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Venatrix

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 25.04.2021

Fesselnd bis zur letzten Seite

Die Wahrheit der Dinge
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„Manchmal hat er den Eindruck, als steckten zwei Menschen in ihm …Er ist weder der eine noch der andere, gerade in den letzten Tagen wird das deutlich. Bleibt die Frage: Wer ist er eigentlich?“


Frank ...

„Manchmal hat er den Eindruck, als steckten zwei Menschen in ihm …Er ist weder der eine noch der andere, gerade in den letzten Tagen wird das deutlich. Bleibt die Frage: Wer ist er eigentlich?“


Frank Petersen ist seit Jahren Strafrichter in Hamburg. Ein Mann mit Erfahrung und gesundem Menschenverstand, zuverlässig wie ein Schweizer Uhrwerk, und korrekt. Trotzdem steckt er in einer tiefen Sinnkrise. Zum einen hat ihn Ehefrau Britta verlassen und zum anderen hat der Bundesgerichtshof in Karlsruhe vier seiner Urteile aufgehoben. Das schmerzt ihn sehr, ist er doch um größtmögliche Objektivität bemüht und lässt sich nicht von Gefühlen leiten.

Als er dann noch erfährt, dass Corinna Maier aus der Haft entlassen wird, gerät Leben restlos in Wanken. Diese Frau hat vor mehr als vier Jahren im Gerichtssaal, kurz vor Petersons Urteilsverkündung, den Angeklagten und Mörder ihres Sohnes erschossen. Dieses traumatische Erlebnis hat den Richter seit her nicht mehr losgelassen.

Ist es Ursache für seine Selbstzweifel? Wie es so seine Art ist, beginnt er der Sache auf den Grund zu gehen und holt Corinna von der Haftanstalt ab.

Meine Meinung:

Markus Thiele, selbst Jurist, lässt den Leser tief in die Gedankenwelt des Richters und der verurteilten Frau eintauchen. Wir lernen nicht nur Peterson und seine Familie kennen, sondern auch Corinna Maier. Eine Frau, die zielstrebig einen Platz im Leben sucht, ihn findet und gleich zweimal alles verliert, was sie liebt. Zuerst ihren Lebensgefährten und knapp zwanzig Jahre später ihren einzigen gemeinsamen Sohn. Beide sterben jeweils durch ein Gewaltverbrechen, der eine wird zu Tode geprügelt, der andere durch eine Überdosis Heroin.

Zu Beginn des ersten Prozesses ist sie noch von dem Gedanken an die Gerechtigkeit der deutschen Justiz überzeugt, wird aber bitter enttäuscht. Im Prozess gegen den Mörder ihres Sohnes kann sie eine Wiederholung nicht ertragen und übt Selbstjustiz. Die Leser erfahren in Rückblenden, die sehr geschickt in Gespräche zwischen Corinna und Frank eingebettet sind, mehr über Corinna. Peterson ist beeindruckt und lässt sich zu einer kleinen Unkorrektheit hinreißen, die ihn eigentlich seinen Job kosten könnte.

Mir hat dieser Roman, der einige Elemente der wahren Ereignisse um Marianne Bachmeier enthält, sehr gut gefallen. Er ist ein Balancieren zwischen Recht und Gerechtigkeit. Die anspruchsvolle Sprache, die gelungenen Charaktere sowie die Betrachtungen zum Thema Schuld, Aufarbeitung, Strafe und Schicksal haben mich überzeugt. Dieses Buch ist das zweite von Markus Thiele. Wenn es weitere von ihm gibt, werde ich nicht an ihnen vorbeikönnen.

Fazit:

Eine fesselnde Lektüre über Recht und Unrecht, Gerechtigkeit und Rechtsprechung, der ich gerne 5 Sterne gebe.

Veröffentlicht am 25.04.2021

Eine opulente Familiensaga

Das achte Leben (Für Brilka)
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„Teppiche sind aus Geschichten gewoben. Also muss man sie wahren und pflegen. Auch wenn dieser jahrelang irgendwo verpackt den Motten zum Fraß vorgeworfen wurde, muss er nun aufleben und uns seine Geschichten ...

