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Veröffentlicht am 13.03.2018

Ein sehr gut gelungenes, informatives, unterhaltsames Werk!

Chinas Bosse
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„Chinas Bosse“ von Wolfgang Hirn hat mir ausgezeichnet gefallen, daher empfehle ich es wärmstens auch weiter.
Das Buch ist insg. sehr gut strukturiert. Jedes Kapitel hat mehrere kleinere Unterkapitel, ...

„Chinas Bosse“ von Wolfgang Hirn hat mir ausgezeichnet gefallen, daher empfehle ich es wärmstens auch weiter.
Das Buch ist insg. sehr gut strukturiert. Jedes Kapitel hat mehrere kleinere Unterkapitel, die man prima in Pausen, zwischen U-Bahnstationen lesen kann. Diese sind mit einander prima verknüpft. Die Übergänge fließen ineinander, sodass man immer versucht ist, eine weitere Seite umzublättern und noch ein weiteres Unterkapitel zu lesen. Am Ende eines Kapitels gibt es Fazit, das das Wesentliche der Ausführungen nochmals hervorhebt.
Rund 264 Seiten plus Einleitung sind in 7 Kapitel geordnet, in denen es nicht so sehr um die Bosse geht, wobei um sie natürlich auch, mehr um ihre Unternehmen und um die Wirtschaft in China insg., um ihre Vergangenheit und noch vielmehr um ihre Gegenwart und die Zukunft.
Schon allein wenn man auf das Inhaltsverzeichnis schaut, z.B. auf der Seite des Verlages, bekommt man Lust, das Buch zu lesen, und man wird für seine Neugier mit spannenden Einsichten und reichhaltigen Erkenntnissen belohnt. Jedes Kapitel ist lesenswert: voller Daten, Fakten, schlicht Dingen, die man über chinesische Wirtschaft wissen sollte.
Wie der Autor zu Anfang schreibt: „Es gibt nicht den chinesischen Manager und Unternehmer. Chinas Bosse sind vielmehr ein Mix aus interessanten, aber doch sehr unterschiedlichen Personen und Persönlichkeit.“ S.10. Oft genug liest man über eine klassische Tellerwäscher-Karriere, insb. bei den älteren Bossen: Früher ein Fabrikarbeiter oder ähnl., heute der Geschäftsführer eines bedeutenden florierenden Unternehmens.
In den ersteren Kapiteln erfährt man sowohl etwas zur Entstehungsgeschichte des Unternehmertums in China, als auch das Wesentliche zu stattlichen Giganten, darunter über die Rolle der Partei. Auch über Chinas große Privatkonzerne, über die es auch später noch mehr zu erfahren seinwird, liest man im Kap. 3. Im nächsten Kapitel geht es um Einkaufslust der chinesischen Neureichen. Gerade Luxusartikeln erleben da einen Boom. Auch Hotels, Immobilien, Grund und Boden, etc. sind beliebte Kaufobjekte der Chinesen. Es wurde auch plausibel erklärt, warum. Im online-Bereich, Kap. 5, geht es auch sehr spannend zu. Hier wird u.a. erzählt, warum die chinesischen Pendants zu den westlichen Suchmaschinen und Social-Media-Kanälen viel fortschrittlicher sind, warum dort online Geschäfte boomen uvm. Ein tolles Unterkapitel über Jack Ma, von dem man auch an weiteren Stellen hören wird. Ähnliches gilt bei den E-Autos, E-Bussen, Flugzeugen, Big Data und künstlicher Intelligenz im Kap. 6. Im letzten Kapitel wird nachgedacht, was man mit diesen Entwicklungen in Europa anfangen sollte, denn die Situation ist nicht so einfach. Die Chinesen schlüpfen mal in die Rolle eines Entwicklungslandes, wenn es ihren Interessen dienlich ist, sonst können sich manche westliche Unternehmen kaum von ihren Übernahmeangriffen und anderen derartigen Aktionen retten.
Der Text ist sehr gut: griffig, knapp, aber auch sehr zugänglich und prima lesbar geschrieben. Man sieht dem Autor seine profunden Kenntnisse auch an, die er unterhaltsam zu vermitteln weiß. Er erzählt nicht nur über Status Quo, darunter u.a. was Coopetition ist, er zeigt auch die Tendenzen auf, die die Zukunft früher oder später beeinflussen werden.
Spätentens am Ende der Lektüre ist klar: China ist eine aufstrebende Weltmacht. An „Kleingeld“, Know-how, Kapazitäten oder Geschäftstüchtigkeit mangelt es da keineswegs. In den nächsten Jahren wird es spannend, was China in Europa unternehmen wird, welche Übernahmen stehen bevor und wie all dies das Leben der einfachen Bürger beeinflussen wird.

