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Venatrix

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 20.12.2018

Eine gelungene Biografie

Napoleon
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Über Napoleon sind schon meterweise Bücher geschrieben worden. Teils mit mehr oder weniger gutem Erfolg. Das Schwierige die Persönlichkeit dieses Mannes zu erfassen, liegt daran, dass er selbst unermüdlich ...

Über Napoleon sind schon meterweise Bücher geschrieben worden. Teils mit mehr oder weniger gutem Erfolg. Das Schwierige die Persönlichkeit dieses Mannes zu erfassen, liegt daran, dass er selbst unermüdlich an seinem Nimbus der Unfehlbarkeit herumdoktert. Die Bulletins über geschlagene Schlachten haben mit der tatsächlichen Wirklichkeit wenig zu tun. Gedruckt wird nur, was Napoleon erhöht. Die Zensur ist ähnlich rigide wie weiland unter den Bourbonen.

Doch wie gelingt es dem mehr oder weniger mittellosen Zweitgeborenen eines alten korsischen Adelsgeschlechtes die Karriereleiter derart hoch zu klettern?

Johannes Willms versucht in seiner Napoleon-Biografie den Menschen hinter dem Mythos zu ergründen. Das gelingt auf weite Strecken. Was mir persönlich ein wenig fehlt, sind die zahlreichen Liebschaften und Affären, die der Kaiser der Franzosen zeitlebens gehabt hat. Maria Walewska zum Beispiel, hat ihm immerhin einen Sohn geboren.
Gut gelungen hingegen ist die Darstellung der Zeit und der Umstände. Willmes hat „dem Volk aufs Maul geschaut“. Geschickt nutzt er die zahlreich erhaltene Korrespondenz Napoleons mit seinen Zeitgenossen. Hierin ist nicht immer Schmeichelhaftes über den „kleinen“ Korsen zu lesen. Apropos „klein“ – die Körpergröße Napoleons ist in der Literatur immer wieder Thema. Napoleon ist mit 1,68m ziemlich durchschnittlich. Da er sich immer mit großen Soldaten umgibt, wirkt er kleiner. Außerdem können auch seine Gegner auf dem Klavier der Propaganda spielen. Auch die unterschiedlichen Längenmaße können zu dieser gezielten Fehlinterpretation führen.

Spätestens 1804 ist klar, dass Napoleon die Ideale der Republik verraten hat.
„Ich hatte immer schon die Absicht, die Revolution mittels der Errichtung der Erblichkeit zu beenden.“ (Napoleon an Joseph, S. 368)

Napoleons Herrschaft stützt sich auf die Grande Armée. Ohne seine Soldaten ist er nichts. Allerdings, je mehr Kriege er führt um seine Machtgelüste zu befriedigen, desto größer sind die Anstrengungen der Soldaten. Viele Männer stammen aus den annektierten ehemaligen deutschen Fürstentümern und verstehen überhaupt nicht, warum sie z. B. nach Russland ziehen sollen.
Häufig macht er aus kleinen Ereignissen richtig große Erfolge. Die Propaganda ist sein eigentliches Metier. Wie kein zweiter versteht Napoleon es, die Siege seiner Generäle als die seinen auszugeben. Damit vergrault er einige, wie z. B. Bernadotte, der ihn verlassen wird und als Begründer des schwedischen Königshauses sein Gegner sein wird.

In der Verbannung auf St. Helena strickt Napoleon munter weiter an seinem Mythos. Gleichzeitig wirkt er weinerlich und nervt seine Bewacher mit dauernden Beschwerden über Kost und Unterbringung.

Fazit:

Eine gut lesbare Biografie, die sich nicht mit endlosen militärischen Operationen aufhält. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.

Veröffentlicht am 20.12.2018

Ein Krimi aus dem Zaristischen Russland

Fandorin
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In seinem ersten Kriminalfall rund um den Polizeischreiber Erast Petrowitsch Fandorin entführt uns Autor Boris Akunin in das zaristische Russland von 1876.

