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Veröffentlicht am 18.05.2021

Unangenehmer Schreibstil, Geschichte tritt zu sehr auf der Stelle

Hotel Weitblick
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Der Klappentext des Buches verspricht: „ein bitterböser Roman über das Leistungsdenken“ und einen „entlarvenden Blick auf die erlernten Handlungsweisen unserer Gesellschaft“ und deren „zutiefst beunruhigende ...

Der Klappentext des Buches verspricht: „ein bitterböser Roman über das Leistungsdenken“ und einen „entlarvenden Blick auf die erlernten Handlungsweisen unserer Gesellschaft“ und deren „zutiefst beunruhigende Ursprünge“. Die Handlung beschreibt ein dreitägiges Assessment Center, auf dem ein Geschäftsführer für eine Werbeagentur gefunden werden soll. Dies sprach mich an, ungesunde Firmenkulturen und ihre zerstörerische Wirkung habe ich in meinen Jahren bei zwei der sog. „Big Four“ zu Genüge erlebt. Ich freute mich auf einen psychologisch raffinierten Blick hinter die Kulissen sowohl solcher Veranstaltungen und Firmen als auch der selbsternannten Leistungsträger.

Das Lesen fiel mir leider von Beginn an schwer, denn die Autorin tut alles, um ihren Text möglichst unübersichtlich zu machen. Lange, vor Kommata wimmelnde Sätze, der völlige Verzicht auf Anführungszeichen (ganz oben auf meiner Liste unerfreulicher Stilmittel) und häufig auch auf notwendige Fragezeichen. Dazu abrupte Perspektivwechsel und gleichlautende Erzählstimmen. Solche Stilmittel sind für mich bei Büchern eher ein Warnzeichen, weil sie auf mich den Eindruck machen, daß hier Unkonventionalität und Tiefgang suggeriert werden sollen, und der Textinhalt mich häufig enttäuscht. Es war nicht anregend oder erfreulich, sich durch diesen unübersichtlichen Text zu arbeiten und er lohnte die Mühe jedenfalls für mich nicht, auch wenn es zwischendurch gelungene und treffende Sätze gibt.

Wie bereits erwähnt, klingen die fünf Erzählstimmen völlig gleich. Während der Seminarleiter sich wenigstens inhaltlich ein wenig abhebt, versinken die vier Teilnehmer in einem Einheitsbrei, so daß ich sie – bzw. ihre Hintergrundgeschichten & Probleme – kaum auseinanderhalten konnte. Es wird sehr tief in die Klischeekiste gegriffen. Die einzige Frau der Runde ist natürlich auch diejenige, deren psychische Probleme dazu führen, daß sie im mittleren Alter plötzlich ein Kind möchte, als ob bei Frauen alles auf einen Kinderwunsch hinführt. Sie ist auch diejenige, die sich ihre zukünftige Führungstätigkeit vorwiegend so ausmalt, daß sie die Agentur hübsch kuschelig einrichten möchte, mit Pflanzen, gemütlichen Sesseln etc., außerdem ist ihre Designerhandtasche ein wichtiges Identifikationsobjekt für sie. Auch die Männer entsprechen den gängigen Klischees, die uns zudem innerhalb der ersten Seiten schon auf dem Silbertablett serviert werden. Ein Teilnehmer berichtet uns von seiner Freude über seine Familie und ich war gespannt, wie wir nun allmählich die Maske des begeisterten Familienvaters fallen sehen werden. Auf der nächsten Seite erklärt er uns schon, daß ihm seine Familie auf die Nerven geht. In dieser Manier ist eigentlich alles über das Innenleben der Protagonisten bereits gesagt, bevor es richtig losgeht. Die Hoffnung, daß sich Weiteres allmählich enthüllt, erfüllt sich nicht.

Das Buch tritt fast überwiegend auf der Stelle, wiederholt die bereits gemachten Punkte immer wieder, ob nun in zähen Unterhaltungen, langatmigen Gedankengängen in Bandwurmsätzen oder Träumen. Die Konflikt zwischen Teilnehmern und Seminarleiter, bzw. den einzelnen Teilnehmern ist vom Anfang da, wird schnell auf plumpe Art hochgeschraubt und richtet sich dann ebenfalls in der Endlosschleife ein.