„Wir Europäer stehen in einem Wettbewerb nicht nur zwischen Unternehmen, sondern zwischen zwei Systemen. Das ist die neue Qualität der Auseinandersetzung, an die wir uns erst gewöhnen müssen… Mit dieser Erkenntnis heißt es auch Abschied nehmen von einer positiven wie negativen Illusion über China. Zu lange glaubten viele im Westen, China würde mit steigendem Wohlstand irgendwann wie wir werden… China hat vielmehr seinen eigenen wirtschaftlichen Weg gefunden.“ S. 277.

Das Buch ist schön gemacht: Festeinband in Rot, Lesebändchen passend dazu ebenfalls in Rot, Umschlagblatt. Toll als Geschenk.

Fazit: Ein sehr gut gelungenes, informatives, unterhaltsames Werk über die chinesische Wirtschaft und ihre Bosse. Diese Inhalte sollte jeder kennen. Volle Punktezahl gibt es von mir und eine unbedingte Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 11.03.2018

Ein wunderbarer Schmöker!

Das Geheimnis der Muse
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„Das Geheimnis der Muse“ hat mir ausgezeichnet gefallen, daher empfehle ich den Roman auch wärmstens weiter.
Im Fokus stehen zwei Künstlerinnen: eine junge Malerin im Jahr 1936 in Andalusien, kurz vor ...

„Das Geheimnis der Muse“ hat mir ausgezeichnet gefallen, daher empfehle ich den Roman auch wärmstens weiter.
Im Fokus stehen zwei Künstlerinnen: eine junge Malerin im Jahr 1936 in Andalusien, kurz vor dem Ausbruch des Bürgerkrieges, und eine farbige, junge Schriftstellerin im Jahr 1967 in London. Beide haben erhebliche Schwierigkeiten, ihre Werke an die Öffentlichkeit zu tragen. Die beiden wollen lieber im Hintergrund bleiben.
Die Erzählstränge wechseln sich ab: Mal wird die Geschichte von Olive, der Malerin erzählt, die sich im Dachzimmer einer andalusischen Finka eingerichtet hat und dort die Blütezeit ihrer Schaffenskraft erlebt. Zusammen mit ihren Eltern ist sie dorthin aus London gezogen, der Vater ein Kunsthändler, der so manches Bild u.a. an Peggy Guggenheim verkauft, die Mutter eine gelangweilte Schönheit. Die Geschichte von Odelle, die aus Trinidad nach London vor paar Jahren kam und nun bei einer angesehenen Galerie einen Job ergattert hat, spiegelt sich im gewissen Sinn darin. Zudem gibt es noch andere Verbindungen zwischen den beiden. Odelle will das Geheimnis eines Bildes aufdecken, mit dem sie eines Tages konfrontiert wird. Odelles Vorgesetzte Marjory Quick, die für sie und ihr Talent eine Mentorin und Förderin wird, scheint auch ein dunkles Geheimnis zu verbergen.
In beiden Erzählsträngen gibt es Liebesgeschichten, spannende Frauenschicksale, allerhand Rätselhaftes um das Bild der Heiligen Rufina, um die Identität von Marjory Quick, auch um die von manch anderen Figuren. Das Thema der Identität ist schon gut präsent, aber auch so authentisch den Erzählteppich eingewoben worden! Das gilt auch für die in die Tiefe gehenden, treffenden Gedanken um Künstler, ihr Schaffen, ihre Werke und Künstlerdasein insg. Es wird auch mit manchem Denkfehler in der Hinsicht aufgeräumt, die Fettnäpfe, in die die Neulinge oft treten, beim Namen genannt uvm. Man liest auch klare Botschaften heraus, die an die Künstler/innen gerichtet wurden.
Es gibt auch schöne, rührende Momente, auch Szenen, bei denen ich schmunzeln musste, z.B. dort wo die weit hergeholten Interpretationen der heutigen Kunsthistoriker dem Leser mit Augenzwinkern präsentiert wurden. Es geht auch um Frauenfreundschaft, Ehe, Mutter-Tochter Beziehung, Eifersucht, Leidenschaft, Verrat, Demütigung, Mord, uvm.
Beide Erzählstränge sind auch sehr schön, sehr atmosphärisch und so zum Greifen nah erzählt worden, sodass man gleich in den Roman abtaucht, zusammen mit den Figuren ihre Geschichten lebt und mit ihnen fiebert, bis die letzte Seite umgeblättert worden ist.

