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Venatrix

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Veröffentlicht am 04.09.2022

Eine messerscharfe Analyse

Heilung für eine verstörte Republik
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Journalist und Politiker Helmut Brandstätter hat nach seinem erfolgreichen Buch „Kurz & Kickl“ nun dieses herausgebracht, mit dem er sich vor allem mit dem „System Kurz“ befasst.

„Wir müssen verstehen ...

Journalist und Politiker Helmut Brandstätter hat nach seinem erfolgreichen Buch „Kurz & Kickl“ nun dieses herausgebracht, mit dem er sich vor allem mit dem „System Kurz“ befasst.

„Wir müssen verstehen lernen, wie sehr das Vertrauen der Menschen in Österreich missbraucht wurde, und vor allem: Wie es dazu kommen konnte, dass sich so viele so lange täuschen ließen.“

Millionen Menschen haben sich, schon Jahre vor Kurz, enttäuscht von der (damals) aktuellen Politik von einem „Heilsbringer“ täuschen lassen. Diesmal wurde der faule Zauber recht bald enttarnt. Doch um welchen Preis? Wobei hier nur die Verschwendung von Steuergeld gemeint ist, sondern auch der Schaden an der Beschädigung der Demokratie und den Menschen kaum bezifferbar ist.

Dazu wagt Helmut Brandstätter einen Blick zurück in die politische Geschichte Österreichs. Natürlich spielen seine persönlichen Erlebnisse und Eindrücke eine Rolle. Denn Show-Politik bereitet das Land auf kommende Krisen nicht vor und die viel beschworene Neutralität allein garantiert keine Sicherheit.

Wie kann man nun solchen Demagogen - Kurz war ja nicht der erste - begegnen? In zehn Kapiteln stellt Brandstätter mögliche Auswege vor.

„Die Suche nach dem Ausgleich in der Gesellschaft“
„Die Stärkung der staatlichen Institutionen"
„Ein Parlamentarismus, den alle ernst nehmen"
„Die Justiz darf wieder in Ruhe arbeiten"
„Die Medien werden als unabhängige Kontrollinstanz akzeptiert"
„Politik wird ein Beruf mit Ideen und Verantwortung";
„Freiheit und Eigenverantwortung sind zentrale Werte der Demokratie“
„Wir finden den Ausgleich zwischen Jung und Alt“
„Österreich bekennt sich zu einer Sicherheitsstrategie“
„Verteilung und Teilhabe - die großen Fragen des Zusammenlebens“

Bei einigen Vorschläge ist man als gelernter Österreicher geneigt zu sagen: Jo, eh klar.

Eine verunsicherte Gesellschaft wird wieder nach Heilung suchen. Österreich ist ja bekanntlich nicht zum ersten Mal auf einen großen Blender hereingefallen. Was es nun braucht sind Orientierung und Stabilität, dass die Herausforderungen der Zukunft gemeistert werden können. Persönliche Abhängigkeiten, die mit Korruption und der Zerstörung staatlicher Institutionen einher gehen, sind absolut fehl am Platz. Weg damit! Nur dann kann eine Heilung - vielleicht auch auf Raten - gelingen.

Fazit:

Gerne gebe ich diese Analyse 5 Sterne.

Veröffentlicht am 04.09.2022

Ein gelungener Reihenauftakt

Fräulein vom Amt – Die Nachricht des Mörders
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Dieser Krimi entführt uns in das Jahr 1922 nach Baden-Baden. Es ist eine Zeit des Umbruchs. Das Kaiserreich perdu, auch wenn es viele nicht wahrhaben wollen wie die Großmutter von Protagonistin Alma Täuber. ...

