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Venatrix

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 13.03.2024

Eine gelungene Fortsetzung

Orkantief
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Als während einer Gewitternacht im Garten des leerstehenden Guthauses der Familie Holthusen eine uralte Eiche auseinander bricht, entdeckt die Nachbarin die mumifizierte Leiche des seit drei Jahren vermissten ...

Als während einer Gewitternacht im Garten des leerstehenden Guthauses der Familie Holthusen eine uralte Eiche auseinander bricht, entdeckt die Nachbarin die mumifizierte Leiche des seit drei Jahren vermissten Kalli Holthusen. Das Kind ist damals verschwunden und trotz groß angelegter Suchaktionen nicht gefunden worden. Darüber ist die Ehe seine Eltern Anne und Clemens zerbrochen. Wenig später verreist Anne mit dem Familienhund, kommt in der neuen Wohnung nie an und niemand kennt ihren Aufenthaltsort. Für die Polizei in Kiel gilt, dass jeder erwachsene das Recht hat, seinen Wohnort (auch im Ausland) selbst zu bestimmen und den niemandem mitteilen muss.

Natürlich wittern Telse Himmel und Wanda Holle sofort Ungereimtheiten. Warum hat der Ehemann seine Frau nicht mittels Privatermittler suchen lassen, wenn er, wie behauptet wird so sehr an seinem Hund, wenn nicht an Anne, gehangen hat? Und warum hat man nach Kallis unerklärlichen Verschwinden keine Hundestaffel eingesetzt?

Nachdem Wandas Nachbar, KHK Olaf Wuttke sich hinter allerlei Vorschriften versteckt und untätig bleibt, beginnen die beiden Freundinnen eigenständig zu recherchieren. Da kommt ihnen die Gruppe Umweltschützer, die gegen das Bauvorhaben im Olympia-Hafen von 1972 demonstriert, in dem sie das Gelände besetzen, gerade recht. Telse schließt sich für kurze Zeit der Gruppe an, weil sich auch Anne für Naturschutz eingesetzt hat und dort bekannt gewesen ist.

Ein weiteres Ziel der Hobby-Detektivinnen ist das leerstehende Anwesen der Holthusen. Als sie dort unbefugt eindringen, machen sie die Bekanntschaft der Nachbarin Matilde Albers und deren Drohne. Matilde ist nicht mehr gut zu Fuß, aber als ehemalige Kartografin liebt sie es, ihre Drohen Aufnahmen der Umgebung zu lassen. In Matilde Wohnung, die mit Katasterplänen und Kartografischen Darstellungen aller Art gepflastert ist, haben Telse und Wanda eine zündende Idee.

Meine Meinung:

Dieser zweite Fall für Himmel & Hölle hat mir recht gut gefallen. Als gelernte Vermesserin liebe ich alte und neue Karten, Katasterpläne sowie Luftaufnahmen und Orthophotos. Da habe ich mich Matilde gleich tief verbunden gefühlt.

Neben den mehr oder wenig geschickt angestellten Nachforschungen der beiden Frauen, beschäftigt sich der Krimi mit gleich mehreren anderen Themen: Das eine ist Gewalt in der Familie, das auch in der Oberschicht anzutreffen ist. Ein weiteres sind Bauvorhaben auf den letzten naturbelassenen Grundstücken und die Aktivitäten dagegen. Telse, die sich den Umweltschützern anschließt, um Informationen rund um Annes Verschwinden zu erhalten, muss gleich mehrfach für ihr Engagement bezahlen: erstens, wird sie während der Nachtwache niedergeschlagen, zweitens wird sie zur Direktorin der Schule, in der sie als Aushilfslehrerin arbeitet zitiert und für ihren Protest gegen die Verbauung der Wiese gescholten und drittens entdeckt sie, dass die, ach so umweltbewussten Naturschützer die Wiese nach ihrem Abzug als Müllhalde hinterlassen haben.

Die Auflösung des Falles ist ziemlich aufgelegt und hat mich daher nicht wirklich überrascht. Zuerst streitet das Ehepaar Holthusen über den Verkauf des Anwesens. Anne will den Gutshof nicht hergeben und danach ist ein Verkauf für den charismatischen Arzt Clemens Holthusen kein Thema mehr. Da fällt es uns Lesern schwer, nicht doch einen Zusammenhang zu Annes Verschwinden zu vermuten.

