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Veröffentlicht am 07.04.2017

Mosaiksteinschen

Novus Ordo Seclorum
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Mara flieht vor ihrem Verlobten Magnus als sie ein mysteriöses Buch findet. Bei ihrer Tante in Irland findet sie Zuflucht und trifft auch ihren Freund aus Kindertagen wieder. Schnell beginnt sie mehr für ...

Mara flieht vor ihrem Verlobten Magnus als sie ein mysteriöses Buch findet. Bei ihrer Tante in Irland findet sie Zuflucht und trifft auch ihren Freund aus Kindertagen wieder. Schnell beginnt sie mehr für ihn zu fühlen, als nur Freundschaft. Währenddessen hat ihre Freundin Marie ihren Platz an Magnus Seite eingenommen und ist bereit, alles für ihn zu tun. Denn Magnus gehört einer geheimen Bruderschaft an, die die Weltherrschaft erringen will. Und er selbst will an ihrer Spitze stehen. Während Marie in letzter Sekunde vor einem schrecklichen Fehler bewahrt wird, findet Mara heraus, dass ihre Tante und deren irische Freunde die Welt retten wollen. Mara selbst soll der Schlüssel dazu sein, eine Magierin mit den Kräften eines Druiden.
Eine Herausforderung war es, beim Lesen die verschiedenen Handlungsstränge zu ordnen und jeweils zu wissen, wo die Geschichte nun weitermacht. Geholfen hat dabei, dass die einzelnen Abschnitte gelungen aufeinander abgestimmt waren. Die unterschiedlichen Stimmungen zeigen sehr gut, bei welchem Charakter der Leser sich gerade befindet. Wichtig war auch, dass der Roman mit einem auktorialen Erzähler funktioniert, der die Fäden selbst alle kennt und darum immer ein bisschen mehr weiß, als Leser und Figuren.
Die verschiedenen Blickwinkel lassen die Nähe zu den Figuren nie zu groß werden. Bei der Fülle an Handlung wäre das auch zu unübersichtlich. Außerdem werden auch die Antagonisten fokussiert. Filmreif entsteht dadurch ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Der Rahmenhandlung der drohenden Apokalypse werden verschiedene Entwicklungen beigesteuert. Romantische Beziehungen wie aufkommende Konflikte bieten immer wieder kleine Spannungsspitzen und machen das Buch durchweg interessant.
Kritik gibt es von mir vor allem für ein paar Unstimmigkeiten und Figurenentwicklungen. Zunächst einmal baut das Buch massiv darauf auf, dass die Druiden (übrigens gab es keine weiblichen Druiden in Irland) anhand von Büchern den Magiern oder aber der Bruderschaft zugeordnet werden. Stellt die Bruderschaft diese Bücher selbst aus, müssen die Magier sie „finden“. Nun habe gerade die keltischen Druiden ihre Lehren nicht schriftlich weitergegeben. Hier geht das Buch, das versucht keltische Mythen aufzugreifen, also doch in eine andere Richtung. Mal davon abgesehen, dass die Bücher vor allem symbolisch sind. Lesen kann sein kaum eine der Figuren.
Wirklich schlimm fand ich aber die Entwicklung der unterschiedlichen Beziehungen. Am Ende hat jede Frau „ihren“ Mann. Füreinander bestimmt lassen sie sich auch von unausweichlichen Trennungen nicht abhalten. Die einzige Figur, die angeblich homosexuell ist, ist der Großmeister der Bruderschaft, der die Apokalypse natürlich damit auslöst, allein aus körperlichem Begehren mit einer Frau zu schlafen. Joa. Warte was? Der Böse ist schwul. Und das Ende der Welt kommt durch Sex ohne Gefühle. Während auf der anderen Seite feste Beziehungsstrukturen entstanden sind. Erstaunlich, will das Buch doch gerade damit argumentieren, dass die Bruderschaft patriarchal sei, die Magier aber gleichberechtigt. So ganz funktioniert das aber nicht.
Ich habe das Buch ganz gerne gelesen und fand es interessant, die Mosaiksteinchen der Handlung zusammenzusetzen. Die fortlaufend konservativer werdenden Beziehungsstrukturen waren mir vor allem in Nachhinein, als ich das komplette Bild überblicken konnte, ein Dorn.

