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Venatrix

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Veröffentlicht am 09.04.2018

Schatten der Vergangenheit

Spreewaldrache (Ein-Fall-für-Klaudia-Wagner 3)
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"Spreewaldrache" ist nach "Spreewaldgrab" und "Spreewaldtod" bereits der dritte Fall für die Kommissarin Klaudia Wagner. Jeder Fall ist in sich abgeschlossen und daher kann man den aktuellen Ermittlungen ...

"Spreewaldrache" ist nach "Spreewaldgrab" und "Spreewaldtod" bereits der dritte Fall für die Kommissarin Klaudia Wagner. Jeder Fall ist in sich abgeschlossen und daher kann man den aktuellen Ermittlungen auch dann problemlos folgen, auch wenn man noch keinen Band der Reihe gelesen hat. Um allerdings die privaten und beruflichen Hintergründe der Kommissarin und ihrem Team besser zuordnen zu können, empfiehlt es sich, die Vorgänger zu lesen.

Teambildende Maßnahmen können schon was Schönes sein, wenn man nicht gerade mit seinen Kollegen zum Wursten eingeteilt wird. Wer schon einmal an „verordneten Teambildungsmaßnahmen“ teilgenommen hat, wird vermutlich Klaudia Wagners Wunsch nach einem Ende dieser Aktion verstehen können. Doch manchmal muss man mit seinen Wünschen vorsichtig umgehen, sie könnten in Erfüllung gehen …

Prompt werden Klaudia und ihr Team zu einer Datsche gerufen und finden einen niedergeschlagenen jungen Mann. Besteht ein Zusammenhang mit der Techno-Party in der Nähe? Daniel überlebt, kann oder will sich an die Ereignisse nicht erinnern. Wenig später wird unweit von diesem Tatort ein toter Obdachloser gefunden. Gibt es hier einen Zusammenhang? Kannten sich die Opfer?

Wagner und ihr Team ermitteln fieberhaft und stoßen auf eine komplexe Fehde zwischen zwei Kahnführerfamilien, die schon vor rund 20 Jahren ein Todesopfer gefordert hat. Übt hier jemand späte Rache?

Meine Meinung:

Wie wir es von Christiane Dieckerhoff gewöhnt sind, verknüpft sie Handlungsstränge der Vergangenheit mit aktuellen Vorkommnissen. Der Leser kann daher miträtseln, wer in die mysteriösen Geschehen involviert ist. Die Autorin legt verschiedene Spuren, die nicht immer zum Ziel führen. Spannend machen es die familiären Verwicklungen der Protagonisten. Hier sind konzentriertes Lesen und vielleicht Papier und Bleistift hilfreich, da es diesmal nicht einfach ist, den Überblick zu behalten.

Wieder gelingt es der Autorin, das besondere Flair des Spreewalds zu beschreiben und in die Handlung einfließen zu lassen. Man kann sie die Umgebung des Spreewaldes mit seinen Datschen recht gut vorstellen. Ich höre das leise Plätschern des Wassers und das Quaken der Frösche. Die Charaktere wirken ebenfalls authentisch. Zusätzlich zu den alten Bekannten aus den vorherigen Bänden, werden neue Charaktere eingeführt. Die Mischung ist gut gelungen. Diesmal nehmen die privaten Nebenhandlungen nicht allzu viel Raum ein. Die Schatten der Vergangenheit, mit denen die Kommissarin bzw. ihr Team zu kämpfen hat, werden kurz angerissen, drängen sich jedoch nicht in den Vordergrund Der Schreibstil ist gewohnt flüssig und angenehm lesbar.

Gut gefallen hat mir, dass Polizeiarbeit ziemlich realistisch dargestellt wird. Nicht immer kann den Verdächtigen alles bis ins letzte Detail nachgewiesen werden und so bleibt diesmal ein Hauch von Frust über Klaudia Wagner hängen.

Das Ende mit dem gemeinen Cliffhanger des schwer verständlichen Telefonates lässt auf eine Fortsetzung hoffen, die noch die eine oder andere Überraschung sowohl für die Leser als auch für die Kripo Lübben beinhalten wird.

