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Venatrix

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Veröffentlicht am 19.04.2020

Ein gelungener hist. Roman

Die Tanzenden
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Dieser historische Roman entführt uns in das Paris von 1885, genauer gesagt in das Hôpital de la Salpêtrière, dem im 19. Jh. wohl bekanntesten Krankenhaus Europas. Die Autorin erzählt an Hand von drei ...

Dieser historische Roman entführt uns in das Paris von 1885, genauer gesagt in das Hôpital de la Salpêtrière, dem im 19. Jh. wohl bekanntesten Krankenhaus Europas. Die Autorin erzählt an Hand von drei Frauen, Louise, Geneviève und Eugènie, die unterschiedlicher nicht sein könnten, dennoch vieles gemeinsam haben.

Louise ist Patientin, die an der gynäkologisch bedingten Hysterie leiden soll und regelmäßig von Professor Charcot unter Hypnose gesetzt wird, um zum Gaudium der Zuschauer einen makabren Tanz auszuführen. Sie eifert jener Augustine nach, die Charcots liebstes Forschungsobjekt war.

Geneviève ist seit langem Oberaufseherin der Anstalt. Als Tochter eines Arztes denkt sie rational. Doch ihre medizinischen Ambitionen sind weder im Krankenhaus noch in der Gesellschaft gewünscht. So unterdrückt sie diesen Wunsch zu helfen genauso wie die Trauer um ihre jüngere Schwester Blandine, der sie nach wie vor Briefe schreibt.

Die dritte Protagonistin ist Eugénie Cléry, eine Tochter aus wohlhabendem Haus, die sich standhaft weigert zu heiraten. Sie ist überdurchschnittlich intelligent, selbstbewusst und hat die Gabe mit Verstorbenen zu sprechen. Und genau das bringt sie in die Salpêtrière. Geneviève beobachtet die Neue genau und kann wenig Verrücktes an ihr finden - 20 Jahre in der Anstalt machen sie in ihrer Einschätzung sicher. Als sich Eugénie der Aufseherin anvertraut, nimmt die Geschichte einen Verlauf, mit dem kaum jemand gerechnet hat.

Meine Meinung:

Der Klappentext ist ein wenig irreführend, was mich in meiner Ansicht, jene nicht zu lesen, wieder bestärkt.

Die Autorin webt um historisch belegte Personen und Begebenheiten einen fesselnden Roman, der manchmal ein wenig gruselig wirkt. Nämlich dann, wenn Umstände, weswegen Frauen in die Anstalt eingewiesen werden und in die „Behandlungsmethoden“ beschrieben werden. Um von eigenen Vätern, Ehemännern oder anderen (meist) männlichen Verwandten in die Salpêtrière eingeliefert zu werden, bedarf es wenig: Ein falsches Wort zur Unzeit, aufmüpfig sein, sich den gesellschaftlichen Konventionen nicht unterordnen oder ein Vermögen zu besitzen, dass anderwertig verwendet werden will. UNs schwupps, ist frau den „Behandlungen“ von Professor Jean-Martin Charcot ausgeliefert. Charcot und seine Kollegen experimentieren am lebenden Objekt. Die Patientinnen werden hypnotisiert mit Äther und Kokain süchtig gemacht, um jene Effekte hervorzurufen, die sie „den Tanz“ nennen. Oft genug wird auch brutale Gewalt angewendet, wie der mehrmals erwähnte „Druck auf die Eierstöcke“. Die im Nachwort beschriebenen Torturen lassen viele Leser dankbar und glücklich sein, im Hier und Heute zu leben. Obwohl, die oft leichtfertig verschriebenen Psychopharmaka sind auch Gewalt.

Historisch belegt ist neben Jean-Martin Charcot (1825-1893) auch „Augustine“, selbst wenn man ihren echten Namen nicht weiß. Sie ist jahrelang die „Vorzeigepatientin“ und entwischt in einem unbemerkten Augenblick in Männerkleidern auf Nimmerwiedersehen.

Augustine ist nicht die einzige, die aus der Anstalt fliehen kann. Eine prominente Insassin, der die Flucht gelingt, ist Jeanne de Saint-Rémy, die Drahtzieherin der sogenannten „Halsbandaffäre“ rund um Marie Antoinette. Nachdem ihre Rolle in dem Kriminalfall entdeckt wurde, wird sie zu lebenslange Haft in der Salpêtrière verurteilt. Nach rund einem Jahr Aufenthalt kann sie fliehen und nach schreibt im Londoner Exil ihre Memoiren. Ihre Helfershelfer bleiben unentdeckt.