Veröffentlicht am 06.04.2017

Sehr interessant, leider Schwächen in Arbeitsweise und Argumentation

Wie wir lieben
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Als Rahmen für sein Werk greift der Autor auf Paul und Jelena zurück, deren Geschichte in einer Reportage erzählt wurde. Ihr Versuch einer offenen Beziehung wird begründet, in Etappen betrachtet, mit den ...

Als Rahmen für sein Werk greift der Autor auf Paul und Jelena zurück, deren Geschichte in einer Reportage erzählt wurde. Ihr Versuch einer offenen Beziehung wird begründet, in Etappen betrachtet, mit den Geschichten um andere Paare und ihre Lebensentwürfe erweitert. Dazwischen zeigt Karig Fakten, Zahlen, Daten. Er geht das biologische Prinzip von Partnerschaften an, lässt Studien sprechen, zeigt Probleme auf. Ein guter Ansatz, der wackelt, weil er vor allem eines will: provozieren.
Karig stützt die These, dass die Monogamie am Ende wäre mit Untersuchungen zu Fremdgehen und sexueller Erregbarkeit. Die Biologie spreche für sich. Heterosexuelle Frauen würden beispielsweise durch pornografische Bilder erregt und würden es einfach nicht zugeben. Mehr sogar als heterosexuelle Männer. Was Karig hier absolut ausklammert ist die gesellschaftliche Einbettung der Frauen. Er behauptet, dass wenn eine Erregung messbar ist, sie auch tatsächlich so empfunden wird. Damit reiht er sich ein in all jene, die behaupten, Opfer von Vergewaltigung würde Lust empfinden, nur weil ihr Körper reagiere. Die Körper-Geist-Problematik aber wird in Wie wir lieben nie angesprochen. Wirklich nie. Und dabei will der Autor doch ausgerechnet behaupten, dass unsere Biologie konträr unserer gesellschaftlichen Normierung funktioniert. Statt dazwischen aber eine Verbindung aufzubauen, werden beide Felder getrennt. Natur oder Kultur, Baby, du kannst nicht beides haben, nicht beides sein. In weiten Abschnitten seines Buches reduziert er den Menschen zum reinen Triebwesen. Dabei wäre gerade eine Betrachtung der Verbindung hoch interessant und könnte Abhilfe schaffen.
Warum ist der Mensch monogam geworden? Weil er sesshaft wurde. Aus ökonomischer Sicht, wenn man so will. Kulturen, die sesshaft sind, aber nicht monogam, werden nur am Rande erwähnt. Die ominösen Eingeborenenstämme, die immer hervorgeholt werden, wenn wir „an unsere Wurzeln zurück wollen“, dürfen mal wieder herhalten. Dass die Tatsache, dass diese Stämme, die ein anderes Verständnis von Familie haben, als wir, der Ursprungsthese von Monogamie als Begleiterscheinung der Sesshaftigkeit als Notwendigkeit widersprechen, kommt überhaupt nicht zu Sprache. Biegt Karig am Ende seine Argumentation auf sein Thema zurecht? Traurig, denn eigentlich nutzt er immer wieder gute Belege und baut die Struktur seiner Thesen gelungen auf. Diese Kinderkrankheiten nerven da nur und erwecken den Anschein, der Autor würde seinem eigenen Buch nicht trauen.
Besonders schockiert war ich davon, welches Bild Karig von Beziehungen allgemein zeichnet. Wie dieses Buch behauptet, Seitensprünge wären die Regel, jede Beziehung aufgrund der sinkenden Erregung im Alltag zum Scheitern verurteilt. Da ist er wieder, der Mensch als Triebwesen. So fokussiert ist der Autor dabei, Beispiele von offenen Beziehungen zu zeigen, dass er gleich mehrere Dinge außer Acht lässt. Zum einen, dass Monogamie nie ein allumfassende gelebtes Prinzip war, sondern lediglich immer wieder als ein solches forciert wurde. Zum anderen, dass es auch immer wieder sehr viele Paare gibt, die gemeinsam alt werden und dabei nicht unglücklich. Gerade diese, die Beispiele einer gelungenen Zweierbeziehung, lässt Karig unerwähnt. Statt Lebensentwürfe zu zeigen, die auch funktionieren und unseren Horizont zu erweitern, grenzt er damit aus. Das ist unheimlich schade.
Denn das Buch ist einem so lockeren, herrlich komischen Stil geschrieben, dass es mir großen Spaß gemacht hat, es zu lesen. Es war unheimlich interessant die Fakten kennenzulernen, die Karig nutzt. Denn auch wenn seine wissenschaftliche Arbeitsweise hier weder repräsentativ noch zureichend ist, wirft er interessante Fragen dabei auf. Das Denken um unsere Beziehungsstrukturen, ihre Gründe und Auswirkungen ist es, was mir dieses Buch immer wieder schmackhaft gemacht hat. Allein das Nachdenken darüber, warum viele von uns monogam leben, was Treue eigentlich bedeutet und was Toleranz in diesem Bereich heißt, war unheimlich spannend und lohnenswert.
Wie wir lieben – Vom Ende der Monogamie ist ein wirklich interessantes Buch zu einem Thema, das mit unserer Gesellschaftsstruktur erschreckend elementar verbunden ist. Es hat leider einige Schwächen in der Arbeitsweise und Argumentation. Lesenswert fand ich für mich es trotzdem, da es meine eigenen Überlegungen angeregt hat.

