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Veröffentlicht am 15.08.2020

Dirndl, Dackel und weitere Klischees

Der halbe Russ
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Auf Daisy Dollinger, Sekretärin der Münchner Staatsanwaltschaft, warten derzeit vielerlei Herausforderungen: Nicht nur schleppt ihr frisch angetrauter texanischer Ehemann einen Dackelwelpen zu Hause an, ...

Auf Daisy Dollinger, Sekretärin der Münchner Staatsanwaltschaft, warten derzeit vielerlei Herausforderungen: Nicht nur schleppt ihr frisch angetrauter texanischer Ehemann einen Dackelwelpen zu Hause an, auch kommt es bei ihrer Verwandtschaft in Dachselhofen zu immer mehr Reibereien und der unliebsame Cousin Traugott möchte sie in die Vorbereitungen seiner brasilianisch-bayrischen Hochzeit einspannen, nein, da landet auch noch der Fall eines vor dem Münchner Hofbräuhaus ermordeten russischen Straßenmusikers auf ihrem Schreibtisch. Gutmütig, wie die Daisy ist, lässt sie sich von Jungkommissar Seppi Leutner dazu überreden, sich als Undercover-Straßenmusikerin in der Szene umzuhören – und so findet sich Daisy im Dirndl mit Akkordeon bewaffnet auf dem Marienplatz wieder. Da geschieht ein zweiter Mord und wieder ist das Opfer ein russischer Straßenmusiker mit Akkordeon…

„Der halbe Russ“ ist der Auftaktband von Isolde Peters neuer Krimiserie, welche die bayrisch stämmige Autorin von Berlin aus verfasst. Das Cover mit dem treuherzig dreinschauenden Rauhaardackel vor blutigem Akkordeon ist ein absoluter Hingucker und auch der Klappentext ist kreativ verfasst und lässt auf eine spannende Geschichte voller Lokalkolorit hoffen. Letzterer ist auch durchaus vorhanden, sowohl München, als auch der Bayrische Wald werden lebensnah beschrieben und auch die typisch bayrische Atmosphäre mit all ihren Traditionen, Eigenarten und Redewendungen lässt mich an die Heimat denken. Der Schreibstil ist dem ebenfalls angepasst, die Dialoge in Dialekt geschrieben, was auch authentisch zu lesen und sehr humorvoll ist.

Die Story hat mich allerdings leider etwas enttäuscht. Nach dem Klappentext hätte ich Undercover-Ermittlungen des Ermittlerduos Daisy und Dackel Wastl im Straßenmusikermilieu erwartet. Leider hatte Daisy aber gerade mal einen einzigen Auftritt als Straßenmusikerin in Dirndl und Hund Wastl war mehr ein netter Nebendarsteller als tatsächlich storyrelevant. Auch die Ermittlungsarbeit ließ zu wünschen übrig, gefühlt ging es das halbe Buch lang um Daisys urbayrische Familiengeschichte und -reiberein in Dachselkofen, wobei die Morde und deren Hintergründe fast schon in Vergessenheit gerieten. Wirkliche Ermittlungen haben ebenfalls nicht stattgefunden, vielmehr wird die Polizei als trottelig und unprofessionell dargestellt und sehr ins lächerliche gezogen (z.B. „Ohrwatschl-ziehen“ als anerkannte Verhörmethode). Die Geschehnisse wurden mehr oder weniger durch den Zufall vorangetrieben, die Auflösung wirkte absolut konstruiert. Im gesamten Buch werden ständig sämtliche Bayern-Klischees ausgepackt, die für jemanden tatsächlich aus Bayern stammenden altmodisch, überzogen und fast schon beleidigend wirken können. An vielen Stellen scheint der Versuch unternommen zu werden, das traditionelle Bayern mit der modernen Welt zu verknüpfen – was meiner Meinung nach aber leider nicht wirklich gelungen ist (z.B. Feminismus und Vegetarismus trifft auf Patriarchat und Bratwursthochzeit). Auch in Hinblick auf die Spannungsentwicklung ist noch Luft nach oben.

