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Venatrix

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Veröffentlicht am 04.11.2018

Ein wunderbares zu einem wunderbaren Lied

Stille Nacht
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2018 jährt sich die erste Aufführung des wohl bekanntesten Weihnachtsliedes zum 200. Mal. Aus diesem Anlass erscheinen gleich mehrere Bücher. Dieses hier zeichnet sich durch penible Recherche und wissenschaftliche ...

2018 jährt sich die erste Aufführung des wohl bekanntesten Weihnachtsliedes zum 200. Mal. Aus diesem Anlass erscheinen gleich mehrere Bücher. Dieses hier zeichnet sich durch penible Recherche und wissenschaftliche Aufarbeitung zahlreicher Quellen, Legenden und Facetten aus. Mehr als 30 Autorinnen und Autoren haben an diesem tollen Buch mitgewirkt.

Zu Beginn wird die Entstehungsgeschichte sowie die beiden Biografien von Franz Xaver Gruber und Joseph Mohr präsentiert.

Sehr interessant ist für mich die soziale Umgebung, in der das Lied entstanden ist. Salzburg ist 1818 nur mehr ein schaler Abklatsch seiner früheren Bedeutung. Teile des ehemaligen Erzbistums sind im Zuge des Wiener Kongresses an Bayern abgetreten worden und der Rest dem Erzherzogtum Ob der Enns zugeschlagen. Die Hauptstadt Salzburg verfällt in die Bedeutungslosigkeit. Auf dem Land hungern die Menschen. Die Auswirkungen des „Jahres ohne Sommer (1816)“ nach dem Ausbruch des Vulkans Tambora in Indonesien 1815 sind deutlich spürbar.

Das Buch gibt einen wunderbaren Einblick auf das Schulwesen jener Zeit. Bauernkinder konnten auf Grund der Arbeiten am Hof nur wenige Wochen in die Schule gehen. Die ist noch dazu kostenpflichtig. Von der Anzahl der unterrichteten Kinder ist das Salär des Lehrers abhängig.

Weitere Beiträge behandeln die Verbreitung des Liedes sowie die Urheberstreitigkeiten in den 1870er und 1890er Jahre (S. 101 ff). Dazu zitiert Mitautor Thomas Hochradner aus der damals erscheinenden „Salzburger Chronik“ Leserbriefe und Antworten.

Als Technikerin fasziniert mich das Kapitel über die, schon früh einsetzende technischen Möglichkeiten der Verbreitung des Liedes. Sei es via mechanische Spieldose oder als Walze im Musikapparat. Skurril mutet der musikalische Christbaumständer aus dem Jahre 1900 an (S.131).
Erstaunlich auch die frühe filmische Umsetzung des Liedes (1910). Allerdings sind nicht alle Filme über Gruber und Mohr recht gelungen. Da gibt es den einen oder anderen ordentlichen Missgriff (z.B. ein Machwerk, das Joseph Mohr als liebestollen Priester darstellt, das niemals in die Kinos gekommen ist) (Siehe S. 162 ff).

Sehr interessant ist auch die Veränderung des Weihnachtsfestes von einem besinnlichen Kirchenfest, an dem man eine Krippe aufgestellt hat, zu einem kommerziellen „Geschenkefest“. Dazu werden das Kopfschütteln und die Unmutsäußerung von Erzherzog Johann zitiert (S. 75). Durch seine protestantische Schwägerin Henriette von Nassau kommt ja der mit Kerzen, Glitter und Süßigkeiten geschmückte Nadelbaum ins erzkatholische Österreich.

Wie schon vorab erwähnt, gefallen mir die sozialgeschichtlichen Aspekte rund das Weihnachtsfest und die Weihnachtsmusik sehr gut.

Bei einem so bekannten Lied bleibt es nicht aus, dass es auch für politische Zwecke ge- (und manchmal miss-)braucht wird. „Wilde Nacht, streikende Nacht!“ und ähnliches singen die Arbeiter. Im Ersten Weltkrieg kursieren mehrere Umdichtungen. Auch in der Weimarer Republik des Zwischenkriegsdeutschlands gibt es neue Texte. Ein Blick auf den Nationalsozialismus zeigt, dass das Singen von (christlichen) Weihnachtslindern zwar nicht explizit verboten, jedoch verpönt ist.

