Platzhalter für Profilbild

Venatrix

Lesejury Star
online

Venatrix ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Venatrix über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 18.09.2022

Schatten der Vergangenheit

Raue Havel
0

Während KHK Toni Sanftleben mit seiner Lebenspartnerin und Staatsanwältin Caren beim Frühstück sitzt, erhält er zwei Anrufe: der eine ist von seiner Mutter Vera, die in Kürze in Berlin eintrifft und der ...

Während KHK Toni Sanftleben mit seiner Lebenspartnerin und Staatsanwältin Caren beim Frühstück sitzt, erhält er zwei Anrufe: der eine ist von seiner Mutter Vera, die in Kürze in Berlin eintrifft und der andere, ruft ihn zu einem Bootshaus in dem drei Skelette gefunden worden sind.

Als er dann noch wenig später die Leiche einer jungen Journalistin findet, weiß er noch nicht, wie diese beiden Fälle zusammenhängen und wie sie ihn persönlich treffen werden.

Meine Meinung:


Der fesselnde Krimi spielt auf zwei Zeitebenen: 1946/49 und in der Gegenwart. Die Handlungsstränge sind, obwohl einander bedingend, fein säuberlich getrennt, sodass sich die Leser immer gut zurecht finden.

Was ich besonders mag ist, wie Tim Pieper historische Ereignisse in den Krimi einbindet. So erfahren wir im Prolog, dass die sowjetische Besatzungsmacht 1946 mehrere Halbwüchsige zum Tode verurteilt haben, weil sie den ungeliebten Russisch-Unterricht geschwänzt und lieber Fußball gespielt haben.

Auch die Rückblenden nach 1949 sind eindrücklich und lassen einem die Gänsehaut aufsteigen:

„Obwohl der Krieg schon vier Jahre beendet war, begegnete man solchen Gespenstern öfters. Es handelte sich um Vertriebene, Flüchtlinge, ausländische Kollaborateure, Ausgebombte, Kriegsversehrte, KZ-Häftlinge und ehemalige Zwangsarbeiter. Ganz Deutschland war voll von diesem menschlichen Treibgut, das keine Heimat hatte und bestenfalls geduldet wurde.“

oder dieses Zitat:

„...Meine Eltern wurden von deutschen Soldaten ermordet. Sie waren gute und einfache Leute, die niemals jemanden etwas getan haben, und man hat sie abgeschlachtet, weil sie angeblich minderwertig waren...“

Dieser 6. Fall für Toni Sanftleben, der eigentlich lieber Anglistik oder Romanistik studiert hätte, und nur aus Liebe zu seiner vor 16 Jahren verschwundenen Ehefrau Polizist geworden ist, hat es in sich.

Nicht nur, dass die Ermittlungen Geheimnisse aus dem Leben seiner Mutter aufdecken, ist der Polizeiapparat bemüht, einiges unter den Tisch zu kehren. Kurz vor der Auflösung wird Toni der Fall entzogen. Doch gemeinsam mit seinem engsten Mitarbeiter Phong recherchiert Sanftleben heimlich weiter. Dass letztendlich andere als Toni Sanftleben für seinen Erfolg befördert werden, bestärkt Tonis Entschluss, eine Auszeit nehmen zu wollen.

Im Nachwort erfahren wir, dass dieser Krimi auf wahren Begebenheiten beruht. Dass es die „verbotene Stadt“ des sowjetischen Geheimdienstes in Potsdam wirklich gegeben hat und, dass die sowjetische Besatzungsmacht tatsächlich Schüler, die man beschuldigte Teil der „Werwölfe“ gewesen zu sein, hinrichten ließ.

Fazit:

Ein grausames Stück Zeitgeschichte, das gekonnt in einen fesselnden Krimi eingebettet worden ist. Gerne gebe ich diesem 6. Fall für Toni Sanftleben eine Leseempfehlung und 5 Sterne.

Veröffentlicht am 18.09.2022

Fesselnd bis zur letzten Seite

Solothurn blickt in den Abgrund
0

Dieser Krimi beginnt mit einem brutalen Überfall auf eine Mitarbeiterin der Frauenrechtsorganisation im Schweizer Ort Olten. Schon zuvor ist ein Briefkasten der Organisation, die Frauen berät, in Flammen ...

Dieser Krimi beginnt mit einem brutalen Überfall auf eine Mitarbeiterin der Frauenrechtsorganisation im Schweizer Ort Olten. Schon zuvor ist ein Briefkasten der Organisation, die Frauen berät, in Flammen aufgegangen. Polizeihauptmann Dominik Dornach und Staatsanwältin Angela Casagrande bekommen den Fall auf ihre Schreibtische.

Hat hier die erzkonservative und fremdenfeindliche Rechtspartei ihre Finger im Spiel? Doch der rechtsradikale Politiker mauert bei seiner Befragung und weist jegliches Mitwissen von sich.