Fazit: Ein wunderbarer Schmöker über die Liebe und Freundschaft, über Künstler und ihre Werke uvm. Alle Zutaten für einen schönen Roman sind da und entfalten sich prima zu ihrer wahren Größe. Es ist definitiv kein (!) 08/15 Frauenroman nach Schema F.
Da geht es so ab: das Buch auf, die Welt aus, das Kopfkino an, Lesegenuss bis zur letzten Seite. Fünf leuchtende Sterne und eine klare Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 09.03.2018

Tolle, spannende Geschichte!

Hologrammatica
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Vorweg gesagt, SciFi ist nicht mein Fall. Schon allein die Bezeichnung verleitet mich dazu, einfach weiter zu gehen und nach anderen Büchern Ausschau zu halten. Aber hier wurde ich neugierig. Zudem schaue ...

Vorweg gesagt, SciFi ist nicht mein Fall. Schon allein die Bezeichnung verleitet mich dazu, einfach weiter zu gehen und nach anderen Büchern Ausschau zu halten. Aber hier wurde ich neugierig. Zudem schaue ich gern über den Tellerrand, da kann man so manches Schätzchen entdecken. Und hier war es absolut der Fall.
„Hologrammatica“ fand ich schon sehr gut gelungen: Spannend, fantasiereich, toll erzählt, zum Nachdenken anregend. Die heutigen Tendenzen sind weitergedacht worden und so ist die Menschheit im Jahr 2088 nach einer GAU gut dezimiert, aber recht lebendig dabei und kämpft mit den Auswirkungen der Erderwärmung. Sibirien ist sehr begehrt, da man es dort noch gut aushalten kann. Es wird viel mit der Technik gespielt: die unschönen Bilder der Realität einfach mit Hologrammen überstrahlt, dann sieht man die Elend nicht, welch Ironie. Manche Menschen haben sich Chips in die Hirne installiert und können die Körper wechseln, je nach Bedarf und die Dicke des Geldbeutels, obwohl auch für eher kurze Zeit. Unsterblichkeit ist ein großes Thema, dem wird im Laufe des Romans nachgespürt und recht aktions- und aufschlussreich auf die Schliche gekommen.
Die Themen sind sehr aktuell, und man kann es sich ohne weiteres vorstellen, dass die heutigen Entwicklungen genau so enden, wie es in diesem Roman dargestellt wurde.
Im Roman sind hier und dort paar russische Begriffe eingepflegt worden, insg. vermittelt das Ganze die den Eindruck, dass Russland ein fester Bestandteil des Lebens in Europa in der Zukunft ist. Von der heutigen Politik der Ausgrenzung und leitmedial gebastelter Entfremdung keine Spur. In Zukunft werden sie es wohl besser machen, bleibt zumindest zu hoffen.
Die Figuren sind überzeugend: Kinder, bzw. die Ergebnisse ihrer Zeit, können prima die Handlung vorantreiben, ohne dass es langweilig wird. Etwas Coolness und Abgeklärtheit passten da ganz gut.
Den Schreibstil fand ich sehr gut, die Sprache knapp und aussagestark. All die Erklärungen, wovon es etliche gibt, da die ganze Welt der Zukunft vermittelt werden soll, plus die üblichen Stoffwiederholungen, sind geschickt „versteckt“ worden, ohne dass die Handlung groß stockt oder man sich zu langweilen anfängt.
Für den Roman gibt es 5 Sterne. Ich bin da echt beeindruckt! Hut ab!