Fazit:

Wieder ein Krimi aus dem Spreewald, der mich sehr gut unterhalten hat. Diesmal wird das Buch mit 5 Sternen bedacht.

Veröffentlicht am 06.04.2018

Ein Leckerbissen nicht nur für Philatelisten

Atlas der verschwundenen Länder
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Dieses Buch aus dem dtv-Verlag ist Leckerbissen für historisch Interessierte, Geografen und Philatelisten.
Ausgehend von seiner eigenen Briefmarkensammlung, in der sich zahlreiche Raritäten verbergen, ...


Dieses Buch aus dem dtv-Verlag ist Leckerbissen für historisch Interessierte, Geografen und Philatelisten.
Ausgehend von seiner eigenen Briefmarkensammlung, in der sich zahlreiche Raritäten verbergen, reisen wir mit Autor Björn Berge durch die Welt, um an Hand seltener Postwertzeichen 50 Länder kennenzulernen, die nur wenige Jahre, ja manche nur ein paar Monate Bestand hatten.

Björn Berge hat die 50 Staaten in 6 Gruppen eingeordnet, je nach Zeitpunkt ihrer Existenz.

Zu jedem Staat gibt es eine Lageskizze, die Fläche, Einwohnerzahl und die Daten seines Bestehens. Daneben ein Auszug aus der oft wechselvollen Geschichte und die eine oder andere Anekdote, ein Zitat und selbstverständlich ein dazu passende Briefmarke. Ergänzt wird das Staatenporträt durch Hinweise auf weiter führende Literatur, ev. vorhandenes Filmmaterial oder entsprechende Musik. Das eine oder andere Mal ist ein Rezept einer landestypischen Speise abgedruckt.
Wie z.B. „Corrientes“ (S. 24-27) einem kleine südamerikanischen Land zwischen Argentinien, Brasilien und Uruguay, das von 1856-1875 existierte. Die damals gebräuchliche Briefmarke diente auch als Zahlungsmittel, da Kleingeld kaum vorhanden war. Die Druckplatten stellte ein Bäckergeselle her.

Der Fantasie der Briefmarkendesigner ist kaum eine Grenze gesetzt. Es reicht vom einfachen Aufdruck des „neuen“ Landesnamen bis zur komplett durchgestylten Briefmarke mit Pflanzen, Tieren oder dem Regenten.
Im streng islamischen Landstrich Ober-Yafi (am Golf von Aden gelegen), das immerhin von 1800-1967 existierte, entwarf man eine Reihe großformatiger Briefmarken, die alle möglichen Kunstschätze zeig(t)en, unter anderem die Tänzerinnen von Edgar Degas, die der islamischen Kleiderordnung nicht wirklich entsprechen. Hinter diesem Vorhaben stand eine englische Druckerei, die dem Sultan die Briefmarkenserien einredete. Das Skurrile daran: Ober-Yafi besaß kein Postwesen.

Meine Meinung:

Ein sehr spezielles Buch, das aber bestimmt seine Liebhaber unter Philatelisten und historisch interessierten Geografen finden wird.
Viele, der abgebildeten Briefmarken aus Berges Sammlungen wurden auch wirklich als Postwertzeichen benützt und sind daher entwertet.

Das Buch ist liebevoll recherchiert und gibt Raum, die angebotenen Zusatzinformationen abzurufen. Die Ausführung ist hochwertig: gebunden, mit Leinenrücken, querformatig, einem haptisch und optisch ansprechendem Papier. Die Weltkarte auf den Buchdeckelinnenseiten gibt einen schönen Überblick, wo sich diese nunmehr verschwundenen Länder befunden haben.
Man kann nur staunen, was hier zwischen 1840-1970 an politischem Geschehen stattgefunden hat.

Fazit:

Ein wunderschönes Geschenk nicht nur für Liebhaber von Postwertzeichen. Gerne gebe ich diesem interessanten Streifzug durch die Welt 5 Sterne.


Veröffentlicht am 06.04.2018

Von der Schwierigkeit, ein komplexes Thema kurz zu fassen

Der Dreißigjährige Krieg
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Der Dreißigjährige Krieg/Georg Schmidt/4 Sterne
Georg Schmidt versucht die politischen Zusammenhänge, die zum Dreißigjährigen Krieg führten und die Geschehen zwischen 1618-1648 auf rund 100 Seiten darzustellen. ...

