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Venatrix

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 03.10.2021

Eine Hommage an eine fast Vergessene

Althea Gibson – Gegen alle Widerstände. Die Geschichte einer vergessenen Heldin
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Bruce Schoenfeld setzt mit dieser Biografie einer beinahe Vergessenen ein Denkmal: Althea Gibson (1927-2003). Sie ist die erste schwarze Tennisspielerin, die Wimbledon gewonnen hat. Die aus ärmsten Verhältnissen ...

Bruce Schoenfeld setzt mit dieser Biografie einer beinahe Vergessenen ein Denkmal: Althea Gibson (1927-2003). Sie ist die erste schwarze Tennisspielerin, die Wimbledon gewonnen hat. Die aus ärmsten Verhältnissen stammende Amerikanerin, ist mehr oder weniger Autodidaktin beim Erlernen der Grundbegriffe im Tennis. Sie erlebt Diskriminierung aus Ausgrenzung aufgrund ihrer Hautfarbe.

Dann lernt sie bei einem der zahlreichen Turniere die Engländerin Angela Buxton (1934-2020) kennen, die ebenso eine Außenseiterin ist. Doch Buxton ist reich und weiß, dennoch wird sie ebenfalls gemieden, denn ihre Eltern sind Juden, Nachfahren russischer Emigranten.

Althea und Angela könnten unterschiedlicher nicht sein.

Beide Frauen kämpfen gegen Vorurteile und fechten erbitterte Tennisduelle gegeneinander aus, bis sie sich zusammenschließen und die Sensation schaffen: Sieg beim Damen-Doppel in Wimbledon 1956.

Bis zum Ende ihrer Karriere wird Althea Gibson elf Grand-Slam Titel holen.

Meine Meinung:

Autor Bruce Schoenfeld setzt Althea Gibson mit dieser Biografie ein Denkmal. Fesselnd schildert er den Werdegang dieser Tennisspielerin, der im Leben wenig geschenkt wird, die mit Anfeindungen und Rassismus, vor allem in ihrer Heimat Amerika, leben muss.

Einzelne Passagen, die die zahlreichen Turniere wiedergeben, könnten für manche Leser, die mit Tennis wenig am Hut haben, zu ausführlich erscheinen. Doch der lebendige Schreibstil macht diesen Ausflug in die trockene Zählweise beim Tennis wieder wett.

Besonders interessant ist der Vergleich zwischen den so unterschiedlichen Frauen, die dennoch viel gemeinsam haben.

Wenn es heute selbstverständlich ist, dass sich niemand mehr über farbige Tennisspielerinnen wie die Williams-Schwestern aufregt, ist das Althea Gibsons Verdienst.

Fazit:

Ein fesselnd erzählte Geschichte zweier Frauen, die nicht zuließen, dass Intoleranz, Rassismus und Engstirnigkeit über sie triumphierten. Und ein Denkmal für die einst berühmteste Tennisspielerin der Welt. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Veröffentlicht am 03.10.2021

Eine Hommage an einen fast Vergessenen

Franz
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Jürgen Pettinger zeichnet in diesem Buch die Lebensgeschichte des Franz Doms (1922-1944) aus Wien nach. Der junge Mann ist eines der (fast) vergessenen Opfer der NS-Justiz, die alle jene, die nicht in ...

Jürgen Pettinger zeichnet in diesem Buch die Lebensgeschichte des Franz Doms (1922-1944) aus Wien nach. Der junge Mann ist eines der (fast) vergessenen Opfer der NS-Justiz, die alle jene, die nicht in ihr Weltbild passten, gnadenlos verfolgte und ermordete.

Wie viele Tausende andere schwule Männer gerät Franz in die Fänge des NS-Regimes. Dazu bedient sich die Diktatur zahlreicher Spitzel, die häufig ebenfalls schwul sind, und solange sie andere ans buchstäbliche Messer liefern, gerade noch geduldet sind, bevor sie selbst wegen des verschärften § 175 in KZs verbracht oder gleich hingerichtet werden.

