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Venatrix

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 22.01.2019

Auftakt einer österr. Krimi-Reihe

Letzter Kirtag
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Franz Gasperlmaier, seines Zeichens seit 20 Jahren Dorfpolizist im steirischen Altaussee, entdeckt während des Ausseer Kirtags im Bierzelt eine Leiche. Es ist vermutlich seinem Alkoholkonsum und seiner ...

Franz Gasperlmaier, seines Zeichens seit 20 Jahren Dorfpolizist im steirischen Altaussee, entdeckt während des Ausseer Kirtags im Bierzelt eine Leiche. Es ist vermutlich seinem Alkoholkonsum und seiner Heimatverbundenheit zu zuschreiben, dass er den Toten zur WC-Anlage schleppt, um den Kirtag störungsfrei weitergehen zu lassen. Professionell ist das jedenfalls nicht.
Dieser Tote im Bierzelt wird nicht der einzige Tote bleiben. Die aus dem zuständigen Bezirkskommando Liezen herbeigerufenen Kriminalistin Dr. Kohlross kommt Gasperlmaier recht bald auf die Schliche.

Meine Meinung:

Franz Gasperlmaier ist trotz seiner Tollpatschigkeit liebenswürdig. Allerdings würde er im echten Leben nicht lange Polizist bleiben (oder es vielleicht gar nicht werden). Seine Vorliebe für gutes (fettes) Essen und Alkohol sowie sein Faible für die holde Weiblichkeit. Es bleibt zwar beim Schauen, aber es fällt mir ein wenig unangenehm auf, dass fast alle Männer den Frauen entweder in den Ausschnitt oder auf den Hintern glotzen. Daran sieht man, dass das Buch schon 2011 erschienen ist, und das damals wenige Leser gestört hat. Unter diesem Aspekt ist der Gerichtsmediziner Dr. Kapaun, der alle mit seinen schlüpfrigen Witzen nervt, die noch größere Peinlichkeit.

Auf der einen Seite wirkt Gasperlmaier etwas vertrottelt, aber auf der anderen entdeckt er Zusammenhänge, die sich aus dem dörflichen Umfeld ergeben und Externe nicht so gleich sehen können. Gasperlmaiers Frau Christine ist beinahe die bessere Ermittlerin. Vermutlich, weil sie sich weder durch üppiges Essen noch durch ausladende Dekolletés ablenken lässt.

Fazit:

Ich habe diesen Krimi schon kurz nach seinem Erscheinen im Jahre 2011 gelesen und ihn nun, anlässlich einer Leserunde zum 7. Fall nochmals gelesen. Interessant, wie sich der Lesegeschmack ändern kann. Damals habe ich den Krimi sehr gut und spritzig gefunden. Heute reicht es gerade einmal für 3 Sterne.

Veröffentlicht am 17.01.2019

Ein interessanter Einblick

Kaiser, Krieger, Heldinnen
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1918 ist der Erste Weltkrieg verloren, die österr.-ungarische Monarchie Geschichte, der Kaiser samt Familie auf dem Weg ins Exil, abertausende von Ex-Soldaten kommen in die Heimat zurück und finden eine ...

1918 ist der Erste Weltkrieg verloren, die österr.-ungarische Monarchie Geschichte, der Kaiser samt Familie auf dem Weg ins Exil, abertausende von Ex-Soldaten kommen in die Heimat zurück und finden eine veränderte Welt vor. Die Frauen, die zuvor noch an Kinder, Küche und Kirche gebunden waren, haben sich großteils ihrer Fesseln entledigt. Sie fordern, wie unverschämt, gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit, das allgemeine Wahlrecht und möchten ihre Errungenschaften, die sie während der Abwesenheit der Männer erreicht haben, nicht wieder hergeben. Obwohl nichts so ist wie vorher, werden die Frauen, die zuvor 12 und mehr Stunden in den Fabriken geschuftet haben, um ihre Kinder durchzubringen, wieder an den Herd zurückgedrängt.
Apropos Fabriksarbeit: Die männliche Gesellschaft findet, dass die Frauen zu schwach seien, um zu studieren. Für Schwerstarbeit in den Fabriken und anschließende Hausarbeit, sind die Frauen nicht zu zart.

Bettina Balaka zeigt die Situation der Frauen nach dem Ersten Weltkrieg auf. Trotz des ernsten Themas lässt sich das Buch gut lesen. Immer wieder kann auch geschmunzelt werden. Manchmal ist Kopfschütteln angebracht und häufig ein zustimmendes Nicken.