Ein bisschen hat mich die Darstellung der Rolle der Polizei gestört. Kümmert es die sich wirklich so gar nicht, wenn eine erwachsene Person verschwindet? Also Olaf Wuttke hat noch ein wenig Potential zur Entwicklung.

Fazit:

Gerne gebe ich dieser gelungenen Fortsetzung 4 Sterne.

Veröffentlicht am 13.03.2024

Trotz dreier Verbrechen wenig Spannung

Im Schatten des Thronfolgers
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Dieser historische Krimi, der 1909 angesiedelt ist, ist der dritte in der Reihe rund um den sympathische Polizeiagenten Johann Pospischil und seinem technikaffinen Assistenten Dr. Leopold Frisch, Entomologe ...

Dieser historische Krimi, der 1909 angesiedelt ist, ist der dritte in der Reihe rund um den sympathische Polizeiagenten Johann Pospischil und seinem technikaffinen Assistenten Dr. Leopold Frisch, Entomologe und Pathologe.

Wie schon im Krimi zuvor, wird im Umfeld des Thronfolgerpaares Erzherzog Franz Ferdinand und Herzogin Sophie ermittelt. Schauplatz ist diesmal das Schloss Artstetten in dessen Gärten der intrigante Baron von Wald, zum Vergnügen frisch nobilitierter Herren, aber auf Kosten von jungen Mädchen aus dem Dorf spezielle Jagden veranstaltet. Paradiesvögel werden die Mädchen genannt, die zur Belustigung leicht geschürzt durch Hecken laufen. Was die adeligen Herren erst später schmerzhaft erfahren werden: Sie werden mit Fotos, die sie in verfänglichen Situationen zeigen erpresst. Keiner traut sich gegen einen, im Schatten des Thronfolgers stehenden Hofschranzen Anzeige zu erstatten.

Doch das ist Pospischil und Frisch zunächst einmal unbekannt. Sie sollen mit der gebotenen Diskretion, aufklären, wie neugeborene Säugling in die Kypta der Habsburger gekommen ist. Recht schnell ist klar, dass das Baby lebensfähig war und man ihm, wie einem unerwünschten Kätzchen, das Genick gebrochen hat. Aus diskreten Ermittlungen wird nichts, denn die geschwätzige Pfarrersköchin Anna lauscht nicht nur an der Türe, sondern tratscht alles weiter. Annas einziger Pluspunkt ist ihre gute Küche, denn die beiden Polizeiagenten sind in den Gästezimmern des Pfarrhofes untergebracht.

Noch während sie den Spuren des toten Säuglings nachgehen, wird Pospischil nach Wien beordert, weil es eine Anzeige mit anschließendem Selbstmord gegen Baron von Wald wegen delikater Fotos gegeben hat. Gleichzeitig wird nahe des Schlosses die junge Hebamme des Dorfes, die sich geweigert hat, an der Paradiesvogeljagd teilzunehmen, erschlagen aufgefunden. Nun müssen sich Frisch und Pospischil mit drei Verbrechen, die vor dem Thronfolgerpaar geheim gehalten werden sollen, herumschlagen.

Dank der langjährigen Erfahrung Pospischils und dem Interesse Frischs für die neueste Technik wie kleine tragbare Fotoapparate mit Rollfilm, können sie die Verbrechen aufklären.

Meine Meinung:

Wie schon in den beiden Vorgängern versucht die Autorin die Atmosphäre der langsam untergehenden Habsburgermonarchie darzustellen. Pospischil symbolisiert die alte (kaiserliche) und Frisch die neue, moderne Welt. So brausen sie in der privaten Kraftdroschke von Leopold Frisch von Wien nach Artstetten. Man begegnet diversem Personal auf Schloss Artstetten und lernt die einerseits verschwiegene aber gleichzeitig tratschsüchtige Dorfbevölkerung kennen. Da werden allerlei Theorien über die Herkunft des toten Säuglings und auch Hinweise auf mögliche Täter am Wirtshaustisch diskutiert.

