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Veröffentlicht am 18.03.2019

Intelligentes Fantasyepos

Die Spiegelreisende 1 - Die Verlobten des Winters
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Ophelia ist ein kleiner Blaustrumpf und mit ihrem Dasein auf der Arche Anima - einem der 21 Teile, "Archen" genannt, in die die Erde vor langer Zeit auseinanderbrach - sehr zufrieden. Denn sie hat ihren ...

Ophelia ist ein kleiner Blaustrumpf und mit ihrem Dasein auf der Arche Anima - einem der 21 Teile, "Archen" genannt, in die die Erde vor langer Zeit auseinanderbrach - sehr zufrieden. Denn sie hat ihren Traumjob als Leiterin des lokalen Museums und kann ausserdem lesen - was ganz anders gemeint ist, als das, was wir darunter verstehen: sie kann nämlich durch Berührung die Geschichte verschiedener Gegenstände "lesen", eine Gabe, über die auch in ihrer Heimat nicht gerade viele verfügen. Auf eine Ehe hatte sie bisher keine Lust, aber nun hat sie keine Wahl: an oberster Stelle wurde beschlossen, dass sie heiraten soll und zwar einen Mann von der Arche Pol - wo es wirklich so kalt ist, wie an den Polen, die wir auf der Erde kennen. Eine politische Zweckhochzeit also.

Ophelia hat keine Wahl: sie muss bereits vor der Hochzeit nach Pol umsiedeln, an ihrer Seite, quasi als Anstandsdame ihre Patentante Roseline.
Ihr Verlobter Thorn holt sie ab und entpuppt sich als überaus schweigsamer, nicht gerade zugänglicher Zeitgenosse. Und ein bisschen beängstigend: kein Wunder, gehört er doch zum Klan der Drachen.

Ophelia und Roseline werden zunächst bei Thorns Tante Berenilde in der Himmelsburg untergebracht, wo höchst eigenartige Dinge vor sich gehen, aber das ist längst nicht alles...

"Die Spiegelreisende" - das ist Fantasy auf französisch und zwar im besten Sinne: intelligent und charmant, auch vieldeutig, ohne jemals anrüchig zu werden - elegant natürlich und eloquent - auch in der Übersetzung (weswegen ich annehme, dass auch das Original die Merkmale erfüllt).

Der vorliegende Band markiert Teil 1 eines Vierteilers und ist für nicht zu junge Jugendliche geeignet, aber mindestens genauso gut für Erwachsene - ich las es mit großer Spannung und steigender Begeisterung. Das Einzige, was mich richtig enttäuschte, war das sehr abrupte Ende. Es ist halt wirklich ein "richtiger" erster Teil, einer der nichts ist ohne die nachfolgenden.

Denn er beinhaltet wenn überhaupt, dann ein nur sehr provisorisches Ende, ich würde es eher als Abschluss bezeichnen. Einer, den ich nur mit sehr großer Ungeduld und auch nur sehr vorübergehend akzeptieren kann. Denn schon jetzt zittert alles in mir dem nächsten Band, bzw. den folgenden dreien entgegen, um endlich zu erfahren, ob "die" wirklich gestorben sind, ob Ophelia tatsächlich Besuch aus der Heimat erhält und um noch massenweise Antworten auf andere, zentralere Fragen (die ich hier gar nicht erst aufwerfe, um nicht zu viel zu verraten) zu erhalten.

Eine neue Welt, die ich im Herzen behalten will. Auf jeden Fall!

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  • Originalität
  • Amtosphäre
Veröffentlicht am 17.03.2019

Ein Abenteuer, das in Herrnhut beginnt

Das Mädchen aus Herrnhut
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Dort landet nämlich Luise, die im Jahr 1731 aus dem Haus gejagt wird, in dem sie ihre bisherige Stellung hatte. Zu viele Fehler hat sie in letzter Zeit gemacht. Sie landet in Herrnhut in der Brüdergemeine, ...

Dort landet nämlich Luise, die im Jahr 1731 aus dem Haus gejagt wird, in dem sie ihre bisherige Stellung hatte. Zu viele Fehler hat sie in letzter Zeit gemacht. Sie landet in Herrnhut in der Brüdergemeine, wo sich herausstellt, dass eine schlimme Augenkrankheit der Grund für ihre fehlerhafte Arbeit war.