Was sich unter dem heutige Begriff „Gender Gap“ versteckt, ist nicht anderes als die Forderung von damals „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“.

Veröffentlicht am 17.01.2019

Ein empfehlenswertes Jugendbuch wider das Vergessen

Paul und der Krieg
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Dieses Buch ist die Geschichte von Paul Haentjes, der im Februar 1943 als Fünfzehnjähriger gemeinsam mit seinen Mitschülern aus der Oberschule in Köln als Luftwaffenhelfer zur Flak eingezogen wird.

Zu ...

Dieses Buch ist die Geschichte von Paul Haentjes, der im Februar 1943 als Fünfzehnjähriger gemeinsam mit seinen Mitschülern aus der Oberschule in Köln als Luftwaffenhelfer zur Flak eingezogen wird.

Zu Beginn scheint es für die Burschen abenteuerlich, die Heimat – wie es die NS-Propaganda fordert – den Feinden gegenüber zu verteidigen. Wobei natürlich geflissentlich verschwiegen wird, dass ja Nazi-Deutschland den Krieg vom Zaun gebrochen hat. Recht bald wird aus dem vermeintlichen Abenteuer grausame Wirklichkeit, der niemand entkommt.

Meine Meinung:

Die Autorin ist die Tochter Pauls, der den Krieg mit viel Glück körperlich unbeschadet überlebt hat. Obwohl seine Heimatstadt Köln und sein Wohnhaus im Bombenhagel versinken, kann er in einer gewagten Nacht- und Nebelaktion Fotoalben, Briefe und Dokumente retten, die in diesem Buch abgebildet sind. Daneben sind in Erklärungen und zeitgeschichtliche Hinweise angebracht, sodass der Leser einen guten Abriss der Ereignisse erhält.

Die Briefe aus Pauls Nachlass geben seine Gedanken wieder. Zuerst natürlich durch die pausenlose Propaganda indoktriniert, ändert sich im Laufe der Zeit als Soldat seine Meinung. Dazu hat auch das katholische Elternhaus beigetragen, obwohl sich weder die katholische noch die evangelische Kirche während der NS-Zeit mit Ruhm bekleckert haben.

Das Buch ist ein hervorragender Behelf für den Unterricht in den Schulen. Anhand Pauls Schicksals wird jene Zeit den Schülern gut nähergebracht. Unter Millionen Toten kann sich kaum jemand etwas vorstellen, da solche Zahlen viel zu monströs sind, aber ein Einzelschicksal bestens dokumentiert durch Fotos, Briefe und Dokumente wie Wehrdienstbuch u.ä. tragen dazu bei, sich davon quasi ein Bild aus erster Hand zu machen. Die Zeitzeugen werden ja immer weniger.

Fazit:

Ein bewegendes Buch, das unbedingt in Schulen gelesen werden sollte. Ich gebe hier eine ausdrückliche Leseempfehlung und 5 Sterne.

Veröffentlicht am 16.01.2019

Very british

Miss Daisy und der Mord unter dem Mistelzweig
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Auf dem Anwesen von Lord Westmoor versammelt sich, in Abwesenheit des eigentlichen Hausherren, dessen Familie zu beinahe gemütlichen Weihnachtsfeiern. Mit dabei Daisy Fletcher mit ihrem Mann Alex, Ermittler ...

Auf dem Anwesen von Lord Westmoor versammelt sich, in Abwesenheit des eigentlichen Hausherren, dessen Familie zu beinahe gemütlichen Weihnachtsfeiern. Mit dabei Daisy Fletcher mit ihrem Mann Alex, Ermittler beim Scotland Yard, deren Tochter Bettina und die ewig nörgelnde adelige Mutter Daisys, Lady Dalrymple. Die hat sich auch nach vielen Jahren nicht mit der unstandesgemäßen Gattenwahl ihrer Tochter abgefunden und äußerst dies auch bei jeder Gelegenheit. Allerdings sie verschweigt zu Beginn, dass Alex Polizist ist.

Ein weiterer Gast ist ein Geistlicher, der durch seine Engstirnigkeit auffällt und mit einem Messer im Rücken tot aufgefunden wird. Aufgrund des schlechten Wetters und des einsam gelegenen Anwesens, übernimmt Alex Fletcher die ersten Ermittlungen. Nun ist es Lady Dalrymple recht, einen Ermittler als Schwiegersohn zu haben.

