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Veröffentlicht am 04.05.2021

Ein großes Erbe

Enriettas Vermächtnis
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hinterlässt die weltberühmte argentinische Autorin Enrietta da Silva, als sie, über 80jährig, in der Schweiz, wo sie seit Jahrzehnten lebt, verstirbt. Erben sollen zwei Personen, der argentinische Schönheitchirurg ...

hinterlässt die weltberühmte argentinische Autorin Enrietta da Silva, als sie, über 80jährig, in der Schweiz, wo sie seit Jahrzehnten lebt, verstirbt. Erben sollen zwei Personen, der argentinische Schönheitchirurg Emilio und Jana, eine Schauspiellehrerin aus Österreich. Beide kommen auf Einladung des Notars nach Zürich, beide sind sich jedoch noch nicht sicher, ob sie das Erbe antreten werden.

Während Emilio sich hinsichtlich seiner Verbindung zur Verstorbenen in Schweigen hüllt, geht Jana damit durchaus offen um, zumal Enrietta sie bereits vor Jahren mit ihrem Rechtsbeistand bekannt machte.

Auch sonst verhält sie sich sehr offensiv, besonders Emilio gegenüber: nach einem Sturz bittet sie ihn, den sie gerade erst kennengelernt hat, um Unterstützung und bindet ihn fest in ihre Genesungspläne ein.

Ein unerwartetes Ereignis, nämlich die Ankunft einer dritten Person, stellt allerdings alles bisher Geschehene in Frage.

Ein Roman, der sich mit dem Verhalten jedes Einzelnen in diesem Roman beschäftigt und auch abwechselnd die Perspektive jedes Charakters einnimmt. Es wird viel angedeutet, aber wenig zu Ende geführt - zumindest, was die meisten Handlungsmomente angeht.

Meiner Ansicht nach fehlt es diesem Buch, das in einem durchaus ansprechenden Stil verfasst wurde, sowohl an Atmosphäre als auch an Tiefe. Viele Fragen bleiben offen und ich selbst frage mich letztendlich, was genau mir dieser Roman eigentlich mitteilen will.

Veröffentlicht am 03.05.2021

Olga, ihre Familie und die Männer

Laudatio auf eine kaukasische Kuh
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Das sind drei Komponenten, die - zumindest aus Olgas Sicht - so gar nicht zusammen passen.

Denn Olga verweigert sich der uneingeschränkten Bekenntnis zum Kaukasus. Sowohl zu den Georgiern als auch zu ...

Das sind drei Komponenten, die - zumindest aus Olgas Sicht - so gar nicht zusammen passen.

Denn Olga verweigert sich der uneingeschränkten Bekenntnis zum Kaukasus. Sowohl zu den Georgiern als auch zu den Pontos-Griechen - von beiden stammt sie ab. Sie studiert Medizin in Bonn und niemand, aber wirklich niemand, weiß, dass ihre Eltern mit Oma und Olgas kleinem Bruder recht ärmlich am Rande von München leben. Naja, gut: ihr türkischer Studienfreund weiß Bescheid, aber alle anderen wissen nichts.

Vor allem Felix nicht, mit dem sie fast verlobt ist. Denn der ist Arztsohn aus Kiel - mit einem stabilen Familienhintergrund, der ihn vor dem Jobben während des Studiums bewahrt und gesichertem Job - er wird voraussichtlich direkt in die Fußstapfen seines Vaters treten. Doch erst einmal kommt die Promotion, die er - Olga graut schon davor - in München vollenden wird.

Doch noch, bevor hier jemand nach München oder sonst wohin ziehen kann, gibt es einen neuen Mann in Olgas Leben. Nämlich Jack, der sie einmal zufällig am Münchener Bahnhof sieht und ihr verfällt, zum Stalker wird. Er folgt ihr - und zwar bis nach Georgien.

Und da fing die Geschichte aus meiner Sicht an, etwas absurd zu werden. Sowohl Jacks Handlungen als auch Olgas Reaktionen darauf haben mich mehr als einmal verwundert und erstaunt zurück gelassen. Ab da konnte mich das Buch nicht mehr so richtig mitnehmen.