Dreh- und Angelpunkt der Geschichte sind – das kann man ohne Spoilergefahr schreiben, denn auch das wird schon auf den ersten Seiten dargelegt – die NS-Erziehungsprinzipien, damals niedergelegt von Johanna Haarer und noch bis in die 1980er als Ratgeber erhältlich. Wenn man bedenkt, daß das Buch 2020 spielt und die Protagonisten in ihren 30ern/40ern sind, also zu einer Zeit aufwuchsen, in der sich die Erziehung extrem gewandelt hat, ist dieser Aufhänger für mich nicht realistisch. Hätte das Buch zwei Jahrzehnte zuvor gespielt, wäre es glaubhafter gewesen. So aber konnte ich nur ziemlich befremdet den Kopf schütteln. Es gibt im Buch ein paar psychologisch gut dargestellte Momente, aber größtenteils war es mir zu plump und klischeebeladen. So waren also leider weder der Stil, noch der Inhalt, noch die Protagonisten mein Fall.

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Veröffentlicht am 01.05.2021

Der Titel verspricht mehr, als das Buch liefert

Goethe in Münster
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Wenn man hört, daß Goethe 1792 vier Tage in Münster war, fragt man sich schon, ob es da so viel zu berichten gibt, daß man ein ganzes Buch darüber schreiben kann. Und genau das ist leider auch das Problem: ...

Wenn man hört, daß Goethe 1792 vier Tage in Münster war, fragt man sich schon, ob es da so viel zu berichten gibt, daß man ein ganzes Buch darüber schreiben kann. Und genau das ist leider auch das Problem: es gibt eigentlich so gut wie nichts zu berichten und so nimmt der Besuch Goethes in diesem Buch ganze 7 Seiten ein, von denen einiges Mutmaßungen sind, Auflistungen von Goethes Ausgaben und Allgemeininformationen. Besonders interessant liest sich dieser Besuch ehrlich gesagt nicht.

Der größte Teil des Buches besteht aus den Biographien des von Goethe besuchten Münsteraner Kreises um die Fürstin Gallitzin, obwohl die meisten dieser Leute beim Besuch gar nicht mehr erwähnt werden. Darunter sind interessante Lebensläufe, wie z.B. derjenige der Fürstin; viele dieser – leider auch recht trocken geschriebenen – Lebenswege sind aber denkbar unspektakulär und lesen sich nicht sonderlich interessant.

Dann folgen allerhand Themen, die mit Goethes Besuch in Münster eher marginal zu tun haben, so Informationen zum Krieg mit Frankreich 1792, bei dem Goethe den Weimarer Herzog Carl August nach Frankreich begleiten mußte (der Zwischenstopp in Münster fand auf dem Rückweg nach Weimar statt), Goethes Haltung zur Religion und seinem Rückweg aus Frankreich. Dies ist eher knapp gehalten – wer mit Goethes Biographie vertraut ist, wird nichts Neues erfahren, für Goethe-“Neulinge“ könnte es informativ sein. Letztlich machte aber das Buch auf mich den Eindruck, daß man ein wenig krampfhaft alles gesucht hat, was man irgendwie in Bezug zu dieser Stippvisite in Münster bringen könnte, um ein Buch voll zu bekommen. Symptomatisch seien hier die Sätze über Goethes Spuren in Münster erwähnt, die besagen, daß man viel Fantasie bräuchte, um hier auf seinen Spuren zu wandeln, da letztlich von den damaligen Orten kaum einer mehr übrig sei. Es ist nicht wirklich was da, aber man strickt einiges darum.

