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Venatrix

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 16.01.2021

Penibel recherchiert und grandios erzählt

Krone der Welt
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„Krone der Welt“ ist ein opulenter historischer Roman, der in vier Teilen erzählt wird. Beginnend in den Jahren 1585/88 endet er 1617 just vor dem Ausbruch des Dreißigjährigen Krieg (1618-1648). Schauplatz ...

„Krone der Welt“ ist ein opulenter historischer Roman, der in vier Teilen erzählt wird. Beginnend in den Jahren 1585/88 endet er 1617 just vor dem Ausbruch des Dreißigjährigen Krieg (1618-1648). Schauplatz ist Amsterdam. Es ist die Zeit der Glaubenskriege, in der sich Katholiken und Calvinisten bis aufs Blut bekämpfen. Doch nicht der Glaube spielt eine Rolle, sondern auch handfeste wirtschaftliche Gründe befeuern die Grausamkeiten. England und Spanien kämpfen um die Vorherrschaft auf See und die Franzosen wechseln immer wieder die Seiten. Schlechte Ernten lassen die Menschen verarmen.

So ist auch Wim Ardzoon, ein bekannter Architekt in Antwerpen, betroffen. Er verliert sein Haus und muss mit seinen drei Kindern, Ruben, Vincent und Betje nach Amsterdam fliehen. Dort wird er, als er endlich Fuß gefasst ermordet. Für die Kinder beginnt eine ungewisse Zeit, die sie zum Teil im Waisenhaus verbringen müssen. Vincent , der älteste will wie sein Vater Architekt werden, Ruben träumt von der Seefahrt und Betje wird zur Köchin ausgebildet.

Immer wieder kreuzen die alten Widersacher den Weg der Kinder. Manchmal versteckt, manchmal offen. Liebe, Hass, Intrigen und Lügen sowie die ewig schwärenden Religionskonflikte machen dem Trio das Leben in Amsterdam nicht leicht. Dennoch schaffen sie es, sich durchzuschlagen und mit mancher unerwarteter Unterstützung sowie wie Fleiß und Rechtschaffenheit, ihren Weg zu gehen.

Meine Meinung:

Der historische Roman schildert das Leben der Menschen während des ausgehenden 16. bzw. Des beginnenden 17. Jahrhunderts. Mittelpunkt sind die Lebensgeschichten des Trios und die Entwicklung von Amsterdam, die eng mit dem aufstrebenden Architekten Vincent verknüpft ist.

Wie wir es von Sabine Weiß gewöhnt sind, verbindet sie Fakten und Fiktion geschickt miteinander. Ihr unterschwelliger Geschichtsunterricht mag ich auch gerne, denn der Leser erfährt - so ganz nebenbei - Wissenswertes aus einer kriegerischen Epoche. Der Sieg der Engländer unter Sir Francis Drake über die Spanische Armada mag ja noch bekannt sein, die vielen anderen Scharmützel sind in der breiten Öffentlichkeit sicherlich nicht. Viele historische Fakten, wie die Gründung der Niederländischen Ostindien Company haben Auswirkungen, die Jahrhunderte anhalten. Diese historischen Ereignisse sind penibel recherchiert und gekonnt in den Roman eingeflochten.

Für alle jene, die mit den niederländischen Begriffen und dem nautischen Fachvokabular nicht so vertraut sind, gibt es im Anhang ein Glossar. Zu Beginn hilft ein ausführliches Personenverzeichnis, fiktive von historischen Personen zu unterscheiden. Zu guter Letzt findet sich auch eine Stadtplan von Amsterdam aus dem Jahre 1600.

Die Charaktere sind sehr sorgfältig herausgearbeitet, wobei die Bösen immer einen Hauch lebendiger erscheinen.

Fazit:

Ein opulent erzählter und penibel recherchierter historischer Roman, dem ich gerne eine Leseempfehlung und 5 Sterne gebe.

