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Veröffentlicht am 25.10.2021

Edel(weiß) in schweren Zeiten

Die Edelweißpiratin
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Peter Kühlem ist Kölner, Arbeiter und ein denkender Mensch und er ist schon lange Kommunist - aus Überzeugung. Seine Frau Gudrun, eine Apothekerin, hat quasi unter ihrem Stand geheiratet, was ihre Eltern, ...

Peter Kühlem ist Kölner, Arbeiter und ein denkender Mensch und er ist schon lange Kommunist - aus Überzeugung. Seine Frau Gudrun, eine Apothekerin, hat quasi unter ihrem Stand geheiratet, was ihre Eltern, vor allem die Mutter, eine Französin, auch nach vielen Jahren noch nicht verwunden hat. Ihr selbst macht es nichts aus, sie genießt das Leben mit ihrem wunderbaren Mann und der gemeinsamen Tochter Mucki. Und mit ihren zahlreichen Freunden.

Allerdings ist das nicht mehr so einfach, denn die Nationalsozialisten haben die Macht ergriffen und Peter weigert sich, sie sie erstzunehmen, was ihm mehrfach zum Verhängnis wird. Irgendwann wird er dann in ein Konzentrationslager zur Zwangsarbeit gesteckt.

Gertrud und Mucki haben es auch nicht leicht, Gertrud kann immer weniger in ihrem Beruf arbeiten und dadurch auch immer weniger die Freunde und den Mann unterstützen.

Mucki, die in der bündischen Jugend aktiv ist und von dort gegen die Nazis kämpft, wie sie es von ihren Eltern gelernt hat, wird in einer sehr schweren Zeit groß. Ihr als denkendem jungen Menschen werden mehr und mehr Knüppel zwischen die Beine geworfen. Ihren Freunden ergeht es nicht besser. Zum Ende des Krieges hin verlassen Mutter und Tochter ihre geliebte, inzwischen ausgebombte Heimatstadt Köln und machen sich auf in den Süden, wo es etwas ruhiger ist.

Ein eindrucksvoller Roman über eine harte Zeit, der mich natürlich besonders gefesselt hat, weil es um meine Heimatstadt Köln und deren Umgebung ging und ich alle Handlungsorte vor dem Wegzug wie meine Westentasche kenne und die Ausbombungen leider auch - noch heute wird mindestens einmal pro Monat eine Bombe aus Kriegzeiten entschärft, die während Baumaßnahmen entdeckt wurde.

Die Autorin schreibt weniger atmosphärisch und anschaulich als bpw. ihre Kolleginnen Heidi Rehn und Brigitte Riebe, um nur zwei Beispiele zu nennen, zu selten werden die Edelweißpiraten beim Namen genannt, die Schilderung ihrer Aktionen konnte ich manchmal nur als solche erkennen, weil mir das Thema vertraut war. Dennoch ein lesenswertes Buch um starke Menschen unterschiedlichen Alters in schweren Zeiten. Um Zusammenhalt und um Verrat.

Mögen die Rechtsradikalen nie wieder erstarken - bereits jetzt fühlen sie sich bspw. im Bundestag wohl wie ein Fisch im Wasser, was noch vor zehn Jahren niemand gedacht hätte!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 25.10.2021

Faszinierend - aber muss ich das wirklich ALLES wissen?

Gesammelte Werke
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Tolle Autorin, toller Stil, keine Frage. Und ist sie tatsächlich erst 1987 geboren, diese Lydia Sandgren, die so kundig und vor allem unglaublich atmosphärisch über die 1970er und 1980er zu berichten vermag? ...

Tolle Autorin, toller Stil, keine Frage. Und ist sie tatsächlich erst 1987 geboren, diese Lydia Sandgren, die so kundig und vor allem unglaublich atmosphärisch über die 1970er und 1980er zu berichten vermag? So, als wäre sie bei all den Punk-Konzerten und Diskussionen über Wittgenstein - um nur mal zwei Beispiele zu nennen - in Personam dabei gewesen?

Denn heute, im dritten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts - da reflektiert man doch sowohl die Punk-Kultur als auch die Geistesgeschichte und Philosophie vorhergehender Jahrhunderte ganz anders! Und ich kann es wirklich aus Erfahrung (charmanterweise sogar sowohl in Schweden als auch in Deutschland den beiden Ländern bzw. Kulturkreisen, die im Roman eine Rolle spielen) behaupten, bin ich der Autorin doch um gute 20 Lebensjahre voraus.

Aber nein, weder hätte ich das breite geisteswissenschaftliche Fundament noch das Vermögen, Ton, Raum und Zeit so genau zu treffen. um Martin Berg und seiner Familie bis tief hinein in Details zu Themen der letzten Jahrzehnte des vergangenen Jahrhunderts zu folgen.