Der Dreißigjährige Krieg/Georg Schmidt/4 Sterne
Georg Schmidt versucht die politischen Zusammenhänge, die zum Dreißigjährigen Krieg führten und die Geschehen zwischen 1618-1648 auf rund 100 Seiten darzustellen. Das ist auf Grund der Komplexität der Bündnisse und Interessen nicht ganz einfach.

Was zuerst als Problem der Habsburger in Böhmen beginnt, breitet sich wie ein Flächenbrand über ganz Mitteleuropa aus. Mehrmals haben es die beteiligten Herrscher in der Hand den Krieg zu beenden und Frieden zu schließen. Aus Ignoranz und auch mit falschen (oft geistlichen) Ratgebern unterlassen sie dies und so dauert der Konflikt eben die bekannten 30 Jahre.

Meine Meinung:

Das Kompendium ist in sieben Kapitel mit Unterpunkten geteilt, sodass der Inhalt in kleinen Abschnitten gelesen werden kann. Obwohl ich die Geschichte des Dreißigjährigen in groben Umrissen kenne, musste ich doch die eine oder andere geschilderte Begebenheit im Internet nachlesen.

Des Weiteren orte ich in diesem Buch ein wenig Parteilichkeit des Autors. Er scheint eine Vorliebe für das „Heilige Römische Reich Deutscher Nation“ zu haben, das neben dem Habsburgerreich aus vielen kleinen und größeren deutschen Königs- und Fürstenhäusern besteht, nicht zu vergessen die kirchlichen Gebiete und deren Würdenträger, die in Glaubensfragen auch eine Menge mitzureden haben.
Die Habsburger und besonders Kaiser Ferdinand II. kommen nicht besonders gut weg.
Gut beschrieben sind die Entstehung, das Ausmaß und die Folgen des Krieges, an dessen enormen Verwüstungen das Reich und die Bewohner noch lange zu leiden haben.

Für Newcomer, die eine kompakte Darstellung des Geschehens lesen wollen, ist das Buch nur bedingt geeignet. Einige Vorkenntnisse sind hier doch von Nöten. Der Leser, der sich mit der Materie bereits intensiv auseinandergesetzt hat, wird hier einige interessante Details finden, die auf neuerer Geschichtsforschung basieren. Ein ausführliches Literarturverzeichnis ergänzt diese Zusammenfassung.
Was wirklich ärgerlich ist, ist das Fehlen von Karten, Übersichten und einer Zeittafel. Das kostet gleich einmal einen Stern.

Fazit:

Für Einsteiger in die Welt des 17. Jahrhundert kann ich das Buch leider nicht empfehlen. Dazu wird bei der Darstellung einfach zu viel Vorwissen vorausgesetzt. Da gäbe es anderes, wie z.B. „Der Dreißigjährige Krieg 1618-1648“ von Johannes Arndt im Reclam Verlag erschienen.


Veröffentlicht am 03.04.2018

EIn nettes Mitbringsel

Wilhelm von Humboldt
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Alexander und Wilhelm von Humboldt: Zwei sehr unterschiedliche Brüder. Der eine, Alexander, immer auf Achse und die Welt entdeckend, der andere, Wilhelm, zwar ebenfalls reisefreudig, doch noch innerhalb ...

Alexander und Wilhelm von Humboldt: Zwei sehr unterschiedliche Brüder. Der eine, Alexander, immer auf Achse und die Welt entdeckend, der andere, Wilhelm, zwar ebenfalls reisefreudig, doch noch innerhalb Europas, den Geisteswissenschaften zugetan.

Die Autorin Dorothee Nolte betrachtet in ihrem kleinen, aber feinen Buch, Wilhelm und sein Umfeld in zahlreichen Anekdoten und zeitgenössischen Kommentaren.

»Gelehrte zu dirigieren ist nicht viel besser, als eine Komödiantentruppe unter sich zu haben!«
Mit diesem flapsigen Ausspruch wollte er seine Ernennung zum Kultusminister ablehnen, doch konnte er sich dem Willen/Befehl des Königs von Preußen schwer widersetzen. Was macht Wilhelm also: Er krempelt das Bildungssystem um (Einige seiner Errungenschaften leben bis heute im Schulsystem fort.) und schafft sich damit auch keine Freunde.