Einzig für die Interpretationen des Sprechers konnte ich mich nicht begeistern. Ich kenne ihn aus den Krimis aus Südfrankreich. Da hatte ich keine Probleme, so konnte ich nicht ahnen, dass ich hier welche bekomme. Zu überzeichnet war es mir insg. Zu viele Klischees (Wenn sich zwei schwule Männer unterhalten, der eine „muss unbedingt“ sehr damenhaft klingen), zu oft die unnötigen Spielereien mit der Stimme (rauf, runter, wieder rauf am Ende eines Nebensatzes oder einer Frage), die sich das Ganze gekünstelt anhören ließen und mir den Spaß am Hören vermiest haben. Zudem kamen paar fremdsprachigen Begriffe, die man nur mit viel Kombinationsgabe und Fantasie entziffern kann. Paarmal wollte ich abbrechen. Aber ich war neugierig, wie die Geschichte weiterging, also gab es immer neue Versuche. Und so habe ich doch noch zu Ende gehört, was mich auch sehr freut. In der zweiten Hälfte wurde es etwas erträglicher, weniger Spielereien, einfach ganz normal gelesen, dann ging es auch.


Veröffentlicht am 09.03.2018

Toller, spannender Roman, bei dem das Lustige und Ernste eng bei einander liegen.

Kühn hat Ärger
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„Kühn hat Ärger“ hat mir schon sehr gut gefallen, habe viel Spaß damit gehabt.
Wer einen Aktionskrimi nach Schema F sucht, der kann gern weitersuchen.
Hier wird der Gesellschaft der Spiegel vors Gesicht ...