Veröffentlicht am 29.03.2017

Großartig

Liebe ist wie Drachensteigen
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Hadleys Welt steht Kopf, seit sie erfahren hat, dass ihr Vater fremd gegangen ist. Ihre Mutter verschanzt sich auf der Arbeit, der Umzug war auch nicht gerade hilfreich und obwohl Hadleys Vater die Familie ...

Hadleys Welt steht Kopf, seit sie erfahren hat, dass ihr Vater fremd gegangen ist. Ihre Mutter verschanzt sich auf der Arbeit, der Umzug war auch nicht gerade hilfreich und obwohl Hadleys Vater die Familie nicht verlassen hat, fühlt sie sich ihm so fremd. Dann trifft sie auf Sam, der sie nur zu gut versteht. Seine Eltern sind frisch geschieden und er versucht mit allen Mitteln, seine kleine Schwester zu schützen. Hadley und Sam verbindet zuerst ein Geheimnis und dann etwas, was eigentlich unmöglich erscheint und was beide verwirrt. Echte Gefühle.
Ich habe das Buch angefangen und konnte nicht mehr aufhören. Die Geschichte ist packend vom ersten Wort an. Der Leser wird direkt reingeschmissen in die zerstörten Welten von Sam und Hadley, leidet mit und erkennt sofort, dass beide im Grunde verzweifelt nach einem Halt suchen. Die Handlung fokussiert abwechselnd Hadley und Sam und sorgt so schnell dafür, dass der Leser mehr weiß, als die Figuren. Dennoch habe ich bis zum letzten Wort mitgefiebert. Vielleicht gerade deshalb, denn zusammen erfahren die beiden eine so umwerfende Dynamik, dass alles logisch erscheint und alles überraschend ist. Großartig.
Wirklich begeistert haben mich die intertextuellen Verweise. Das Buch zeichnet eine Mischung aus Romeo und Julia und Viel Lärm um nichts nach und geht doch seinen eigenen Weg. Die Verfeindung ist eine frische und wird mit viel Schmerz und Empathie dargestellt. Viele Figuren begehen schwerwiegende Fehler in Liebe ist wie Drachensteigen, doch auf eine wunderbare Art und Weise schafft Ashley Herring Blake es, diesen Fehlern Tiefe zu verleihen. Hier ist nichts platt, sondern alles von einer zauberhaften Psychologisierung durchzogen. Jeder Charakter wird plastisch, jede Handlung begründet. Gut und Böse, Richtig und Falsch verschwimmen dabei nicht unbedingt, sondern werden durch Blickwinkel erweitert. Auch wer Falsches tut hat Gründe, die alles in einem anderen Licht erstrahlen lassen. Erkenntnis, Vergebung, Trauer, Überwindung. Eine Mischung, die packt.
Sam und Hadley sind dann auch beide keine Figuren, die ohne Tadel bestehen. Beide versuchen mit ihrem Schmerz umzugehen und verletzen dabei andere. Dabei kreisen sie unentwegt umeinander. Ein tragisches Verwirrspiel und die Frage, ob es in der Ausweglosigkeit der Situation Hoffnung geben darf lassen Liebe ist wie Drachensteigen geradezu philosophisch wirken. Auf grandiose Weise werden unterschiedliche Wege präsentiert. Und obwohl dabei der Rahmen einen vorhersehbaren Weg geht, überraschen die Figurenentwicklungen wie die Verschiebungen innerhalb des Romans.
Falls ihr es bis hierhin noch nicht verstanden habt: Ich liebe dieses Buch. Lest es! Lest es, denn es ist zeitlos. Es packt die Urstoffe von Rache, Liebe, Einsamkeit und formt darauf eine so wundervolle Geschichte, dass ich ohne Einschränkung behaupten kann: Es ist eine der besten, die ich je kennengelernt habe!