Wilhelm ist ein vielbeschäftigter Mann, doch wird er zeitlebens wenige seiner Aufgaben wirklich zu Ende bringen. Schnell verliert er die Freude an einem Projekt.

Eine interessante Einstellung pflegt Wilhelm der Ehe gegenüber: Er ist mit seiner Gemahlin Caroline völlig d’accord, beiderseits Liebschaften zu tolerieren. Ja, ich hatte sogar den Eindruck, dass er dies sogar gefördert hat - diese Mènage à trois. Vielleicht um seinen eigenen Gedanken und Beschäftigungen nachzugehen? Immerhin ist die Mutter der Kinder eindeutig bekannt, bei den Vätern gibt es hin und wieder Zweifel.

In dieser Beziehung ist Wilhelm wohl ein Kind der Französischen Revolution, die er in Paris miterlebt.

Er pflegt Freundschaft mit Schiller und Goethe und ist zweimal Gesandter Preußens und Minister.

Meine Meinung:

Der Schreibstil ist flüssig, die Anekdoten gut ausgewählt.
Um sich ein umfassendes Bild von Wilhelm von Humboldt machen zu können, ist dieses Buch mit seinen nur 128 Seiten viel zu kurz. Als Auftakt, sich mit dem großen Gelehrten auseinandersetzen zu wollen, ist es jedenfalls gut geeignet.

Fazit:

Eine nette Anekdotensammlung, die bestimmt auch als Mitbringsel Anklang findet.

Veröffentlicht am 02.04.2018

Nächstes Jahr in Jerusalem?

Willkommen im Gelobten Land?
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"Nächstes Jahr in Jerusalem" ist der traditionelle Wunsch am Schluss des jüdischen Sederabends. Doch was geschah, als sich die auf der ganzen Welt verstreuten Juden und vor allem mit Deutscher Abstammung ...

"Nächstes Jahr in Jerusalem" ist der traditionelle Wunsch am Schluss des jüdischen Sederabends. Doch was geschah, als sich die auf der ganzen Welt verstreuten Juden und vor allem mit Deutscher Abstammung aufmachten und wirklich nach Palästina/Israel kamen?

Jörg Armbruster greift mit seinem Buch „Willkommen im gelobten Land? Deutschstämmige Juden in Israel“ ein heikles Thema auf.

Wie erging es den Juden, denen die Flucht aus Nazi-Deutschland gelungen ist in Palästina? Ist das versprochene Eretz Israel wirklich das Gelobte Land?

Der Autor begibt sich auf die Spuren von Auswanderern, die heute hoch betagt in Israel leben. Viele von ihnen können nach wie vor nicht über ihre Erlebnisse reden. Doch Armbruster trifft Menschen, die sehr offen über ihre Vergangenheit und die Gegenwart sprechen.

Die ersten Flüchtlinge aus Deutschland treffen bereits Anfang der 1930er Jahre in Palästina ein. Den Staat Israel gibt es noch nicht. Sie treffen hier auf teils radikale Zionisten, deren Wesen ihnen völlig fremd ist. Die Neuankömmlinge werden diversen Kibuzzim zugeteilt, in denen sie oft erstmals Landwirtschaft betreiben. Sind es doch Intellektuelle, die Nazi-Deutschland verlassen.
Ein interessantes Beispiel ist die jüdische Gemeinde von Rexingen, die fast geschlossen nach Palästina auswandert. Sie errichten am Meer das Dorf Shavel Zion und leben in ähnlichen Verhältnissen wie in Deutschland, Spitzendeckerl und Schränke mit Butzenscheiben inklusive. Der Anfang ist extrem schwer. Obwohl das Land, das sie bewirtschaften, legal gekauft und grundbücherlich abgesichert ist, sehen die Araber diese Menschen als Eindringlinge, die ihnen das (unfruchtbare) Land "gestohlen haben" und die es deshalb zu bekämpfen gilt.