Ein Kapitel beschäftigt sich mit der Vermarktung des Liedes als Pophit: Von Bing Crosby bis Sinhead O’Connor. In allen Richtungen der Unterhaltungsmusik ist „Stille Nacht“ angekommen und ist als (manchmal störender) Ohrwurm die ganze Adventzeit zu hören.

Interessant zu lesen ist auch, wer und welche Gemeinde am Ruhm des Weihnachtsliedes mitnaschen will. Diese sind vor allem die 13 Trägergemeinden der „Stille-Nacht-Region“. Die Balance zwischen Gedenken und Vermarktung, ist nicht einfach zu halten.

Was mir persönlich besonders gut gefällt, ist das reduzierte, aber dennoch ins Auge fallende Cover: die grüne Darstellung der Melodie als Frequenzmuster, erinnert mich frappant an einen querliegenden Weihnachtsbaum.

Viele Fotos, Faksimiles und ausführliche Quellen machen dieses Buch zu einem tollen Nachschlagewerk zum wohl bekanntesten Weihnachtslied. Das Buch bietet sich als qualitativ wertvolles Geschenk wie von selbst an.

Fazit:

Ein umfangreiches, detailliertes und interessantes Buch zum „Stille-Nacht-Lied“. Gerne gebe ich eine Leseempfehlung und 5 Sterne.

Veröffentlicht am 04.11.2018

Guter Serienauftakt mit kleinen Schwächen

Straßburger Geheimnisse - Kommissar Sturnis erster Fall
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Autor Stefan Böhm entführt uns in seinem Debüt-Krimi, der der Auftakt zu einer Reihe ist, nach Straßburg.

Der Kabinettchef des EU-Präsidenten ist während einer Gedenkfeier plötzlich verstorben. Um Fremdverschulden ...

Autor Stefan Böhm entführt uns in seinem Debüt-Krimi, der der Auftakt zu einer Reihe ist, nach Straßburg.

Der Kabinettchef des EU-Präsidenten ist während einer Gedenkfeier plötzlich verstorben. Um Fremdverschulden bei einem so hochrangigen EU-Beamten auszuschließen, wird der Leiter der Straßburger Mordkommission Antoine Sturni wird aus seinem freien Wochenende, das er mit seinem Sohn Christian verbringt, in das Gebäude des Europäischen Parlaments gerufen.
Doch schon beim ersten Augenschein nistet sich ein leiser Zweifel an einer natürlichen Todesursache bei Sturni und dem diensthabenden Arzt ein, die von der späteren Obduktion bestätigt werden: Dr. Werner Hasselfeld ist ermordet worden.

Sturnis Ermittlungen stechen in ein Wespennest voll Machtkämpfen, Intrigen und Korruption innerhalb der Europäischen Kommission.

Es wird dem sympathischen Elsässer Patrioten nicht leicht gemacht, den Fall aufzuklären. Auch sein ehrgeiziger Chef, der die Elsässer für einfache Hinterwäldler hält, hat seinen Anteil an Sturnis Ärger.

Meine Meinung:

Mir hat dieses Krimi-Debüt recht gut gefallen, da es Interna der Europäischen Union ein wenig aufs Korn nimmt. Kaum jemand weiß um die Vorgänge im Europäischen Parlament so richtig Bescheid - auch Antoine Sturni nicht. Dafür hat er einen befreundeten Journalisten, der ihm (und uns Lesern) einiges erklärt – das ist sehr gut gelungen.

Weniger gut ist stellenweise der Schreibstil, der häufig die Hilfsverben „haben“ und „sein“ bemüht, wo aktivere Verben durchaus einen anspruchsvolleren und flotteren Stil ergeben könnten.

Gut herausgearbeitet ist der Konflikt des leitenden Kriminalbeamten, dessen Arbeit sich nicht an vorgegebenen Arbeitszeiten hält. Daran ist ja auch seine Ehe mit Caroline gescheitert. Dies wird allerdings mehrfach wiederholt. Die Leser merken sich das schon, daher hätte darauf verzichtet werden können.

Eine Liebesbeziehung an der Arbeitsstelle ist oft problematisch. Hier bin ich gespannt, wie es mit Antoine und Margeaux weitergeht. Im Moment scheinen ja alle recht zufrieden zu sein, doch der Alltag könnte auch hier wieder „zuschlagen“.