Veröffentlicht am 15.01.2021

Fesselnd bis zur letzten Seite

Trümmerschatten
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Dieser Krimi spielt im Winter 1949 in und rund um Bonn, der neuen Hauptstadt des in vier Besatzungszonen geteilten Deutschlands. Das Alte und seine Gesinnungen sind noch nicht ganz weg und das Neue ist ...

Dieser Krimi spielt im Winter 1949 in und rund um Bonn, der neuen Hauptstadt des in vier Besatzungszonen geteilten Deutschlands. Das Alte und seine Gesinnungen sind noch nicht ganz weg und das Neue ist noch nicht ganz da. In diesem Spannungsfeld muss Kommissar-Anwärter Eugen Kranzel ermitteln.

Was ist passiert?

Der Lehrer eines Dorfes nahe Siegburg wird erschlagen aufgefunden. Für die Dorfbewohner (und den reaktivierten Dorfpolizisten) ist sonnenklar, dass ein Landstreicher der Täter sein muss. Weil sein Partner, der alkoholkranke Kommissar Bräuer, noch nicht eingetroffen ist, versucht sich Kranzel ein Bild zu machen, und fragt im Dorf herum. Schon bald kommen ihm und den später eintreffenden Bräuer erste Zweifel an der Theorie des Landstreichers als Täter, zumal der wie vom Erdboden verschluckt ist.

Im Zuge der Ermittlungen geben die verschlossenen und abweisenden Dorfbewohner doch das eine oder andere Geheimnis preis. Doch erst als Kranzel die Bedeutung eines, scheinbar chiffrierten, Notizzettel erfasst, der eigentlich ein klassisches Rechenbeispiel ist, fällt der Groschen. Doch bis der tatsächliche Mörder gefasst wird, müssen noch weitere Personen sterben.

Meine Meinung:

Die Nachkriegszeit ist reich an klein- und großkriminellen Akteuren. Sei es, dass es um Schmuggel, Schwarzmarkt oder noch während der NS-Zeit begangener Verbrechen geht. Jetzt ist vertuschen bzw. Legalisierung angesegt. Und in genau dieser Zeit, in der das Alte noch nicht zur Gänze verschwunden ist (Wann wird dieses Gedankengut überhaupt verschwunden sein?) und die neue Bundesrepublik noch nicht allzu fest verankert ist, lässt der Autor sein Krimi-Debüt spielen. Sehr geschickt lässt Gerald Orthen viele kleiner und größere historische Details in seine Ermittlungen einfließen. Die Leser können sich ein umfassendes Bild jener Zeit machen.

Die Atmosphäre im Mikrokosmos des kleinen Ortes, in dem jeder jeden kennt, kein Geheimnis auf Dauer verborgen bleibt und die Dorfkaiser sich außerhalb der Gerichtsbarkeit wähnen, ist erstklassig dargestellt.

Die Charaktere, vor allem Bräuer und Kranzel, sind sehr gut gelungen. Besonders Bräuer, der vom NS-Staat gebeutelt worden ist, ist eindringlich geschildert. Entzückende finde ich, dass Kranzel eine mathematische Begabung hat. Der Notizzettel, den Kranzel gefunden hat, hat bei mir als Vermesserin sofort einen Verdacht ausgelöst, der sich später als richtig herausgestellt hat.

Die Krimihandlung selbst ist gut erdacht und mag reale Vorbilder haben. Ich will gar nicht wirklich wissen, wie oft solche Transaktionen stattgefunden haben. Doch nicht nur die unmittelbare Umgebung der Tat(en) wird sehr gut heraufbeschworen, sondern auch die sozialkritischen Töne, die auch rassistischen Tendenzen in der US-Army, beinhalten. Diese Betrachtungen machen den Krimi zu einem Highlight.