Um diese hier nämlich geht es in dem stellenweise doch sehr ausufernden Roman, zudem noch um Martins Jugendfreund Gustav, mit dem zusammen er einen Verlag hat. Berichtet wird aus den Perspektiven Martins und seiner Tochter Rakel, die im Gegensatz zu ihm des Deutschen perfekt mächtig ist und sich nach einer bestimmten Lektüre der Mutter, die vor rund 15 Jahren spurlos verschwand, auf den Spuren wähnt. Sie meint, diese im Chrakter eines Romans wiederzuerkennen.

Lydia Sandgren hat einen anbetungswürdigen Stil, sie ist klug und witzig - aber muss sie denn wirklich das gesamte Füllhorn über ihre Leser ausgießen? Ganz klar war es mir nämlich des Guten zu viel und das nicht nur ein bisschen. Ich denke, dass einige der vorkommenden Gestalten getrost etwas marginaler hätten abgehandelt werden, einige Geschehnisse etwas mehr im Ungenauen hätten gelassen werden können.

Möglicherweise hätte das den Roman sogar noch aufgewertet. Er hat mir wirklich gut gefallen, aber dennoch zögere ich damit, bekanntzugeben, dass ich keine Zeile der Lektüre bereue.

Veröffentlicht am 22.10.2021

Im Besitz eines königlichen Colliers

Das Collier der Königin
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befindet sich auf einmal Lea, eine junge Wienerin, die einen ungeliebten Job, gute Freundinnen und viele Träume hat. An einem Sonntag in aller Hergottsfrüh - zumindest aus ihrer Sicht - steht auf einmal ...

befindet sich auf einmal Lea, eine junge Wienerin, die einen ungeliebten Job, gute Freundinnen und viele Träume hat. An einem Sonntag in aller Hergottsfrüh - zumindest aus ihrer Sicht - steht auf einmal ein junger Mann namens Elias vor, der selbiges bei ihr abgibt, mit den Worten, es sei von ihrer Tante Gloria und hätte mal der Königin Marie Antoinette gehört, die im Zuge der Revolution in Paris so unglücklich ihr Leben lassen musste.

Die allerdings hat sich schon vor Jahr und Tag von der Familie abgenabelt und selbst Leas Mutter hat nicht die geringste Ahnung, wo sich ihre große Schwester seitdem befindet.

Lea ist neugierig, macht sich sowohl auf die Suche nach der Tante wie auch nach der Herkunft der Kette, die sich - wie sich herausstellt, bereits seit Generationen in ihrer Familie befindet und stets an die älteste Tochter weitergereicht wird.

Bald ist auch Elias mit im Boot und wir tauchen mit den beiden ein in eine spannende Geschichte, die ihren Anfang Ende des 18 Jahrhunderts nimmt und zwar nicht bei Hofe, sondern in einer bürgerlichen Familie. Und es ist diese hervorragend recherchierte Geschichte, die mich ganz besonders begeistert und fasziniert hat.

Den Teil, der im 20. Jahrhundert spielt, fand ich eher ein bisschen langweilig, da wenig originell und vor allem sehr vorhersehbar. Schade, denn Beate Maxian, eine meiner Lieblingsautorinnen historischer Romane, kann es eigentlich besser. Wie man dem historischen Erzählstrang auch entnehmen kann.

Ich würde Ihnen eher zu den anderen Romanen der Autorin raten, wobei dieser natürlich auch unterhält. Meine Kritik erfolgt auf hohem Niveau, da man an Schriftsteller, die man sehr schätzt, bekanntlich besonders hohe Anforderungen stellt. Am besten, Sie überzeugen sich selbst!

Veröffentlicht am 19.10.2021

Schuld, was ist das

Der Mauersegler
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In diesem Roman geht es um Schuld - darum, wieviel davon man auf sich laden kann und soll und darf und darum was das eigentlich ist.

Prometheus und Jakob sind Freunde seit dem Kindergarten - ...

In diesem Roman geht es um Schuld - darum, wieviel davon man auf sich laden kann und soll und darf und darum was das eigentlich ist.

Prometheus und Jakob sind Freunde seit dem Kindergarten - Prometheus, der aus eher einfachen Verhältnissen kommt, macht Karriere, Jakob, der erfolgreiche Eltern hat, reüssiert eher im privaten. Und lebt schon früh in einer Familie mit Frau und Kind.