Doch nicht nur gegen Araber müssen sich die Einwanderer behaupten, nein, auch gegen die bereits hier lebenden Glaubensbrüder (und Schwestern). Diese blicken scheel auf die deutschen Juden und diffamieren sie zum Teil. Sie finden es unverständlich, dass sie sich von den Nazis terrorisieren ließen anstatt zu kämpfen. Die Israelis wollen die Geschichten der KZ-Überlebenden nicht hören. Oft halten sie die Erzählungen für übertrieben …

Oftmals wird die Frage „ Kommst Du aus Überzeugung oder aus Deutschland?“ gestellt. Man unterstellt den Flüchtlingen, sich ins gemachte Nest zu setzen.

„Andere Einwanderer aus Nazi-Deutschland haben sich wesentlich schwerer getan mit dem neuen Land, das es sich auch nicht gerade leicht gemacht hat mit diesen »Jeckes«, wie sie spöttisch von den »wahren« Zionisten genannt wurden, angeblich, weil sie immer korrekt gekleidet waren und selbst bei größter Hitze Jacke und Krawatte nicht ablegten. Als Neubürger im Land der zionistischen Pioniere wurden sie lange nicht wirklich ernst genommen. Viele der Jeckes lebten in Palästina mit einem »Grundgefühl kultureller Verlassenheit«, wie es der israelische Historiker und Schriftsteller Tom Segev formuliert hat, der selbst Nachkomme einer alten Berliner Familie ist.“ (S. 12)

Die restriktive Einwanderungspolitik der Engländer, unter deren Mandat Palästina bis zur Gründung des Staates Israels 1948 steht, führt zu vielen illegalen Einwanderungen. Die Staatengründung von 1948 führt sofort zum ersten von unzähligen bewaffneten Auseinandersetzungen mit den arabischen Nachbarstaaten, die bis heute andauern. Auch das ist nicht verwunderlich, wird doch der Hass auf beiden Seiten geschürt.

So sagt eine der betagten Interviewpartnerinnen Armbrusters:
„Heute wachsen unsere Kinder auf mit Hass. Und die Kinder der Palästinenser wachsen auf mit Hass. Da kann ja kein Frieden entstehen.“

Dem ist wohl wenig hinzuzufügen.

Die meisten der deutschen Einwanderer zählen zu den gemäßigten, die einen Zweivölkerstaat eher befürworten als ablehnen. Sie sind es, die eher zum Ausgleich als zum Radikalismus neigen als die einstmals aus dem Osten eingewanderten streng orthodoxen Juden.

So ist es auch erklärbar, dass Yitzack Rabin, der Ministerpräsident des Ausgleichs, 1995 von einem ultraorthodoxen Juden ermordet wurde.

Auffällig ist auch, dass bislang die Ministerpräsidenten aus dem Kreis der „echten“ Zionisten gestellt wurden. Die Deutschen Einwanderer sind häufig Politiker der zweiten oder dritten Reihe.

Die unterschiedlichen Strömungen der Politik gehen quer durch einzelne Familien. Da gibt es welche, die den Kauf eines deutschen Autos bereits als Verrat an Israel sehen und andere, die gerne das Land ihrer Vorfahren kennenlernen wollen. Allerdings, ohne sich offen zum Judentum bekennen zu wollen.

Sehr deutlich kommt aus den vielen Interviews, die der Autor führte, heraus, dass nicht nur die Holocaust-Überlebenden selbst sondern auch deren Kinder traumatisiert sind. Viele Ängste sind innerhalb der Familien weitergegeben worden. Allerdings ohne Erklärungen, so dass erst die Enkel-Generation sich aufmachen kann, die Familiengeschichten aufzuarbeiten.

Eindrucksvoll und behutsam lässt Jörg Armbruster die Betroffenen, wie z. B. Herbert Bettelheim aus Wien, zu Wort kommen. Es geht nicht ohne Kritik an Großbritannien, den Arabischen Nachbarn und Israel ab.

Alle erzählen offen, wie schwer es für sie war, in Eretz Israel, dem Gelobten Land, tatsächlich eine neue Heimat zu finden. Nicht allen ist dies gelungen. Nicht alle fühlten sie sich willkommen, manchmal waren sie sogar unerwünscht.

"Nächstes Jahr in Jerusalem" - doch nur ein frommer Wunsch als Ausklang des Sederabends?