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Venatrix

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 02.10.2023

Eine gelungene Fortsetzung

Geschmackshochzeit 3 / Il matrimonio del gusto 3 / Svatba okusov 3
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Dieses Buch ist das dritte der Geschmackshochzeit-Reihe, die als kulinarischer Begleiter der herbstlichen Veranstaltungsreihe rund um die „Alpen-Adria-Küche“ vom Klagenfurter Wieser-Verlag in Zusammenarbeit ...

Dieses Buch ist das dritte der Geschmackshochzeit-Reihe, die als kulinarischer Begleiter der herbstlichen Veranstaltungsreihe rund um die „Alpen-Adria-Küche“ vom Klagenfurter Wieser-Verlag in Zusammenarbeit mit dem Tourismusverband Klagenfurt/Celovec erschienen ist.

Wie die beiden Vorgänger Geschmackshochzeit 1 und 2 ist auch dieses Buch dreisprachig angelegt. Neben deutsch sind die Rezepte, die Beschreibung von Land und Leuten auch in Italienisch und Slowenisch verfasst.

Den Schwerpunkt dieser Ausgabe bildet allerdings die Kunst des Bierbrauens. Wir tauchen ein in die fast vergessene Tradition des Steinbier-Brauens, das durch einen Köttmannsdorfer Pionier bis nach Frankreich exportiert worden ist.
Das Steinbier-Brauen hat bis vor hundert Jahren die Trinkkultur in Kärnten mitbestimmt.

Wir dürfen Fleischandwerkern beim Wursten zusehen und kommen mit Schafbauern ins Gespräch. Sehr interessant ist auch der Exkurs zu den Flurnamen.

Manche Speise wie das süße Backwerk das Reindling, Pohača, Potice, Gubana oder W(o)azanen genannt wird, ist ein „Kind“ des Alpen-Adria-Raumes. Egal in welcher der Region, egal in welcher Sprache - es schmeckt vorzüglich.

So ist es auch keine Überraschung, dass dieses Buch für den World Cookbook Award nominiert worden ist. Und das gleich in drei Kategorien.

Das Buch besticht durch die gediegene Ausstattung und liebevolle Aufmachung. Zahlreiche Fotos von Land & Leuten sowie der zubereiteten Speisen vervollständigen dieses tolle Kochbuch, das auch die Kulturgeschichte des Essens und Trinkens vermittelt und das „senza confini“ (ohne Grenzen).

Fazit:

Diesem gelungenen Kochbuch, das sich auch perfekt als Geschenk eignet, gebe ich gerne 5 Sterne.

Veröffentlicht am 27.09.2023

Ein gelungener True-Crime-Krimi

Der Todesengel von Wien
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Autorin Nina Jelinek ist, eigenen Angaben zufolge, bei einem Besuch des Wiener Kriminalmuseums auf die Geschichte der Martha Marek, die 1938 wegen mehrfachen Mordes verurteilt und mittels Fallbeil hingerichtet ...

Autorin Nina Jelinek ist, eigenen Angaben zufolge, bei einem Besuch des Wiener Kriminalmuseums auf die Geschichte der Martha Marek, die 1938 wegen mehrfachen Mordes verurteilt und mittels Fallbeil hingerichtet worden ist.

Wer ist also diese Martha Marek, die den Beinamen „Der Todesengel von Wien“ erhalten hat?

Heinrich Truttenberger reist zum Begräbnis seiner plötzlich verstorbenen Mutter nach Wien, nur um zu erfahren, dass diese ihr ganzes Leben umgekrempelt und ihr Vermögen einer Martha Marek vermacht hat, in deren Villa sie zuletzt als Gesellschafterin in Untermiete gewohnt hat. Heinrich kommt das komisch vor und wird bei der Kriminalpolizei vorstellig. Zunächst will man Truttenbergers Verdacht nicht nachgehen, doch dann erinnert man sich an die schöne Martha, die schon wegen Versicherungsbetruges vor Gericht gestanden ist.

In zahlreichen Rückblenden erfahren wir die sicherlich schwierige Kindheitsgeschichte der Martha Marek, die eigentlich Karolina Löwenstein heißt und aus begütertem Haus kommt.

Meine Meinung:

Ich kenne die kriminelle Biografie der Martha Marek sowohl aus dem Kriminalmuseum als auch aus dem Buch „Die wilde Wanda und andere gefährliche Frauen“ von Gabriele Hasmann und Sabine Wolfgang.

Jahrelang hat Martha Marek die Welt rund um sich herum gehörig an der Nase herumgeführt und manipuliert. Dabei sind ihr ihre Schönheit und ihre erotische Ausstrahlung behilflich. So schafft sie es, im Prozess, um den Versicherungsbetrug, die meisten Schöffen einzuwickeln, damit sie und ihr Mann ein mildes Urteil erhalten.

Nina Jelinek gelingt es ausgezeichnet, das manipulative Wesen der Martha Marek herauszuarbeiten. Sie stellt sich als die Arme hin, der immer Unrecht zugefügt wird, sei es, dass sie als Jugendliche von ihrer Mutter einem um fünzig Jahre ältern Mann verkuppelt worden ist oder, dass man so unfreundlich zu ihr ist. Gleichzeitig erweist sie sich in den Verhören als dermaßen kaltblütig und abgebrüht, was selbst die erfahrenen Ermittler erstaunt.