Mit der Protagonistin Daisy Dollinger bin ich leider bis zum Schluss nicht richtig warm geworden. Sie wirkt auf mich impulsiv, naiv und nicht halb so weltmännisch, wie sie gerne tut. Auch ihr Verhalten und ihre Gedanken Vinzenz gegenüber kann ich in Hinblick auf ihren sympathischen Ehemann Adrian nicht gutheißen. Die weiteren Figuren wurden meist ironisch-überzogen, aber teilweise auch skurill-liebenswürdig dargestellt und Dackel Wastl ist einfach nur zum Verlieben. Es gab allerdings klare Gruppierungen, die dann auch jegliche Klischees erfüllt haben, so etwa „die Russen“ oder die „Urbayern aus dem Bayrischen Wald“. Das war mir - wenn auch bewusst überspitzt dargestellt – einfach zu viel und irgendwann eher störend als witzig.

Fazit: Originell geschrieben und mit viel bayrisch-münchnerischem Lokalkolorit, aber inhaltlich etwas flach und teilweise so überzogen klischeehaft, dass es schon wieder unglaubwürdig wirkt. Auch in Bezug auf den Spannungsbogen ist noch Luft nach oben.

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Veröffentlicht am 15.08.2020

Spannung und Lovestory vor atemberaubender Naturkulisse

Dangerous Hearts – Mit dir gegen jede Gefahr
3

Nikki hat eine enttäuschende Beziehung hinter sich und kehrt ihrem Heimatort den Rücken. Um zur Ruhe zu kommen jobbt sie über den Sommer im Besucherzentrum des Glacier National Parks in Montana und genießt ...

Nikki hat eine enttäuschende Beziehung hinter sich und kehrt ihrem Heimatort den Rücken. Um zur Ruhe zu kommen jobbt sie über den Sommer im Besucherzentrum des Glacier National Parks in Montana und genießt die wunderschöne Natur um sich herum. Eines Tages ergänzt ein neuer Ranger das Team und erweckt sofort Nikkis Aufmerksamkeit: Jared sieht gut aus, ist ein echter Naturbursche, hat aber auch eine verletzliche Seite – denn auch er lässt eine traurige Vergangenheit hinter sich. Viel Zeit, um sich näher zu kommen bleibt den beiden aber nicht, denn plötzlich treiben grausame Wilderer ihr Unwesen im Nationalpark. Auf deren Spur wird Jared beinahe angeschossen und allen im Team ist klar: Gefährliche Machenschaften werden im Park getrieben. Wird es den Rangern gelingen, diese aufzudecken?

„Dangerous Hearts – Mit dir gegen jede Gefahr“ ist der zweite Teil der „Dangerous Hearts“-Reihe der Autorin Romina Gold, der aber komplett unabhängig von Teil 1 lesbar und verständlich ist. Das Cover wirkt direkt ansprechend, nicht nur durch das abgebildete Paar, das meiner Vorstellung von Nikki und Jared sehr nahe kommt, sondern vor allem durch die wunderschöne Naturlandschaft, die durch den stürmischen Fluss am unteren Ende etwas bedrohlich wirkt. Hier wird bereits sehr gut die Grundstimmung und die beiden Handlungsstränge des Buches eingefangen: Zum einen Teil besteht es aus der Liebesgeschichte zwischen den beiden Protagonisten, zum anderen aus der fast schon kriminalistisch anmutenden Jagd nach den Wilderern. Beide Handlungsstränge wurden so perfekt ineinander integriert, dass keiner zu kurz kam und sich beide vielmehr sehr gut ergänzt haben.

Insgesamt war der Roman sehr atmosphärisch, das Setting im Glacier Nationalpark toll und außergewöhnlich gewählt. Da ich selbst schon einige Nationalparks in USA besucht habe, empfand ich die Atmosphäre, Darstellung der Ranger und deren Engagement für Tiere und Natur als sehr authentisch, konnte mir die beschriebenen Naturlandschaften sehr gut vorstellen und habe jede Leseminute genossen. Mir hat sehr gut an diesem Buch gefallen, dass der Leser nicht nur die Protagonisten, sondern auch die Strukturen und Werte des National Park Service (NPS), die wichtige Arbeit der Ranger und die wunderbare Landschaft dieses bezaubernden Fleckchens Erde kennengelernt hat. Ich finde den NPS eine tolle und wichtige Institution und dementsprechend freut es mich sehr, dass wir im Buch so viel über ihre Lebens- und Arbeitsweise und die konkreten Aufgaben auf der Gradwanderung zwischen Natur-/Tierschutz und Tourismus mitbekommen. Toll, dass so lebensnah über so ein wichtiges Thema geschrieben wird!

