Fast durchweg stark
InfiziertCharlie schließt sich in einer postapokalyptischen Welt einer Gruppe von Überlebenden an. Hauptsächlich, um ihnen zu helfen, nicht von Zombies gefressen zu werden. Am liebsten ist sie nämlich allein. Das ...
Charlie schließt sich in einer postapokalyptischen Welt einer Gruppe von Überlebenden an. Hauptsächlich, um ihnen zu helfen, nicht von Zombies gefressen zu werden. Am liebsten ist sie nämlich allein. Das Gefühl, nicht dazu zu gehören, begleitet sie. Kein Wunder, denn scheinbar ist sie die Einzige, die sich nicht infizieren kann. Und dann ist da noch der Fremde, der sie von der Ferne wie ein Schatten beobachtet, die seltsamen Menschen, die sich nicht anstecken können, aber Plastikkarten bei sich tragen und ein Gebäude, dass Charlie immer mehr fasziniert.
Infiziert bietet vom ersten Moment an Spannung. Eine lebhafte Sprache, die den Leser schnell abholt, gekonnt einführt und am Ball bleiben lässt. Auch Charlie wirkt sofort. Die personale Erzählinstanz schafft die Mischung aus Distanz und Faszination, die Charlie als Einzelgängerin braucht. Außerdem ist die Identifizierung eine andere, als bei Ich-Erzählern. Der Leser kann auch Charlie blicken und beobachten, wie sie reagiert, ohne ihre Beweggrüne vollends verstehen zu müssen. Das ist Teil des Mysteriums und der Spannung. Die immerwährende Gefahr, von Zombies angegriffen zu werden trägt auch einen großen Anteil, natürlich.
Das Rätsel um Charlie wird unterstützt durch die Frage, wohin das Buch führt. Es gibt kein Elysium, das Anfangs aufgezeigt wird, keine Rettung, die so offensichtlich ist, dass es weh tut. Einen Großteil des Buches begleitet Charlie dabei, wie sie sich ungewollt in Beziehungen begibt und erfahren muss, was Verlust ist, warum Distanz so kompliziert ist. Sehr sympathisch war mir dabei, dass die Protagonistin weiß, dass sie nicht ganz alleine bleiben kann. Sie braucht Nähe und schreckt doch vor Bindungen und emotionaler Befangenheit zurück.
Das Buch lässt sich Zeit, diese postapokalyptische Welt aufzubauen. Ich mag es allerdings nicht wirklich Dystopie nennen, weil mir die politische Missherrschaft, die Dystopie immer begleitet, fehlt. Es ist eine Geschichte der Postapokalypse, wo keine Auflehnung gegen ein „falsches“ Regime, sondern das nackte Überleben im Fokus steht. Auch fehlt mir persönlich ein bisschen die Richtung. Die Handlung pendelt sich ein und hat immer wieder ihre kleinen Höhepunkte, die Spannung bleibt durchweg mitreißend. Wohin der Plot will wird allerdings relativ spät erst klar. Hin zu jenem Gebäude – und natürlich wird der mysteriöse Unbekannte noch wichtig.
So klug dieser Aufbau vom kitschigen Standard abweicht und eine vielschichte Entwicklung zeigt, so krass habe ich den Umschwung empfunden, als Charlie endlich in dieses Gebäude geht. Das Tempo legt zu, die Schnüre laufen endlich zueinander, die Entwicklungen zeigen auf einen Fixpunkt. Da mochte ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen. Und gleichzeitig an die Wand schmeißen, weil Charlie für mich einen Charakterbruch erleidet, als sie auf ihren „Schatten“ trifft. Sie bleibt die Heldin des Romans, die ihre Stellung als Unikum behält – keine Angst, aber (und hier nicht zu spoilern ist wirklich schwer) sie zeigt stereotypische Elemente, die mich zeitweise die Augen haben verdrehen lassen. Der Roman zieht danach wieder an und so bleibt dieser Moment für mich der Tiefpunkt.
Mir haben die Wendungen des Romans große Freude gemacht und die Tatsache, dass ich nicht sofort wusste, wo alles endet, sondern wirklich immer wieder gespannt auf die nächste Seite war, spricht für sich. Wer Postapokalypsen und (fast durchweg) starke Figuren mag, dem sei das Buch ans Herz gelegt.