Dieser Krimi entführt uns in das Jahr 1922 nach Baden-Baden. Es ist eine Zeit des Umbruchs. Das Kaiserreich perdu, auch wenn es viele nicht wahrhaben wollen wie die Großmutter von Protagonistin Alma Täuber. Die Folgen des Großen Krieges, wie man der Ersten Weltkrieg damals nannte, deutlich spürbar. Die Weimarer Republik ist in großen Nöten, wurden doch mehrere Politiker wie Erzberger und Rathenau ermordet. Das ist das historische Umfeld dieses Buches.

Worum geht’s?

Alma Täuber, Telefonfräulein aus Leidenschaft, hört während ihre Schicht eine extrem unangenehme Stimme von „einem erledigten Auftrag“ und von den „Kollonaden“ erzählen. Diese Gesprächsfetzen bekommen eine Bedeutung als sie am nächsten Tag von einer ermordeten Frau nächst den Kollonaden in der Zeitung liest. Ihr messerscharfer Verstand zählt eins und eins zusammen - sie hat ein Gespräch des Mörders vermittelt.

Ihre Beobachtung wird von der Kriminalpolizei skeptisch aufgenommen. Man will den Fall schnell abschließen, denn die Tote sei ja bloß eine Bordsteinschwalbe. Nur der Kriminalkommissaranwärter Ludwig Schiller schenkt ihr Glauben. Er ist von Alma fasziniert und überschreitet ihretwegen seine Kompetenzen.

Gemeinsam beginnen sie zu ermitteln. Der Mord an der vermeintlichen Prostituierten entpuppt sich als komplexer Fall, der weite Kreise zieht.

Meine Meinung:

Hinter dem Autorinnennamen Charlotte Blum stecken die Autorinnen Dorothea Böhme und Regine Bott. Beide haben unkonventionelle Großmütter, deren Leben die Idee zu diesem Buch lieferten. Regine Botts Großmutter war ein „Fräulein vom Amt“.

Der Krimi lässt sich leicht und locker lesen. Neben der eigentlichen Krimihandlung erfahren wir einiges über das Frauenbild von damals.

Die Charaktere wie Alma, Emmi, Ludwig oder ALmas Cousin sind liebevoll gestaltet. Man kann sich den ernsthaften Ludwig und den Medizinstudenten Walter sehr gut vorstellen.

Alma Täuber, die sich eine winzige Mansardenwohnung mit der Floristin Emmi Wolke teilt, ist eine patente junge Frau. Sie hilft im Telegraphenamt ihren Kolleginnen und muss sich dem „Drachen“ (= der Schichtleiterin) als auch dem „Zerberus“ (=der Vermieterin) gegenüber behaupten. Das macht sie mit Schalk und Chuzpe, bleibt aber bodenständig.

Fazit:

Ein gelungener Auftakt zu einer neuen Reihe, dem ich gerne 5 Sterne gebe.

Veröffentlicht am 03.09.2022

Fesselnd bis zur letzten Seite

Die Toten von Cork
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Kriminalkommissar Markus Felchlin macht mit seinen Kindern und seiner allein erziehenden Kollegin Urlaub im Süden Irlands. Es scheint, als wären die Urlauber in dem alten Cottage nicht erwünscht. Eine ...

Kriminalkommissar Markus Felchlin macht mit seinen Kindern und seiner allein erziehenden Kollegin Urlaub im Süden Irlands. Es scheint, als wären die Urlauber in dem alten Cottage nicht erwünscht. Eine verstopfte Toilette, Drohungen und ein blutigen Schafskopf trüben den auf der grünen Insel.

Dann taucht ein verwahrlost wirkendes Mädchen namens Deirdre auf, die niemandem abzugehen scheint, aber einen Bärenhunger hat. Als die Urlauber das Mädchen wenig später mit ihrer Mutter bei einem Supermarkt entdecken, folgt Markus heimlich dem Auto.

Das sind jedoch nicht die einzigen seltsamen Beobachtungen, die bei Markus die Alarmglocken schrillen lassen.

Einmal Polizist, immer Polizist - getreu diesem Motto meldet Markus die Vorfälle bei der Garda, wo man ihn vorerst abwimmelt.

