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Venatrix

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 08.11.2020

Gute Unterhaltung

Alles schick?
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Bernd Mannhardt ist Schöpfer des kongenialen Kriminalbeamten Hajo Freisal und seiner motorradfahrenden Kollegin Yasmine Gutzeit, die mit ihrer Berliner Schnauze die Verbrecher der deutschen Hauptstadt ...

Bernd Mannhardt ist Schöpfer des kongenialen Kriminalbeamten Hajo Freisal und seiner motorradfahrenden Kollegin Yasmine Gutzeit, die mit ihrer Berliner Schnauze die Verbrecher der deutschen Hauptstadt dingfest machen. Leider gibt derzeit keinen Verlag, der die Krimis verlegen will und so hat der Autor einen ungewöhnlichen Schritt gewagt, seine Leser zu unterhalten: Text und Ton.
Mannhardt beschert ihnen dieses Büchlein: Auf nur 96 Seiten hat es doch einiges zu bieten.

Mit viel Ironie, die sich manchmal zum Sarkasmus auswächst, beschreibt er in kurzen Sequenzen, so manches, was ihm auf die Nerven geht - uneinsichtige Hundehalter, zum Beispiel oder Corona-Leugner oder Neonazis.

Neben diesen „Vorgeschichten“ genannten satirischen Storys gibt es launige bis bitterböse Liedtexte, die der werte Autor auch gleich zum Besten gibt. Da wird man an Reinhard Mey erinnert.

Fazit:

Mir hat dieses Büchlein sehr gut gefallen, daher erhält es 5 Sterne.

Veröffentlicht am 08.11.2020

Als Sippenhäftling im NS-Regime

Bis wir uns wiedersehen
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Catherine Bailey erzählt in diesem penibel recherchierten Buch die Geschichte der Fey Pirzio-Biroli, Tochter des Kommunalpolitikers und Widerstandskämpfers Ulrich von Hassell und dessen Frau Ilse von Tirpitz. ...

Catherine Bailey erzählt in diesem penibel recherchierten Buch die Geschichte der Fey Pirzio-Biroli, Tochter des Kommunalpolitikers und Widerstandskämpfers Ulrich von Hassell und dessen Frau Ilse von Tirpitz.

Obwohl dieses Buch „nur“ die Zeit zwischen September 1944 und Mai 1945 umfasst, birgt es Hochspannung.

Fey ist alles, was Hitler hasst: Tochter einer alten adeligen Familie, behütet im Wohlstand aufgewachsen und mit einem Vater, der in der Widerstandsgruppe rund um Claus von Stauffenberg tätig war. Sie wird als sogenannter Sippenhäftling zuerst unter Hausarrest gestellt und anschließend nach Innsbruck gebracht. Dort trennt man sie von ihren beiden kleinen Söhnen Roberto und Corrado.

Anfangs alleine, trifft sie mit den Angehörigen derer von Stauffenberg, Goerdeler und andere zusammen. Im Unterschied zu Fey, haben diese ihre Kinder bei sich.

Für Fey beginnt der Kampf um das eigene Überleben, denn sie wird gemeinsam mit den anderen Häftlingen von einem Gefängnis ins andere verlegt und letztlich nach Zwischenstationen in den KZs Stutthof bzw. Dachau nach Südtirol gebracht. Die Sippenhäftlinge sind persönliche Geiseln von Heinrich Himmler, der als sie für ihn nicht mehr nützlich erscheinen, den Befehl zur Liquidierung gibt. Dem kommt die Befreiung der Gefangenen durch Soldaten der Wehrmacht zuvor.

Doch damit ist der Leidensweg noch nicht zu Ende. Es dauert noch bis Oktober 1945, bis Fey ihre Söhne wieder in die Arme schließen kann. Die Kinder sind inzwischen von Feys Mutter, Ilse von Tirpitz, in einem, kurz vor der Auflösung stehenden NS-Kinderheim ausfindig gemacht worden und leben in Ebenhausen bei München.