Neben der Geschichte rund um die Martha Marek sind auch die Lebensumstände der Menschen nach dem Ersten Weltkrieg dargestellt.

Obwohl mir klar ist, welche Verbrechen Martha Marek begangen hat und ihr Ende vorauszusehen ist, hat dem Buch an keiner Stelle die Spannung gefehlt. Die Arbeit der Kriminalpolizei wird sehr gut geschildert. Dass Martha Marek ausgerechnet an Adolf Hitler ein Gnadengesuch stellt, das von ihm kategorisch abgelehnt wird, zeigt, wie weit sie sich von der Realität entfernt hat. Am 6. Dezember 1938 wird sie als erste durch die eben aus Berlin herbeigeschaffte Guillotine hingerichtet.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem sehr gut aufbereiteten True-Crime-Krimi 5 Sterne.

Veröffentlicht am 27.09.2023

Regt zum Nachdenken an

Am Ende wird alles sichtbar
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Dieses Buch von Autor und Schauspieler August Schmölzer spielt in der Nachkriegszeit in einem nicht näher bezeichneten Bergdorf.

Die Menschen sind ob der schlechten Wirtschaftslage und durch den Krieg ...

Dieses Buch von Autor und Schauspieler August Schmölzer spielt in der Nachkriegszeit in einem nicht näher bezeichneten Bergdorf.

Die Menschen sind ob der schlechten Wirtschaftslage und durch den Krieg misstrauisch. Und so begegnen sie Josef, dem Kriegsheimkehrer mit Argwohn. Josef, selbst traumatisiert durch die Ereignisse, die er als Kriegsberichterstatter erlebt und fotografiert hat, arbeitet als Totengräber. Eine Arbeit, die niemand im Dorf machen will, die ihm aber die Möglichkeit gibt, mit Michael, jenem Kind, das er gleich zu Beginn seiner Karriere als Kriegsberichterstatter nicht retten konnte. Ob als Sühne oder um in Ruhe gelassen zu werden - beides ist möglich.

Als dann noch ein kleiner Junge ermordet wird, brechen die alten Vorurteile der Dorfbewohner wieder auf, und Josef, der mit seinen eigenen Dämonen kämpft, wird scheel angesehen. Es ist der zweite Junge, der in diesem Dorf ermordet wird, doch sein Tod wird anders betrauert als der des anderen Kindes. Denn das war ja nur der Sohn eines Deserteurs aus einem Nachbardorf. Die Fremdenfeindlichkeit ist ein bösartiger Charakterzug dieser Dorfbewohner. Auch der Gemeindearzt ist zugezogen und erdreistet sich, dem amtierenden Bürgermeister mit einer neuen Partei das Amt streitig zu machen und bemerkt mehrmals, dass den unruhigen Geistern ein Krieg fehle. Und dann stirbt das dritte Kind, das Steine nach Josef geworfen hat, und man macht Jagd auf den Gemeindearzt.

„Wenn wir die Wahl gewinnen, werden wir die Dinge nicht mehr schleifen lassen. Dann wird wieder Ordnung in unserer Stadt einkehren. Ordnung, wie wir sie verstehen!“

Dieses durchaus als Drohung gemeinte Statement macht es für Josef und seine nun verwitwete Jugendliebe Ragusa leicht, das Bergdorf zu verlassen und einen Neuanfang zu wagen.

„Bedenken Sie aber, dass wir uns nur weiterentwickeln, wenn wir aus der Vergangenheit lernen, wenn wir fähig sind, sie anzunehmen.“

Meine Meinung:

Dieses, nur 144 Seiten dünne Buch hat es in sich. Nicht die Anzahl der Seiten ist gewichtig, sondern der Inhalt. Viel mehr möchte ich dazu gar nicht sagen.

Der gleichnamige Film, in dem August Schmölzer den Postenkommandanten spielt, hat kommt Mitte November 2023 in die österreichischen Kinos.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem Buch, das durch seine geschliffene Sprache und Eindringlichkeit besticht, 5 Sterne.

Veröffentlicht am 27.09.2023

Fesselnder Reihenauftakt

Mit kalter Präzision
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Nachdem Forensiker Dr. Fred Abel den Dienst in der Rechtsmedizin quittiert hat, wird Sabine Yao seine Nachfolgerin als Professor Herzfelds Stellvertreterin. Sie ist nun der Hauptcharakter der neuen Reihe ...

Nachdem Forensiker Dr. Fred Abel den Dienst in der Rechtsmedizin quittiert hat, wird Sabine Yao seine Nachfolgerin als Professor Herzfelds Stellvertreterin. Sie ist nun der Hauptcharakter der neuen Reihe rund um die Rechtsmedizin in Berlin.