Veröffentlicht am 29.03.2017

Fesselnde Geschichte mit kleinen Stolpersteinen

Forever You
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Skyler zieht mit ihrer Mutter zurück ins beschauliche Linden, in der Nähe von München. Dort soll sich die widerspenstige Jugendliche von allem Ärger fern halten. Doch Skyler stolpert mitten in Adrians ...

Skyler zieht mit ihrer Mutter zurück ins beschauliche Linden, in der Nähe von München. Dort soll sich die widerspenstige Jugendliche von allem Ärger fern halten. Doch Skyler stolpert mitten in Adrians Arme – immer wieder. Und der junge Mann hat Geheimnisse. Um eine uralte Schuld zu begleichen, muss er Skyler beschützen und darf ihr gleichzeitig nicht zu nahe kommen. Doch genau dafür sorgt Sam, Adrians Bruder.
Skyler rebelliert. Jede ihrer Handlungen entspringt, gerade zu Beginn des Buches, aus einer Trotzreaktion gegenüber ihrer Mutter. Was im Grunde viel erklärt, passt aus meiner Perspektive irgendwie nicht recht zusammen. Denn was als Rebellion abgetan wird, entpuppt sich schnell als das, was Skyler wirklich mag. Auch sonst erscheint die Protagonistin von Forever You keinesfalls pubertär. Die Adoleszenzentwicklung wird ihr geradezu aufgedrängt. Tatsächlich ist sie sich schon sehr sicher, was sie mag und steht auch ihren Handlungen reflektiert gegenüber. Vielleicht wurde hier versucht, Jugendlichkeit zu erzeugen, was aber weder für die Geschichte, noch für Skylers Entwicklung nötig gewesen wäre.
Der Stil dagegen ist flüssig und treffsicher. Gerade Skyler, aber auch Adrian und Sam erfahren eine gute Psychologisierung, die weitestgehend schlüssig ist (siehe oben). Bei den Nebenfiguren hapert es da etwas, die bleiben sehr schemenhaft und stereotypisch. Da die Geschichte mit einem auf Skyler gerichteten personalem Erzähler ausgestattet ist, sehe ich die Lücken bei Adrian und Sam nicht so tragisch. Hier funktioniert viel zwischen den Zeilen heraus, so dass deren Entscheidungen am Ende gut nachvollziehbar sind.
Gut hat mir gefallen, dass die romantische Ebene zwar elementar ist, aber vor allem als Antrieb funktioniert, nicht als Exzess. Skylers Gefühle für Adrian entspringen bereits aus dem ersten Aufeinandertreffen der beiden, entwickeln sich aber sehr schön und sind keineswegs von Anfang an absolut. Dieses Werden der romantischen Gefühle mag ich sehr und es wird hier auch nicht als alleiniger Inhalt verstanden, sondern mit einem geeigneten Rahmen versehen. Auch ohne dem romantischen Part würde Skyler in diese Geschichte gezogen werden, nur eben auf eine andere Art.
Kritisieren muss ich aber noch den Moment der Entdeckung, dass es Engel gibt. Der Schockmoment, der kein Schockmoment wird. Sie bleibt dabei zu abgebrüht. Und gleichzeitig erkennt sie sofort überall in ihrem Umfeld weitere Engel, was zwar glaubhaft eingesponnen wird, doch von Adrian, dem sie davon erzählt, mit keinem Wort kommentiert wird. Überhaupt wird es in dem Bezug etwas wirr und überall tauchen Nachkommen von Engeln auf, was sich etwas mit der Geschichte sticht, die Skyler erzählt bekommt.
Insgesamt war das Buch fesselnd geschrieben und ich rutschte geradezu durch. Die Ungereimtheiten bei den Figuren und gegen Ende sind überelesbar, weil sie keine direkten Sinnfehler darstellen, mich hat es aber etwas gestört. Die Nähe zu den Figuren und der Lesefluss haben da einfach kurz gewankt. Für Liebhaber romantischer Fantasy und alle, die auf Engel stehen, ist das Buch in jedem Fall einen Versuch wert.

