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Venatrix

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 01.04.2022

Hat mich nicht vollends überzeugt

Lost in Work
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Klappentext:

„Lost in Work“ geht einer ebenso drängenden wie immerwährenden Frage auf den Grund: Warum macht Arbeit so viele Menschen unglücklich? Horgan versteht es, Zusammenhänge aufzuzeigen und die ...

Klappentext:

„Lost in Work“ geht einer ebenso drängenden wie immerwährenden Frage auf den Grund: Warum macht Arbeit so viele Menschen unglücklich? Horgan versteht es, Zusammenhänge aufzuzeigen und die wirtschaftlichen Kräfte zu analysieren, die das kollektive Unbehagen verstärken. Sie beginnt ihre Recherchen mit der Identifizierung und Verurteilung der ideologischen Fantasien von Arbeit im heutigen Kapitalismus – dass es einfach sei, gut bezahlte, sichere und erfüllende Arbeit zu finden, zusammen mit dem Mythos von begehrenswerten „flexiblen“ Arbeitsplätzen – und legt die harte Realität von schlecht bezahlter, prekärer Arbeit und der zunehmenden Polarisierung innerhalb des Arbeitsmarkts bloß. Sie plädiert dafür, mehr Formen der Solidarität in der Zivilgesellschaft gegen die entfremdende Atomisierung der prekär Beschäftigten zu schaffen.“

Dieses Sachbuch „Lost in Work“ geht in neun Kapiteln, die sich auch als einzelne Essays lesen lassen, drei grundsätzlichen Fragen nach:

Was ist Arbeit überhaupt?
Warum fühlen sich so viele Menschen damit unglücklich.
Was können wir dagegen tun?

Ich kann mich der Meinung der englischen Wissenschaftlerin, Journalistin und Autorin Amelia Horgan nicht wirklich anschließen. Zum einem habe ich viel zu
wenig Ahnung, wie es in Großbritannien, dessen Arbeitslage sie immer wieder als Beispiel heranzieht, zugeht und zum anderen habe ich persönlich manchmal den Eindruck, dass Hinhauen auf die, die in ihrem (Arbeits)Leben etwas erreicht haben, wieder groß in Mode ist. Ich streite gar nicht ab, dass viele Arbeitnehmer für ihre Arbeit nicht ordentlich bezahlt werden, dass das Vermögen - vor allem in Richtung einiger Firmenimperien - ungleich verteilt ist. Dennoch orte ich eine gewisse Unbescheidenheit. Muss man immer neue Klamotten aus einem Billigstlohnland, das neueste Smartphone oder den größten LED-Fernseher haben?

Ich selbst bin in einer 25m² Wohnung aufgewachsen, die wir zu viert bewohnt haben. Wir sind statt an die Adria oder Nordsee in das städtische Sommerbad gegangen. Wir haben uns, wie man so schön sagt, nach der Decke gestreckt. Wenn ich heute mit meiner Familie in einem Haus lebe, so haben wir uns das erarbeitet, auch wenn die Arbeit einige Zeit hart, unangenehm war und wenig Spaß gemacht hat.

Das Buch ist während der Covid-19-Pandemie entstanden, was man an einer etwas depressiven Grundstimmung merkt. Ja, klar gehen die Beschränkungen, die Unsicherheiten uns allen auf die Nerven. Doch vielleicht verblassen die Befindlichkeiten angesichts der Lage in der Ukraine.

Fazit:

Ein Buch, mit dem ich mich nicht wirklich warm werde, daher nur 3 Sterne.

Veröffentlicht am 29.03.2022

Eine behutsame Nacherzählung

Die Königsbraut und Das fremde Kind
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Sophie Reyer setzt die beiden Kunstmärchen, die 1819 in der Sammlung „Serapionsbrüder“ von E.T.A. Hoffmann erschienen sind, behutsam in ein neues Kleid. Dazu tragen die entzückenden Illustrationen von ...

Sophie Reyer setzt die beiden Kunstmärchen, die 1819 in der Sammlung „Serapionsbrüder“ von E.T.A. Hoffmann erschienen sind, behutsam in ein neues Kleid. Dazu tragen die entzückenden Illustrationen von Poul Dohle, die durchaus im Sinn des Dichters und Karikaturist sind, bei.

Über den Inhalt der beiden Märchen, die ja zu den Klassikern zählen, möchte ich nichts weiter erklären.

Sophie Reyer hat an der Uni Wien Germanistik und an der Musikuniversität Kompositions studiert. Eine interessante Kombination, die man an den beiden Märchen unschwer erkennt. Mit Leichtigkeit werden die Märchen in eine moderne Fassung transponiert.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem liebevoll gestalteten Buch, das sich sehr gut als Geschenk für große und kleine Fans von fantastischen Geschichten eignet, 5 Sterne.

Veröffentlicht am 29.03.2022

Ist der Mörder immer der Gärtner?