„Teppiche sind aus Geschichten gewoben. Also muss man sie wahren und pflegen. Auch wenn dieser jahrelang irgendwo verpackt den Motten zum Fraß vorgeworfen wurde, muss er nun aufleben und uns seine Geschichten erzählen. Ich bin mir sicher, wir sind da auch eingewebt, auch wenn wir das nie geahnt haben.“ (S 31)


Dieser Roman, der mit 1.280 Seiten ein ziemliches Schwergewicht ist (nur „Krieg und Frieden“ ist noch dicker) beschreibt anhand der Geschichte der Familie Jaschi, die Geschichte Russlands vom Zarenreich bis heute.

Die Familiengeschichte über sechs Generationen ist in acht Bücher aufgeteilt, in dem jeweils einem Familienmitglied besonderer Aufmerksamkeit geschenkt wird. Die Familiensaga beginnt im Jahr 1900 in Georgien und endet im 2007 wieder dort. Der Bogen spannt sich vom Zarenreich, über den Ersten Weltkrieg, die Revolution, dem Bürgerkrieg, die Stalinära, den Zweiten Weltkrieg, die Sowjetunion und dem Zerfall derselben sowie den blutigen Auseinandersetzungen in Georgien bis heute.

„Vor den Toren Moskaus stand ein Bataillon. Das waren die stolzen Reste der 34. Division. Sie konnten schon den Kreml sehen, doch plötzlich mussten sie stiften gehen. Wie einst Napoleon. (S. 290)

Wir begleiten die acht Familienmitglieder über weite Strecken ihres Lebens.

Stasia
Christine
Kostja
Kitty
Elene
Daria
Niza
Brilka

Es sind vor allem die Frauen dieser Familie, die im Mittelpunkt stehen. Ausnahme ist Kostja, der durch seine Stellung immer wieder Fäden zieht.


„Die Geschichten überlappen sich, gehen ineinander über, verwachsen – ich versuche, dieses Wollknäuel auseinanderzuziehen, weil man ja die Dinge nacheinander erzählen muss, weil die Gleichzeitigkeit der Welt nicht in Worte zu fassen ist.“ (Seite 521)


Meine Meinung:

Eine opulente Familiensaga, die ich in wenigen Tagen verschlungen habe. Das Buch erzeugt eine Sogwirkung, der sich die Leser schwer entziehen können.
Die brutale Geschichte Russlands vom Zarenreich bis heute wird nicht ausgespart, sondern ist Teil des Lebens der Familie Jaschi. Daneben wird leidenschaftlich geliebt, ebenso gehasst und so mancher gerät in die Fänge der Politik, ohne dies zu wollen.

Die Charaktere sind sehr gut gezeichnet. Lediglich Brilka, die sich als Zwölfjährige alleine aufmacht, um in Wien nach den verschollenen Liedern von Kitty zu suchen, erscheint mir ein wenig zu überzeichnet. Natürlich kann sie durch ihr bisheriges Leben erwachsener als eine durchschnittliche Zwölfjährige sein. Aber dies soll den 5 Sternen für diese opulente Familiensaga nicht schaden.

Veröffentlicht am 25.04.2021

Fesselnde Fortsetzung

Das Knistern von Eis
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Es ist Adventzeit am Bodensee - still und starr liegt der See da, was man von der Bevölkerung nicht sagen kann. Die Kakophonie der unerträglichen Weihnachtslieder lassen Max Madleners und Harriet Holtbys ...

Es ist Adventzeit am Bodensee - still und starr liegt der See da, was man von der Bevölkerung nicht sagen kann. Die Kakophonie der unerträglichen Weihnachtslieder lassen Max Madleners und Harriet Holtbys Nerven blank liegen. Noch wissen sie nicht, dass das Gedudel nur ein Vorgeschmack auf weiteren Wahnsinn bedeutet. Ein Profikiller zieht, einem Phantom gleich eine blutige Spur rund um den Bodensee.