Der erste Fall hat es ziemlich in sich, denn die Ehefrau des Schönheitschirurgen Dr. Roderich Kracht wird tot aufgefunden. Da Kracht mit wichtigen Leuten aus Politik und Wirtschaft bestens vernetzt ist, wird gleich eine Soko gegründet, der Sabine Yao zugeteilt wird, zumal bei der Bestimmung des Todeszeitpunktes Ungereimtheiten aufgefallen sind. Obwohl Dr. Kracht ein offensichtlich wasserfestes Alibi hat, durchleuchtet Yao seine Biografie und stößt auf eine biografische Lücke von zwei Jahren.

Wenig später taucht bei einem vier Jahre zurückliegenden, angeblichen Selbstmord einer Frau, der Name Kracht abermals auf. Zufall? Sabin Yao glaubt an viel, aber nicht an Zufälle. Unterstützung erhält sie von anderen Teammitgliedern, was sie allerdings nicht vor Alleingängen bewahrt, die sie in Lebensgefahr bringen.

Meine Meinung:

Mit diesem Reihenauftakt ist Michael Tsokos ein fesselnder Thriller gelungen. Wir erfahren viele technische Details aus der Welt der Forensiker sowie erhalten das Vorurteil über IT-Nerds bestätigt (detailverliebt, unrasiert, schlampig gekleidet, dicke unmoderne Brille und ziemlich eigenwillig im Umgang mit anderen Menschen). Allerdings, und das ist meiner Ansicht die große Stärke von Michael Tsokos‘ Büchern, ist die Zusammenarbeit der unterschiedlichsten Mitarbeiter bis auf wenige kleine Sticheleien sehr gut. Es gibt diesmal keine nervigen Polizeipräsidenten, Journalisten oder Kollegen, die auf den Job des anderen lauern. Das gefällt mir sehr gut! Ich bin es langsam leid, über menschliche Wracks in den Polizeidienststellen zu lesen. Ja, der Job ist fordernd und die Scheidungsrate sehr hoch. Fred Abels hat für sich und seine Familie die Konsequenzen gezogen, und den Job an den Nagel gehängt. Er fährt damit, wie wir Leser erfahren werden, sehr gut.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem Auftakt der neuen Reihe mit Sabine Yao als Hauptperson 5 Sterne.

Veröffentlicht am 24.09.2023

Spurensuche

Kajzer
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Obwohl Autor Menachem Kaiser den Namen seines Großvaters trägt, weiß er über ihn nur, dass dieser als Einziger der Familie die Shoah überlebt hat und sich jahrelang um die Rückgabe des Hauses seiner Kindheit ...

Obwohl Autor Menachem Kaiser den Namen seines Großvaters trägt, weiß er über ihn nur, dass dieser als Einziger der Familie die Shoah überlebt hat und sich jahrelang um die Rückgabe des Hauses seiner Kindheit bemüht hat.

Während eines beruflichen Aufenthaltes in Polen beschließt Enkel Menachem Kaiser, jenes Haus zu suchen. Mit nichts als einer Adresse in der Hand startet er eine stellenweise kafkaesk anmutende Spurensuche.

Während dieses jahrelangen, zermürbenden Kampfes lernt Menachem unterschiedliche Menschen kennen: Da sind die Mieter in Häusern, die enteignet worden sind, aktive Schatzsucher und Forscher, Dolmetscher, Anwälte und Richterinnen. Als Enkel Kaiser schließlich entdeckt, dass Menachem Kajzer (so die alte Schreibweise des Namens) doch nicht der einzige Überlebende der Shoa war, stellt er sich zunehmend die Frage: Warum mache ich das eigentlich?


Meine Meinung:

Dieses Buch, das der Autor als Sachbuch bezeichnet, ist nicht immer leicht zu lesen. Was als vage Idee, das enteignete Mietshaus seiner Großeltern zurückzufordern beginnt, endet - nun ja - noch nicht.

Je tiefer Kaiser in die Familiengeschichte eindringt, desto mehr verstrickt er sich in der Bürokratie Polens. Dass die aktuelle Regierung den Justizapparat umbaut („reformiert“), ist nicht gerade hilfreich. Denn es geht schlicht um die Frage, sind Menachem Kaisers Verwandte tot oder nicht. Man könnte glauben, die Antwort sei einfach, zumal der eine oder andere das biblische Alter von 140 Jahren überschritten haben müsste. Doch die polnische Justiz scheint hier einige, für Außenstehende nicht verständliche, Unterschiede zu machen, ob jemand „für tot erklärt“ werden soll, oder es sich um „eine Anerkennung des Todes“ handelt. Kaisers Rechtsanwältin, die er im Buch die „Killerin“ nennt, hat den falschen Antrag eingebracht, weshalb die Verwandten nicht für tot erklärt werden können, weil ein Tod während der Shoa, ohne der Todeslisten der Deutschen, diffus wäre. So wird verlangt, dass er alle jene Todeslisten beizubringen hat, auf denen die Namen Kaisers Verwandten NICHT vermerkt sind. Kafka lässt grüßen!

Ob es sich dabei um juristische Spitzfindigkeiten oder Antisemitismus handelt, diese Interpretation überlasse ich den Lesern.

Fazit:

Ein Buch über eine jüdische Familiengeschichte, die ganz anders als die üblichen Großeltern/Enkel-Geschichten ist. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.