Insofern fand ich das Buch enttäuschend, aber es war durchaus interessant, über diesen Münsteraner Kreis zu erfahren, einige der ungewöhnlicheren Lebensgeschichten zu lesen und von Goethes – über den Besuch hinausreichenden – Beziehungen zu diesem Kreis zu erfahren. Auch einige lesenswerte Hintergrundinformationen gibt es. Das Buch hat einen hochwertigen Einband und mehrere Abbildungen, arbeitet mit zahlreichen Zitaten und bietet ein umfangreiches Literaturverzeichnis. Aber dem Titel „Goethe in Münster“ wird es nicht wirklich gerecht.

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Veröffentlicht am 01.05.2021

Gelungen psychologische Spannung, tolle Atmosphäre

Die große Kälte
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Dieser spanische Kriminalroman war eine sehr erfreuliche Überraschung! Der Schreibstil hat mich von Anfang an in die Geschichte hineingezogen, als wir die Journalistin Ana im Barcelona der 1950er bei Recherchen ...

Dieser spanische Kriminalroman war eine sehr erfreuliche Überraschung! Der Schreibstil hat mich von Anfang an in die Geschichte hineingezogen, als wir die Journalistin Ana im Barcelona der 1950er bei Recherchen begleiten und gleich einiges zur Zensur im Franco-Regime erfahren. Es wird farbig erzählt, ich sah das ganze Buch hindurch die Orte und Charaktere vor mir und konnte in die geschilderte Welt eintauchen. Ana, deren Bruder vom Regime umgebracht wurde, ist eine sympathische Protagonistin, intelligent und pragmatisch. Obwohl es sich um eine Serie handelt, tritt das Privatleben Anas angenehm in den Hintergrund, die eigentliche Geschichte erhält den Raum, der ihr zusteht. Nachdem ich Krimiserien meistens meide, weil das Privatleben der Ermittler fast immer zu sehr in den Vordergrund geschoben wird, war das sehr erholsam. Auch die anderen Charaktere sind glaubhaft und mit gelungenen kleinen Details beschrieben.

Wir begleiten Ana in ein abgelegenes Dorf, in dem sie über ein Mädchen recherchieren soll, das Stigmata aufweist und zu der Kranke pilgern. Von Anfang an hängt über diesem Dorf etwas Bedrohliches und die beklemmende Atmosphäre wird gut geschildert. Während der örtliche Geistliche ganz wild darauf ist, daß Ana über „die kleine Heilige“ berichtet, rennt sie ansonsten bei den Dorfbewohnern fast überwiegend vor eine Wand. Es gibt einige nahezu skurrile Szenen, die mir gelegentlich etwas zu viel waren, im Nachhinein aber fast alle Sinn ergaben. Als Krimi im eigentlichen Sinne würde ich das Buch nicht bezeichnen, auch wenn am Ende ein enormes Verbrechen aufgedeckt wird. Es ist aber m.E. letztlich ein Roman über religiösen Fanatismus, die besondere Atmosphäre solch abgeschotteter Dorfgemeinschaften und menschliche Abgründe.

Die Handlung schreitet eher gemächlich voran, die Erzählweise ist atmosphärisch, beobachtend. Das fand ich allerdings an keiner Stelle langweilig. Ich habe gebannt gelesen und war gespannt, wie sich die vielen mysteriösen Dinge aufklären, denen Ana begegnet. Die wenigen drastischeren Szenen waren mir da fast zu übertrieben, weil sie so aus diesem Geflecht unterschwelliger Bedrohungen und unbekannter Beziehungen herausstachen.

Vorhersehbar fand ich hier nichts, auch wenn die Hinweise dezent eingeflochten werden. Bei der Auflösung wurde mir vieles klar, das vorher verwirrte. Auch viele Charaktere waren schwer zu entschlüsseln, mancher erste Eindruck wurde gründlich umgekehrt. Ich war sehr angetan davon, wie geschickt hier geschildert wurde. Das Franco-Regime spielt keine große Rolle, klingt aber auch ab und zu durch – vielleicht etwas zu wenig, aber die Geschichte hätte dafür auch keinen wirklichen Anlass gegeben und so war dies stimmig.

Insgesamt also ein Buch, das für mich durch sorgfältige und ausgefeilte Schilderung absolut spannend war und zudem durch den farbigen Schreibstil und gut konzipierte Charaktere überzeugte.