Auslöser dieser Mordserie ist die Heldentat eines Galeriebesitzers, der zwei kleine Mädchen, die sich verbotenerweise auf das dünne Eis des Sees begeben haben und natürlich eingebrochen sind. Denn die Berichterstattung über den Mann in den Medien, löst eine Kettenreaktion an Verbrechen aus. Noch weiß niemand, dass sich der Ermordete in einem Zeugenschutzprogramm befunden hat. Als sich das LKA einschaltet und man der Friedrichshafener Kripo, und damit Madlener den Fall entzieht, ist die Kacke so richtig am Dampfen.

Doch wer „Mad“ Max Madlehner kennt, weiß dass er sich weder vom LKLA noch von der neuen Polizeipräsidentin von seinen eigenen Ermittlungen abhalten lässt.

Meine Meinung:

Dies ist ja schon mein vierter Krimi um Max Madlener und Harriet Holtby. Dieses unkonventionelle Ermittlerduo ist mir so richtig ans Herz gewachsen. Die beiden verstehen sich ohne Worte und ergänzen sich vorzüglich.

Der Krimi ist fesselnd bis zur letzten Seite. Auch das Privatleben von Max darf wieder eine Rolle spielen. Immer wieder gibt es natürlich kleine Missverständnisse, die auf falsch verstandene Rücksichtnahme zurückzuführen sind. Diesmal hadert er mit dem Weihnachtsfest. Denn eigentlich hat er zwei Ex-Frauen und einen Sohn sowie seine neue Freundin Ellen, die unterschiedliche Ansprüche deswegen an den leidenschaftlichen Weihnachtshasser stellen. Wie er aus diesem Dilemma herauskommt, ohne zu viel Porzellan zu zerschlagen, hat der Autor recht gut gelöst.

Die Charaktere dürfen sich weiterentwickeln, was mir gut gefällt. Entzückend auch die Geburtstagsüberraschung für Ma, an der Harriet nicht ganz unbeteiligt ist.

Ich freue mich schon auf Band 5 (Das Lodern der Flammen) und Band 6 (Der Tote aus dem See)

Fazit:

Wieder ein fesselnder Bodensee-Krimi, dem ich gerne 5 Sterne gebe.

Veröffentlicht am 25.04.2021

Einblick in den ALDI-KOnzern

Schampus für alle
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In „Schampus für alle“ versucht Guido Knopp die Firmengeschichte von „ALDI“ seinen Lesern nahezubringen. Die Brüder Karl und Theodor Albrecht haben zeit ihres Lebens das Licht der Öffentlichkeit gescheut, ...

In „Schampus für alle“ versucht Guido Knopp die Firmengeschichte von „ALDI“ seinen Lesern nahezubringen. Die Brüder Karl und Theodor Albrecht haben zeit ihres Lebens das Licht der Öffentlichkeit gescheut, weswegen es wenig Tratsch und Klatsch zu berichten gibt.

1913 eröffnet der Bäckergeselle Karl Albrecht sen. in Schonnebeck, einem Vorort von Essen ein kleines, aber feines Geschäft, in dem es neben Brot auch Kaffee, Tee, Konfitüre, Butter und Kekse zu kaufen gibt. Persönliche Betreuung der Kunden ist oberstes Gebot.

Kurz nachdem Zweiten Weltkrieg, die Beschaffung von Lebensmitteln ist sowohl für die Händler als auch für die Konsumenten äußerst schwierig, ändern die Brüder Albrecht ihr Geschäftsmodell: Mit niedrigen Preisen und einem äußerst schmalen Sortiment, das sich auf das Wesentliche beschränkt, locken sie die Kunden in den Jahren der Mangelwirtschaft ins Geschäft.

Damit schlägt die Geburtsstunde des Diskontladens. Was den einen freut, nämlich billigste Preise für die Käufer, treibt so manchen Produzenten in den Ruin, denn die Albrechts setzen den Firmen die Daumenschrauben an. Bald gibt es Mitbewerber im umkämpften Preiskampf, der bis heute anhält.

Wenn zunächst nur die Wenigverdienenden die ALDI-Filialen, die bald die Fühler nach Österreich ausstrecken und dort unter „Hofer“ firmieren, frequentieren, wandelt sich die Käuferschicht. Was zuerst als peinlich gilt, nämlich das Einkaufen in schmucklosen Lagerhallen bei eingeschränktem Sortiment mit Eigenmarken, verwandelt sich bald in „trés chic“.