Das von Ludwig XIV. in Auftrag gegeben „Hôpital de la Salpêtrière“ war nicht nur Krankenhaus sondern hauptsächlich Asyl für Frauen, Arme und Obdachlose, um diese aus Paris fern zuhalten. Heute ist die Salpêtrière Teil der „Universität Pierre und Marie Curie“.

Fazit:

Ein gelungener historischer Roman, der zeigt wie leicht unangepasste Frauen im 19. Jahrhundert im Irrenhaus landeten. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Veröffentlicht am 18.04.2020

Ein fesselnder Krimi

Bayerisch Kongo
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Dieser Krimi ist in hohem Tempo verfasst und behandelt ein Thema, das gerne ausgeklammert wird: Die illegalen Importe des im Kongo unter miserablen Bedingungen abgebauten Erzes „Coltan“.

Wir begegnen ...

Dieser Krimi ist in hohem Tempo verfasst und behandelt ein Thema, das gerne ausgeklammert wird: Die illegalen Importe des im Kongo unter miserablen Bedingungen abgebauten Erzes „Coltan“.

Wir begegnen unfähigen Staatssekretären genauso wie skrupellosen Geschäftsleuten, auf Rache sinnende Kongolesen, Warlords - pardon - einer undurchsichtigen Waffenschieberin im Kongo und dem Geophysiker Fritz Sperber, der einen Job als „Hilfssheriff“ bei der Kripo angetreten hat. Mit seiner Kenntnis der Zu- und Umstände des Kongos ist er eine willkommene Hilfe, auch, wenn er mit den Hierarchie und dem Bürokratismus des Polizeiapparates so seine liebe Not hat.

Die Gewaltverbrechen finden bis auf wenige Ausnahmen in München statt. So sausen rasiermesserscharfe Macheten von instrumentalisierten Kongolesen auf Landsmänner, Neonazis und scheinbar Unbeteiligte herab.

Das Ermittlerteam rund um „Silikon-Fritz“ Sperber hat jede Menge zu tun. Erfrischend daran, dass statt der üblichen Meier eins und Meier zwei, diesmal zwei Polizisten namens Huber durchgezählt werden. Der breite Münchner Dialekt trägt zu einige humorvollen Passagen in dem doch eher blutigen Krimi bei.

Die ernste Kernaussage, nämlich die skrupellose Ausbeutung de der Bodenschätze Afrikas durch internationale Konzerne, die auf Kosten der bettelarmen Bevölkerung geht, ist sehr gut und aufschlussreich dargestellt. Kurze Rückblicke in die Geschichte des Konflikts Hutu gegen Tutsi geben einen Einblick in die Machenschaften der Kolonialherrschaft und deren Nachfolger, der internationalen Unternehmen.

Fazit:

Ein fesselnder Krimi, der mit „blutigem Erz“ ein geopolitisches heikles Thema aufgreift und mit hohem Tempo gut in Szene setzt. Nicht für Zartbesaitete. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Veröffentlicht am 18.04.2020

Hier haben fast alle einen psychischen Knacks

Das Keltenritual
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Dieser Krimi ist in Villingen-Schwenningen angesiedelt und der dortige Magdalenenberg mit seinen archäologischen Ausgrabungen spielt eine große Rolle. Einige Gruppen, die sich als Nachfahren der Kelten ...

Dieser Krimi ist in Villingen-Schwenningen angesiedelt und der dortige Magdalenenberg mit seinen archäologischen Ausgrabungen spielt eine große Rolle. Einige Gruppen, die sich als Nachfahren der Kelten wähnen stellen historische (oder was sie dafür halten) Kämpfe und Rituale nach, in deren Verlauf es zu einer Reihe von grausamen Morden kommt.

Meine Meinung:

Das Thema wäre ja sehr spannend und der Schreibstil von Christof Weiglein passt recht gut dazu.
Leider sind die handelnden Personen alle samt verschroben oder überhaupt schwer gestört. Das trifft auf Täter,Nachbarn und vor allem auf die Ermittler zu.

So kommt KHK Mark Panther gleich an seinem ersten Arbeitstag zu spät und ziemlich derangiert in seine neue Dienststelle. Seine Freundin hat ihn vor einiger Zeit verlassen und sein Selbstmitleid ertränkt er in Unmengen Alkohol. Eigentlich ein No-Go! Als Chef sollte man ja als Vorbild für seine Truppe gelten. Auch seine Kollegin KHK Marion Tesic läuft vor den Dämonen der Vergangenheit davon und verhält sich häufig paranoid. Allerdings ist sie sich ihres Verhaltens - im Gegensatz zu Panther - durchaus bewusst.