Fandorin, der Sohn eines inzwischen verstorben ...

In seinem ersten Kriminalfall rund um den Polizeischreiber Erast Petrowitsch Fandorin entführt uns Autor Boris Akunin in das zaristische Russland von 1876.

Fandorin, der Sohn eines inzwischen verstorben Geschäftsmann, der schnell reich und noch schneller wieder arm geworden ist, muss seinen Lebensunterhalt als unterbezahlter Polizeischreiber fristen. Die Moskauer Polizei wittert immer und überall Verschwörungen gegen den Zaren, so auch als eine einige reiche, junge Männer Selbstmord begehen. Nun schlägt für den jungen, gebildeten Fandorin, der mehrere Sprachen fließend spricht die große Stunde. Erast Petrowitsch wird als Sonderermittler durch halb Europa geschickt. Dabei hat er eine Menge Abenteuer zu bestehen. Unversehens gerät er in ein Netz von Korruption und internationaler Verschwörung. Hat die Ochrana Recht, wenn sie überall Attentäter sieht?

Meine Meinung:

Der Leser findet sich im dunklen, kalten Moskau von 1876 wieder. Nicht nur die Außentemperaturen lassen einen frösteln. Auch das nicht vorhandene soziale Gefüge sorgt für Kälte. Boris Akunin schildert die Zustände detailliert. Auf der einen Seite die gelangweilte Jeunesse D’orée, auf der anderen die Kinder, die auf den Straßen Moskaus erfrieren und verhungern. Da kommen doch die Asternate, die Waisenhäuser einer reichen englischen Lady doch gerade recht, oder?

Der Schreibstil enthält Elemente von Dostojewksis Trübsinn und Tschechows schwarzen Humor. Auch feine Spuren von Sherlock Holmes sind zu finden, wenn der verarmte, aber weltgewandte Fandorin durch Europas Hauptstädte geschickt wird.
Lachen musste ich über den Begriff „amerikanisches Spiel“, das Va Banque Spiel mit, dem nur mit einer Kugel geladenen Revolver, der überall als „russisches Roulette“ bekannt ist.
Boris Akunin persifliert das eine oder andere Klischee Russlands.

Der Krimi lässt sich, wenn man in die russischen Namen einmal eingelesen ist, gut und flüssig lesen. Historische Details sind geschickt in die Kriminalgeschichte verpackt, so dass es den meisten Lesern gar nicht auffällt, ein wenig Geschichtsunterricht zu erhalten. So mag ich das!
Bin schon auf die nächsten Kriminalfälle für den aufsteigenden Ermittler Fandorin gespannt.
Wer gerne klassische Detektiv-Romane liest, ist hier richtig.

Fazit:

Ein vergnüglicher Ausflug in das Zaristische Russland. Gerne gebe ich 4 Sterne.

Veröffentlicht am 16.12.2018

Es lohnt, die Reihe anzusehen

Im Wingert lauert der Tod
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Schauplatz dieses nunmehr dritten Krimis rund um den eigenwilligen Privatermittlers Detlev Menke ist ein Weingarten nahe Bad Dürkeim. Dort wird die schrecklich zugerichtete Leiche eines offensichtlich ...

Schauplatz dieses nunmehr dritten Krimis rund um den eigenwilligen Privatermittlers Detlev Menke ist ein Weingarten nahe Bad Dürkeim. Dort wird die schrecklich zugerichtete Leiche eines offensichtlich nicht-deutschstämmigen jungen Mannes, der trotz eisiger Kälte nur unzureichend bekleidet war, gefunden. Es sieht aus, als wäre der junge Mann von einem Raubtier tödlich verletzt worden. Die Presse stürzt sich auf den vermeintlichen Wolf. Doch Tabea Kühn und ihr Team finden bald heraus, dass es sich hier um einen abgerichteten Hund handeln muss, der als tödliche Waffe eingesetzt wurde. Der junge Syrer wird nicht die einzige Leiche bleiben.