Rosenkohl und tote Bete
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Als das neu in den Berliner Schrebergarten „Harmonie“ hinzugezogene Ehepaar beim Umstechen seines Beetes eine Leiche findet, ist es mit der Harmonie gleich einmal vorbei.

Diesmal scheint im Spruch „Der ...

Als das neu in den Berliner Schrebergarten „Harmonie“ hinzugezogene Ehepaar beim Umstechen seines Beetes eine Leiche findet, ist es mit der Harmonie gleich einmal vorbei.

Diesmal scheint im Spruch „Der Mörder ist immer der Gärtner“ ein Körnchen Wahrheit zu liegen. Denn der Nachbar des Toten ist Gärtner und zugleich sein bester Freund aus Kindheitstagen, mit dem es immer wieder Zoff gegeben hat.

Listigerweise ist der des Mordes Verdächtigte selbst einmal Kriminalbeamter gewesen und kennt das Procedere. Die neue Nachbarin will helfen. Deshalb wird eine Detektei gegründet, zahlreiche alte Polizeikontakte genutzt und an dem aktuellen Ermittler, für den nur die Quote zählt, vorbeirecherchiert.

Es dauert seine Zeit, bis herauskommt, was die Wesensänderung des Toten, über die mehrere Personen berichten, hervorgerufen hat. Ein Gehirntumor war es nicht.

Meine Meinung:

So eine Schrebergarten- oder Laubenkolonie ist schon eine ganz eigene Welt. Zahlreiche Vorschriften pflastern die Wege der Bewohner. Das hat manchmal, wenn man ein Alibi braucht, sogar einen Vorteil.

Gleichzeitig ist natürlich so ein Mikrokosmos anfällig auf Gerüchte und Meinungsmacher. So wird unser wackerer Ex-Polizist gleich einmal seines Amtes als Schrebergarten-Obmann enthoben. Das kränkt zusätzlich zu dem Verdacht der Polizei.

Der Schreibstil ist leicht und locker zu lesen. Wir dürfen den einen oder anderen Blick in noch unbekannte Ecken von Berlin machen.
Ich würde mich über einen weiteren Schrebergarten-Krimi freuen.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem Krimi aus dem Mikrokosmos eines Schrebergartens 4 Sterne.

Veröffentlicht am 29.03.2022

Statt Frühling in Paris, Mord Nord-Ostsee-Express

Mord im Nord-Ostsee-Express
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Krischan Koch und seine LeserInnen feiern gemeinsam mit den Fredenbüllern den 10. Krimi dieser köstlichen Reihe. Da darf es schon etwas Besonderes sein.

Halb Fredenbüll, darunter Thies Detlefsen und seine ...

Krischan Koch und seine LeserInnen feiern gemeinsam mit den Fredenbüllern den 10. Krimi dieser köstlichen Reihe. Da darf es schon etwas Besonderes sein.

Halb Fredenbüll, darunter Thies Detlefsen und seine Frau Heike begeben sich zu Ostern auf eine Reise in die Stadt der Liebe, Paris. Einige Reisenden haben diese Auszeit nötig, da der Haussegen ziemlich schief hängt. Mit von der Partie sind die Lateinlehrerin Agathe Christiansen, die Generationen von Husumer Gymnasiasten das Leben zur Hölle gemacht hat, und Jean-Pierre Picon, der Leiter des Französisch Sprachkurses an der Volkshochschule.

Leider spielt der Wettergott nicht mit und die Gruppe, die sich auf einen Frühling in Paris eingestellt hat, bleibt mit dem Nord-Ostsee-Express mitten auf der Strecke in den Schneewechten stecken.
Doch damit nicht genug, am nächsten frostigen Morgen findet man die Christensen tot auf der Zugtoilette. Ermordet, wie Thies recht bald feststellt. Aufgrund des Wetters kann Thies auf keinerlei Hilfe von außen hoffen, zumal ja Nicole Stappenbeck wieder von Niggemeier hochschwanger ist. Picon schwingt sich zum Co-Ermittler auf. Wer hat das stärkste Motiv? Denn die Christensen war nicht nur bei Schülern höchst unbeliebt.

Allerdings ist auch in Fredenbüll nicht alles Eitel Wonne. Zunächst verschwindet Ole Mathiesen, der junge Polizeianwärter, der Thies vertreten soll. Dann sorgen seltsame Ereignisse in einer Autowerkstatt für Aufregung. Und mittendrin im Schneechaos die schwangere Stappenbeck, die eigentlich ihr neues Zuhause adaptieren will. Natürlich helfen Schimmelreiter, Antje und Co. aus.

So, lieber Leser, liebe Leserin, wer wird wohl der Mörder sein? Für einen musst du dich entscheiden!

Meine Meinung:

Wer sich beim Lesen des Titels an Agatha Christies „Mord im Orient-Express“ erinnert fühlt, hat recht. Autor Krischan Koch hat Anleihen bei diesen Krimiklassiker genommen. Ein besonders Highlight ist, dass das Mordopfer einen ähnlichen Namen wie die Doyenne der Kriminalliteratur trägt. In der besserwisserischen Figur des Belgiers (sic!) Jean-Pierre Picon ist unschwer Hercule Poirot zu erkennen.