Sowieso haben mir Ausdrucksweise und Schreibstil der Autorin sehr gut gefallen. Es gab zahlreiche humorvolle Momente, dann wieder liebevoll-zärtliche Szenen zwischen den Protagonisten sowie spannende Szenen, in denen ich die Luft angehalten habe. Die einzelnen Kapitel sind entweder aus Nikkis oder aus Jareds Sicht geschrieben, wobei letzterer größere Anteile hatte, was mir aber gut gefiel, da er viel im Nationalpark unterwegs ist und man als Leser so die Arbeit der Ranger hautnah miterlebt. Mit den Protagonisten auf die Jagd nach den Wilderern zu gehen hat die Spannung in die Höhe getrieben, gleichzeitig verfolgt man die Entwicklung der Gefühle zwischen den beiden. Hier muss ich leider kritisieren, dass mir das etwas zu schnell ging. Beide haben gerade erst große Enttäuschungen hinter sich, die noch nicht verarbeitet wurden, öffnen sich aber gleichzeitig extrem schnell jemand Fremden und gehen eine Beziehung ein. Das hat für mich nicht wirklich zusammengepasst. Ich hätte mir auch eine etwas emotionalere Beschreibung der Gefühle der beiden füreinander gewünscht. Das gemeinsame Engagement für den Naturschutz hat die beiden zusammengeschweißt und so hat man als Leser permanent mitgerätselt und zahlreiche Verdächtigungen darüber angestellt, wer in die kriminellen Geschehnisse rund um den Glacier NP verwickelt sein könnte. Der Showdown am Ende hat mich überrascht, da nichts so war, wie es zunächst schien – ein absoluter Mega-Twist, den ich niemals hätte kommen sehen! Eine bittersüße Auflösung der Geschichte, aber ein Happy End für Jared und Nikki, die im wunderschönen Epilog in ihre gemeinsame Zukunft starten.

An den Charakteren hat mir insbesondere deren Einstellung gut gefallen. Jared ist ein absoluter Traummann, er ist sensibel, mutig und absolut integer. Nikki hingegen ist etwas blass geblieben, hat sich teilweise widersprochen und erschien mir in vielen Punkten etwas zu naiv. Super fand ich die Park Crew und den starken Zusammenhalt dieses fast ausnahmslos sympathischen Teams.

Mein Fazit: Ein Buch, in dem Spannung und Liebe gut ausgeglichen sind und in einem wunderschönen Setting spielt, das sofort Lust auf die nächste USA-Reise macht!

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  • Handlung
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  • Charaktere
  • Cover
  • Gefühl
Veröffentlicht am 06.08.2020

Psychodrama um das Haus auf den Klippen

Ich will dein Leben
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1986: Die 16jährige Tamsyn lebt in der hintersten Ecke Cornwalls. Arbeitslosigkeit, Trostlosigkeit und Mutlosigkeit prägt ihr Umfeld und seit ihr geliebter Vater bei einer Seenotrettung ums Leben gekommen ...

1986: Die 16jährige Tamsyn lebt in der hintersten Ecke Cornwalls. Arbeitslosigkeit, Trostlosigkeit und Mutlosigkeit prägt ihr Umfeld und seit ihr geliebter Vater bei einer Seenotrettung ums Leben gekommen ist gibt es für Tamsyn nur eine Sache, an der sie noch Freude findet: Hoch auf einer Klippe über dem Meer steht ein wunderschönes weißes Herrenhaus, in dessen Pool sie verbotenerweise mit ihrem Vater schwimmen war und an das sie die besten Erinnerungen ihres Lebens hat. Das junge Mädchen ist fasziniert von dem Haus und beobachtet alles akribisch, was dort abläuft. Sie entwickelt eine regelrechte Obsession hinsichtlich der Bewohner des Hauses, der Familie Davenport aus London. Als diese eines Sommers ihre Tochter Edie mitbringen freundet sich diese mit Tamsyn an, nichtsahnend, dass diese eigentlich nur eines möchte: Ein Leben, wie Edie es lebt.