Ein besonders zwielichtiger Charakter neben dem Baron von Wald, der sich wichtiger nimmt als er tatsächlich ist, ist die Pfarrersköchin Anna. Hat sie wirklich so viel Pech, dass überall dort wo sie hinkommt, Menschen sterben? Nun ja, vielleicht wird man in einem nächsten Fall etwas drüber lesen. Jedenfalls, so scheint es, hat sie unserem wackeren Pospispil auf seine alten Tage noch ein wenig den Kopf verdreht und durch das Geschwätz sowie die köstlichen Speisen Ermittler und Leser ein wenig vom Fall bzw. den Fällen ablenken. Das ist schade, denn der Kriminalfall um den toten Säugling selbst, der sich als tragische Familiengeschichte entpuppt, bei der es nur Verlierer gibt, hätte durchaus Potential zu weitaus mehr gehabt..

Ein wahrer Lichtblick ist diesmal der kurze Auftritt von Rosi, der jungen Gemahlin von Leopold Frisch. Die will nämlich mindestens die Handelsschule abschließen und arbeiten gehen. Lieber würde sie ja Jus studieren, was um 1909 noch nicht erlaubt ist. Erst nach dem Ersten Weltkrieg, ab 1919 erhalten Frauen Zugang zur juridischen Fakultät. Die Vorstellung, ausschließlich Ehefrau und früher oder später Mutter zu sein, scheint sie etwas abzuschrecken. Na, schauen wir einmal, was daraus wird.

Fazit:

Ein netter Krimi, der trotz dreier Verbrechen wenig Spannung zu bieten hat, weil diese durch Brettljause, Schnitzel und Schweinsbraten sowie dem einen oder anderen Schnaps, ins Hintertreffen gerät. Das kostet den 4. Stern. Wer es sich gerne in der k. und k. Zeit gemütlich machen will, ist hier richtig. 3 Sterne.

Veröffentlicht am 06.03.2024

Schatten der Vergangenheit

Das Schweigen des Wassers
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Dieses Krimi-Debüt von Susanne Tägder nimmt uns in den fiktiven Ort Wechtershagen, in die ehemals ostdeutsche Mecklenburgische Provinz mit. Man schreibt das Jahr 1991 und nach der ersten Euphorie um die ...

Dieses Krimi-Debüt von Susanne Tägder nimmt uns in den fiktiven Ort Wechtershagen, in die ehemals ostdeutsche Mecklenburgische Provinz mit. Man schreibt das Jahr 1991 und nach der ersten Euphorie um die deutsche Wiedervereinigung, müssen die ehemals ostdeutschen Strukturen dem Westen angepasst werden. Das betrifft unter anderem und im Besonderen die Polizei. Dazu werden Polizeibeamte in den Osten entsandt. Einer davon ist KHK Arno Groth, der seinerzeit kurz vor dem Mauerbau aus eben jenem Wechtershagen nach Hamburg gelangt ist. Groth soll, nachdem er seinen letzten Fall ziemlich vergeigt hat, nun die Polizei im Osten auf westlichen Standard bringen. Das führt natürlich zu Reibereien unter den Kollegen.

Gleich nach seiner Ankunft wird Siegen Eck, ein Mitarbeiter des örtlichen Bootsverleihs, tot aufgefunden. Während die örtliche Polizei den Fall gleich als Unfall abschließen möchte, ist Eck doch als schwerer Alkoholiker bekannt, kommen bei Groth Zweifel an der Unfallversion auf. Er findet schnell heraus, dass der Tote vor zehn Jahren Beschuldigter im Mordfall Jutta Timm gewesen, aber vom Gericht freigesprochen worden. Und was hat die Bedienung in der Kneipe mit Eck zu tun?

Arno Groth beginnt zu recherchieren und findet kaum Unterlagen. Es sieht so aus, als ob jemand Akten verschwinden hat lassen. Auch die Kollegen verhalten sich alles andere als kooperativ. Bis auf einen, der vermutet wegen seiner Vergangenheit in der DDR auf einer der zahlreichen Abschusslisten zu stehen. Heimlich beginnen die beiden den alten Mordfall Jutta Timm neu aufzurollen. Dabei stoßen sie auf Geheimnisse, die lieber unentdeckt geblieben worden wären. Dennoch ist, wie man so schön sagt, dem Vorgesetzten „die Suppe für eine echte Wiederaufnahme der Ermittlungen zu dünn“.