Trotz dieses Handicaps ist Herrnhut der Ort, an dem sie sich geborgen fühlt. Doch irgendwie fühlt sie sich ständig beobachtet. Auch noch, als sie bereits den Kutscher Bruder Christian geheiratet hat. Kann es sein, dass eine Figur, die sie noch von ihren längst verstorbenen Eltern erhielt, das Ziel seiner Begierde ist?

Die Handlung wechselt in die Gegenwart bzw. ins Jahr 2007, in dem Lehrerin Emma mit ihren Schülern eine Klassenfahrt nach Herrnhut unternimmt. Dort lernen sie und ihre Schüler, der ebenso vorwitzige wie intelligente Falk und die zurückhaltende Rahel den Historiker Daniel Ritter und seinen Freund Josua Tauss, kennen - eine flüchtige Reisebekanntschaft. Dachten sie.

Dann jedoch erleben sie - jeder für sich - eine unangenehme Befragung durch ein paar finstere Gesellen. Emma wird sogar in ein Auto gezerrt. Deren Interesse richtet sich auf Daniel Ritter und eine gewisse Nikodemusfigur, von der jedoch weder Emma noch ihre Schüler je gehört haben.

Schwuppdich, ist Daniel ein Teil von Emmas Leben geworden, denn schnell stellt sich heraus, dass es um ein Geheimnis geht, das sie alle zusammen am besten lösen können. Und Daniel macht keinen Hehl daraus, dass er Emmas Gesellschaft am liebsten auf Dauer genießen würde...

Bald schon finden sowohl sie als auch die beiden Schüler und Josua sich als Gejagte wieder - Josua wird sogar überfallen. Die ganze Geschichte wächst sich zu einem handfesten Krimi bzw. gar Thriller aus. Wer ist ihnen auf der Spur und um was genau geht es?

Ich selbst wäre gern ein wenig bei Luise und Christian im 18. Jahrhundert verweilt, um mehr über sie und ihre Geschicke zu erfahren. So bleibt doch einiges offen.

Dennoch hat diese Mischung aus Historien-, Liebes und Kriminalroman ganz eindeutig was - den typischen Büchle-Faktor, der bewirkt, dass man das Buch nicht mehr aus der Hand legen kann - und man ist so schnell am Ende, dass man sofort Ausschau nach dem nächsten Büchle-Buch hält. Eine Sucht gewissermaßen.

Veröffentlicht am 15.03.2019

Die Götter müssen verrückt geworden sein!

Gold und Schatten
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Tauchen sie doch einfach so im Paris der Gegenwart auf, anstatt sich - wie es sich gehört - auf dem heimischen Olymp zu tummeln! Hiermit wird klar: es geht um die griechischen Götter und zwar nicht nur ...

Tauchen sie doch einfach so im Paris der Gegenwart auf, anstatt sich - wie es sich gehört - auf dem heimischen Olymp zu tummeln! Hiermit wird klar: es geht um die griechischen Götter und zwar nicht nur um die, sondern auch um Halbgötter und gottnahe, sich also im Einzugsradius der Gottheiten befindlichen Kreaturen wie Nymphen.

Dabei kommt man beim Lesen der ersten Seiten nicht sofort darauf, wenn man mit der Protagonistin Livia, süße Sechzehn, die Pariser Katakomben besucht. Dort trifft sie - rein zufällig natürlich - den zunächst düster scheinenden Maél, der sich jedoch als durchaus kommunikativ und vor allem attraktiv entpuppt. Also, Livia verfällt ihm nicht direkt mit Haut und Haaren, aber weit ist es nicht mehr bis dahin.

Sie ist als Diplomatentochter ganz neu in Paris, frisch aus Asien eingetroffen und ist froh, schon vor ihrem Schulbesuch die Bekanntschaft dieses attraktiven Jünglings zu machen, der ihr mehr und mehr Herzflattern beschert. Dazu kommen direkt nach Schulbeginn noch zwei richtig gute Freundin, der Start in die Stadt der Herzen und der Mode ist also mehr als geglückt. Zumindest, wenn nicht einiges Eigenartige geschehen würde! Was - wiederum rein zufällig - mit Maél zusammenhängt. Und, wie bereits erwähnt mit halben und ganzen Göttern wie mit Nymphen. Aber mehr verrate ich Ihnen nicht!

Beschwingt und leichtfüßig im besten Sinne kommt dieser Roman daher - wie alles, was ich bisher von Autorin Kira Licht kenne. Sie hat die Gabe, die Prise Humor, die allem das I-Tüpfelchen aufsetzt, genau richtig zu dosieren - und zwar immer und überall, also auch hier. Wo sich für Livia bald ein Alternativuniversum auftut, das definitiv nicht von dieser Welt ist. Hermes, Hades, Aphrodite - sagen Ihnen diese Herrschaften was? Nun, Sie werden Ihnen in diesem Roman begegnen und zwar nicht nur einmal!