Fazit:

Ein guter Auftakt einer neuen Krimi-Reihe, die hin und wieder kleine Schwächen aufweist. Gerne gebe ich hier gute 3 Sterne.

Veröffentlicht am 04.11.2018

EIn gelungener Reiseführer zu schaurigen Orten

111 schaurige Orte in der Steiermark, die man gesehen haben muss
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Die Reihe „111 Orte“ wird seit Kurzem durch „schaurige“ oder „mystische“ ergänzt. Robert Preis, Krimi-Autor aus Graz, der auch das eine oder andere Buch mit Fantasy- bzw. Sagenelementen geschrieben hat, ...

Die Reihe „111 Orte“ wird seit Kurzem durch „schaurige“ oder „mystische“ ergänzt. Robert Preis, Krimi-Autor aus Graz, der auch das eine oder andere Buch mit Fantasy- bzw. Sagenelementen geschrieben hat, nimmt seine Leser auf eine Reise zu schaurigen Punkten in der Steiermark mit.
Neben Sagengestalten wie „Die Trud“ (Nr. 1) zeigt uns der Autor Richtstätten wie z. B. Nr. 4 und Nr. 102.

Einen großen Teil der schaurigen Orte bilden die Lager der NS-Zeit. Spät, aber doch wird den ermordeten Juden, Zwangsarbeitern oder Regimekritikern durch Errichtung von Gedenkstätten gedacht, um die Ereignisse nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. (u.a. Nr. 11, 13, 24, 27, 32, 40, 50, 65, 89).
Auch Verbrechen der jüngsten Vergangenheit finden ihren Niederschlag (u.a. Nr. 23, Nr. 95).

Ein besonders grausames Schicksal wurde Marie zuteil, die des Diebstahls verdächtigt und schwerer Folter unterzogen wurde. Wie sich später herausgestellt hat, war das Dienstmädchen unschuldig. Als Krüppel hat Marie ihr Leben gefristet (Nr. 38). Kurz darauf soll Maria Theresia die schwere Folter abgeschafft haben.

Die Fotos sind dem Thema angepasst und wirken melancholisch. Bei manchen ist der Zusammenhang zum Ort des Grauen nicht auf den ersten Blick zu erkennen.

Wie in allen Büchern der „111“-Reihe findet sich am Ende des Buches eine Landkarte mit den besprochenen Orten.

Fazit:

Wieder ein gelungener Reiseführer aus dem Hause Emons, dem ich gerne 5 Sterne gebe.

Veröffentlicht am 04.11.2018

Joes Prohaskas 3.Fall

Die dunkle Seite der Bucht
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Joe Prohaska, ehemaliger KHK aus Stuttgart mit deutsch-kroatischen Wurzeln, lebt, nach einem Schussattentat frühpensioniert, in einem kleinen Dorf nahe der kroatischen Hafenstadt Rovinj.

Als er ein anonymes ...

Joe Prohaska, ehemaliger KHK aus Stuttgart mit deutsch-kroatischen Wurzeln, lebt, nach einem Schussattentat frühpensioniert, in einem kleinen Dorf nahe der kroatischen Hafenstadt Rovinj.

Als er ein anonymes Päckchen mit einem Hinweis aus der Stuttgarter Vergangenheit erhält, weiß er dies anfangs nicht so recht zu deuten. Ist der Mörder von damals, der ihm Rache geschworen hat, wieder auf freiem Fuß?
Prohaska erzählt Inspektor Rossi, seinem kroatischen Freund davon. Doch der ist mit einem Mordfall am Strand von Punta Corrente beschäftigt.

Da Joe inzwischen als Fotograf anerkannt ist, ist es nicht verwunderlich, dass er kurzfristig als Fotograf bei einer Hochzeit einspringen soll. Dass diese Hochzeit für ihn Folgen haben wird, kann er zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissen …

Meine Meinung:

Silvija Hinzmann ist wieder ein ruhiger Krimi rund um den ehemaligen KHK Joe Prohaska gelungen. Obwohl er häufig zur falschen Zeit am falschen Platz ist, und damit in die Ermittlungen der örtlichen Polizei eingreift, ist sein Verhältnis zu Inspektor Rossi fast freundschaftlich zu nennen. Diesmal darf er sogar beinahe offiziell ermitteln und an den Besprechungen der kroatischen Polizei teilnehmen.