Meine Meinung:

Guido Knopp hat aus den wenigen zur Verfügung stehenden Quellen ein informatives Bild einer öffentlichkeitsscheuen Familie geschrieben. Wie wir es vom Autor und TV-Präsentator kennen, werden die Informationen leicht lesbar und manchmal auch launig dargeboten. Dabei beleuchtet er auch die diktatorischen Umgang mit Mitarbeitern und Lieferanten, von denen man zwar hinter vorgehaltener Hand schon gehört hat, aber nicht wirklich bekannt waren.

Fazit:

Ein interessanter Einblick in einen Milliarden schweren Konzern, dem ich gerne 4 Sterne gebe.

Veröffentlicht am 25.04.2021

Hat mich gut unterhalten

Bamberger Hörnla
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"Sie wissen, dass ich gegen unkonventionelle Ermittlungsmethoden normalerweise nichts habe", fuhr sie fort. "Aber was zu weit geht, geht zu weit. Wenn das an die Öffentlichkeit gelangt, können wir einpacken. ...

"Sie wissen, dass ich gegen unkonventionelle Ermittlungsmethoden normalerweise nichts habe", fuhr sie fort. "Aber was zu weit geht, geht zu weit. Wenn das an die Öffentlichkeit gelangt, können wir einpacken. Ein Kriminalkommissar, der einen Gartenzwerg obduzieren lässt. Wenn ich nicht wüsste, dass Sie höchstens mal einen Eierlikör trinken, müsste ich jetzt eine Blutprobe veranlassen!"

Dies ist der erste Fall für KHK Horst Müller, der gerne Beamter ist, und seine Kollegin Paulina Kowalska. Zahlreiche bekannte Personen aus Bamberg erhalten ein Paket mit einem geköpften Gartenzwerg.

Soll dies als Morddrohung verstanden werden? Das wäre doch außergewöhnlich und würde die Kreise von Horst Müller definitiv nachhaltig stören. Bamberg ist ja, was Kapitalverbrechen anlangt, eher die Insel der Seligen. Man „begnügt“ sich mit dem Arretieren von Fahrrad- bzw. Obstdieben und hin und wieder gelingt ein Zufallstreffer in der Drogenszene, aber Mord?

Als dann eine Musikerin der berühmten Bamberger Symphonikern auf offener Bühne stirbt und sich in ihrem Spind ein geköpfter Gartenzwerg befindet, läuten bei Horst Müller und seiner Kollegin alle Alarmglocken.

Gemeinsam nimmt das höchst unterschiedliche Duo seine Ermittlungen auf. Ein zweiter toter Musiker lässt auf einen Serienmörder schließen. Ist hier ein unzufriedener Klassikhörer am Werk?

Meine Meinung:

Harry Glück ist hier ein guter Reihenauftakt gelungen. Raumgreifende Action sucht man vergeblich. Der Leser erfährt einiges über Bamberg und seine Kulinarik. Die Charaktere sind durchwegs liebenswert. Allen voran natürlich Horst Müller, der ein wenig kauzig daherkommt. Er liebt Filterkaffee und Eierlikör (ein wenig ungewöhnlich für einen Mann), trägt Kurzarmhemden statt T-Shirt oder Polo und mag den Blechtrottel nicht ganz so gerne. Stets griffbereit ist ein Stofftaschentuch, das auch abseits vom Schnäuzen zur Anwendung kommt. Kollegin Paulina Kowalska ergänzt ihn da prächtig, denn ohne einen Cappuccino aus dem Vollautomaten geht wenig und Recherchen am Computer erledigt sie mit links.
Diese Unterschiede bieten Platz für amüsante Dialoge.

Ein witziges Detail ist auch die Bewerbung Müllers um einen Schrebergarten, das angesichts der geköpften Gartenzwerge besonders heraussticht.

Die Story ist gut durchdacht und hat eine doch überraschende Auflösung.

Fazit:

Hier habe ich mich gut unterhalten gefühlt und gebe daher gerne 4 Sterne.