Jürgen Pettinger hat für dieses Buch Unmengen von Akten und Protokolle gesichtet, deren Auszüge in dieser packenden Biografie zu lesen sind. Die minutiösen Aufzeichnungen der NS-Bürokratie lassen uns heute die Leidenswege von tausenden verfolgten und ermordeten Menschen nachvollziehen. Der Größenwahn und die Dokumentationswut des Bürokratismus zeigen sich in den Aufzeichnungen von Franz Doms‘ Hinrichtung:

„Um 8 Uhr 41 Minuten und 8 Sekunden wird der Verurteilte dem Scharfrichter übergeben. Landesgericht Wien Vollstreckungshaft (Franz Doms), 7. Februar 1944“

„Um 8 Uhr 41 Minuten und 18 Sekunden meldet dieser den Vollzug des Todesurteils. Das Verhalten des Scharfrichters und seiner Gehilfen war in keiner Beziehung zu beanstanden. Der Leichnam wurde in den bereitgestellten Sarg gelegt. Landesgericht Wien Vollstreckungshaft (Franz Doms), 7. Februar 1944“

Franz Doms‘ Leben endet mit 21 Jahren unter dem Fallbeil, weil er den Vorstellungen des NS-Regimes nicht entsprochen hat.

Jürgen Pettinger hat hier eine einfühlsame, oft sehr intime Biografie eines jungen Mannes geschrieben. Damit gibt er Franz Doms sowie seinen Schicksalsgenossen seine bzw. Ihre Würde zurück.


Fazit:

Eine einfühlsame und beeindruckende Biografie, die stellvertretend für die tausenden von verfolgten und ermordeten Schwulen der NS-Zeit steht. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Veröffentlicht am 03.10.2021

Ein beeindruckende Doku über israelische Erfindungen

DU SOLLST ERFINDEN
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Dieses außerordentlich interessante Buch stellt vier großen Kapiteln die fünfzig wichtigsten Innovationen vor, die die Lebensbedingungen vorrangig von Menschen in Israel verbessert haben. Allerdings profitieren ...

Dieses außerordentlich interessante Buch stellt vier großen Kapiteln die fünfzig wichtigsten Innovationen vor, die die Lebensbedingungen vorrangig von Menschen in Israel verbessert haben. Allerdings profitieren weltweit Millionen Menschen von diesen Erfindungen wie z.B. der Tröpfchenbewässerung. Dienst der ursprünglich dazu das kostbare Nass in den trockenen Landstrichen Israels punktgenau an die Pflanze bringen und damit den Ertrag zu steigern, so findet man diese Art der Bewässerung in (fast) jedem beliebigen Garten in der gesamten Welt.

Der Titel „Du sollst erfinden“ erinnert ein wenig an die Zehn Gebote. Und so verstehe ich dieses Buch. Durch Einfallsreichtum und Altruismus in einer Welt, in der es mehr Schatten als Licht gibt, Leben zu retten und die Lebensbedingungen der Menschen (nicht nur) in Israel zu verbessern.

Fazit:

Eine beeindruckende Dokumentation über den Einfallsreichtum israelischer Erfinder, der ich gerne 5 Sterne gebe.

Veröffentlicht am 26.09.2021

Eine Hommage an jene, die Widerstand leisteten

Die Clique der Ehrlosen
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„Eine ganz kleine Clique ehrgeiziger, gewissenloser und zugleich unvernünftiger, verbrecherisch-dummer Offiziere hat ein Komplott geschmiedet, um mich zu beseitigen und mit mir den Stab praktisch der deutschen ...

„Eine ganz kleine Clique ehrgeiziger, gewissenloser und zugleich unvernünftiger, verbrecherisch-dummer Offiziere hat ein Komplott geschmiedet, um mich zu beseitigen und mit mir den Stab praktisch der deutschen Wehrmachtführung auszurotten.“ (Auszug aus Adolf Hitlers Rundfunkansprache vom 21. Juli 1944 nach dem misslungenen Attentat in der Wolfschanze).

Diesem Zitat und der Widerstandsbewegung rund um Stauffenberg geht eine andere Verschwörung, die schon 1938 das Ziel, Hitler auszuschalten, hatte, und erst im Zuge der Verhaftungen von 1944 aufgedeckt wurde, voraus.

Von dieser Verschwörung, in der unter anderem Hans Oster, Wilhelm Canaris und eine Reihe von adeligen Wehrmachtsoffizieren schon früh erkannt haben, dass das NS-Regime und Hitler Deutschland in den Abgrund reißen würden, handelt dieses Buch.

In zwei Handlungssträngen bringt uns Autor Thomas Majhen die dramatischen Ereignisse näher. Da ist zunächst jener der Verschwörer, der einerseits über die Vorbereitungen zum Umsturz von 1938 und andererseits die Monate nach dem 20. Juli 1944 beleuchten.