„Kühn hat Ärger“ hat mir schon sehr gut gefallen, habe viel Spaß damit gehabt.
Wer einen Aktionskrimi nach Schema F sucht, der kann gern weitersuchen.
Hier wird der Gesellschaft der Spiegel vors Gesicht gehalten, auf eine ironisch-humorige und zuweilen auch ernste Art übers Leben und das, was dazu gehört philosophiert. Hier findet man Charakterstudien, v.a. beim Kühn und zum Schluss dem Täter& Co.
Kühn ist zwar ein Held, wie es für Protagonisten typisch ist, hat aber auch seine dunkleren Seiten. Er grübelt gern und oft, und steigert sich irgendwann dermaßen in seine Fantastereien, dass er sie dann problemlos als Grundlage für einen Seitensprung verwenden kann, wobei er eigentlich kein Typ zu solchen Allüren ist. Das Ganze ist mit guter Prise Humor dargeboten, sodass man es schmunzelnd wahrnimmt und dabei an Sketche von Loriot denkt. Die obligatorische Sexszene fehlt natürlich auch nicht, aber da kann man sich schieflachen. Sehr gekonnt dargestellt.
Man sieht auch deutlich, dass dieser Roman von einem Mann geschrieben wurde, denn diese Weltanschauung des Mannes, Beamten im Polizeidienst, Familienvaters mit zwei Kindern, all die typischen Eheprobleme, Ärger bei der Arbeit mit dem besten Kollegen und daheim beim Gift im Keller, etc. pp. ist plastisch wie hautnah vor Augen der Leser geführt worden und gewährt tiefe Einblicke in die Psychologie des Mannes.
Auch wie er sich an seinem Platz im Leben irgendwo im unteren Segment der Mitte, wo oben die Schönen und Reichen sind, die sich alles leisten können und unten die ganz Armen ohne jeder Hoffnung oder bessere Aussichten, eingerichtet hat und wie es ihm dabei geht, wie er sich dabei fühlt, wird im Laufe der Erzählung deutlich und regt sehr zum Nachdenken an.
Diese wachsende Kluft zwischen Arm/hoffnungslos und Reich/zweckoptimistisch/für alles bereit steht einem zum Greifen nah vor Augen und kommt recht realistisch rüber. Realistisch ist auch diese allgegenwärtige Gefahr des Abrutschens der Mittelschicht ins Mittellose, wenn man die Probleme im Keller des Kühnschen Hauses in Betracht zieht und welche Rolle dabei die Banken& Co. gespielt haben. Bis zum Verbrechen aus Verzweiflung, wie man es bei manchen Nebenfiguren sieht, ist da nicht weit.
Jan Weiler hat sein Werk selbst gelesen. Das ist ihm sehr gut gelungen. Alle Figuren haben ihre eigene Stimme, ihre eigene Art zu sprechen, was man auch deutlich heraushört. Weiler hat seine eigene Art vorzutragen und ist daran prima wiedererkennbar. Mir hat seine Darbietung sehr zugesagt. Ich höre gerne auch seine weiteren Hörbücher.

Fazit: Ein toller, spannender Roman, bei dem das Lustige und Ernste eng bei einander liegen, sehr gekonnt geschrieben, den ich sehr gern gehört habe, der mich köstlich amüsiert und zum Nachdenken angeregt hat. Es war mein erster Kühn, aber bestimmt nicht der letzte. Ich verbleibe auf die Fortsetzung gespannt und vergebe gern die 5 wohl verdienten Sterne und eine Hörempfehlung.

Veröffentlicht am 09.03.2018

Faszinierende Welt der alten nordischen Mythen.

Fit für Walhalla
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Klappentext beschreibt den Inhalt recht treffend: „Von Odin und Thor bis Ragnar Lodbrok Carolyne Larrington nimmt uns mit auf eine Reise durch die Welt der berühmten Götter der Wikinger und offenbart anhand ...

Klappentext beschreibt den Inhalt recht treffend: „Von Odin und Thor bis Ragnar Lodbrok Carolyne Larrington nimmt uns mit auf eine Reise durch die Welt der berühmten Götter der Wikinger und offenbart anhand von Bildern und ebenso wundervoll wie ergreifend übersetzten Textpassagen aus den Primärquellen die atemberaubende Schönheit der nordischen Mythen. Angefangen bei der Entstehung der Welt bis hin zu ihrem Untergang und der Frage: Was geschieht dann? Es sind gewaltige Erzählungen von Göttern, die menschlicher nicht sein könnten und Menschen, die in ihrer eigenen Welt aber auch im Zusammenspiel mit ihren Göttern weit über sich hinauswachsen und so selbst Einzug in die Sagenwelt halten. Ob in Wagners Oper Die Walküre , in Tolkiens Herr der Ringe oder den Marvel Comics die Geschichten und Erzählungen über die nordischen Götter und Helden faszinieren und inspirieren seit jeher. Wer sie im Grunde sind, was wir tatsächlich über sie wissen und in welcher Form sie uns bis heute erhalten geblieben sind, erfahren wir in diesem großartigen Überblick.“

Zur Autorin: „Carolyne Larrington lehrt englische Literatur des Mittelalters als Fellow am St John’s College in Oxford.“

Die rund 210 Seiten sind in 6 Kapitel aufgeteilt: „Die Götter und Göttinnen“, „Die Welt wird geschaffen und gestaltet“, „Verfeindete Mächte“, „Reif für Valhöll: Menschliche Helden“, „Helden der Wikingerwelt“, „Endzeit- und Neubeginn“. Dazu kommen die Einleitung, Karten, Vorbemerkung zu den Namen und ihrer Aussprache, Anhang.