Die verschworene Dorfgemeinschaft bildet, gemeinsam mit dem tiefen Winter, eine denkbar mühsame Kulisse. Geschickt lenkt der Autor die Aufmerksamkeit der Leser in die eine oder andere Sackgasse. Der ermordete Lehrer war nicht der beliebteste Einwohner. Daher gibt es viele Verdächtige. Das kommentiert Bräuer ziemlich trocken so:

„Nur die Schafe scheinen mir bisher nicht als Täter in Betracht zu kommen.“

Fazit:

In diesem Krimi ist alles stimmig: Titel, Cover, Charaktere, Handlung und die Umsetzung des Themas. Daher gebe ich hier 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 14.01.2021

Gelungene Architektur

Die Mitte und das Ganze
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Herwig und Andrea Ronacher ist ein bekanntes Kärntner Architektenpaar, das sich ganz dem Bauen mit und in der Natur verschrieben hat. Eines ihrer bevorzugten Baumaterialien ist Holz.

In fünf Kapiteln ...

Herwig und Andrea Ronacher ist ein bekanntes Kärntner Architektenpaar, das sich ganz dem Bauen mit und in der Natur verschrieben hat. Eines ihrer bevorzugten Baumaterialien ist Holz.

In fünf Kapiteln bringt uns das Autorenpaar ihre Philosophie des Bauens näher.

Die Mitte und das Ganze
Bauen im Kontext von Natur und Tradition
Die ökologische Herausforderung - Auftrag der Gegenwart
Feinstoffliche Aspekte - das Thema der Zukunft
Ausklang

In über dreißig Jahren haben die Architekten zahlreiche Schulen, Bürogebäude und vor allem Hotels neu gebaut oder Bestandsobjekte mehrfach behutsam umgestaltet.

Ein paar Beispiele gefällig? Das Landeskrankenhaus Laas in Kärnten (S. 101), Seminarhotel Kletzmayr (S 112), Schulzentrum Hermagor (S. 180) und viele andere.

Ein besonders beeindruckendes Beispiel, wie Bestand und Neubau gut miteinander harmonieren und ökologisches Bauen kein Widerspruch sein muss, ist das Brückenbauwerk Malta (S. 192).

Interessant ist auch der philosophische Ansatz beim Bauen. Im vierten Kapitel begibt sich das Architektenpaar auf die feinstoffliche Ebene. Langsam wird auch das Wissen längst vergangener Tage wieder neu entdeckt. So wird auf Geomantie, die bei uns in den Alpen in grauer Vorzeit Verwendung gefunden hat und von der Technik des Stahl-Beton-Baus sowie der monotonen Architektur verdrängt worden ist, wieder mehr beachtet. Die Architektur des Bauens unterliegt dem Wandel der Zeit und was hindert die Menschen daran, klüger zu werden?

„Die Wissenschaft von heute ist der Irrtum von morgen“ (S. 210).

Dem ist wohl wenig hinzuzufügen.

Fazit:

Dieses Buch macht Lust, die gezeigten Objekte zu besichtigen. Ich beneide diejenigen, die in diesen Gebäuden wohnen und arbeiten, denn die Gebäude strahlen Behaglichkeit und Harmonie aus. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Veröffentlicht am 14.01.2021

keine leichte Kost

Die goldenen Jahre des Franz Tausend
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Titus Müller entführt uns mit in die als „Goldene Zwanziger Jahre“ bezeichnete Zeit der Weimarer Republik, die so golden gar nicht waren. Er erzählt aus vier Perspektiven die Geschichte des Franz Tausend, ...

Titus Müller entführt uns mit in die als „Goldene Zwanziger Jahre“ bezeichnete Zeit der Weimarer Republik, die so golden gar nicht waren. Er erzählt aus vier Perspektiven die Geschichte des Franz Tausend, einem Hochstapler und Betrüger, der unter anderem vorgegeben hat, Gold zu machen.

Die realen Ereignisse werden mit fiktiven ergänzt. Wir begegnen außer dem historisch belegten Betrüger noch zwei Nobelpreisträgern: Thomas Mann (Literatur) und Carl von Ossietzky (Frieden).
Fiktiv hingegen ist der Kommissar Heinrich Arndt, der den Betrüger Tausend vor dem Zorn einer betrogenen Frau schützen soll. Es wird alles daran gesetzt, das Betrugsopfer zu diffamieren. Auch Arndt ist zu Beginn Teil des perfiden Plans, in dem die aufkeimende NSDAP ihre schmutzigen Finger im Spiel hat. Als er erkennt, was läuft, wird er von München nach Berlin versetzt. Doch auch hier gerät er in Gewissenskonflikte, als er den regimekritischen Carl von Ossietzky beschatten soll.