Kira Licht lässt mich jedes Mal - also nach der Lektüre eines ihrer Bücher - absolut sprachlos zurück. Die Romane dieser Autorin werden in Genres gepackt, von denen ich sonst tunlichst die Finger lasse: Fantasy, Erotik, Young Adult zum Beispiel.

Wie kommt es denn, dass ich nach einer weiteren Licht-Lektüre immer in bester Stimmung bin und beschwingt neuen Taten entgegensehe? Ganz klar deswegen, weil die Autorin - passend zum vorliegenden Titel - eine Göttin ist, wenn es um die Schaffung wunderbarer Texte geht. Ich bin vollkommen überzeugt, dass sie in jedem Genre Großes bewirken könnte, auch wenn man ihre Romane nie so ganz zu packen bekommt - in Genres, meine ich!

Ganz egoistisch wünsche ich mir von ihr irgendwann mal einen anspruchsvollen Gegenwartsroman - so einen, der es auf die Liste des Deutschen Buchpreises schafft. Ich bin sicher, auch der würde begeistern - und zwar nicht nur mich!

Veröffentlicht am 12.03.2019

Back to the roots

Die Frauen der Villa Fiore 1
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Wirtschaftsprüferin Giulia Massarini tut etwas, das sie sich nicht hat träumen lassen: sie kehrt heim. Aus New York. Zu ihren Wurzeln in der Toscana, nämlich auf das elterliche Weingut. So sehr sich ihre ...

Wirtschaftsprüferin Giulia Massarini tut etwas, das sie sich nicht hat träumen lassen: sie kehrt heim. Aus New York. Zu ihren Wurzeln in der Toscana, nämlich auf das elterliche Weingut. So sehr sich ihre Mutter Manuela, die ihrerseits aus Deutschland, aus einer Winzerfamilie an der Mosel stammt, über ihre Rückkehr freut, so reserviert reagiert Vater Lorenzo. Er hat nämlich ihren Weggang vor vielen Jahren nicht gut geheißen und kann sich seinen Triumph über ihr Scheitern, der ausgesprochen gehässig ausfällt, nicht verkneifen.

Dabei braucht Giulia doch Liebe und Zuwendung, da sie von ihrem Verlobten betrogen wurde - sowohl in der Liebe als auch finanziell. Er war ihr Chef und hat ihr eine Pleite "zugeschustert". So sehr sich Giulia über die Gesellschaft der Mutter und der beiden jüngeren Schwestern Bianca und Milena freut, so schwierig wird die Situation mit ihrem Vater. Während sie sich gerne einen Überblick über die Finanzen des elterlichen Betriebes, zu dem neben dem Weingut noch ein Restaurant, das ihre Schwester Bianca betreibt und Stallungen, für die Milena, die Jüngste im Bunde, zuständig ist, verschaffen würde, hat ihr Vater für sie eine Position in der Weinherstellung vorgesehen. Und zwar zunächst unter dem temporär für ihn tätigen Önologen, den Amerikaner Paul Reed. Der Giulia zunächst ziemlich auf die Nerven geht.

Doch es gibt auch weitere "Störfaktoren": direkt nach Giulias Rückkehr erleidet Kellermeister Alfredo einen Unfall - und es bleibt nicht bei diesem einen Unglück.

Sehr, sehr merkwürdig, das alles...

Was steckt der ganzen Geschichte? Und kann Giulias 90jährige Großmutter, die genauso bärbeißig ist wie ihr Vater, ihr einen Hinweis (oder sogar mehrere?) geben? Ich habe begeistert und gespannt gelesen, mit Giulia gehofft und gelitten und war ganz traurig, als das Buch ausgelesen war.

Constanze Wilken hat einen wunderschönen Spannungsroman geschrieben, in dem auch Atmosphäre und Herz eine große Rolle spielen. Die Protagonistin Giulia ent- und verliebt sich zugleich - ersteres bezieht sich auf ihren Verlobten Phil, der ihr übel mitgespielt hat und das zweite auf ihre Heimat, die Toscana: es ist eine wiedererwachte Liebe in nie gekanntem Umfang. Und es ist ja bekannt, dass eine Gegend, in der man sich pudelwohl fühlt, zu weiteren Emotionen führt. Ich habe mich auch gleich mitverliebt - in den Landstrich, wohlgemerkt - und könnte mir gut vorstellen, dass es mich in einem meiner nächsten Urlaube dort in die Gegend verschlagen wird.