Meine Meinung:

Dieser Krimi wird als „literarischer Krimi“ beworben und mit einigen Vorschusslorbeeren bedacht. Für eingefleischte Krimi-Fans, die es gerne zackig haben, wird dieser Krimi wohl nicht die erste Wahl sein. Denn hier wird großes Augenmerk auf die Zeit und die Umstände sowie auf die handelnden Personen gelegt. So ist die Beschreibung von KHK Arno Groth ziemlich ausführlich, auch wenn wir nur häppchenweise Informationen über sein Leben bekommen. Und hier kommt die Literatur ins Spiel: Groth liest Franz Kafka, vor allem sein Werk „Ein Hungerkünstler“, das gerade in Wechtershagen aufgeführt wird, spielt in Grothes Gedanken eine Rolle.

Als Österreicherin kann ich mich schwer in die Zeit kurz nach der Wiedervereinigung von BRD und DDR hineinversetzen. Doch die, der anfänglichen Euphorie folgende Enttäuschung, ist für mich deutlich spürbar. Die Polizisten der ehemaligen DDR haben das Ermitteln ja auch gelernt und wollen sich naturgemäß nicht ins Handwerk pfuschen und von einem besserwissenden Wessi erklären lassen. Dass zu DDR-Zeiten bei Geständnissen ein wenig nachgeholfen worden ist, ist ein offenes Geheimnis, über das niemand spricht. Nach wie vor hat man vor den Stasi-Agenten Angst. Nach wie vor weiß man nicht, wer was über wen berichtet hat. Das ganze Ausmaß der staatlichen Bespitzelung wird erst in den folgenden Jahren publik.

Der Krimi gibt die Stimmung sehr gut wieder, die hier in der eingeschworenen Dorfgemeinschaft herrscht. Die Grundtendenz ist trist, grau wie das Wetter in diesen Herbst. und Wintertagen. Die alte Ordnung ist noch nicht ganz weg und die neue hat noch nicht den Weg in die Köpfe der Menschen gefunden. Ob es eine Fortsetzung geben wird?

Fazit:

Diesem Krimi-Debüt, das tiefgründig und politisch sowie spannend ist, gebe ich gerne 4 Sterne. Wer lieber mehr „Action“ haben will, muss zu einem anderen Titel greifen.

Veröffentlicht am 04.03.2024

Eine späte Hommage

Das verborgene Genie
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„Rosalind ist erschreckend schlau – aus reinem Vergnügen verbringt sie ihre ganze Zeit mit Arithmetik & ihre Rechnungen stimmen immer.“

Marie Benedict hat in ihrer Reihe „Starke Frauen im Schatten der ...

„Rosalind ist erschreckend schlau – aus reinem Vergnügen verbringt sie ihre ganze Zeit mit Arithmetik & ihre Rechnungen stimmen immer.“

Marie Benedict hat in ihrer Reihe „Starke Frauen im Schatten der Weltgeschichte“ die fünfte Frau, die trotz überragender Leistungen kaum in der breiten Öffentlichkeit bekannt ist, porträtiert.

Wer ist nun Rosalind Franklin?

Geboren 1920 als Tochter eines wohlhabenden anglo-jüdischen Ehepaars zeigt sich schon früh, dass in Rosalind eine Wissenschaftlerin steckt. Sie studiert ab 1938 an der Cambridge University. Weil ihre Chemie-Kenntnisse herausragend sind, erhält sie ein Stipendium und schließt ihr Studium der Naturwissenschaften 1941 mit dem Doktortitel ab. Im Rahmen dieses Studiums spezialisiert sie sich auf die Kristallographie und chemische Physik.

Zum Leidwesen ihrer Familie, die sie lieber als Ehefrau und Mutter sowie in Wohltätigkeisausschüssen sieht, geht sie nach Paris, wo sie von 1947 bis 1950 an der Laboratoire Central des Services Chimiques de L’Etat forscht. Sie wird DIE Kapazität in der Kristallstrukturanalyse. Danach kehrt sie nach London zurück und ist am King´s College in London tätig. Dort forschte an der Entschlüsselung der DNA. Obwohl Biochemie nicht ihr Spezialgebiet ist, ist sie wild entschlossen, das Geheimnis rund um die Bausteine des Lebens zu entschlüsseln.