Als dann noch wenig später Rana, die syrische Freundin von Pia Zenklusen, Dominik Dornachs Tochter, verschwindet, ahnt noch niemand, welche Dimensionen der Fall annehmen wird.

Meine Meinung:

Christopf Gasser ist mit diesem 5. Fall für Dominik Dornach und Angela Casagrande ein großartiger Krimi gelungen, der beide an ihre Grenzen bringt. Zum einem Dominik, weil seine Tochter, obwohl inzwischen Mutter eines Zweijährigen, auf eigene Faust ermittelt, und dabei ihren Eigenschutz gröblich vernachlässigt, und zum anderen Angela, die ein Geheimnis das sowohl sie als auch Dominik und Pia betrifft, mit sich herumschleppt.

Wie wir es von Autor Christof Gasser gewöhnt sind, ist der Fall hoch komplex und zeichnet ein nicht ganz so solides Bild der Schweiz wie man es dort gern hätte. Die Gier nach schnödem Mammon lässt auch einige Schweizer auf Abwege geraten und sich mit Mächten zusammentun, die keinerlei Skrupel kennen.

„...Sobald ein Tyrann nicht mehr salonfähig war, legte man sich halt mit dem nächsten ins Bett.“

Wir erleben mit, wie aus Gier einiges unter den Teppich gekehrt und der Fall auf recht unkonventionelle Art aufgeklärt wird, was zum Nachdenken und zu Diskussionen anregt.

Der Spannungsbogen ist wie bei allen Krimis von Christof Gasser von Beginn bis zum Ende sehr hoch. Der Schreibstil elegant und fesselnd. Die Charaktere dürfen sich entwickeln, auch, wenn manchmal die Richtung einer kleiner Korrektur bedarf. Gut gefallen mir die Schweizer Ausdrücke und der feine, trockene Humor.

Fazit:

Ein fesselnder Krimi, der zahlreiche Anstöße zum Nachdenken bietet. Gerne gebe ich hier eine Leseempfehlung und 5 Sterne.

Veröffentlicht am 16.09.2022

Isidor Geller, ein Selfmademan

Isidor
0

Shelly Kupferberg, 1974 in Tev Aviv geboren, begibt sich auf Spurensuche nach Mitgliedern ihrer Familie, die unter anderem während in der Zwischenkriegszeit in Wien lebten.

Dazu recherchiert sie in zahlreichen ...

Shelly Kupferberg, 1974 in Tev Aviv geboren, begibt sich auf Spurensuche nach Mitgliedern ihrer Familie, die unter anderem während in der Zwischenkriegszeit in Wien lebten.

Dazu recherchiert sie in zahlreichen Archiven wie dem österreichischen Staatsarchiv oder ähnlichen in Deutschland. Sie stößt auf ihren Urgroßvater Israel Geller, der aus einem Schtetl in Ostgalizien stammt und nach Zwischenstationen in Kolomea und Lemberg schließlich 1908 in Wien landet, wo er kurzerhand seinen Vornamen in Isidor ändert, Gefallen an Oper und Theater findet sowie Jura studiert und 1913 promoviert. Kurz vor Beginn des Krieges von 1914-1918 hat er eine leitende Position in einer Lederwarenfabrik inne, wird deswegen als „kriegswichtig“ eingestuft und muss nicht wie seine Brüder einrücken. Wären draußen gestorben wird, vergnügt sich Isidor in der Oper und schafft es, mit nicht immer lauteren Methoden, ein Vermögen anzuhäufen. Anders als andere Kriegsgewinnler behält er sein Vermögen in der Weltwirtschaftskrise und legt es in gut an. Wie so viele Juden seiner Zeit verkennt er den aufkeimenden Nationalsozialismus. Letztendlich wird er von seinem Personal an die Gestapo verraten, die sehr genaue Kenntnis von seinem Vermögen hat.

Meine Meinung:

Mir hat diese Biografie von Isidor Geller sehr gut gefallen. Sie zeigt einen Selfmademan, der aus bitterer Armut zum Multimillionär wird und damit die Vorurteile den Juden gegenüber wie „Kriegsgewinnler“, „reich auf Kosten anderer“ oder „Schuld an der Niederlage 1918“ schürt.

Der sachliche Schreibstil gefällt mir sehr gut. Ich kann mir die Recherchen in den Archiven sehr gut vorstellen. Sie kommt von einem ins andere, vom Hundersten ins Tausendste. Akribisch geht sie allen Hinweisen nach und fördert Erstaunliches zu Tage.

Isidor Geller ist die zentrale Figur, doch lernen wir auch seinen Neffen Walter kennen, der seinerseits Shellys Großvater ist. Der Stamm am Ende des BUches gibt einen gut Überblick über die weit verzweigte, in alle Welt verstreute Familie.