Meine Meinung:

Der Autorin gelingt es, den Seelenzustand der Fey sehr gut darzustellen. Sie kann sich auf Originalquellen und Berichte der Familie stützen. Die Odyssee durch das zerfallende Deutsche Reich, die Willkür der SS-Mannschaften, die Ungewissheit über das eigene Fortkommen, das Schicksal ihrer Familie, insbesondere der kleinen Söhne sind eindringlich geschildert. Die angehängten Karten, ein ausführliches Personenregister sowie zahlreiche private Fotos ergänzen die Geschichte der Fey Pirzio-Biroli.

Das Buch ist wegen der Grausamkeiten des NS-Regimes nicht einfach zu lesen. Der Erzählstil ist nüchtern, sachlich und wirkt manchmal ob der Fülle der Zahlen, Daten und Fakten trocken. Doch anders sind die Gräuel der NS-Zeit kaum zu ertragen.

Fazit:

Ein sehr persönliches Buch, dem ich gerne 5 Sterne gebe und weiter empfehle.

Veröffentlicht am 05.11.2020

Ein interessantes Sachbuch

Abgründe
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Hans Hopf ist einer der bekanntesten Psychotherapeuten für Kinder und Jugendliche in Deutschland. In diesem Buch berichtet er aus seiner langjährigen Erfahrung. Ohne voyeuristisch zu sein, legt er die ...

Hans Hopf ist einer der bekanntesten Psychotherapeuten für Kinder und Jugendliche in Deutschland. In diesem Buch berichtet er aus seiner langjährigen Erfahrung. Ohne voyeuristisch zu sein, legt er die Seelen seiner Klienten offen (natürlich anonymisiert). Für die Leser ist es manchmal schwer, mit dem Schicksal der Kinder konfrontiert zu werden. Ganz wichtig ist, auch das Umfeld der betroffenen Kinder einzubeziehen. Die Eltern haben einen gewichtigen Anteil dabei, dass ihre Kinder die Hilfe eines Psychotherapeuten benötigen.

Meine Meinung:

Das Buch ist einfühlsam in Bezug auf die Klienten und sehr sachlich geschrieben. Hans Hopf berichtet von Erfolgen und verschweigt auch den einen oder anderen Misserfolg nicht. Sehr interessant finde ich die Schilderung, wie er (beinahe) selbst Teil des Mikrokosmos eines Klienten geworden ist. Oder die Geschichte der Psychiaterin, die mit ihrem Schützling eine (Liebes)Beziehung eingegangen ist. Ein No-Go, das sie ihre Approbation verlieren hat lassen.
Nie habe ich das Gefühl gehabt, dass der Autor seine Mandanten bloß stellt. Zu jedem Fall gibt er Erläuterungen aus psychoanalytischer Sicht und schildert den Verlauf der Therapien, auch wenn diese, aus unterschiedlichen Gründen, nicht immer erfolgreich enden.

Der Schreibstil ist flüssig, sodass den einzelnen Fällen sehr gut gefolgt werden kann.

Fazit:

Wer sich für die menschliche Psyche oder deren Abgründe, sowie für die betroffenen Menschen interessiert, dem sei dieses Buch empfohlen. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Veröffentlicht am 04.11.2020

Ein tolles Sachbuch

Grenzen
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Wenn das Wort „Grenze“ fällt, denke ich als Vermesserin sofort an Grundstücksgrenzen. Diese bilden die erste administrative Einheit der Erdoberfläche. Ein wenig später kommen mir dann willkürliche Grenzen ...

Wenn das Wort „Grenze“ fällt, denke ich als Vermesserin sofort an Grundstücksgrenzen. Diese bilden die erste administrative Einheit der Erdoberfläche. Ein wenig später kommen mir dann willkürliche Grenzen wie Verwaltungs- und/oder Staatsgrenzen in den Sinn. Allerdings können Staatsgrenzen auch natürliche Grenzen wie Hochgebirgskämme oder Flüsse sein. Aber, eine Staatsgrenze bedingt ein bilaterales Vertragswerk, andernfalls ist diese Grenze strittig und bietet viel Raum für Konflikte.

Das Wort „Grenze“ taucht aber in anderen Bereichen auf: in der Mathematik als „Grenzwert“, in der Psychologie „Abgrenzung“, im täglichen Leben als Barriere, als Sicherheit gebende Umgebung usw..

Der Autor beschäftigt sich vor allem mit politischen Grenzen und nimmt seine Leser auf eine sehr detailreiche Reise mit.