Während im Pariser Labo ein kollegiales und respektvolles Miteinander geherrscht hat, legt man ihr in London allerlei Prügel vor die Füße. So wird stets als „Miss Franklin“ und nicht als „Doktor Franklin“ tituliert während die Männer mit ihren akademischen Titeln angesprochen werden.

„In Cambridge waren seit 1869 Frauen zugelassen, Juden seit 1871; aber anders als in Oxford, wo man Frauen seit 1921 einen akademischen Titel gewährte, wurden Frauen hier nicht als ‚Universitätsangehörige‘ akzeptiert. Auch betrachtete man Frauen nicht als vollwertige Studenten, sondern lediglich als ‚Schülerinnen der Colleges von Girton und Newnham‘. Sie hatten nur nominell Anspruch auf einen Titel. Der ‚Titten-Titel‘ war ein gelungener Scherz. Studentinnen war der Zugang zu den Vorlesungen der Männer gestattet, aber man erwartete von ihnen zumindest bis in die frühen dreißiger Jahre, dass sie in den vorderen Reihen beieinander saßen … Die Dozentinnen und die Prinzipalin von Newnham durften nicht an wichtigen Universitätszeremonien teilnehmen. Vielmehr erwartete man von ihnen, dass sie bei traditionellen Feierlichkeiten, wenn die Männer ihre scharlachroten Akademikerroben und die schwarzen, samtenen Doktorhüte trugen, mit Hut und Handschuhen bei den Ehefrauen des Lehrkörpers saßen.“

Als sich ihr die Struktur der DNA als Doppelhelix offenbart, scheint sie am Höhepunkt ihrer Forschungsarbeiten zu sein. Doch sie hat nicht mit dem Neid, der Missgunst und dem Geltungsbedürfnis ihrer Kollegen James Watson, Francis Crick und Maurice Wilkins gerechnet, die sich den Erfolg auf ihre eigenen Fahnen heften und Franklins Forschung mit keinem Wort erwähnen.

Dass das Trio 1962 den Nobelpreis „für die Entdeckung der Molekularstruktur der Nukleinsäuren und ihre Bedeutung für die Weitergabe von Information in Lebewesen“ erhält und ihre Schlüsselrolle am Erfolg der Forschung totschweigen, wird Dr. Rosalind Franklin nicht mehr erleben. Sie stirbt 1958 an den Folgen einer Krebserkrankung, deren Ursache die hohe Strahlenbelastung, der sie während ihrer Forschungen ausgesetzt gewesen ist.

Meine Meinung:

Nach „Frau Einstein“, „Lady Churchill“, „Mrs. Agatha Christie“ und „Die einzige Frau im Raum“ widmet sich die Autorin einer Wissenschaftlerin, die ähnlich wie Mileva Marić (Einsteins erste Frau) im Dunkel der Geschichte beinahe verschwunden ist.

Marie Benedict zeichnet ein Bild der Wissenschaft in der es von Egomanen und selbstherrlichen Männern nur so wimmelt. Wer sich die Liste der Nobelpreisträger ansieht, wird erkennen, dass sich daran bis heute nur wenig geändert hat. Frauen als Preisträgerinnen sind in allen Kategorien in der Minderzahl.

Die biografische Roman ist in der Ich-Form geschrieben, so dass sich die Leser sehr gut in die Rolle der brillanten Forscherin hineinversetzen können. Die Forschungsarbeit ist gut beschrieben, obwohl sie für die meisten von uns ein wenig abstrakt erscheinen. Nicht verschwiegen sind die Risiken, die damals und heute mit diesen Arbeiten verbunden sind und, dass manchmal mit den Sicherheitsvorkehrungen bewusst nachlässig umgegangen worden ist (S.48). Rosalind Franklin reiht sich in die lange Liste der NaturwissenschaftlerInnen ein, die auf Grund der hohen Strahlenbelastung in der Forschung einem Krebsleiden erlegen sind.