Das Cover des Buches ist absolut passend und fasst gut seine Quintessenz zusammen: Ein rothaariges Mädchen, das auf die weiße Villa auf den Klippen schaut. Insofern passt der Originaltitel des Buches „The Cliff House“ auch ideal und hätte meiner Meinung nach auch für die deutsche Ausgabe verwendet werden können, da „Ich will dein Leben“ etwas falsche Erwartungen bei mir als Leser geweckt hat – denn es ist tatsächlich das Haus, das Dreh- und Angelpunkt und Ziel von Tamsyns Streben ist und nicht Edies Leben als Ganzes. Sie ist von der Haus und der Vorstellung dort zu leben besessen, nicht von Edie als Person.

Die beiden Mädchen im Mittelpunkt des Geschehens sind auf den ersten Blick extrem unterschiedlich: Tamsyn hat früh ihren Vater verloren und kommt aus ärmlichen, aber liebevollen Verhältnissen. Sie ist sehr introvertiert und wirkt teilweise noch sehr kindlich-naiv. Edie hingegen ist die rebellische Tochter reicher Eltern, die krampfhaft um deren Aufmerksamkeit buhlt und insgesamt sehr selbstbewusst auftritt. Doch beide Elternteile sind zu sehr mit sich selbst beschäftigt, als dass sie der Tochter die Liebe und Aufmerksamkeit geben könnten, die sie braucht und geben ihr lediglich finanzielle Sicherheit. Tamsyn jedoch glaubt in den Davenports die personalisierte Perfektion vorzufinden, sie ist absolut verblendet und besessen von dem Wunsch, Edies Leben zu führen. Sie ist besessen davon, in dem geliebten Haus auf den Klippen zu blieben und tut alles, um Zugang zur Familie zu haben. Dabei gerät sie immer mehr in eine Opferrolle und lässt sich von der abgebrühten Edie sowie ihrer Mutter respektlos und demütigend behandeln. Die beiden Frauen der Familie Davenport haben mich in ihrer mangelnden Empathie und ihrem Egoismus teilweise richtig angeekelt. Beide Mädchen verbindet die Einsamkeit, die jede auf ihre eigene Art und Weise verspürt; die unterschiedlichen, aber dennoch schwierigen Familienverhältnisse und die erschreckenden psychischen Abgründe, die sich bei beiden auftun. Letztlich teilen beide ein ähnliches Schicksal in verschiedenen sozialen Schichten.
Sämtliche Personen sowie deren Konstellation hätten großes Potenzial für ein spannendes Buch, das sogar als psychologische Charakterstudie hätte durchgehen können, geboten. Leider blieb jedoch die Charakterentwicklung der einzelnen Figuren etwas auf der Strecke, die Personen haben nach meinem Geschmack etwas zu wenig Tiefe und sind blass geblieben. Auch waren sie in ihren Handlungen teilweise inkonsistent und unberechenbar und somit wenig authentisch. Auch das Spiel mit typischen Klischees wurde etwas übertrieben.

Gut gefallen hat mir hingegen der langsame Spannungsaufbau, welcher der Autorin ganz wunderbar geglückt ist. Über dem gesamten Buch schwebt eine düstere, bedrohliche Atmosphäre, als Leser spürt man das Unheil regelrecht langsam unterschwellig näherkommen. Der Schreibstil ist flüssig und unaufgeregt, eine permanente undefinierbare Bedrohung schwingt jedoch bereits sehr früh mit den Zeilen mit. Amanda Jennings ist es ganz großartig gelungen, die Emotionen ihrer Protagonisten zu beschreiben, so dass diese direkt auf mich als Leser übergesprungen sind. Auch gut gefallen haben mir die zahlreichen Perspektivwechsel – so gut wie jede Figur kommt hier einmal in den Fokus. Warum lediglich Jagos Sicht aus der „Ich“-Perspektive in Gegenwart geschildert wurde hat sich mir aber leider nicht erschlossen. Die geheimnisvollen mit „Heute“ überschriebenen Kapitel haben Spielraum für Fantasie und Spekulation gelassen, sie waren bis zum Schluss sehr vage und haben keinerlei Hinweis auf das Ende des Buches gegeben. Dieser Mix aus Vergangenheit und Gegenwart hat noch zusätzlich die Spannung erhöht und auf das Ende hinfiebern lassen.
Dieses spielt sich eigentlich komplett im letzten Drittel des Buches ab, was vorher langsam vor sich hingebrodelt hat entlädt sich alles auf einmal. Sehr viele Entscheidendes und Dramatisches passiert in wenigen Kapiteln, so dass das eigentliche Ende sogar etwas unspektakulär wirkt. Für mich war die Auflösung der „Heute“-Kapitel allerdings überraschend und nicht vorhersehbar, leider aber auch ein wenig unglaubwürdig. Die Geschichte als Ganzes war aber schlüssig, da ein Happy End wäre hier sehr konstruiert gewesen wäre.