Veröffentlicht am 24.03.2017

interessante, spannende Lektüre

John F. Kennedy
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John Fitzgerald Kennedy kommt aus einer reichen Familie, genießt eine gute Bildung. Als Kind ist er kränklich, liest viel. Vom Vater geplant ist dagegen, dass Johns großer Bruder eines Tages Präsident ...

John Fitzgerald Kennedy kommt aus einer reichen Familie, genießt eine gute Bildung. Als Kind ist er kränklich, liest viel. Vom Vater geplant ist dagegen, dass Johns großer Bruder eines Tages Präsident wird. Doch im zweiten Weltkrieg ändert sich alles. John geht in die Politik, ist beliebt und erkennt in der Diskriminierung von Schwarzen ein großes Problem. Dagegen will er kämpfen, es ist Zeit zu handeln.
Zuerst möchte ich die tollen Zeichnungen loben. Sie sind nach meiner Meinung genau im richtigen Maß detailliert. Da das Buch eher zum Selbstlesen als zum Vorlesen geeignet ist, sind die Zeichnungen ergänzender Schmuck, unterstützen den Text, stehlen ihm aber auch nicht die Show. Gerade die Gesichtszüge sind sehr nah an den realen Figuren dran und liefern das Gefühl von Historizität. Das wird durch direkte Zitate von J.F.K. unterstütz, die groß gedruckt immer wieder eine Seite füllen.
Sehr schön fand ich aber auch den Text. Biografisch in der Kindheit einzusteigen erzeugt natürlich eine Nähe zum jungen Leser. Die lesende Figur im Buch und das lesende Kind mit dem Buch in der Hand – ein wunderbares Bild. Gekonnt schafft es Zeit zu handeln Kennedys Lebensstationen aufzuzeigen und zu umrahmen, wie aus dem kränklichen Kind ein beliebter Präsident werden konnte. Im eigentlichen Fokus steht aber eher die Bürgerrechtsbewegung und wie Kennedy dazu stand.
Die Gefahr, J.F.K. zu überzeichnen geht das Buch dabei nicht ein. Es zeigt, dass Kennedy gezaudert hat, Angst hatte und lange gewartet hat, ehe er sein Versprechen von der Verbesserung der Bürgerrechte eingehalten hat. Wenn ich daneben die heutige Ist-Situation stelle, zeigt sich schnell, dass damit nicht alles Mögliche und Nötige getan ist. Dennoch porträtiert das Buch über Kennedys Biografie den Kampf um die Bürgerrechte recht gut.
Da John F. Kennedy: Zeit zu handeln aber ein Kinderbuch ist, dass sich am besten selbst liest, wird es heute Zeit, meinen Sohn zu Wort kommen zu lassen. Keule ist 8 (fast 9) und umstandsbedingt ein großer Bücherfreund. Ich hatte erst Angst, dass eine Biografie mit deutlichem Sachbuchcharakter nichts für ihn ist. Immerhin geht es durchaus um komplexe Probleme. Doch er war begeistert:
„Mir hat das Buch sehr gut gefallen. Was mir aber nicht gefallen hat, was aber leider wahr ist, ist dass John F. Kennedy erschossen wurde. Er hat ja so viel Gutes gemacht. Ich fand es ganz toll, wie mutig die Leute waren. Schlecht finde ich, wie die Bürgerrechtler behandelt wurden. Jemanden zu verhaften, weil er einfach nur sitzt, verstehe ich nicht. Auch manche Zitate habe ich nicht verstanden, aber andere fand ich richtig cool.“