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Veröffentlicht am 07.10.2017

Sehr lesenswert.

Das Buch der verlorenen Bücher
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Klappentext beschreibt den Inhalt sehr gut: „Ernest Hemingway wird eine Reisetasche gestohlen, in Kanada brennt Malcolm Lowrys Hütte ab, und Nikolai Gogol unterliegt seinem Perfektionismus. Was diese Vorkommnisse ...

Klappentext beschreibt den Inhalt sehr gut: „Ernest Hemingway wird eine Reisetasche gestohlen, in Kanada brennt Malcolm Lowrys Hütte ab, und Nikolai Gogol unterliegt seinem Perfektionismus. Was diese Vorkommnisse gemeinsam haben?
Als noch kein Computer existierte, keine Sicherungskopie und keine cloud, da gab es das noch: einen Text unwiederbringlich zu verlieren, wie ein liebgewonnenes Schmuckstück, das gestohlen wird. Giorgio van Straten erzählt von acht dieser verlorenen Bücher, Meisterwerke, die uns Lesern (höchstwahrscheinlich) nie vor Augen kommen werden. Mit Verve und Kunstfertigkeit taucht er in ungeahnte Tiefen der Literaturgeschichte und birgt Geschichten über große Autoren wie Sylvia Plath, Walter Benjamin oder Bruno Schulz und ihre Werke, die, verschollen, verbrannt oder gestohlen, kaum Leser finden konnten. Es sind bewegende Geschichten, mal tragisch, mal wundersam, mal voll erstaunlicher Zufälle – aber allesamt so spannend, wie sie nur das echte Leben schreiben kann.“
Das Buch habe ich sehr gern gelesen. Die Idee fand ich ungewöhnlich, ungewöhnlich gut. Die Umsetzung ist schon allein der Grund, weshalb man das Buch aufschlagen sollte. Es liest sich wie ein literarisches Werk. Da war ich oft am Zweifeln, ob ich ein Sachbuch las oder schon im Reich der Literatur angekommen war.
Zum Autor: „Giorgio van Straten, geboren 1955 in Florenz, ist Leiter des Italienischen Kulturinstituts in New York. Außerdem schreibt er Romane, übersetzt aus dem Englischen und leitet die Literaturzeitschrift Nuovi Argomenti.“
Übersetzerin: „Barbara Kleiner studierte Komparatistik und übersetzt aus dem Italienischen und Französischen. Sie übertrug u.a. Italo Calvino und Umberto Eco ins Deutsche und erhielt mehrere Auszeichnungen, darunter 2011 den Deutsch-Italienischen Übersetzerpreis.“
Giordano van Straten weiß seine Leser zu fesseln, sei es durch Enthüllungen weniger bekannten Einzelheiten aus dem Leben und Wirken der o.g. Autoren und der ihrer Partner, oder durch sein Können, das Wesentliche mit wenigen Worten auf den Punkt zu bringen, oder auch durch seinen eigenartigen, wohl geübten und angenehm zu lesenden Schreibstil.
Die Geschichten sind eher kurz, mal zehn, mal fünfzehn, mal zwanzig Seiten, sind aber sehr gehaltvoll und wirken im Nachhinein so, als ob man mitteldicke Bücher zu den darin geschilderten Themen gelesen hat.
Zum Schluss gibt es Gedichte von Sylvia Plath, Ted Hughes, ihrem Mann, Freda Hughes über S. Plath. Etwas düster ist der Beitrag als Abschiedsbeitrag.
Die Bibliographie ist nach den beschriebenen Autoren geordnet, was sehr hilfreich ist, wenn man auch diese Werke lesen möchte.

Das Buch ist schön gestaltet: Festeinband in Hellgrün, Umschlagblatt, Lesebändchen in Rot. Alles passt sehr gut zusammen. Perfekt als Geschenk.

Fazit: Sehr lesenswert. Form und Inhalt passen wunderbar zusammen. Man erfährt nur etwas Neues, es ist schlicht Lesevergnügen, das einem entgeht, wenn man dieses Buch nicht liest.

Veröffentlicht am 07.10.2017

Zutiefst enttäuschendes Propagandawerk.