Besonders die Gedanken Mark Panthers zum Schluss, dass es angenehm sein könnte, sich mit illegal beschafften Insulin und Rotwein in die Ewigen Jagdgründe zu begeben, sind für mich schwer nachvollziehbar. Soll das ein Hinweis auf einen weiteren Fall sein? Auch das Verhalten Struves Marion Tesic gegenüber ist (noch) nicht aufgelöst. Er hat Spielschulden und soll Tesic bespitzeln. Doch wer steckt dahinter?

Die Täter leiden alle unter schweren Persönlichkeitsstörungen. Selbst Dr. Reuther, der Archäologe, der immer wieder Fachliches beisteuert, ist nicht ganz frei von Narzissmus und Selbstüberschätzung.

Gut gefällt mir, dass die historischen Information elegant in die Geschichte eingebunden sind und die Leser einiges über Villingen erfahren. Auch die unter Wissenschaftlern durchaus umstrittene Theorie zur Bedeutung des keltischen Grabhügels Magdalenenberg wird diskutiert. Die Schilderungen der Umgebung macht Lust, diesen Bereich des Schwarzwaldes zu besuchen.

Fazit:

In dem Krimi begegnen einem fast ausschließlich skurrile Gestalten und gescheiterte Existenzen. Die Idee hat mir gut gefallen, die Umsetzung nicht ganz so. Dafür gibt es leider nur 3 Sterne.

Veröffentlicht am 18.04.2020

Ein gelungenes Krimi-Debüt aus Österreich

Tödlicher Crash
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Wien 2022 - Finanzminister Wolfgang Steinrigl, millionenschwer, ungut und abhoben ist auf dem Weg zu seinem Bruder Thomas, als sein Auto plötzlich ausbricht und gegen einen Baum prallt. Steinrigl ist sofort ...

Wien 2022 - Finanzminister Wolfgang Steinrigl, millionenschwer, ungut und abhoben ist auf dem Weg zu seinem Bruder Thomas, als sein Auto plötzlich ausbricht und gegen einen Baum prallt. Steinrigl ist sofort tot. Das Fahrzeug ist ein Flexus Alpha, jener selbst fahrenden Superschlitten aus den USA, von denen es nur ganze drei Stück in Österreich gibt. Aber, kann wie das sein? Das Auto gilt als sehr sicher. Hat sich da jemand in den Bordcomputer gehackt und den unbeliebten Politiker aus dem Weg zu räumen?

Ins Visier der Polizei gerät Stefanie Laudon, eine investigative Journalisten, die sich selten ein Blatt vor den Mund nimmt, wenn es um Österreichs Innenpolitik geht. Dass sie mehrere Hochleistungscomputer im Schlafzimmer stehen hat und Kontakte zur Hackerszene hat, macht die Situation nicht einfacher.

Als sie in den sozialen Medien gezielt attackiert wird, geht sie in die Offensive. Sie hackt sich in den vollautomatischen Stall von Thomas Steinrigl und alle Welt findet den Bauern, der mit seinen Kühe spricht „süß“. Das ursprüngliche Ziel, nämlich den Leuten zu zeigen, wie verletzlich die EDV-Systeme sind, wird nicht erreicht. Aber der direkte Einblick in einen Bauernhof geht viral und beschert dem Betrieb, der kurz vor der Pleite steht, unerwartete Einnahmen und Popularität.

Meine Meinung:

Dieser Krimi beschäftigt sich mit einem durchaus sehr ernsten Thema: Des Einhackens in EDV-Systeme und Manipulation von außen. Die Leser erfahren einiges über die Hacker-Szene, die oft im Auftrag von Firmen Sicherheitslücken aufspüren sollen. Keine Angst, das Computer-chinesisch wird gut dargestellt.

Der Krimi liest sich leicht und spritzig. Das eine oder andere Mal muss man auch ein wenig schmunzeln.

Die Charaktere sind gut dargestellt und man kann ihnen ihre Intentionen abkaufen. Die eifersüchtige Freundin Meggie, zum Beispiel, die Stefanie vernadert.

Neben dem Handlungsstrang in Österreich gibt es noch einen in weiter Ferne.