Das Zweite ist unterwegs, als er erfährt, dass er unheilbar krank ist - Krebs der schlimmsten Art. Wobei Prometheus rein zufällig in der medizinischen Forschung unterwegs ist und zur Zeit mit einer Studie zu genau diesem Thema befasst ist. Er drängt seinen Freund, dem er bedingungslos vertraut, ihn mit aufzunenehmen in diese Studie.

Prometheus lässt sich überreden und Jakob stirbt. Das ist jetzt sehr vereinfacht und ich verrate Ihnen auch nichts Geheimes, da der Leser mit diesem Stand der Dinge bereits von Beginn an vertraut gemacht wird.

Jakobs Lebensgefährtin gibt Prometheus die Schuld an dessen Tod, meint, sein Freund hätte ihn von Beginn an zur konventionellen Therapie drängen müssen.

Prometheus selbst ist vollkommen ohnmächtig, gibt sich selbst jede überhaupt nur mögliche Schuld. Doch was kann ein Mensch ertragen und hätte er überhaupt anders agieren können?

Es kann sein, dass ich als Einzige den Roman auf diese Art gelesen habe und dies meine vollkommen individuelle Sicht ist, schreibt Autorin Jasmin Schreiber doch so wie keine andere - aus einer ganz besonderen Perspektive und unter Einbindung so mancher Tiere - ohne würde es offenbar gar nicht gehen. Allein aufgrund dieses besonderen Schreiber-Stils lohnt sich der Roman - so meine Meinung.

Außerdem ist Schuld auch eines meiner großen Lebensthemen, so dass ich hier mit Prometheus trotz vollkommen anderer eigener Sichtweisen gerne mitgegangen bin. Insgesamt sind die Figuren alle etwas Besonderes und ich finde es schade, dass ich sie aus dem Roman nicht einfach in meine eigene Realtität übertragen und mich mit ihnen beraten oder - je nachdem - ihnen auch ausgiebig meine Meinung geigen kann!

Veröffentlicht am 16.10.2021

Der Duft der Träume

Das Haus der Düfte
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Anouk träumt von einem Leben als Parfumeurin, seit sie bei ihrer Rückkehr nach Paris nach Ende des Zweiten Weltkriegs als junges Mädchen DEN ultimativen Duft erschnupperte. Obwohl sie im wahrsten ...

Anouk träumt von einem Leben als Parfumeurin, seit sie bei ihrer Rückkehr nach Paris nach Ende des Zweiten Weltkriegs als junges Mädchen DEN ultimativen Duft erschnupperte. Obwohl sie im wahrsten Sinne des Wortes eine Spürnase hat, die normalerweise jede Nuance bestimmen kann, ist dies ihr hier nicht möglich und seitdem ist sie geradezu besessen davon, das Handwerkszeug zu erlangen, um jede einzelne Duftnote, die dieses Parfum enthält, herauszuarbeiten. Und natürlich, um weitere wundervolle Duftkreationen zu schaffen.

Nur leider ist ihre Mutter da gar nicht auf ihrer Seite: die Apothekerin hat von einer Verwandten eine Apotheke in Paris geerbt, die sie gern gemeinsam mit Anouk führen möchte - über den Freund und Kollegen der Mutter bekommt Anouk Kontakt zu einem jungen Mann aus der Parfummetropole Grasse im Süden, der zudem Spross einer angesehenen Parfumeursfamilie und bereit ist, Anouk über diese Schiene eine Chance zu geben. So weit, so gut - seine Familie ist jedoch nicht unbedingt begeistert über den unerwarteten Neuankömmling.

Doch Anouk schafft es, dort Fuß zu fassen und einen Ausbildungsplatz zu bekommen. Dennoch werden ihr Steine in den Weg gelegt - sowohl von erwarteter als auch von unerwarteter Stelle. Andererseits erhält sie unerwartete Unterstützung und stößt auf merkwürdige Hinweise. Auch und gerade in Bezug auf den Duft, der ihr vor langer Zeit begegnete.

In dieser Story spielt König Zufall eigentlich die Hauptrolle - so viele unvorhergesehene Ereignisse kann es in einem ganzen Leben eigentlich gar nicht geben, wie sie Anouk hier in kürzester Zeit widerfahren. Deswegen schon konnte ich durchgehend keine rechte Nähe zu der Handlung entwickeln. Dazu kam ein nicht allzu eindringlicher Schreibstil, der die Charaktere nicht so lebendig erschaffen konnte, dass man sie beim Lesen vor Augen hatte. Normalerweise reichen mir dafür schon einige wenige Anstöße.

So dümpelte die Geschichte trotz des spannenden Settings in der Parfumindustrie der Nachkriegszeit so vor sich hin. Gute Ansätze, maximal mittelmäßige Realisierung. Ein Buch, das aus meiner Sicht nicht zwingend gelesen werden muss.