagt oder auch nicht, mehr und mehr eintaucht und sich treiben lässt... um sich am Ende mit einem gewissen Erstaunen wieder zu lösen...

Veröffentlicht am 30.12.2017

Eine sachliche Romanze

Die Frau des Botschafters
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Die Botschaftergattin Oda hat nicht viel zu tun - auf einem ihrer einsamen Spaziergänge im Botschaftsgarten in Helsinki kommt sie auf die Idee mal zu angeln - ihr Nichtkönnen wird belohnt - durch ein Geschenk: ...

Die Botschaftergattin Oda hat nicht viel zu tun - auf einem ihrer einsamen Spaziergänge im Botschaftsgarten in Helsinki kommt sie auf die Idee mal zu angeln - ihr Nichtkönnen wird belohnt - durch ein Geschenk: einen riesigen Fisch, den ihr ein älterer Herr mit einer knallroten Jacques-Costeau-Mütze auf den Bootssteg wirft. Langsam lernt Oda Klaus, der einen deutschen Vater hat, näher kennen und er sie: er erfährt, dass ihr Sohn schwerbehindert ist, sie erfährt, dass er seinen Vater - der als deutscher Soldat im 2. Weltkrieg in Finnland stationiert war, nie kennengelernt hat. Langsam entwickelt sich eine Freundschaft, die in einer Art gemeinsamen Road-Movie, einer mehr als verwegenen - jedoch alles andere als wilden - gemeinsamen Reise nach Deutschland mündet.

Zudem spielen der Botschafter Robert, Odas Ehemann sowie der Bibliothekar der deutschspachigen Bücherei in Helsinki eine jeweils nicht unwesentliche Rolle in dem ganzen - ja, Drama? Gesellschaftsstück? ich konnte es nicht eindeutig einordnen - der künftige Leser darf gespannt sein.

Nicht nur als Romancier outet sich Stefan Moster, nein, auch als eine Art Dokumentar der Zeitgeschichte und der jüngeren Vergangenheit - genau sind die Daten, an denen relevante Ereignisse stattfinden, fixiert: die Geschichte selbst spielt im Jahre 2011, was durch die Schilderung diverser gesellschaftspolitischer Ereignisse belegt wird, ein für die Handlung wichtiges Schlüsselerlebnis hat in früheren Zeiten, auf einer Wahlparty im Jahre 1987 in der damaligen Hauptstadt Bonn stattgefunden. Und natürlich wird die auch die Rolle Finnlands im 2. Weltkrieg, bzw. die damaligen deutsch-finnischen Beziehungen angesprochen.

Als eine sachliche Romanze - eine Romanze mit wechselnden Akteuren in der Hauptrolle - beginnt das Buch, wird zum Ende hin jedoch lyrischer und zarter.

Still und ein wenig spröde wie die finnische Landschaft - so wirkt Mosters Erzählstil auf mich. Man muss sich einlassen, hadert ab und an mit dem Gelesenen, um dann wieder die Bürde der Figuren verständnisvoll mitzutragen, bis zum - nein, nicht bitteren, sondern aus meiner Sicht versöhnlichen Ende. Der Autor schreibt gefällig, der Leser muss bereit sein, sich auf die Nuancen einzulassen, in denen sein Stil vom Herben zum Zarten, vom eher Strengen zum Lyrischen wechselt. Mit seiner Sprache Bilder malen - das vermag der Autor dennoch in jeder Situation - man kann sich den Botschaftsgarten, in dem Oda ihre Runden zieht, die Ostsee, das Pflegeheim, in dem der Sohn betreut wird, die Wahlparty in den 1980ern tatsächlich bildlich vorstellen.

Ein fesselndes Buch, doch mir persönlich zeitweilig dann doch zu widersprüchlich, nicht durchgehend konnte ich mich bedingungslos darauf einlassen. Trotzdem eine vorbehaltlose Empfehlung meinerseits - für Leser, die stille, intelligente Romane lieben und die nicht daran glauben, dass es immer so weitergehen muss wie bisher!

Veröffentlicht am 30.12.2017

Ein perverser Serienmörder unterwegs in Düsseldorf

Der Schmerzsammler
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...und zwar ist die Intention dieses Mörders ganz besonders pervers und auch widerlich - er ist ein Sammler, seine Sammelleidenschaft konzentriert sich auf Schmerzen, genauer gesagt auf Schmerzensschreie. ...

...und zwar ist die Intention dieses Mörders ganz besonders pervers und auch widerlich - er ist ein Sammler, seine Sammelleidenschaft konzentriert sich auf Schmerzen, genauer gesagt auf Schmerzensschreie. Die Opfer werden nach Stimmlage ausgewählt - freuen Sie sich also ausnahmsweise über Ihre heisere, kratzige oder sonst in irgendeiner Form unattraktive Stimme - mit großer Wahrscheinlichkeit wären Sie nämlich nicht vom Schmerzsammler "eingeladen" - so bezeichnet er das Überwältigen seiner Opfer - worden. Oder vielleicht doch...

Im Verlauf des Thrillers nämlich erhält der Leser immer wieder Einblick in die Psyche dieses Mannes - und es ist definitiv kein Mensch (so man ihn noch als solchen bezeichnen kann), den man gerne kennen würde.

Geht es hier um satanistische Ritualmorde? Die junge Profilerin und Sektenbeauftragte Fran Miller und ihr Team ermitteln fieberhaft, immer wieder mal gestoppt von politischen oder anderen Interessen hochrangiger Vorgesetzter - besonders dramatisch wird es, als auch die Stieftochter des ermittelnden Staatsanwaltes der Bestie zum Opfer fallt. Dramatisch, schnell, blutig , schaurig und atmosphärisch schreibt der Autor Martin Conrath - da kann auch schon mal der ein oder andere Erzählstrang im Sande verlaufen, die ein oder andere Figur nicht ganz stimmig beschrieben sein - das fällt wahrscheinlich nur Lesern wie mir, die eigentlich den klassischen stimmungsvollen Krimi, den Whodunnit bevorzugen, ins Auge. Liebhaber brutalster Thiller sind hier bestens aufgehoben, der "Schmerzsammler" kann mit jedem Machwerk aus amerikanischer Feder mühelos konkurrieren. Dazu kommt noch die atmosphärische Schilderund des Tatortes Düsseldorf - nein, zu meckern gibt es hier nicht viel: bei mir wird es sicher einfach an der etwas anders gearteten literarischen Vorliebe liegen, das hier am Ende doch gewisse Fragezeichen über mir schweben. Trotzdem freue ich mich auf Frans nächsten Fall. Ich weiß aber jetzt schon, dass ich ein extremes Stimmungshoch meinerseits abwarten werde, bevor ich zur Lektüre greife.... in depressiver Laune sollte man wahrlich nicht zu dieser - im übrigen auch stilistisch einwandfreien - Lektüre greifen!