Weniger wäre mehr gewesen
Schwert und Krone - Zeit des VerratsDem letzten Band der "Schwert und Krone"-Saga habe ich mit Freude 4,5 Sterne gegeben, ihn sehr genossen. Nun war ich besonders gespannt darauf, wie die ersten Jahre von Friedrich "Barbarossas" Herrschaft ...
Dem letzten Band der "Schwert und Krone"-Saga habe ich mit Freude 4,5 Sterne gegeben, ihn sehr genossen. Nun war ich besonders gespannt darauf, wie die ersten Jahre von Friedrich "Barbarossas" Herrschaft geschildert sein würden. Es gibt in der Zeit so viele aufregende Geschehnisse und Entwicklungen. Leider hat mich dieser Band aber doch enttäuscht.
In diesem dritten Band der Saga sind die Jahre von 1152 bis 1157 behandelt - fünf Jahre in über 600 Seiten, das läßt schon auf Detailfreude schließen. Mir war es wesentlich zu viel der Detailfreude. Die Ereignisse um Friedrich selbst sind gewohnt spannend und farbig geschildert, ich war auf den ersten Seiten schon begeistert. Wir sind dabei, wie Friedrich sich in seine neue Rolle hereinfindet, wie er wichtige neue Weggefährten wie Rainald von Dassel kennenlernt und sich seiner ungeliebten Ehefrau entledigt. Wir reisen mit Friedrich nach Italien, erleben kluge Diplomatie und eine Politik des Ausgleichs, andererseits harsches Durchgreifen. Das alles las sich spannend und es ist auch herrlich, bekannte historische Ereignisse in Romanform zu lesen und sie gut umgestzt zu finden.
Leider aber ist für eine Barbarossa-Saga in Band 3 recht wenig Barbarossa drin. Fast hätte man es für eine Wettiner-Saga halten können, denn diese Familie nimmt hier den größten Teil ein. Da gibt es sicher auch interessante Entwicklungen, aber es werden leider auch so viele historisch nicht relevante Familienquerelen berichtet, dass ich mich manchmal eher wie in einer Seifenoper fühlte, nicht wie in einem historischen Roman. Hinzu kommen einige rein fiktive Personen, die für mich nicht durchweg interessant waren und die manchmal die eigentliche Geschichte auch eher unterbrachen. So wird in Italien sehr viel Zeit auf einen Übersetzer verwendet, der weder vorher noch nachher eine Rolle spielt. Es gibt doch ohnehin schon so viele spannende Themen und Geschehnisse, dem Buch mangelt es nicht an Seiten - war es da notwendig, noch so viel Zusätzliches hineinzuquetschen und die Geschichte so zu überfrachten? Ich hatte ohnehin öfter das Gefühl, daß die Autorin die Vielzahl der Charaktere nicht immer gut unter einen Hut bekommt. So haben wir bei den Wettinern den dritte Sohn Dedo, der vielleicht irgendwann einmal eine Rolle spielen wird und deshalb wohl immer mal wieder erwähnt wird. Allerdings tut er nichts, außer übergewichtig zu sein und dafür gehänselt zu werden. Dann haben wir bei den Piasten Jacza und Agatha, die in diesem und dem letzten Band immer nur am Rande vorkamen und zu denen es ebenfalls nicht wirklich eine zu berichtende Geschichte gibt, so daß sie immer mal wieder mit Belanglosigkeiten erwähnt werden, bis sie dann mit Friedrich zu tun bekommen. Durch diese gelegentlichen belanglosen Kapitel, in denen sie in diesem und letzten Band vorkamen, sind sie aber - jedenfalls für mich - nicht hinreichend präsent, um innerhalb dieser sehr vielen Charaktere und Geschehnisse Anteil an ihnen zu nehmen, dafür bleiben sie auch zu blass.