Wie ich es vom Diogenes-Verlag gewöhnt bin, ist das Buch hochwertig verarbeitet und hat ein ansprechendes Cover, das ein Reh ziert. Erst zum Schluss enthüllt sich der Konnex zum Cover. Gut gelungen!

Fazit:

Gerne gebe ich diesem penibel recherchierten Buch über das Leben Isidor Geller 5 Sterne.

Veröffentlicht am 13.09.2022

Kunstschätze, Verrat und Liebe

Die Kunstschätzerin
0

Autorin Sandra Byrd entführt uns in das Viktorianische England. Diese Zeit ist geprägt durch Bigotterie und Konventionen, die es Frauen schwer bis unmöglich macht, ohne vermögenden Vater oder Ehemann zu ...

Autorin Sandra Byrd entführt uns in das Viktorianische England. Diese Zeit ist geprägt durch Bigotterie und Konventionen, die es Frauen schwer bis unmöglich macht, ohne vermögenden Vater oder Ehemann zu leben.

Eleanor Sheffield steht nach dem Tod des Vaters und dem geistigen Verfall ihres Onkels vor den Trümmern des Familiengeschäftes, einem Kunsthandel. Unbezahlte Rechnungen sowie der Verdacht echte Kunstwerke gegen Fälschungen ausgetauscht zu haben, machen ihr das Leben schwer. Zusätzlich bringt sie der Auftrag des verstorbenen Lord Lydney, dessen Kunstsammlung zu schätzen und zu entscheiden, ob sein Sohn Harry würdig ist, das Erbe anzutreten oder ob die Kunstschätze einem Museum übertragen werden sollen. Dieser Auftrag ist diffizil, denn Harry ist Eleanors Jugendliebe ....

Meine Meinung:

Gleich vorweg - hier wurde großes Potenzial verschenkt! Dieser historische Roman hätte sooooo spannend sein können. Doch leider dümpelt die Geschichte stellenweise vor sich hin. Auf mich wirkt das Buch, als hätte sich die Autorin nicht so recht entscheiden können, ob es ein Krimi oder ein Liebesroman werden soll. Ich weiß zwar von einigen Autorinnen, dass sich manchmal die Figuren verselbständigen und in eine anfangs nicht gewollte Richtung abdriften, was aber hier nicht der Fall.

Der Schreibstil ist locker und leicht. Wir erhalten Einblick in die versnobte Welt von Reichen und nicht mehr ganz so Reichen. Gut gelungen ist die Einflechtung historischer Fakten. So kommt die Abtretung Venedigs plus Umland von Österreich-Ungarn an Italien zu Sprache oder die Tatsache, dass Frauen in England nicht Medizin studieren dürfen bzw. als im Ausland (z.B. in der Schweiz) ausgebildete Ärztinnen nicht praktizieren dürfen.

Als Ausklang nach einem schweren Arbeitstag kann man in dieser Lektüre gute Entspannung finden.

Fazit:

Wer gerne einen locker und leicht zu lesenden historischen Roman, in dem es um Liebe, Kunstschätze, Verrat und Intrigen geht, ist hier goldrichtig. Gerne gebe ich hier 3 Sterne.

Veröffentlicht am 12.09.2022

"Wie haben alle nur ein Problem, und das sind wir selbst"

40 verrückte Wahrheiten über Frauen und Männer
0

Mit großem Interesse habe diesem Buch entgegengesehen, gibt es doch zwischen Mann und Frau allerlei Missverständnisse, die sich verrückt anhören.

„Veränderung gehört nicht zu den Grundkonzept von erwachsenen ...

Mit großem Interesse habe diesem Buch entgegengesehen, gibt es doch zwischen Mann und Frau allerlei Missverständnisse, die sich verrückt anhören.

„Veränderung gehört nicht zu den Grundkonzept von erwachsenen Menschen“ (S.27)

Nun ja der Titel verspricht so einiges, doch allzu viel Neues kann mir dieses Buch nicht bieten. Dass Frauen und Männer eine unterschiedliche Sprache sprechen (Wahrheit Nr.11), ist seit dem Bestseller „Männer sind vom Mars, Frauen von der Venus“ hinlänglich bekannt und stiftet im täglichen Umgang miteinander regelmäßig für Verwirrung und mitunter zu Streit.

Die 40 verrückten Wahrheiten werden in entsprechend vielen Kapiteln dargeboten, die ihrerseits noch untergliedert sind. Die Themen sind gut strukturiert, Wichtiges ist nochmals hervorgehoben.

Michael Lehofer ist Psychotherapeut und Philosoph. Beides ist deutlich zu spüren und so kann den Lesern durchaus ein Schmunzeln entlocken.

„Wir haben alle nur ein Problem, und das sind wir selbst.“ (S.28)

Fazit:

Ein nettes Buch, dessen Informationsgewinn für mich persönlich nicht allzu hoch war. Gerne gebe ich hier 3 Sterne.