Meine Meinung:

Titus Müller ist es wieder glänzend gelungen, eine spannende Geschichte aus der Zwischenkriegszeit zu schreiben. Die Stimmung sowohl in München als auch in Berlin ist authentisch beschrieben.

Zu Beginn laufen mehrere Handlungsstränge nebeneinander her und man fragt sich, wie die miteinander verknüpft werden sollen.
Mir persönlich war der Handlungsstrang rund um Thomas Mann ein wenig zu ausführlich und eine Spur zu langatmig.

Der Leidensweg Carl von Ossietzkys, der von den Nazis, wie viele andere Regimekritiker. in ein Konzentrationslager gebracht und dort de facto ermordet wurde, obwohl er letztlich in einem Krankenhaus gestorben ist, ist an Dramatik kaum zu überbieten.

Die Charaktere sind fein herausgearbeitet und dürfen sich entwickeln.

In Zeiten der Not haben Betrüger wie Franz Tausend leichtes Spiel. Doch auch die Gier der Reichen und Mächtigen darf nicht unterschätzt werden.

Fazit:

Das Buch ist keine leichte Kost. Es verlangt den Lesern einiges ab. Gerne gebe ich dafür 4 Sterne.

Veröffentlicht am 14.01.2021

Macht Lust, nach Amsterdam zu reisen

111 Orte in Amsterdam, die man gesehen haben muss
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Wenn man seit einem Jahr schon nicht in Wirklichkeit reisen darf, so bieten die Orte, die man in der 111er-Reihe aus dem Emons-Verlag besuchen ein wenig Abwechslung. Diesmal habe ich Amsterdam gewählt ...

Wenn man seit einem Jahr schon nicht in Wirklichkeit reisen darf, so bieten die Orte, die man in der 111er-Reihe aus dem Emons-Verlag besuchen ein wenig Abwechslung. Diesmal habe ich Amsterdam gewählt und bin ziemlich überrascht worden, dass sich einige Vergleiche mit meiner Heimatstadt Wien anstellen lassen. Es gibt durchaus Parallen zu entdecken.

Amsterdam ist ebenso reich an Museen wie Wien: vom Rijksmuseum bis zum Aviodrome (7) Das erinnert an Anthony Fokker, dem holländischen Otto von Lilienthal und die Geschichte der Flugpioniere.

Ähnlich wie in Wien gibt es hier ein Badeschiff „Badbuiten“ mit Bar und Sonnenterrasse (9). Noch ein Vorbild aus Wien: die 1744 gegründete Hollandsche Manege = Span. Hofreitschule (49). Und, eine coole Überraschung: man kann bei einer Fahrt mit historischen Straßenbahnen einer Original Wiener Tramway der Linie 5 begegnen (67).

Interessant ist die Ets Haim Bibliothek auch „Bibliothek des Baumes des Lebens“. Sie wurde 1616 gegründet und ist damit die älteste jüdische Bibliothek der Welt (35).

Als Vermesserin darf natürlich ein Besuch des NAP (Normal Amsterdamse Peil) nicht fehlen, hat doch auch Österreich seinen Bezugspunkt der orthometrischen Höhen auf den NAP umgestellt. Die Gebrauchshöhen werden nach wie vor als „Höhe über Adria“ (Molo Satorio/Triest) angegeben.

Natürlich dürfen auch Einblicke in das berühmt-berüchtigte Rotlichtviertel oder ein Zwischenstopp in den zahlreichen Bars nicht fehlen. Dass in einem Coffeshop keine Wiener Melange serviert wird, dürfte bekannt sein.


Fazit:

Macht Appetit auf eine Reise nach Amsterdam. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.