Der zweite Handlungsstrang führt uns in das Leben von vier Unterprimanern, die stellvertretend für die breite Masse stehen, die der Propaganda und dem Druck des Regimes nachgeben (müssen).

Anders als das Stauffenberg-Attentat ist diese Verschwörung von Hans Oster, Wilhelm Canaris und den Offizieren in der (heutigen) Öffentlichkeit nur wenig bekannt. Ausgang von Osters Bemühungen das Regime zu stürzen, ist unter anderem die „Blomberg-Fritsch-Affäre“. Mit falschen Anschuldigungen werden Werner von Fritsch und Werner von Blomberg, beide Kritiker von Hitler, aus ihren Ämtern entfernt. Hans Oster ist bereits vor 1938 erschreckend weitsichtig und versucht, Gleichgesinnte im In- und Ausland zu überreden, gegen die Nationalsozialisten und Hitler vorzugehen.

Meine Meinung:

In akribisch recherchierten Details lässt uns der Autor an der Verschwörung der Offiziere, die seit je her ein besonderes Ehrgefühl an den Tag legen - eine eingeschworene Gesellschaft, die vor allem der Tradition verpflichtet ist, teilhaben. Sie verstehen sich unter anderem als Hüter Deutschlands, wie folgendes Zitat zeigt.

"Unsere Aufgabe, unsere oberste Pflicht als Offiziere besteht darin, Deutschland vor Schaden zu bewahren."

Daher ist die Todesstrafe durch erhängen, eine besondere Schmähung der Offiziersehre. Den Tod durch ein Erschießungskommando oder das Fallbeil hätten die meisten vorgezogen. Nicht dass es etwas am Ergebnis geändert hätte, aber es wäre in ihren Augen ein ehrenvoller Tod gewesen.

Sehr interessant zu lesen ist, wie Hans Oster sein Netzwerk peu à peu aufbaut. Selbst jene, die dann doch nicht mitmachen, schweigen aus Respekt. Dass es dennoch eine große Zahl von adeligen Offizieren gab, die willfährige Helfer der Diktatur waren, darf nicht verschwiegen werden.

Besonders eindrücklich sind die Gedanken von Hans Oster in der Haft geschildert. Zwischen brutalen Verhören, in denen die Mitverschwörer gegen einander ausgespielt werden (sollen) und der Isolierhaft, hat Oster Zweifel, ob er nicht zu wenig getan hat, um das Regime zu beseitigen.

"... Deine Ziele waren von Beginn an zu ehrgeizig und unmöglich zu erreichen. Und doch war die übermenschliche Aufgabe, die du dir zu eigen gemacht, waren die Strapazen, denen du dich unterworfen hast, nicht umsonst. Nichts, das zum Wohle Anderer unternommen, kein Leid, das zum Schutze Wehrloser erduldet wird, ist je umsonst. Denk nur an all die Leben, die du mit deinem Opfer gerettet hast." (S. 391)

Anders als in der Wirklichkeit lässt der Autor die Verschwörer 1938 einen Putschversuch unternehmen.

Fazit:

Der Geschichte einer Gruppe von Offizieren, die alles andere als ehrlos waren, gebe ich gerne 5 Sterne und eine unbedingte Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 19.09.2021

Fesselnd bis zur letzten Seite

Sturm in die Freiheit
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Als der junge U-Boot-Kommandant Wolf Littke in britische Kriegsgefangenschaft gerät, hat er die Wahl zwischen seiner Exekution und einem Himmelfahrtskommando zur Ermordung Hitlers. In der Hoffnung, den ...

Als der junge U-Boot-Kommandant Wolf Littke in britische Kriegsgefangenschaft gerät, hat er die Wahl zwischen seiner Exekution und einem Himmelfahrtskommando zur Ermordung Hitlers. In der Hoffnung, den Krieg so zu beenden, springt er zusammen mit drei anderen Geheimagenten, einem Juden, einem Weißrussen und einem Polen, mit dem Fallschirm über Ostpreußen ab, um den Führer in seinem Hauptquartier Wolfsschanze in die Luft zu sprengen. Doch Wolf hat, wie auch die anderen drei, auch ganz eigene Motive: Er will in Königsberg seine Geliebte finden und mit ihr fliehen.

Soweit der Inhalt.