Wobei ich das nach der Lektüre jedes ihrer Bücher sage - die spielen nämlich alle in eindrucksvollen, liebevoll beschriebenen Landschaften! Ich glaube, ich sollte vorsichtig anfragen, ob die Autorin für einen saisonalen Nebenjob zur Verfügung steht, nämlich als meine private Reiseplanerin.

Und vielleicht kann dann der nächste Toscana-Roman schon mit ins Gepäck, es soll nämlich eine Trilogie werden. Dieses war der erste Band. Gottseidank!

Veröffentlicht am 10.03.2019

Ein modernes Heldenepos

Makarionissi oder Die Insel der Seligen
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Ein modernes Heldenepos mit griechischem Einschlag hat Vea Kaiser verfasst, das aus meiner Sicht locker mit den "alten" mithalten kann. Die Autorin ist eine moderne junge Frau und hat folglich zeithistorische ...


Ein modernes Heldenepos mit griechischem Einschlag hat Vea Kaiser verfasst, das aus meiner Sicht locker mit den "alten" mithalten kann. Die Autorin ist eine moderne junge Frau und hat folglich zeithistorische Themen aufgenommen, die beiden hier in neun Gesängen besungenen Helden haben sich somit eher modernen Herausforderungen - solchen den 20. und 21. Jahrhunderts zu stellen, nicht den klassischen, mit denen es einst Homers Ilias zu tun bekam. Und es geht um Helden mit Macken - mit Schwächen und Fehlern, aber gerade das macht sie so glaubhaft und so verehrungswürdig.

Es ist eine Familiensaga mit allem drum und dran, die Vea Kaiser hier vorlegt, eine mit einem Helden und einer Heldin, einem liebenswerten Lebenskünstler der besonderen Art und einer ganz speziellen Furie: Lefti und Eleni, so heißen die beiden, Cousin und Cousine sind sie, die gegen Ende des 2. Weltkriegs das Licht der Welt erblicken und für kurze Zeit auch Mann und Frau, aber nur, weil ihre Großmutter das so wollte. Nach ihrer Hochzeit verschlägt es sie nach Hildesheim und da trennen sich ihre Wege schon recht bald. Für Lefti geht es nach St. Pölten in Österreich, Furie Eleni landet erst nach einer langen, mehrjährigen Tour durch verschiedene Länder auf der griechischen Insel Varissi. Die Familiengeschichte dieses so ungleichen - zeitweiligen - Paares wird hier ganz wunderbar aufgerollt und so lernt der Leser eine Reihe weiterer faszinierender Charaktere, meist aus der näheren und weiteren Verwandtschaft unserer beiden Helden kennen.

Köstlich, absolut köstlich und leckerer als die delikatesten Makkaroni (mit denen der Titel aber nichts zu tun hat) ist dieses wunderbar kluge, unterhaltsame, empathische, originelle witzige und absolut authentische Buch über diese zwei Menschen aus dem fiktiven nordgriechischen Örtchen Varitsi, ihren Wünschen, Hoffnungen, Zwängen, Ideen, Lösungen - und das Altern.

Vea Kaiser schreibt nicht wie die alten Griechen, sondern wie eine junge, quicklebendige Österreicherin und so gerät ihr Heldenepos nicht pompös und nahezu beängstigend bombastisch, sondern vielmehr warmherzig, witzig, spritzig und sehr stimulierend. Ich habe eine solche Autorin in der deutschsprachigen Literatur bislang noch nicht erlebt, für mich steht sie eher in der Tradition von John Irving, was Originalität, Stil. Leichtigkeit und eine ganz besondere, sehr angewandte Art von Weisheit anbelangt.

Viel kluges Wissen, aber noch mehr Herz ist in dieses wunderbare Buch, das ich jedem empfehle, der noch zwei Hände zum Halten bzw. zwei Ohren zum Hören (es liegt auch als Hörbuch vor) hat - man erschließt sich definitiv neue Welten! Es ist unglaublich, dass ein so junger Mensch wie Vea Kaiser so anrührend über das Alter und das Älterwerden schreiben, Verständnis für unterschiedliche Generationen entwickeln kann. Dies ist aus meiner Sicht ein ganz besonderes, inhaltlich gesehen durchaus globales Kleinod der deutschsprachigen Literatur, das man hegen und pflegen und mit Literaturpreisen nur so bombardieren sollte!