Traurig fand ich auch, dass die Autorin die Kaukasier - ob Georgier, Griechen oder was auch immer, als ziemliche Witzfiguren beschrieb. Spaß und Ironie - schön und gut, aber das hier ging weit hinaus über liebenswürdigen Humor.

Zu all dem kommt hinzu, dass ich ein literarisch anspruchsvolles Buch, keinen federleichten Unterhaltungsroman erwartet hatte. Schade, hier sind zahlreiche gute Ansätze und Ideen vorhanden, doch zu Ende geführt werden sie leider nicht!

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Veröffentlicht am 01.05.2021

Nicht die Jugend

Unsichtbare Tinte
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bringt die Geheimnisse zutage in diesem Roman, es braucht seine Zeit, gewisse Erkenntnisse zu erlangen. Jean assistiert in jungen Jahren einem Detektiv und bekommt den Auftrag, Noëlle Lefebvre zu finden. ...

bringt die Geheimnisse zutage in diesem Roman, es braucht seine Zeit, gewisse Erkenntnisse zu erlangen. Jean assistiert in jungen Jahren einem Detektiv und bekommt den Auftrag, Noëlle Lefebvre zu finden. Daraus resultiert quasi eine lebenslange Suche, denn diese Person ist quasi nicht aufzufinden. Es gibt ein paar Anhaltspunkte, ein paar Namen fallen im Zusammenhang mit ihr, hauptsächlich Männer. Alte und etwas jüngere, die verschiedener Art mit ihr verbunden sein sollen. Oder doch nicht?

Erst die Erkenntnis, dass Noëlle dem selben Ort entstammt wie er selbst, gepaart mit der Einsicht, dass Namen Schall und Rauch sind, bringt den mittlerweile nicht mehr so jungen Jean auf die Spur.

Und den Leser in den Genuss von Modianos glasklarem Stil. Er kann den schmalen Band in dem Bewusstsein zuklappen, dass gut Ding Weile haben will. Nicht in Bezug auf die Dicke des Buches, sondern auf die Zeit, die manchmal ins Land geht, bis man bereit ist, sich gewissen Erkenntnissen zu öffnen.

Veröffentlicht am 01.05.2021

Reich schlägt arm

Die Frauen von Kopenhagen
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So ist das in der Zeit der Industrialisierung und auch den Nachfolgejahren: die tapfere Nelly kommt aus prekären Verhältnissen, Mutter und Bruder sind Trinker, der Vater hat sich schon zu Tode getrunken. ...

So ist das in der Zeit der Industrialisierung und auch den Nachfolgejahren: die tapfere Nelly kommt aus prekären Verhältnissen, Mutter und Bruder sind Trinker, der Vater hat sich schon zu Tode getrunken. Sie und ihre Schwägerin Marie müssen das Geld für die gesamte Familie verdienen und zwar unter schwersten Bedingungen: in einer Weberei, die bereits Akkordarbeit in Fabrikmanier fordert - an zwei Webstühlen gleichzeitig. Die übermüdete Marie, die gleichzeitig mehrere Kinder versorgen muss, erleidet einen schweren Unfall und stirbt ein paar Tage später. Nelly setzt sich ein für sie und kämpft ohne Ende, dabei muss sie erkennen, dass Groß immer Klein schlägt!

Aber ein bisschen Zuversicht hat sie noch, denn genau in dieser Zeit lernt sie Johannes kennen, der was taugt und mitkämpfen will. Und er mag sie und sie ihn auch! Doch es bleibt ihnen nicht viel Zeit.

Wird Johannes' Schwester Anna, die neu vom Lande in die Stadt gekommen ist, für die beiden Gerechtigkeit erlangen können?

Ein spannendes Thema, es geht sowohl um den Beginn des Arbeitskampfes, der Solidarisierung der Arbeiterschaft als auch um die Emanzipation der Frau, beides Themen, die mir sehr nahe stehen. Ich habe mich sehr auf den Roman gefreut, fand auch viel Spannendes darin, dennoch blieb ich etwas enttäuscht zurück: zunächst, weil der Erzählstrang von Nelly auf Anna übergeht - irgendwie, so mein Eindruck, wird die dänische Autorin Gertrud Tinning keiner von beiden gerecht. Aus meiner Sicht gibt es immer wieder Stränge, die recht kurzatmig erzählt werden, einiges an Erklärungen fehlt und das ist gerade bei dieser sehr eindringlichen Thematik doch sehr schade.