Akribisch arbeitet sich die Polizei durch die privaten Hintergründe mehrerer möglicher Tatverdächtiger. Natürlich kann es Detlev Menke, der Freund von Tabea, nicht lassen und schnüffelt auf eigene Faust in diesem Fall herum. Auf seinen Extra-Touren kommt er dem wahren Täter ziemlich nahe und gerät in akute Lebensgefahr.

Meine Meinung:

Für mich ist das der erste Krimi dieser Reihe und dennoch habe ich mich recht gut zurechtgefunden. Die Handlung hat Hand und Fuß und ist fesselnd erzählt. Der Leser errät recht bald das Motiv und auch der Mörder ist schnell identifiziert. Das schmälert die Spannung aber nicht. Es ist eben manchmal so, dass die Leser mehr wissen als die Ermittler.

Ein wichtiger Bestandteil des Krimis und für mich der Star hier, ist Menkes Rauhaardackel Alli, der durchaus menschliche Züge zeigt, wenn er auf sein Herrchen sauer ist. Alli wird häufig unterschätzt, doch diesmal kann er seine Spürnase unter Beweis stellen. Ich persönlich werde weiterhin die Straßenseite wechseln, wenn mir ein Hund samt Herrchen oder Frauchen entgegenkommt. Man kann ja nicht wissen!

Fazit:

Eine neue Krimi-Reihe, die es lohnt, näher betrachtet zu werden. Gerne gebe ich 4 Sterne.

Veröffentlicht am 13.12.2018

Fall Nr.5 für Capitaine Roger Blanc

Dunkles Arles
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Capitaine Roger Blanc und die Untersuchungsrichterin Aveline Vialaron-Allègre, deren Ehemann Blancs Karriere ruiniert hat, treffen sich zu einem heimlichen Rendezvous in Arles. Doch die Affäre nimmt eine ...

Capitaine Roger Blanc und die Untersuchungsrichterin Aveline Vialaron-Allègre, deren Ehemann Blancs Karriere ruiniert hat, treffen sich zu einem heimlichen Rendezvous in Arles. Doch die Affäre nimmt eine unvorhergesehene Wendung: Mitten im Amphitheater von Arles wird ein Mann ermordet und die Tasche der Untersuchungsrichterin, die brisantes Material enthält, gestohlen. Aveline muss diese Unterlagen um jeden Preis der Welt wiederbekommen, und zwar binnen 36 Stunden.

Damit beginnt ein Wettlauf mit der Zeit, der wegen der nicht vorhandenen Befugnis von Roger um einiges schwieriger ist als üblich. Der Tote aus dem Amphitheater wird nicht der einzige Tote bleiben. Allen gemeinsam ist, dass der örtliche Polizist Lizarey die Verbrechen unter den Tisch kehrt. Doch der hat nicht mit Capitaine Blanc gerechnet. Allerdings ist der Handlungsspielraum denkbar knapp, vor allem weil die Affäre ja nicht bekannt werden darf. Als Blanc dann noch seinen Mitarbeiter Marius, den er auf einer Entziehungskur wähnt, in Arles begegnet, weiß das Liebespaar nicht, wem es noch trauen kann.

Meine Meinung:

Dieser 5. Fall für Capitaine Roger Blanc ist für mich nicht der beste Krimi aus Cay Rademachers Feder. Ich finde, der sonst so analytische Roger Blanc lässt sich von Aveline viel zu sehr am Gängelband führen. Gut gefallen mir allerdings seine spritzigen Dialoge mit der Kettenraucherin, wie zum Beispiel dieser Wortwechsel:

"Vor fünf Monaten war ich noch Korruptionsermittler in Paris. Und jetzt klaue ich einen Clio in Arles!"

"Es ist doch immer schön, wenn man sich beruflich verbessern kann, mon Capitaine." (S. 189).

Ist das wirklich erst 5 Monate her, dass Jean-Charles Vialaron-Allègre Roger Blancs Karriere zerstört hat? Für mich sind hier schon Jahre vergangen, so vertraut ist mir Capitaine Blanc.