Meine Meinung:

Dieser Krimi ist mein erster von der Schweizer Autorin Gerlinde Michel. Sie packt in diesem fesselnden Krimi gleich mehrere heiße Eisen an, über die ich jetzt nicht schreiben werde (Spoilergefahr).

Ein kleines bisschen stört mich, dass Markus‘ Kollegin zur Statistin degradiert ist und fast gar nichts zu den Ermittlungen beitragen darf. Da wurde Potenzial verschenkt.

Der Schreibstil gefällt mir sehr gut, ist er doch im Präsens gehalten und besticht durch kurze schnörkellose Sätze. Die Leser können daher die Ereignisse quasi „live“ miterleben.

Ein interessantes Stilmittel ist auch, dass Markus Felchlin fast durchgehend nur mit seinem Nachnamen genannt wird. Will sie hier den Urlauber Markus vom Kommissar trennen? Jedenfalls, geschickt gemacht.

Fazit:

Ein gelungener Krimi, der nur wenig Urlaubsidylle aufkommen lässt. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Veröffentlicht am 03.09.2022

Fesselnd bis zur letzten Seite

Erdenkinder
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„Erdenkinder“ ist erste Fall für die Polizistin Christina Kayserling aus dem oberösterreichischen Steyr. Obwohl mit Wilhelm, einem wohlhabenden Geschäftsmann, verheiratet, hat sie Freude am Beruf. Natürlich ...

„Erdenkinder“ ist erste Fall für die Polizistin Christina Kayserling aus dem oberösterreichischen Steyr. Obwohl mit Wilhelm, einem wohlhabenden Geschäftsmann, verheiratet, hat sie Freude am Beruf. Natürlich hat sie es als Kriminalbeamtin mit Mord und Totschlag zu tun, was sie manchmal an ihrer Tätigkeit zweifeln lässt.

In ihrem ersten Fall muss sie den Giftmord an Josef Lehner aufklären. Der wohlhabende Bauer hat, zum Unwillen seiner bereits erwachsenen Söhne, einen Teil seiner Flächen den „Erdenkindern“, einer Öko-Kommune, überlassen. Der harte Kern von rund fünfzig Personen lebt in Jurten und ausschließlich von selbst angebauten Feldfrüchten und selbst hergestellter Kleidung. Diese Menschen leben im Einklang mit der Natur und haben dem Konsum abgeschworen.

Gemeinsam mit dem patenten Landpolizisten Raimund Brandstätter begibt sie sich auf Spurensuche. Dabei wird es ihr nicht wirklich leicht gemacht. Und dann verschwindet noch einer der Öko-Jünger ...

Kurz bevor das Landeskriminalamt den Fall übernimmt, finden die beiden das Ende des Fadens und dröseln das verstrickte Knäuel aus Missgunst, Neid, Hass und Familienzwist auf.

Meine Meinung:

Ich finde diesen ersten Krimi rund um Christina Kayserling ausgezeichnet. Er hebt sich vor allem dadurch von den zahlreichen anderen Kriminalroman ab, dass seine Ermittler ganz normale, ja fast schon stinknormale, Bürger sind.

Interessant sind die Einblicke in die ökologische Permafrost-Landwirtschaft. Die ist mir in groben Zügen bekannt, aber vielen Details waren mir bislang nicht so geläufig. Den Oberösterreichern sagt man nach, dass sie ziemliche Sturschädel seien. Nun ja, einigen davon begegnen wir hier.

Gut gefällt mir die Figur des Robert Wieser, einem Techniker, der sein bisheriges unbefriedigendes Leben hinter sich lässt, und bei den Erdenkindern eine neu Zukunft finden wird.

Das Thema Ressourcenverschwendung, Kraftwerksbau, der miese Umgang mit der Natur und die industrielle Nahrungsmittelerzeugung passen hervorragend in die aktuelle (welt)politische Lage. Dabei ist der Krimi bereits vor einigen Jahren erschienen und nun vom Gmeiner-Verlag neu aufgelegt worden.