Ich kann mir vorstellen, dass der Roman deutlich tiefer hätte dringen können, wenn die Autorin ihr Personal etwas eingeschränkt hätte - aus meiner Sicht gibt es so einige Szenen, in denen man den Wald vor lauter Bäumen nicht sieht. Immer wieder habe ich mich gefragt, wer das denn nun schon wieder ist und musste zurückblättern, um mich auf den Stand zu bringen. Schade - es ist kein schlechter Roman, doch es wäre soviel mehr drin gewesen!

Veröffentlicht am 28.04.2021

Those were the days, my friend

Die Geschichte von Kat und Easy
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...we thought they'd never end

Ein Lied, dessen Refrain genau auf die Ausgangsituation dieses Romans passt, auch wenn es bereits 1968 entstand.

Freundinnen für ein Jahr waren Kat (Katharina) ...

...we thought they'd never end

Ein Lied, dessen Refrain genau auf die Ausgangsituation dieses Romans passt, auch wenn es bereits 1968 entstand.

Freundinnen für ein Jahr waren Kat (Katharina) und Easy (für Isi bzw. Isolde) vor langer Zeit. Unzertrennlich damals in den 1970ern, genauer gesagt: 1972/73. Sie haben diese verrückte Zeit zwischen Kindheit und Reife miteinander erlebt, Tage, in denen man unbedingt erwachsener wirken will, als man ist. Und dadurch nicht einmal seiner besten Freundin alles so erzählt, wie es war. Sondern so, wie es sein sollte oder wie es gerade eben am günstigsten war.

Das wurde nicht nur ihrer Freundschaft zum Verhängnis. Nein, etwas viel, viel Schlimmeres, was sogar im engeren Sinne mit dem Umgang mit Wahrheit zu tun hatte, geschah und trennte sie bzw. veranlasste Kat dazu, sich nie mehr bei ihrer damals besten Freundin Easy zu melden.

Die dies jedoch ihrerseits Jahre später tut und Kat zu einer Reise nach Griechenland einlädt. Eine Episode, an der ich aufgrund meiner eigenen Griechenland-Vergangenheit (ich habe dort zur Jahrtausendwende für ein Jahr gearbeitet) meinen besonderen Spaß hatte.

Ein leichter Roman, aber kein oberflächlicher. Einer, der aufzeigt, dass jeder seine eigene Wahrnehmung hat und gar nicht unbedingt so ist, wie man ihn jahrelang gesehen hat. Und auch niemals so war. Allerdings bleibt er aus meiner Sicht sowohl in Bezug auf Handlung als auch auf Sprachgewalt einen Ticken hinter "Und dann steht einer auf und öffnet das Fenster" zurück. Aber das macht nicht, es ist immer ein großer Genuss, Susann Pásztor zu lesen. War es letztes Mal wie eine Schifffahrt entlang den Fluss Charon, ist es diesmal wie ein riesiges Picknick auf einer Wiese auf Kreta (wo der "griechische" Teil der Handlung angesiedelt ist). Einer Wiese mit Brennesseln drauf bzw. einem Kuchen mit ein paar Tropfen BIttermandel drin.

Besonders genossen habe ich auch in diesem Roman wieder die Charaktere, die die Autorin Susann Pásztor scheinbar - wie den ganzen Roman - nur so aus dem Handgelenk geschüttet und mit einer gehörigen Prise von Originalität versehen hat, jeden einzelnen von ihnen. Vor allem bei Nebenfiguren tobt sie sich aus und ich hatte in diesem Roman meinen besonderen Spaß an den Veränderungen (oder eben auch gerade nicht) zwischen 1973 und der Gegenwart (bzw. 2019, wenn ich richtig gerechnet habe, was Alter und andere Hinweise betrifft).

Für damals wie heute (bzw. vor ein paar Jahren) lässt sich zusammenfassend sagen: Kiffend erleben Kat und Easy Tages des Glücks und der Verzweiflung - nicht so umwerfend wie der Vorgänger-Roman, aber ein Roman von Susann Pásztor ist immer eine lohnende Lektüre!