Beeindruckend wie faszinierend ist diese alte Welt der nordischen Mythen. Nach dem ersten Kapitel, in dem die Götter der Reihe nach vorgestellt wurden, u.a. Odin, Thor, Frigg, Freyja, wer Walküren waren, wozu die Runen dienten, etc., geht es um die Weltschöpfung im Kap.2, die für die Nordländer ausgesprochen männlich ausfiel. Man liest hier auch von mythischen Landschaften, übernatürlichen Frauen, die am Anfang und am Ende des Lebens stehen und auf einen warten, „Warum die Menschen Bäume sind“ uvm.

Fast auf jeder Seite gibt es eine weitere Legende, Mythos und ein Foto, Zeichnung, die das Geschriebene verbildlichen. Diese visuellen Hilfen sind ein fester Bestsandteil des Buches, was sich sehr positiv auf das Leseerlebnis auswirkt. Manchmal sieht man z.B. Fragmente alter Kriegsschlachten auf Bildsteinen, S. 189, oder auch die Schachfiguren, die Berserker darstellen, die Krieger, die auf ihre Schilder beißen, S. 185, oder auch die vier Damen als Schachfiguren aus dem späten 12 Jh., S. 117, uvm.

Diese alten Geschichten sind so anders als all das, was man heute zu lesen bekommt. Sie folgen ihrer eigenen Logik, die mit der heutigen u.a. wenig übereinstimmt. Manchmal ist es dem Umstand verschuldet, dass die Überlieferungen nicht eindeutig sind und erzählen die Geschehnisse mal so, mal anders, was bei solch alten Geschichten kein Wunder ist. Die Versionen werden hier aufgeführt und erklärt. Die Weltanschauung der Nordländer, ihr Verständnis dessen, wie die Welt entstand, wie und was sie ihrer Meinung nach ist, etc. ist so eigen und komplett anders als die von heute. Die Realität der Nordländer war voller mythischer Gestalten und menschlier Helden, die den heutigen Leser mit ihren fantasiereichen, aber auch schaurigen, rauen, gar manchmal brutalen Geschichten: List, Raub, Mord, uvm. standen an der Tagesordnung, recht tief beeindrucken vermögen. Auch die Art zu erzählen ist eine ganz andere.

Wer allerdings glaubt, hier ein Märchenband mit neuen Stories zu finden, dem sei gesagt: Von den Mythen gibt es zwar reichlich, dies ist aber ein populärwissenschaftliches Sachbuch. Die alten Geschichten sind zwar an die Wahrnehmung der modernen Leser gewissermaßen angepasst worden, sie werden aber auch analysiert, z.T. erklärt, z.B. welche Metapher für was da gerade steht, welche Archetypen dort warum verwendet wurden. Die Mythen wurden mit anderen, z.B. mit den ähnlichen aus England, verglichen und in Bezug auf die Gemeinsamkeiten, z.B. der Weltanschauungsmodelle uvm. abgeklopft. Diesem Charme der alten, vergessenen Welt, der sich erst allmählich entwickelt, kann man kaum widerstehen. Das Ganze wirkt auch nach, in den Pausen und erst recht nachdem die letzte Seite umgeblättert worden ist.

Das Buch ist gut gemacht: Festeinband, 100 s/w Illustrationen, in den Text passend integriert, fast auf jeder Seite gibt es eine oder zwei, manchmal nimmt ein Bild 1-2 Seiten ein.
Ich habe mir diese Bilder in Farbe gewünscht.

Fazit: Ein sehr interessantes und lesenswertes Buch, das die Leser in die Welt der alten nordischen Mythen entführt, und die Nordländer mit ihrer bizarren Weltanschauung aufleben lässt.