Meine Meinung:

Jürgen Ehlers ist ein fesselnder historischer Roman rund um die Bemühungen verschiedenster Gruppen, durch ein Attentat auf Adolf Hitler den Zweiten Weltkrieg endlich zu beenden. Die Alliierten sind am 6. Juni 1944 in der Normandie gelandet und kämpfen sich vorwärts. Doch die Nazi-Diktatur wirft alle verfügbaren Kräfte nach vorne, obwohl den meisten Militärs bereits bewusst ist, dass der Krieg verloren ist. Nur Hitler glaubt noch an einen gloriosen Endsieg. Einer von denen, die wissen, wie die Lage tatsächlich aussieht, ist Walter Schellenberg, nach der Verhaftung seines Vorgesetzten, Admiral Wilhelm Canaris, Chef der Abwehr und SS-General. Und er nützt seine Informationen für seine eigenen Interessen:

Wie die Figuren auf (s)einem Schachbrett benutzt Schellenberg die Menschen. Unter anderem auch Bernd Nitz, einen ehemaligen Schulkollegen von Wolf Littke, der ein perfides doppeltes Spiel spielt. Der schwarze König trägt eine Brille und sieht Heinrich Himmler ziemlich ähnlich, während der dicke weiße König wohl Winston Churchill darstellen soll (S.127).

Doch Schellenberg und Nitz sind nicht die einzigen, die durch undurchsichtige Machenschaften auffallen. Wird der britische SOE Wolf und seine Gruppe, wenn sie überleben, tatsächlich aus Deutschland herausholen? Oder wird man die Versprechen vergessen und die vier Männer (so wie einige andere) als Kollateralschaden abschreiben?

Noch bevor Littke zu seinem Himmelfahrtskommando aufbricht, führt er ein vielsagendes Gespräch mit einem britischen Offizier. Wolf will wissen, warum die Alliierten Hitler nicht direkt töten. Der Mann redet sich auf die mangelnde Reichweite der Flugzeuge aus. Man komme nicht bis zur Wolfschanze. Dass er, Wolf, hier eine Lüge aufgesessen ist, erfährt er bei der Bombardierung von Königsberg, als er entdeckt, dass britische Bomber über das neutrale Schweden anfliegen.

Die Charaktere sind wieder sehr gut herausgearbeitet. Manchmal hätte ich Wolf wegen seiner Naivität schütteln mögen. Allerdings ist das meinem Wissen von heute geschuldet. Wenn man mitten drinnen steckt, stellt sich die Sachlage vielleicht anders dar. Als Offizier hat er natürlichen einen hohen Anspruch an sich selbst und andere. Es kommt ihm nicht in den Sinn, dass er von Nitz verraten werden könnte. Rahel, die er aus dem KZ befreit hat, hat da schon anderes erlebt und kann nicht mehr an das Gute im Menschen glauben.

„Ich habe immer so gespielt, wie es für mich am nützlichsten war. Ich habe die Häuser und das Gold der Juden an mich gebracht und meine Geschäfte damit gemacht. Ich habe für die Nazis gespielt, weil es am meisten eingebracht hat. Wenn die Nazis den Krieg gewonnen hätten, hätte ich auf jeden Fall gewonnen. Aber ich habe mich abgesichert. Wenn der Umsturz gelungen wäre, hätte ich auf der Seite der Attentäter gestanden.“ (S. 380)

Wie wir es von Autor Jürgen Ehlers gewöhnt sind, ist dieser historische Roman penibel recherchiert. Gekonnt werden Fakten und Fiktion miteinander verwoben.
Es wird uns vor Augen geführt, dass die Gruppe um Wolf Littke ziemlich lange auf die richtige Gelegenheit, den Sprengstoff zu platzieren warten muss. Und dann ist noch die Unwägbarkeit des Adolf Hitler, der sprunghaft mehrmals seine Meinung ändert. Doch Geduld scheint nicht die große Stärke der vier höchst unterschiedlichen Männer zu sein. Deshalb gehen sie zwischendurch ihren eigenen Plänen nach. Letzten Endes ist dann die Widerstandsgruppe rund um Stauffenberg mit dem bekannten unglücklichen Ausgang schneller.

Der Schreibstil ist wie immer fesselnd. Ein umfangreiches Nachwort sowie ein Personen- und Ortsverzeichnis ergänzen das Buch.

Fazit:

Ein gelungener historischer Roman, der bis zur letzten Seite fesselt. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.