Ganz nebenher wird Cornwall mit all seiner Schönheit, aber auch Problemen sehr gut beschrieben. Sehr anschaulich zeigt die Autorin, wie der wirtschaftliche Niedergang eine ehemals florierende Provinzstadt getroffen hat und welche sozialen und gesellschaftlichen Probleme (Drogen, Arbeitslosigkeit, Mutlosigkeit) dadurch entstehen.

Alles in Allem hatte ich eine gute Lesezeit und der langsame Verlauf der Geschichte mit der düsteren, unterschwelligen Bedrohung hat mir gut gefallen. Psychologisch hätte ich mir allerdings mehr erhofft und auch die Handlung hätte besser verteilt werden können. Alles in allem ein nettes Buch, das mich aber nicht hundert prozentig überzeugt hat.

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  • Handlung
  • Spannung
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  • Charaktere
Veröffentlicht am 04.08.2020

Feministischer Rache-Roman

Wings of Silver. Die Rache einer Frau ist schön und brutal (Golden Cage 2)
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Die erfolgreiche Geschäftsfrau Faye ist am Ziel: Ihren skrupellosen und brutalen Ex-Mann Jack hat sie hinter Gitter gebracht, ihre kleine Tochter ist in Sicherheit und ihr Unternehmen „Revenge“ expandiert. ...

Die erfolgreiche Geschäftsfrau Faye ist am Ziel: Ihren skrupellosen und brutalen Ex-Mann Jack hat sie hinter Gitter gebracht, ihre kleine Tochter ist in Sicherheit und ihr Unternehmen „Revenge“ expandiert. Sie hat die Vergangenheit hinter sich gelassen und sich ein neues Privatleben fernab der schwedischen Heimat in Italien aufgebaut. Doch plötzlich häufen sich seltsame Aktienverkäufe ihrer Aktionärinnen und Faye muss um das Bangen, was sie gemeinsam mit ihrer verstorbenen Freundin Chris aufgebaut hat. Zu allem Unglück gelingt es Jack auch noch, aus dem Gefängnis auszubrechen – und urplötzlich ist nicht nur Fayes Geschäft, sondern darüber hinaus ihr Leben in Gefahr.

„Wings of Silver“ ist der zweite Band der „Golden-Cage“-Reihe der schwedischen Autorin und Unternehmerin Camilla Läckberg. Der Titel für ihr Buch ist sehr passend gewählt und der Untertitel „Die Rache einer Frau ist schön und brutal“ hat mich direkt angesprochen und neugierig gemacht. Auch das Cover ist hochwertig und sehr schön gestaltet: Das Motiv des abgebrochenen „Revenge-Lippenstiftes“, mit dem Fayes Name geschrieben ist, symbolisiert sowohl die Gefahr, in der sie persönlich sich befindet und repräsentiert ihr strauchelndes Unternehmen. Die silberne Schriftfarbe ist ein absoluter Hingucker und passt perfekt zum Titel. Ein absolut gelungenes Cover!

Camilla Läckbergs Schreibstil ist fesselnd und spannend, sie beschreibt anschaulich und sorgt für Tempo. Lediglich die erotischen Szenen waren mit teilweise etwas zu vulgär beschrieben, aber das ist bekanntlich Ansichtssache. Das Buch ist in vier Teile gesplittet, die jedesmal enden, wenn ein neuer, lebensverändernder Vorfall in Fayes Leben geschieht. Zwischen den erzählenden Parts zu Fayes Gegenwart werden regelmäßig Szenen von „damals“ in Fjällbacka aus der „Ich-Perspektive“ eingeschoben, die teilweise so brutal und ekelerregend waren, dass mir vor Mitleid und Grauen Tränen in die Augen getreten sind. Ziemlich schnell ergeben diese Szenen für den Leser aber ein stimmiges Bild zur eigentlichen Geschichte, falls die Autorin hier für ein Rätsel sorgen wollte, war dieses leider sehr schnell gelöst. Insgesamt erschien mir der Roman an vielen Stellen leider sehr vorhersehbar und wenig überraschend.