Die Autorin offenbart auch das Spannungsfeld in dem Rosalind Franklin lebt. Einerseits ist es das gesellschaftliche Umfeld, das sie versucht in die Schranken zu weisen und andererseits liegt ihr die eigene Familie immer wieder in den Ohren, endlich zu heiraten. Wäre sie ein Sohn geworden, so hätte dieser sich seinen Forschungen hingeben können, ohne ständig an die Pflicht eine Familie zu gründen und für Nachkommen zu sorgen, erinnert zu werden.

Der Schreibstil ist angenehm zu lesen. Geschickt verknüpft die Autorin Fakten mit Fiktion und gewährt damit ihren Lesern einen Einblick in die wissenschaftlich Forschung.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem biografischen Roman, der das kurze Leben von Dr. Rosalind Franklin nachzeichnet, 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 03.03.2024

Ein interessanter Krimi

Nölliturm
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Dieser zweite Fall für den Kriminalpolizisten Thomas Kessler sieht zunächst wie ein Unfall aus. Der unbeliebte Baulöwe Theo Egli liegt tot am Fuße der Stiege im Nölliturm, einem der Wehrtürme von Luzerns ...

Dieser zweite Fall für den Kriminalpolizisten Thomas Kessler sieht zunächst wie ein Unfall aus. Der unbeliebte Baulöwe Theo Egli liegt tot am Fuße der Stiege im Nölliturm, einem der Wehrtürme von Luzerns Stadtbefestigung. Während Kessler und die Staatsanwältin akribisch allen Spuren nachgehen, gibt es den einen oder anderen, der diesen Akt so schnell wie möglich schließen will. Eglis Tod, der eine dominante machthungrige Persönlichkeit, war, geht niemandem nahe. Selbst die Noch-Ehefrau, mit der er seit Jahren nur mehr über Anwälte verkehrt, ist wenig betroffen.

Kesslers Bauchgefühl schlägt an und heimlich beginnt er im Leben von Egli zu graben, obwohl sein Chef Serge Wolf in anweist, weder Zeit noch Steuergeld damit zu vergeuden. Doch dann hört Kessler eine Unterhaltung am Pissoir eines Wirtshauses, die seine Intuition bestätigen. Als es dann einen zweiten Toten gibt, ist klar - hier soll eine Straftat vertuscht werden.

Meine Meinung:

Ich kenne schon einige Schweizer Krimis aus dem Verlag Emons. Dieser Autor war mir bisher unbekannt. Patrick Greiner schreibt hier einen gesellschaftskritischen Kriminalroman. Hauptfigur ist eigentlich weder Kessler noch der Tote, sondern Alfons Notter, besser bekannt als „Tauben-Fonsi“, der Obdachlose, der mit launischen, aber treffenden Sprüchen auf seinen selbst gemalten Plakaten durch die Altstadt zieht. Warum, müsst ihr schon selbst lesen.

Die Ermittler sind durchaus sympathische Charaktere, wenn man vom aufgeblasenen Wolf, absieht, und die Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft funktioniert, anders als in vielen anderen Krimis, sehr gut. Daneben gibt es Einblicke in das Privatleben einzelner Ermittler. Actionreiche Verfolgungsjagden mit quietschenden Reifen sind nicht zu erwarten. Apropos Reifen: Die mehrmalige Erwähnung von Kesslers altersschwachem Škoda Octavia hätte nun nicht sein müssen. Wir Leser können uns solche Details durchaus merken.

Gut gefällt mir, dass wir durch die Stadt Luzern streifen und das eine oder andere kulinarische Highlight genießen dürfen. Der Schreibstil gefällt, vor allem auch durch zahlreiche typische Ausdrücke des Schwyzerdütsch, die aber im Anhang erklärt werden. Das Cover gefällt mir auch sehr gut. Der Bezug zu Luzern und zum Krimi ist hier gegeben.

Die Auflösung ist für mich persönlich nicht überraschend gekommen. Das Ende des Täters auch nicht.

Fazit:

Gerne gebe ich dieser Neuentdeckung 4 Sterne und werde den Vorgänger „Hohenrain“ besorgen.