Ausgehend von der Antike spannt er den Bogen bis in die Gegenwart, in der Grenzen in Europa auf der einen Seite keine Grenzen mehr spielen (sollen), wie in der EU („Freier Waren- und Personenverkehr“), die aber sofort wieder hochgezogen werden, wenn eine Gefahr droht (Stichwort Covid-19). Andererseits zeigt er Räume auf, die es zu schützen gilt (persönliche Grenzen).

In sieben Kapiteln geht der Autor auf die verschiednen Rollen, die Grenzen spielen, ein.

Die Grenze als Grundkategorie
Der alte Orient
Die Griechen
Rom
Germanen und Mittelalter
Die Neuzeit
Krieg und die Nachkriegsjahre

Zahlreiche Abbildungen und Karten ergänzen dieses interessante Buch.

Meine Meinung:

Das Buch ist keines, das man so zwischendurch lesen kann. Es bedarf Muße und Ruhe, denn manche der vielen Details müssen unter Umständen in Nachschlagewerken nachgelesen werden.

Das Buch ist sehr gut strukturiert. Jedes Kapitel ist in mehrere Unterkapitel geteilt, sodass es möglich ist, das eine oder andere Sachgebiet einmal links liegen zu lassen und sich einem anderen zu widmen.

Die Fülle an Informationen, die sich hin und wieder wiederholen, ist vielleicht ein kleines Manko dieses Werks. Mir persönlich hat es nichts ausgemacht. Es könnte aber sein, dass sich mancher Leser, ob der geballten Information erschrocken, zurückzieht und lieber zu einem weniger üppigen Buch greift.

Fazit:

Ein detailreiches Werk zum Thema „Grenzen“, das ein wenig mehr Aufmerksamkeit braucht. Trotzdem gebe ich diesem interessanten Buch 5 Sterne.

Veröffentlicht am 01.11.2020

Eine sehr persönliche Biografie

Josephine Baker
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Mona Horncastle ist für ihre penibel recherchierten Frauen-Biografien bekannt. Nach Hedy Lamarr und Margarethe Schütte-Lihotzky beschäftigt sich die Autorin nun mit Josephine Baker, die mehr zu bieten ...

Mona Horncastle ist für ihre penibel recherchierten Frauen-Biografien bekannt. Nach Hedy Lamarr und Margarethe Schütte-Lihotzky beschäftigt sich die Autorin nun mit Josephine Baker, die mehr zu bieten hat, als den Tanz im Bananenröckchen, für den sie bekannt geworden ist. Die Autorin geht auf Spurensuche und findet eine vielschichtige Persönlichkeit.

Die Biografie gliedert sich in sechs große (Lebens)Abschnitte, die von einem „Intro“ sowie “Echo“ und Nachwort umrahmt wird. Zahlreiche Fotos, Zitate und Ausschnitte aus ihren Briefen ergänzen Josephines Lebensgeschichte:

Aufwachsen in St.Louis, Missouri
Paris
Erste Welttournee
Jubel und Protest
Im Widerstand
Alte Kämpfe, neue Träume

Nur wenige Menschen wissen, dass sich Josephine Baker im Widerstand gegen Nazi-Deutschland engagiert hat. Anders als Marlene Dietrich, die hauptsächlich als Truppenbetreuerin unterwegs war, hat sie Informationen und Nachrichten durch das besetzte Frankreich geschmuggelt. Dafür ist sie dann von Charles de Gaulle mit dem Croix de Guerre ausgezeichnet worden.

Eine traurige Tatsche ist, dass sie in ihrer ursprünglichen Heimat Amerika lang nicht so erfolgreich war, wie in Frankreich. Für die Afroamerikaner war sie zu wenig schwarz, für das weiße Amerika zu wenig weiß.

Wenn sie, die von 1906-1975 gelebt hat, sagt „Farbige sind nicht genötigt, zu provozieren: Die Zwischenfälle ereignen sich von ganz allein.“, so hat sich bis heute, wenn man die Ereignisse in den USA täglich im Fernsehen sieht, nicht allzu viel geändert.

Fazit:

Das Buch ist in einer gediegenen Aufmachung im Verlag Molden erschienen und passt wunderbar in die Reihe der anderen beiden Frauenbiografien der Autorin. Dieses Buch verdient 5 Sterne.