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Veröffentlicht am 20.04.2021

Lebendig, mitreißend, vielfältig

Die Tore des Himmels
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Von diesem Roman über Elisabeth vom Thüringen war ich sehr angetan. Der Schreibstil ist herrlich farbig und lebhaft, ich war sofort in der Handlung drin und dies setzt sich durch das Buch auch fort. Der ...

Von diesem Roman über Elisabeth vom Thüringen war ich sehr angetan. Der Schreibstil ist herrlich farbig und lebhaft, ich war sofort in der Handlung drin und dies setzt sich durch das Buch auch fort. Der Autorin gelingt es ausgezeichnet, die Welt des frühen 13. Jahrhunderts auferstehen zu lassen, man sieht Burgen, armselige Unterkünfte, Landschaften und auch die Menschen direkt vor sich.
Die Geschichte Elisabeths wird aus verschiedenen Perspektiven erzählt, insbesondere durch die – fiktive – Gisa, Zofe und Kindheitsfreundin Elisabeths. Das ist eine gelungene Perspektive, wir erleben die zeitgenössische Sicht, ganz nah an Elisabeth dran, aber eben doch von einer anderen Person, die Elisabeth mit Liebe und trotzdem auch manchmal mit rationaler Distanz betrachtet. So erhalten wir ein umfassendes und lebhaftes Bild dieser faszinierenden und verstörenden Person.
Einige Passagen sind aus Sicht des auktorialen Erzählers berichtet, auch diese sind schön lesbar. Dann gibt es zwischendurch noch einige Dokumente (Briefe, Tagebücher, etc), die teilweise tatsächliche historische Schriften sind, teilweise fiktiv. Diese haben mir weniger zugesagt, denn sie sind in dem damals üblichen Deutsch verfasst, was natürlich zum Thema passt und Authentizität hineinbringt, aber leider nicht leicht zu lesen war. Gerade die recht ausführlichen fiktiven Kreuzfahrtstagebucheinträge eines Ritters werden aufgrund des Schreibstils doch recht zäh und tragen zudem nicht wirklich etwas zur eigentlichen Geschichte bei. Das war mein anderer Kritikpunkt, mir wurden hier zu viele Themen hineingepackt. Die Autorin erklärt im Nachwort, sie habe ein umfassendes Bild der Zeit Elisabeths schildern wollen, was an sich eine gute Idee ist. Mir war es aber einfach zu viel für ein Buch, dessen Fokus nun eben die Geschichte Elisabeths ist. Die Kreuzzüge werden in großer Ausführlichkeit geschildert. Außerdem gibt es eine weitere Erzählperspektive: jene von Primus, einem armen Bauernjungen. Dies soll den Kontrast zum Leben des Adels schildern, die Armut jener, die Elisabeths Hilfe suchten. Auch dies ist an sich eine gute Idee, nahm aber zu viel Raum ein. Insbesondere auch deshalb, weil Primus’ anfängliche Kapitel sich inhaltlich sehr ähneln und es viele thematische Wiederholungen gibt. Auch Primus’ Aufstieg war für mich nicht ganz glaubhaft. Überhaupt nimmt die Autorin sich einige historische Freiheiten (auf die sie im Nachwort hinweist). Die Lebensgeschichte Elisabeths ist interessant und ungewöhnlich genug, nun wird aber noch eine Art Räuberpistole draufgepackt – ihr Mann wird hier ermordet, es gibt Komplotte, ketzerische Treffen, dunkle Affären, die obligatorische Liebesgeschichte und einiges mehr, was an sich nicht schlecht ist, aber für diese Geschichte nicht notwendig ist und sie eher überfrachtet. Ich hätte auf all diese Passagen recht gerne verzichtet. Schön erzählt sind sie aber allemal.
Die Autorin hat sich intensiv mit Elisabeth beschäftigt und liefert uns so ein fundiertes, tiefgehendes Psychogramm dieser Frau. Es liest sich teilweise geradezu verstörend, wie Elisabeth handelt und denkt, und wie sie immer tiefer in ihren „Wahn“ (so wirkt es manchmal) hineingleitet. Wir sind bei dieser Reise hautnah dabei. Es gibt in diesen über 500 Seiten keine Längen, ich war stets gebannt und die Charaktere berührten mich. Sie sind herrlich lebendig geschildert. Auch die historischen Informationen und Details zeugen von fundierter Recherche und sind zudem ausgezeichnet in die Handlung eingebunden.
Ich habe dieses Buch sehr genossen und viel daraus gelernt. Ein wenig mehr Fokussierung auf Elisabeths Geschichte hätte mir mehr zugesagt, aber das ist letztlich Geschmackssache. Wer eine gekonnt geschilderte Reise in das 13. Jahrhundert machen und durch unterhaltsame Lektüre auch noch einiges lernen möchte, dem kann ich dieses Buch wärmstens ans Herz legen.