Die Autorin greift die üblichen Verbrechen am Balkan auf: Menschen- und Drogenhandel, geht aber nicht in die Tiefe.

Neben dem Titelhelden Joe Prohaska treten wieder alte Bekannte wie Rossi, Ivo, Johanna und die Wiener Schriftstellerin Martha Schön auf. Die Kulisse ist wieder das malerische Istrien und im Besonderen die Hafenstadt Rovinj.

Mir gefällt Silvija Hinzmanns Schreibstil, der eher beschaulich als reißerisch und hektisch wirkt.

Fazit:

Wer einen actionreichen Krimi sucht, ist hier nicht richtig.
Gerne gebe ich hier 4 Sterne.

Veröffentlicht am 31.10.2018

Für Nicht-Juristen nich einfach zu lesen

Wie das Recht in die Welt kommt
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Wie das Recht in die Welt kam/Alfred J. Noll/3 Sterne

Alfred J. Noll ist begeisterter Jurist und das merkt man hier in diesem Buch. In neun Kapiteln versucht er den Lesern seine Leidenschaft zu vermitteln.

Diese ...

Wie das Recht in die Welt kam/Alfred J. Noll/3 Sterne

Alfred J. Noll ist begeisterter Jurist und das merkt man hier in diesem Buch. In neun Kapiteln versucht er den Lesern seine Leidenschaft zu vermitteln.

Diese neun Kapitel sind:

1. Hermes gibt den Menschen das Recht
2. Das notwendige Minimalrepertoire
3. Die Steine sprechen
4. Rationalisten des souveränen Privateigentums
5. Nur aus diesen Särgen war eine Auferstehung möglich
6. Ein Privatmann schafft Recht
7. Stadtluft macht frei – oder auch nicht
8. Ein Deutscher in Italien
9. Das Recht der Menschen

Ohne Gesetze können nur die wenigsten Menschen existieren. Schon bereits bei schriftlosen Gemeinschaften gibt es Regeln und Richtlinien, an die sich die Mitglieder halten müss(t)en.

„Richtiges“ Recht beginnt erst, wenn es in Stein gemeißelt ist. Seien es die biblischen 10 Gebote oder die Keilschrifttafeln des alten Mesopotamiens.

Das Römische Reich feilt lange und ausgiebig an seinen Gesetzen – Römisches Recht gilt lange, mancherorts länger als das Reich Bestand hatte.

Meine Meinung:

Die große Sachkenntnis ist die Stärke und Schwäche dieses Buches gleichzeitig. Kaum jemand kann dem Autor ein x für ein u vormachen, was die Rechtsgeschichte angeht. Doch für Nicht-Juristen sind die vielen lateinischen Zitate (oft ohne Übersetzung) und die verschwurbelte Juristensprache schwer verständlich.

In den Abschnitten des Mittelalters springt der Autor leider immer wieder in die Antike zurück und verbeitert sich hier nochmals. Das hat meinen Lesefluss und mein Verständnis in der Materie ein wenig gestört. Interessant ist, wie der Stauferkönig Friedrich II., den Adel und die Kirche mittels geänderter Gesetze entmachtet hat. Doch auch hier, mitten in der politisch brisanten Zeit, ein Schwenk in das Römische Reich.

Das Buch, das vom Verlag als „Essay“ bezeichnet wird besticht durch die unerschöpfliche Sachkenntnis und einen beeindruckenden Schreibstil, der allerdings manchmal zu lange Sätze mit einer Wendung zu viel, beinhaltet. Ich mag Zitate aus alten Schriften, doch wenn seitenlang aus König Hammurabis Gesetzestexten zitiert wird, ist das vielleicht für Freaks unter den Juristen Anklang finden. Für den interessierten Laien ist das leider zu komplex.

Dass wir uns ein Leben Gesetze schwer vorstellen können, ist wohl einleuchtend. Doch so manche Überregulierung, die wir heute kennen, wäre vielleicht entbehrlich.

Das Buch verfügt über eine gediegene Aufmachung: Als Hardcover mit einem Lesebändchen und abgerundeten Ecken. Die Schriftart und Schriftgröße sind augenfreundlich gewählt.

Fazit:

Dieses Buch zeigt viele Facetten des Rechtes von seinem Beginn bis ins 13. Jahrhundert. Die Leidenschaft des Autors ist nicht auf mich übergesprungen, daher nur 3 Sterne.