Die hochinteressante Wechselbeziehung zwischen Friedrich und Heinrich, überhaupt den Welfen und Staufen, erfährt dagegen eher stiefmütterliche Behandlung. Friedrichs Erlebnisse in Italien brechen abrupt ab, die sehr aufregende Rückreise wird dann von Friedrich halbherzig in einem kurzen Gespräch geschildert - dabei hätte es so herrliches Material für lebhafte Szenen abgegeben! Dafür führt Friedrich mit seinem Schwager Ludwig, der überhaupt nur einmal auftaucht, ein völlig überflüssiges Gespräch, das nur dazu zu dienen scheint, dessen Beinamen "der Eiserne" so oft wie möglich zu erwähnen. Die Gewichtung stimmte für mich an mehreren Stellen überhaupt nicht.
So wäre in diesem Band weniger mehr gewesen: weniger fiktives Beziehungsgezacker, weniger am Rande vorkommende Nebencharaktere, weniger für die Geschichte nicht wirklich wichtige Handlungsstränge. Mehr Fokussierung auf die spannenden Ereignisse um Friedrich, sowie in Dänemark, die doch nun wirklich genug Stoff hergaben, ohne noch mit so viel Drumherum aufgepolstert zu werden.
Ein weiterer Kritikpunkt, den ich schon zum Vorgängerband hatte und der hier noch stärker wurde, waren die ständigen Wiederholungen und Erklärungen des Offensichtlichen. Zu Beginn erfahren wir, daß Friedrich nun neue, junge Leute um sich schart. Die Zeiten ändern sich, eine neue Generation übernimmt. Das ist nicht schwer zu verstehen, wird uns aber im ersten Teil des Buches alle paar Seiten erneut mitgeteilt. Die Scheidung Eleonore von Aquitaniens und die damit verbundenen Gerüchte werden uns auch gleich mehrfach mitgeteilt, ebenso der Mord am Schwager Albrecht des Bären. Dann zwei fast gleichlautende Sätze über/von Ludwig, der angeblich nur noch in Rüstung herumläuft. Friedrich sagt, als er davon erfährt: "Im Gambeson und Kettenhemd? Das wird meiner Schwester nicht gefallen." 35 Seiten später sagte Ludwig zu Friedrich: "Sie (also Friedrichs Schwester) würde deutliche Einwände erheben, wenn ich mich in Kettenhemd und Gambeson zu ihr legte."
Auf Seite 494 über Heinrichs Frau Clementia: "Bald darauf war sie wieder schwanger geworden. Und noch ein drittes Mal. Zwei Töchter. Kein Sohn mehr." - Eine halbe Seite später: "Zumal Clementia keinen Jungen mehr gebar."
Es gibt noch zahlreiche weitere Beispiele und zumindest mich stören solche ständigen Wiederholungen beim Lesen sehr und ich frage mich auch, wie diese zustandekommen.
Ein kleinerer Kritikpunkt, der leider aber auch mit jedem Band etwas anstrengender wird, ist die etwas pubertierende Denkweise der meisten Charaktere. Immer wieder erfahren wir, daß die Männer auf Gespielinnen zurückgreifen, alle scheinen bei Ehen ausschließlich ans Bett zu denken, wir erfahren auch, daß Friedrich beim Anblick seiner neuen Ehefrau ständig, auch in wichtigsten politischen Augenblicken, von Begehren erfasst wird. Das ist schön für ihn, aber für uns nicht wirklich relevant, jedenfalls nicht in der Häufung.
So hab ich einerseits die Geschehnisse um Friedrich "Barbarossa" mit Vergnügen gelesen, fand den Handlungsstrang um den gestürzten dänischen König ausgesprochen spannend, da ich davon noch gar nichts wusste und erfreute mich auch im dritten Band daran, wie Geschichte lebendig wurde. Andererseits aber gab es einfach zu viele Wiederholungen und zu viele Szenen, die ich nicht interessant fand. Der vierte Band ist ein gutes Stück dünner. Ich hoffe sehr darauf, daß er sich wieder auf die Stärken der Reihe konzentriert und weniger überfrachtet daherkommt.
Lobend zu erwähnen ist auch hier wieder die gute Ausstattung mit Karten und Stammbäumen, sowie die schlicht-elegante Einbandgestaltung, die den gebundenen Ausgaben dieser Serie eigen ist und mir wesentlich besser gefällt, als die leicht angekitschten Taschenbuchtitelbilder.