Doch warum musste der Geistliche sterben? Cui bono? – fragt sich auch Alex, der letztendlich einen offiziellen Ermittlungsauftrag erhält. Alex erhält Unterstützung nicht nur von Daisy, sondern auch von Tochter Bettina und ihrem Spielkameraden Derek. Die beiden Kinder nutzen das geheimnisumwitterte Anwesen für ihre fantasievollen Detektivspiele und fördern ein paar wichtige Beweisstücke zu Tage.

Meine Meinung:

„Miss Daisy und der Mord unter dem Mistelzweig“ ist für mich der erste Krimi einer längeren Reihe von ruhigen Krimis im Stil von Agatha Christie. Carola Dunn entführt ihre Leser in das England von 1928. Standesdünkel und Etikette bestimmen das Leben der Upper Class, auch wenn sie kaum mehr das nötige Geld für ihre Aufwendungen auftreiben können.

Dieser „closed-room“-Krimi legt viel Wert auf feine Zwischentöne. So gibt es mehrere Personen, die einige Vorteile davon hätten, wenn der Vikar am Leben geblieben wäre. Anderen passt dessen Tod perfekt in den Kram. Alex muss sich durch die vielen großen und kleinen Geheimnisse dieser Familie durcharbeiten. Dabei ist ihm Daisy eine unschätzbare Hilfe, weil sie als adelige Tochter mit dessen Konventionen bestens vertraut ist.

Für mich, die sich in solchem Klüngel nicht so gut auskennt, hätten einige Szenen ruhig kürzer ausfallen können. Nervig sind die beiden Schwestern Norville, jede auf ihre Art.

Der Krimi lässt sich leicht und locker lesen. Die Hochnäsigkeit von Lady Dalrymple zaubert mehrmals ein Grinsen in mein Gesicht.
Die Auflösung ist schlüssig.

Fazit:

Ein netter, britischer Krimi für zwischendurch. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.

Veröffentlicht am 15.01.2019

ein fesselnder Roman um Verrat, Intrige und Rache

Die Farben des Feuers
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Pierre Lemaitre entführt uns in das Frankreich der Zwischenkriegszeit. Die Armen sind nach wie vor arm und die Reichen werden immer reicher. Die Privatbank Péricourt gehört ebenfalls zu den Gewinnern. ...

Pierre Lemaitre entführt uns in das Frankreich der Zwischenkriegszeit. Die Armen sind nach wie vor arm und die Reichen werden immer reicher. Die Privatbank Péricourt gehört ebenfalls zu den Gewinnern. Doch mit dem Tod des Patriarchen 1927 wendet sich das Blatt, zumal sich, während der Trauerzug am Palais Péricourt vorbeizieht, die persönliche Tragödie seiner Tochter Madelaine ereignet: Ihr siebenjähriger Sohn Paul stürzt aus einem der oberen Stockwerke und bleibt schwer verletzt auf dem Sarg seines Großvaters liegen. Paul überlebt, ist aber querschnittgelähmt. Madeleine muss all ihre Kraft in die Betreuung ihres Kindes stecken und ahnt nicht, dass ihre Vertrauten sie schändlich hintergehen.

Letztendlich ist das Vermögen aufgrund einer gewagten Spekulation ihres Bankvorstandes genauso verloren wie das Palais und die Bank. Einzig die polnisch sprechende Pflegerin hält noch zu Madelaine und ihrem Sohn.

Als Madelaine hinter die Drahtzieher dieser Machenschaften kommt, begibt sie sich auf einen subtilen Rachefeldzug.

Meine Meinung:

„Rache ist ein Gericht, das am besten kalt serviert wird.“

Mit dieser Redewendung kann Madelaines Wandlung von der behüteten Tochter zur starken, überlegten Frau bestens umschreiben. Es dauert eine Weile bis Madelaine ihre Widersacher und deren wunde Punkte ausfindig gemacht hat. Auch der Grund, warum Paul damals aus dem Fenster gestürzt ist, offenbart sich. Alles, was die ehemaligen Vertrauten, Familienmitglieder und Angestellten Madelaine und Paul angetan haben, kommt, um im Bankenjargon zu bleiben, mit Zins und Zinseszins zurück.

Lemaitres Schreibstil ist gewaltig, anspruchsvoll und fordert einige Konzentration, da immer wieder auch die Weltgeschichte eine feste Größe in diesem Roman ist. Die häufigen Perspektivenwechsel machen dieses Buch zu einer fesselnden Lektüre.
Die Charaktere sind ausgefeilt und neigen, wie Madelaine und Paul, zu überraschenden Entwicklungen, die man so nicht für möglich gehalten hat.

Fazit :

Ein großartiges Werk, dem ich gerne 5 Sterne und eine Leseempfehlung gebe.