Hier spürt man ein bisschen den Fatalismus, der sich der beiden in der aussichtlosen Situation bemächtigt. Abseits seiner Mitarbeiter muss Blanc einiges selbst erledigen. So kommt er einem groß angelegten Betrug mit antiken Statuen auf die Spur, in den auch die Kulturchefin der Region, Hélène Pelherbes, verwickelt ist. Insgesamt ist hier viel von familiärem Klüngel und Vetternwirtschaft zu entdecken. Sehr aufschlussreich und beklemmend ist die Unterwanderung der Exekutive mit Fans und Unterstützern des Front Nationale von Marine Le Pen.
Wie in seinen Krimis üblich, legt der Autor viel Wert auf die politische Situation in Frankreich. Dass dem Leser hierbei angst und bang werden kann, ist vermutlich durchaus beabsichtigt.

Die diversen Hetzjagden durch die Straßen und Keller von Arles haben mich ein wenig ermüdet, was aber vielleicht daran liegen mag, dass ich die Stadt nicht kenne.

Der Fall wird wieder elegant und eloquent zu Ende geführt.
Ich bin schon gespannt, ob und wie sich die Affäre mit Aveline Vialaron-Allègre weiterentwickelt. Wie lange werden sich die beiden trotz der heißen Affäre noch Siezen? Als reine Vorsichtmaßnahme, um sich bei einem zufälligen offiziellen Treffen nicht zu verquatschen, eine kluge Taktik. Aber, Madame le Juge ist ja eine fantasievolle Frau.

Fazit:

Ein Provence-Krimi, der durch sein penibel recherchiertes Lokalkolorit besticht. Diesmal gebe ich 4 Sterne.

Veröffentlicht am 13.12.2018

Gute Unterhaltung

Alles schläft, einer wacht!
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In ihrem vierten Fall bekommt es Privatdetektivin Jule Flemming mit dem hartnäckigen Tobias Kohler zu tun. Er behauptet, seine, bei einem Tauchunfall verschwundene Ehefrau Silvia, in einem Bericht des ...

In ihrem vierten Fall bekommt es Privatdetektivin Jule Flemming mit dem hartnäckigen Tobias Kohler zu tun. Er behauptet, seine, bei einem Tauchunfall verschwundene Ehefrau Silvia, in einem Bericht des Lokalfernsehens über Ulmer Weihnachtsmarkt gesehen zu haben. Jule versucht die Frau aus dem TV-Bericht ausfindig zu machen und entdeckt, dass in diesem Fall nichts so ist, wie es scheint.

Meine Meinung:

Das ist mein erster Krimi von Katrin Rodeit. Da einige Hinweise auf die Vergangenheit Jules hinweisen, werde ich mir die Vorgänger besorgen. Auch dem „Hilfspersonal“ aus dem Jazz-Club könnte ich damit näherkommen. Die scheinen ja recht interessante Lebensläufe zu haben.

Die Atmosphäre rund um den Ulmer Weihnachtsmarkt mit Bratwurst und Glühweinduft wirkt stimmig. Lachen musste ich über die Weihnachtskekse, die Jules Mutter gebacken hat. Wäre interessant zu wissen, welche Zutaten sie da verwendet hat. Die Mutter selbst finde ich furchtbar. Mischt sich ungefragt in Jules Leben und lässt ihre Umgebung ein wenig trottelig daherkommen.

Der Krimi ist durchaus fesselnd angelegt. Es gibt einige überraschende Abzweigungen und Wendungen. Ich habe recht bald herausgefunden, dass die Ursache dieses Falles in der Vergangenheit von Silvia Kohler liegt.

Ein witziges Detail ist auch Jules Unkenntnis der ach so berühmten Schauspielerin, die sogar Polizistenfreund Mark ein Begriff ist.

Fazit:

Ein Krimi, der mich gut unterhalten hat. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.