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Veröffentlicht am 16.04.2021

Verliert sich sehr in Nebensächliches

So wie du mich kennst
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Dies ist eines der Bücher, bei dem der Klappentext in mir ganz andere Erwartungen geweckt hat und so muss ich leider sagen, dass nicht mein Fall war.
Der Anfang hat mich absolut überzeugt, es wird sehr ...

Dies ist eines der Bücher, bei dem der Klappentext in mir ganz andere Erwartungen geweckt hat und so muss ich leider sagen, dass nicht mein Fall war.
Der Anfang hat mich absolut überzeugt, es wird sehr farbig und in gelungener Sprache geschildert, wie Karla mit der Urne ihrer Schwester Marie in ihr Heimatdorf und zu ihren Eltern zurückkehrt. Ich sah mich durch den Erzählstil vor Ort, konnte den Schmerz der Familie nachempfinden. Gleichzeitig wird Neugier geweckt, denn es gibt einige Andeutungen über Marie, die Beziehung zwischen Marie und Karla und auch Maries Tod. Ich habe mich darauf gefreut, Maries „Geheimnis“ aufzudecken.
Dann aber wartete ich sehr lange darauf, daß die Geschichte endlich anfängt. Die Autorin erzählt in einem mäandernden Stil, was an sich eine interessante Erzählweise ist, allerdings verliert sie sich häufig in Nebensächlichkeiten, die zu der Geschichte schlichtweg nichts beitragen. Wer atmosphärische Schilderungen und Alltagserinnerungen und -erlebnisse mag, wird diese hier gekonnt beschrieben finden. Mir wurde es einfach auf Dauer zu langweilig, Karla und Marie bei jedem Schritt durch die Straßen New York zu folgen, jeden verzehrten Bagel o.ä. en detail beschrieben zu bekommen und viele Plaudereien zu lesen, die die Geschichte nicht voranbrachten.Ich habe mich zunehmend gefragt, welchen Sinn diese ganzen Nebensächlichkeiten haben. Hinzu kamen häufige Wiederholungen, sowohl der Beschreibungen wie auch der Informationen. Ich muß gestehen, dass ich nicht weiß, wann ich mich bei einem Buch zum letzten Mal so gelangweilt habe.
Inmitten all dieser Schilderungen und der zahlreichen Introspektionen erfahren wir dann durchaus neue Facetten beider Schwestern und es ist gut gemacht, wie sich diese Informationen allmählich entfalten. Es wurde für meinen Geschmack aber leider zu viel Wert auf das ganze Drumherum gelegt, das die Geschichte eher überladen machte, und letztlich gibt es hier sehr viele Worte um eher wenig Handfestes. Die meisten Handlungsstränge verpuffen dazu noch – gerade die „Auflösung“ von Maries Beobachtungen fand ein ziemlich halbherziges, praktisches Ende.
Vielleicht war es auch dieses Verlieren im Nebensächlichen, das dazu führte, daß mir weder die Schwestern noch die Nebencharaktere nahekamen. Ich blieb innerlich unbeteiligt, sah niemanden richtig vor mir. Es gibt einige sehr schön geschilderte emotionale Momente, die mich durchaus berührt haben, aber im Ganzen ließ mich dieses Buch leider kalt.

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