Hat mich nicht vollends überzeugt
Als wir uns die Welt versprachenRomina Casagrande erzählt die Geschichte von Edna Weiss, deren Eltern, bitterarmer Bergbauern, sie als Verdingkind nach Deutschland verkauft haben.
Wir lernen die neunzigjährige Edna kennen, die zurückgezogen ...
Romina Casagrande erzählt die Geschichte von Edna Weiss, deren Eltern, bitterarmer Bergbauern, sie als Verdingkind nach Deutschland verkauft haben.
Wir lernen die neunzigjährige Edna kennen, die zurückgezogen in ihrem Häuschen in Südtirol lebt. Nur der Papagei Emil leistet ihr Gesellschaft. Einziger Luxus ist die Zeitschrift „Stern“, die sie aufmerksam liest und aufbewahrt. Als sie eines Tages von einer Unwetterkatastrophe in Ravensburg liest und auf einem der Fotos ihres Leidensgefährten Jacob aus der „Schwabenkind“-Zeit entdeckt, beschließt sie, eine alte Schuld einzulösen.
Sie packt ein paar Habseligkeiten sowie Emil in dessen Transportkiste und macht sich zu Fuß auf, Jacob im Krankenhaus von Ravensburg zu besuchen. Dabei geht sie den Weg zurück, den Jacob als Fluchtweg aus dem Sklavendasein aufgezeichnet hat.
„Was zählten schon die Träume zweier Kinder, denen man ihre Welt genommen hatte, um sie hinter die Berge auf einen alten Bauernhof zu verbannen?“
Meine Meinung:
Die Idee zu diesem Roman hat mir sehr gut gefallen. Nur wenige Menschen wissen von den Schicksalen der bitterarmen Bergbauernkinder, die, um die Not der Daheimgebliebenen ein wenig zu lindern, in die Fremde - vor allem nach Baden-Württemberg - verkauft wurden. Viele dieser Kinder stammen ursprünglich aus dem Vinschgau (Südtirol), der Schweiz, Vorarlberg, Tirol, der Steiermark oder aus Liechtenstein. Die meisten dieser Verdingkinder wurden als Arbeitssklaven körperlich und seelisch missbraucht. Ihnen eine Stimme zu geben, ist eine gute Idee. Leider ist die Umsetzung nicht so gut gelungen.
Die Geschichte wird in zwei Zeitebenen erzählt. Zu Beginn wirkt Edna etwas verwirrt. Die Nachbarn wollen sie deshalb in einem Altenheim unterbringen.
Während der beschwerlichen Reise gibt sich Edna ihren Erinnerungen hin und so erfahren wir Leser, was sie erlebt und erlitten hat.
Der Entschluss, den schwer verletzten Jacob zu besuchen und ihm Emil zurückzugeben, scheint wie ein Bußgang zu sein. Denn aus Ednas Verschulden (zumindest glaubt Edna das), ist Jacob die Flucht nicht gelungen. Daher geht Edna die Fluchtroute in entgegengesetzter Richtung zu Fuß. Die Strecke von rund 240km, die mit dem Auto in rund drei Stunden zu bewältigen ist, führt Edna über Landeck, den Reschenpass, den Arlberg, an den Bodensee und weiter. Dabei nimmt sie nicht die gut ausgebauten Straßen, sondern die alten Wege durchs Gebirge.
Auf ihrem Weg verliert sie Ausweis, Geld und einen Teil ihres Gepäcks. Doch sie findet immer wieder Personen, die ihr helfen. So erhält sie zum Beispiel von einem Motorradfahrer eine Lederjacke, die ihr später noch einmal gute Dienst leistet, weil sie sie als Mitglied einer Gruppe ausweist.
Allerdings und das ist für mich ein ziemlicher Widerspruch, vertrödelt sie viel Zeit mit Zufallsbekanntschaften. Edna sollte, wenn schon quasi auf dem persönlichen Jakobsweg, zügig (soweit das für eine 90-Jährige möglich ist) weiterkommen. So wiederholt sich ihre Trödelei, ihre Unpünktlichkeit, die damals Jacob zurückbleiben ließ.
Fazit:
Ein Roman von Schuld und Sühne sowie von Leid und schlechtem Gewissen, der mich leider in seiner Umsetzung nicht ganz überzeugt hat. Daher kann ich nur 3 Sterne vergeben.