Mit gewohntem Humor, der die Eigenheiten der Fredenbüller sehr gut charakterisiert, führt er Autor seine Leser aufs buchstäbliche Glatteis.
Antje und die Gäste der Hidde Kist laufen zur Höchstform auf, als es gilt, die im Schnee Eingeschlossenen vor dem Verhungern zu retten. Nicht „Essen auf Rädern“ ist angesagt, sondern französische Spezialitäten à la Hidde Kist per Heli. Dazu darf natürlich auch ein außergewöhnlicher Klingelton eines Mobiltelefons nicht fehlen: „Paranoid“ von Black Sabbath.

Fazit:

Ein herrlicher Krimispaß, der mir fesselnde Lesestunden beschert hat. Dafür gibt es natürlich wieder 5 Sterne.

Veröffentlicht am 29.03.2022

Eine Hommage an die Pionierin der Hirnforschung

Cécile Vogt
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Cécile Vogt (1875-1962) gilt als Pionierin der Hirnforschung. Die aus Frankreich stammende und mit Oskar Vogt verheiratete Wissenschaftlerin war ihrer Zeit voraus und mehr noch, ihre Erkenntnisse sind ...

Cécile Vogt (1875-1962) gilt als Pionierin der Hirnforschung. Die aus Frankreich stammende und mit Oskar Vogt verheiratete Wissenschaftlerin war ihrer Zeit voraus und mehr noch, ihre Erkenntnisse sind heute noch gültig.
Doch wer war diese Frau, die nur einem kleinen, elitären Kreis bekannt ist?
Als Augustine Marie Cécile Mugnier in Annecy geboren studiert sie in Paris Medizin und schließt das Studium im Jahr 1900 mit einer Arbeit über die Myelinscheide („Isolierschicht“) von Nervenzellen ab. In Deutschland werden erst ab 1909 Frauen zum Studium zugelassen.
Sie heiratet Oskar Vogt und gemeinsam forschen sie zuerst in ihrem privaten Institut, dann bauen sie das Kaiser-Wilhelm-Institut (heute Max-Planck-Institut) auf. Während Oskar Vogt bald anerkannt ist, wird Cécile immer nur als Randerscheinung, als oft unbezahlte wissenschaftliche Hilfskraft, genannt. Dabei ist sie es, die brillante Ideen in die Forschung einbringt. Immer wieder muss sie sich mit dem Vorurteil, dass „Frauen geringere geistige Fähigkeiten aufweisen als Männer, weil ihre Gehirne kleiner sind als die der Männer“ herumschlagen. Diese gehässige Herabwürdigung kann Cécile Vogt bereits 1928 wissenschaftlich widerlegen.
Das Paar hat drei Töchter, die alle in deren Fußstapfen treten und Vorreiterinnen auf dem Gebiet der Genetik, der Kinderpsychologie und der Neuropharmakologie werden.
Cécile Vogt und ihr Mann tauschen sich rege mit den Größen der damaligen Wissenschaften aus. Der Kontakt nach Russland wird ihnen nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten zum Verhängnis. Sie müssen das Kaiser-Wilhelm-Institut verlassen und gründen im Schwarzwald abermals ein privates Institut an dem sie ihre Forschungen weiterführen und zahlreichen von den Nazis verfolgten Unterschlupf gewähren.
Cécile Vogt wurde insgesamt 13 Mal für den Nobelpreis vorgeschlagen. Erhalten hat sie ihn nie.
Meine Meinung:
Birgit Kofler-Bettschart hat mit dieser Biografie einer großen Wissenschaftlerin ein würdiges Denkmal gesetzt. Cècile Vogt ist ein Opfer des, nach der US-amerikanischen Frauenrechtlerin Matilda Joslyn Gage benannten, „Matilda- Phänomens“, dass wissenschaftliche Arbeiten von Frauen häufig ihren männlichen Kollegen zugerechnet werden, besonders dann, wenn diese Kollegen ihre Ehemänner sind. Als weitere Beispiele sind hier Clara Immerwahr, Marie Curie oder Lise Meitner zu nennen.
Die Autorin hat gewissenhaft recherchiert und zitiert aus den zahlreichen erhalten gebliebenen Briefen und Schriften des Ehepaares Vogt. Zahlreiche aus den Archiven zeigen Cécile Vogt im Kreise ihrer Forscherkollegen.
Der Schreibstil ist angenehm. Medizinische Fachausdrücke müssen sein, werden aber gut erklärt.
Fazit:
Diese Biografie ist eine Hommage an eine Frau und Wissenschaftlerin, die bis heute zu Recht als Pionierin der Hirnforschung gilt. Gerne gebe ich dieser interessanten Lebens- und Schaffensgeschichte 5 Sterne.