Das Spannungsfeld zwischen Öko-Freaks und Hochverbrauch ist sehr gut beschrieben. Mir persönlich ist Extremismus in jede Richtung ein Gräuel.

Wie ich es von Günter Neuwirth gewohnt bin, zeichnet sich auch dieser Krimi durch gute Recherche vor Ort in Steyr sowie eine angenehme Sprache aus. Hin und wieder darf auch ein wenig Humor aufblitzen. Ich freue mich schon auf die anderen Fälle mit Christina Kayserling.

Fazit:

Ein gelungener Oberösterreich-Krimi, der sich von vielen anderen durch seine Ermittler und die angenehme Sprache abhebt. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Veröffentlicht am 03.09.2022

Schwierige Rückkehr nach Deutschland

Rafi, Judenbub
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Das ist der dritte Teil der Familien-Saga von Rafael Seligmanns eigener Familie.

Worum geht`s?

Hannah und Ludwig Seligmann kehren gemeinsam mit ihren 10-jährigen Sohn Rafael 1957 aus Israel in Ludwigs ...

Das ist der dritte Teil der Familien-Saga von Rafael Seligmanns eigener Familie.

Worum geht`s?

Hannah und Ludwig Seligmann kehren gemeinsam mit ihren 10-jährigen Sohn Rafael 1957 aus Israel in Ludwigs Heimatstadt zurück. Der Grund: Ludwig ist als Geschäftsmann in Israel gescheitert und kann von seiner Familie nichts mehr erwarten. Die Rückkehr ist vor allem für Hannah, deren gesamte Verwandtschaft in der Shoa ermordet wurde, ein Albtraum. Ihr Hass und ihre Wut vergiften den Sohn, der anfangs neugierig das Land der Vorväter betritt. Natürlich ist der Antisemitismus mit dem Ende der Nazi-Diktatur nicht verschwunden, zumal sich zahlreiche Personen wieder auf den selben Positionen befinden.

Ludwig findet bei einem jüdischen Textilbetrieb Arbeit, wird dort augenscheinlich ausgenützt und kann es Hannah nicht recht machen. Sie mäkelt lautstark an allem und jeden herum. Allerdings ist sie die bessere Verhandlerin. So schindet sie ein besseres Gehalt für Ludwig heraus und ficht auch manchen Strauß für ihren Sohn aus.

Meine Meinung:

Um mir eine umfassendes Bild von dieser schwer traumatisierten Familie bilden zu können, werde ich noch die beiden Vorgänger „Lauf, Ludwig, Lauf“ und „Hannah und Ludwig“ lesen.

Hannah Seligmann kommt hier nicht wirklich gut weg. Sie hasst Deutschland, häufig ihren Mann, manchmal ihren Sohn und ist mit allem und jedem unzufrieden. Sie wirft Ludwig seine Erfolglosigkeit und Rafael, der in diesem angespannten Umfeld auch leidet, sein Versagen in der Schule vor. Selbst als er das Abitur, spät aber doch schafft und Geschichte studieren will, ist sie nicht zufrieden damit. Doch ihr persönlicher SuperGAU ist, dass sich Rafael in eine Nicht-Jüdin verliebt.

Psychologische Hilfe lehnt sie kategorisch ab, der Rückkehrgeld nimmt sie dann schon. Auffallend ist, dass sie in ähnliche Stereotypen verfällt, die sie den Deutschen vorhält und unterstellt.

Es sieht so aus, als ob Hannah sich und Ludwig sowie seiner Familie es nicht verzeihen kann, die Shoa überlebt zu haben.

Fazit:

Ein schönes Stück Zeitgeschichte aus einer Zeit als das Unrechtsbewusstsein in Deutschland kaum vorhanden war. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.