Insgesamt war die Story an sich gut und die Idee dahinter toll. Leider hat sie sich aber nicht in sich abgeschlossen angefühlt, mir fehlten teilweise Informationen aus dem ersten Band, so dass nicht alle Handlungsstränge voll nachvollziehbar oder verständlich waren. Auch endet die Geschichte offen, so dass noch genug Stoff für einen dritten Band bleibt. Gut beschrieben wurde die Businesswelt, in der sich Faye bewegt, wobei allerdings leider das Produkt der Firma und Details zum entscheidenden Twist leider zu allgemein und oberflächlich blieben.

Faye als Protagonistin wurde für mich leider nicht greifbar, vielmehr hat sie mich in weiten Teilen des Buches eher genervt. Ich habe sie als sehr widersprüchlich wahrgenommen: Einerseits ist sie eine knallharte, intelligente Geschäftsfrau, dann auch wieder liebende Mutter und zuverlässige Freundin, auch starke Feministin, die den Männern nicht wiederstehen kann. Ebenfalls ist sie eine skrupellose, fast psychopathisch-berechnende Mörderin, dann aber auch wieder ein naives und gutgläubiges kleines Mädchen, das geliebt und bewundert werden möchte. Mir waren das leider zu viele Charakterzüge innerhalb einer Person, so dass ich mit Faye nicht warm geworden bin und sie als unauthentisch empfunden habe. Andere Personen spielen eher eine untergeordnete Rolle, obwohl beispielsweise auch ihre Freundinnen Alice und Ylva interessant gewesen wären. Ex-Mann Jack wird ebenfalls kaum erwähnt, obwohl man nach dem Klappentext erwartet, ihn im Fokus zu finden. Jedoch taucht er erst nach der Hälfte des Buches überhaupt auf und nimmt eher kleine Rolle ein, man lernt ihn als Leser überhaupt nicht kennen. Vor der Überrepräsentation Fayes ist auch deren Leben in Italien, das sie ja verteidigen möchte, völlig außen vor geblieben.

Hin- und hergerissen bin ich zum Thema Feminismus, das ständig und an vielen Stellen thematisiert wurde. Schön war es, die zahlreichen starken Frauen kennenzulernen und mitzuverfolgen, wie sie sich verbündet und Freundschaften entstanden sind. Hier wird Frauenpower wirklich spürbar!
Andererseits war mir das Thema zu omnipräsent und zu fanatisch, es herrschte ein striktes Schwarz-weiß-Denken vor: Männer sind entweder brutale Vergewaltiger oder versuchen hinterlistig Frauen übers Ohr zu hauen und auszunutzen, während Frauen alle gut und vertrauenswürdig sind und Schwesternschaft das höchste Gut ist. Dies ist nicht nur falsch, sondern auch absolut unfair der Männerwelt gegenüber, es gab im Buch keinen einzigen ehrlichen Mann.

Schade, dass in Fayes Welt Männer insgesamt nicht gut wegkommen, denn Story und Schreibstil hatten durchaus Potenzial. Die Umsetzung hat mich leider aber nicht überzeugt.

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Veröffentlicht am 27.07.2020

Dave Robicheaux´ zehnter Fall – und mein erster

Sumpffieber
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Vor etlichen Jahren wurde in New Iberia ein radikaler Gewerkschaftsführer auf brutale Art und Weise ermordet. Der Fall konnte nie aufgeklärt werden, die Täter sind nach wie vor auf freiem Fuß. Jahrzehnte ...