Die Autorin Barbara Wimmer weiß, worüber sie schreibt: Sie ist Journalistin und als Redakteurin ist die „Futurzone“ der Tageszeitung Kurier ihr Metier.

2018 wurde sie für ihre Technik-Reportage über KühltechnologieReportage mit dem „WINFRA“, dem Journalistenpreis für Wiener Infrastrukturberichterstattung ausgezeichnet. 2019 erhielt Wimmer den Prälat-Leopold-Ungar-Anerkennungspreis sowie den Dr. Karl Renner Publizistikpreis, jeweils für “herausragende Online-Berichterstattung” zu netzrelevanten Themen.

Mir hat dieses Debüt sehr gut gefallen. Die Story ist fesselnd erzählt, ein bisschen Humor, viel Technik und auch die zwischenmenschliche Seite kommt nicht zu kurz.


Fazit:

Ein überzeugendes Debüt aus Wien, dem ich gerne 5 Sterne und eine Leseempfehlung gebe.

Veröffentlicht am 17.04.2020

Hier habe ich anderes erwartet

Der Krieg in mir - Das Buch zum Film
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Dieses Buch lässt mich ein wenig zwiegespalten zurück.
Autor und Filmemacher Sebastian Heinzel ist Jahrgang 1979 und hat seit längerem intensive (Alb)Träume vom Zweiten Weltkrieg, in denen sein Großvater, ...

Dieses Buch lässt mich ein wenig zwiegespalten zurück.
Autor und Filmemacher Sebastian Heinzel ist Jahrgang 1979 und hat seit längerem intensive (Alb)Träume vom Zweiten Weltkrieg, in denen sein Großvater, zu dem er als kleines Kind innigen Kontakt hat, eine große Rolle spielt. Heinzel glaubt, diese Träume sind die Kriegserlebnisse seines Opas. Weiters ist er überzeugt, dass diese Traumata auch sein eigenes Leben negativ beeinflussen.

Er beschäftigt sich mit Trauma-Forschung und begegnet hierbei den unterschiedlichsten Forschern. Zum einem der Autorin und Journalistin Sabin Bode, die mit ihren Büchern („Kriegsenkel“ und „Die vergessene Generation“) sich seit längerem mit eben diesem Thema beschäftigt. Zum anderen mit der Schweizer Neurowissenschaftlerin Isabelle Mansuy, die bei Mäusen entdeckt hat, dass die ihre Traumata über die DNS an die nächste Generation weitergeben. Soweit der wissenschaftliche Bereich. Doch dann begibt er sich in einen für mich fragwürdigen Bereich von selbst ernannten Traumatherapeuten, die mir ein wenig esoterisch vorkommen.

Gut nachvollziehen kann ich, dass er sich in der eigenen Familie umhorcht und unterschiedliche Antworten erhält. Vom üblichen Verschweigen der väterlichen bzw. großväterlichen Vergangenheiten bi hin zu einem Karton von Überbleibsel.

Nach ausgiebigen Recherchen in den diversen Archiven begibt er sich auf Spurensuche nach Weißrussland. Nicht verstehen kann ich, dass er, mit einer Wehrmachtsuniform bekleidet, an einem nachgestellten Kampfspektakel teilnimmt, um so die Gefühle und Erfahrungen seines Großvaters nachzuempfinden. Interessant ist zu lesen, dass die Menschen in Weißrussland mit ihrer (Kriegs)Vergangenheit anders umgehen als in Deutschland. So wird hier in schaurigen Spektakel dem Massenmörder Stalin gedacht, ja fast gehuldigt - weit weg von irgendeiner Kollektivschuld. Dass Heinzel, der Bundeswehrdienstverweiger aus Gewissensgründen, dann doch eine Waffe in die Hand nimmt und in Wehrmachtsuniform wild drauf los ballert, ist ein ziemlicher Anachronismus.

Immerhin kann Sebastian Heinzel, genauso wie sein Vater, der ihn auf einer Reise nach Weißrussland begleitet hat, mit seinem Großvater bzw. Vater Frieden schließen. Die Szene am Lagerfeuer, in dem Heinzel Senior, die Bürde der Vergangenheit dem Feuer überantwortet, hat mich versöhnlich gestimmt.

Ein bisschen liest sich das Buch wie ein Werbetext für seine filmische Arbeit. Das Seelenstriptease inklusive der Traumatherapien sind mir ein wenig zu viel. Ich halte mich eher an Sabine Bode und ihre Bücher.

Fazit:

Nicht ganz das, was ich erwartet habe, daher nur 3 Sterne.