Vor etlichen Jahren wurde in New Iberia ein radikaler Gewerkschaftsführer auf brutale Art und Weise ermordet. Der Fall konnte nie aufgeklärt werden, die Täter sind nach wie vor auf freiem Fuß. Jahrzehnte später sind die Kinder dieses Mannes, Megan und Cisco Flynn, zurück in der Gegend – scheinbar um zu arbeiten. Als wenige Tage nach ihrer Ankunft zwei weiße Brüder nach der Vergewaltigung eines schwarzen Mädchens kaltblütig erschossen werden fällt der Verdacht auf einen Mann, der auch schon damals beteiligt gewesen sein soll: Alex Guidry. David Robicheaux ermittelt in diesem Fall, kann aber auch den Cold Case nicht fallen lassen – insbesondere deshalb nicht, weil Megan immer wieder seine Nähe und Unterstützung sucht. Als der Verdächtige kurz bevor er Robicheaux die Wahrheit erzählen kann ebenfalls ermordet wird weiß dieser, dass er auf der richtigen Spur ist. Und sich mit gefährlichen Leuten angelegt hat.

„Sumpffieber“ ist der inzwischen zehnte Fall (von 23!) der „Dave-Robicheaux-Reihe“ des amerikanischen Bestsellerautors James Lee Burke – und mein erster! Ich bin hin und weg von seinem großartigen, wortgewaltigen Schreibstil! Absolut außergewöhnlich und ganz anders als das, was einem normalerweise in Büchern begegnet. Auch die – sicherlich nicht einfache – Übersetzung dieser poetischen und intelligenten Sprache ist gut geglückt und hochwertig. Etwas schwach fand ich lediglich die oftmals sehr kurzen und wenig aussagekräftigen Dialoge zwischen den Figuren.

Als Leser spürt man deutlich die Verbundenheit des Autors mit der Gegend in Louisiana, in der er nicht nur seine Bücher ansiedelt, sondern auch selbst lebt. Burke beschreibt insbesondere Landschaften und alltägliche Situationen sehr metaphernreich und atmosphärisch. Man kann die Bayous, Bäume und Sumpflandschaften der Südstaaten regelrecht riechen und fühlen, so anschaulich werden sie dargestellt. In diese idyllischen Landschaftsbeschreibungen siedelt er als krassen Kontrast das Böse, von Menschen Gemachte an: Rassismus, Gewalt, Alkoholismus, Kriminalität und Armut. Diese Themen werden in all ihren dunklen Facetten ungeschönt beschrieben, was mir teilweise etwas zu brutal war. Burke zeichnet ein grausames Bild von Amerikas Südstaaten. Insbesondere das Rassismus-Thema war sehr präsent. Das stimmte mich sehr traurig, da das Buch schon über 20 Jahre alt ist, Burkes gesellschaftskritische Themen allerdings gerade in der momentanen Zeit aktueller sind denn je.

Zunächst fiel es mir zugegebenermaßen etwas schwer, aufgrund der sehr schnellen Gedankensprünge in die Geschichte hineinzukommen. „Sumpffieber“ ist aus Sicht von Robicheaux geschrieben, ohne dass es großer Erklärungen bedarf. Spannend fand ich auch die ab und an auftretenden Perspektivwechsel. Der Anfang erfolgte sehr schnell, man wurde regelrecht in die Story hineinkatapultiert. Robicheaux war mir zu diesem Zeitpunkt noch völlig unbekannt und auch die verschiedenen Handlungsstränge und zahlreichen Personen zu erfassen empfand ich als kompliziert.

Robicheaux agierte wie ein moderner Robin Hood, so ganz konnte ich seine Rolle zwischen Polizist, und Privatperson bis zum Ende hin nicht einordnen. Auch gab es unzählige undurchsichtige Figuren, so dass bis zum Schluss unklar blieb, wer eigentlich Opfer oder Täter oder beides war. Diese Figurenzeichnung empfand ich als recht spannend, da die meisten weder gut noch schlecht, sondern als Produkt ihrer Sozialisation präsentiert werden. Zum Ende hin war ich deshalb leider aber sehr verwirrt. So ganz habe ich nicht mehr zusammenbekommen, wer wie mit drin steckt und bin leider zugegebenermaßen etwas ausgestiegen, was mir sonst eigentlich nie passiert. Schade auch, dass es keine gerechte Strafe für die wirklich Schuldigen gab.

Insgesamt muss man durchgängig aufmerksam bleiben und sehr genau lesen, um den roten Faden nicht zu verlieren – das Buch ist definitiv nichts fürs schnelle, unkomplizierte Entspannungslesen.

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