Mein Russland
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Dieses Buch habe ich mit wachsendem Entsetzen gelesen, um es schließlich voller Abscheu in die hinterste Ecke zu pfeffern. Mit so einer Ladung von dumpfem und offenem Antirussismus konfrontiert, war mir ...

Dieses Buch habe ich mit wachsendem Entsetzen gelesen, um es schließlich voller Abscheu in die hinterste Ecke zu pfeffern. Mit so einer Ladung von dumpfem und offenem Antirussismus konfrontiert, war mir speiübel, sodass ich erstmal an die frische Luft und tief durchatmen musste.

Dass der Schreibstil gängigem Boulevardjournalismus entspricht, konnte ich noch halbwegs hinnehmen, auch wenn dies der Autorin nicht gerade zum Ruhme gereicht. Dass aber Behauptungen auf dem Hören-Sagen Niveau, die die heutige Regierung Russlands wie das Leben dort insg. in ein sehr negatives Licht in den Augen der Leser rücken einerseits und das Verschweigen von wichtigen Details, um z.B. die Opposition zu Helden der Freiheitsbewegung und Menschenrechte zu stilisieren, andererseits einen großen Teil der Ausführungen bilden, entblößt das Machwerk eindeutig als Propaganda. Zum Beispiel wurde die Tatsache verschwiegen, dass M. Chodorkowsky, der nach wie vor Held der westlichen Medien, aufgrund von persönlichem Brief an den Präsidenten mit der Bitte um Entlassung aufgrund der tödlichen Erkrankung seiner Mutter freikam. Als quasi Gegenleistung versprach er, sich nicht mehr politisch zu engagieren. Das stand zur Zeit seiner Entlassung in allen dt. Zeitungen. Und was ist dann passiert? Er geht ins Ausland und bricht prompt sein Wort. Auch dass ein Gesetz, das die ausländischen NGOs, die politische Aktivitäten im Land finanzieren, als fremdgesteuerte ausländische Agenten tituliert, ist an sich nichts Neues oder gar Verwerfliches, wie es im Buch oder auch insg. hingestellt wird. Übrigens, der Sender Doschd wurde lange aus dem Ausland finanziert. Das weiß jeder, der zumindest halbwegs im Thema ist. Aber gerade das wird hier nicht erwähnt, stattdessen was von Werbeeinnahmen gequasselt. So ein Gesetz gibt es in USA seit Langem. Wenn es aber auch in Russland eingeführt wird, das wird als krimineller Akt politischer Unterdrückung in den Massenmedien gefeiert. Ein anderes Beispiel: Munter wird gleich zu Anfang von Krim-Annexion geplappert. Dass es aber eine Volksabstimmung dem voranging, bei der die Mehrheit der Krim-Einwohner für den Anschluss an Russland stimmte, das wurde, klarer Fall, unter den Teppich gekehrt. Von Olympia 2014 wird als einem Akt der Machtdemonstration berichtet, nur negativ, etwas Positiveres fiel unter den Tisch, als ob es nicht gutes da zu sagen wäre.

Es gibt noch mehr Beispiele dieser Art, die sowohl die Doppelmoral offenbaren, als auch darauf abzielen, ein möglichst negatives, abstoßendes Bild der heutigen polit. Führung Russlands und des Lebens dort insg. in die Köpfe der Leser zu pflanzen. All dies wurde nach einem ausgelatschten Muster mit bekannten Werkzeugen der Propagandisten bewerkstelligt, um an die Leser ranzukommen wurden unmissverständliche Appelle an die Emotionen benutzt.

Ich zitiere eine Leserin, die zu einem früheren, ähnlich gelagerten Werk zum Thema Russland Folgendes geschrieben hat: „All jenen, die ihre tägliche Dröhnung dumpfen Antirussismus brauchen, ist dieses Machwerk wärmstens zu empfehlen. Dagegen sollte jeder an Wahrheit und Realitätsnähe interessierte Mensch…“ setze ich fort: zumindest „Illegale Kriege“ von Daniel Ganser, „Wer beherrscht die Welt“ von Noam Chomsky, „Russland verstehen“ und „Eiszeit“ von Gabriele Krone-Schmalz, ferner „Die den Sturm ernten“ von Michael Lüders, „Schwarze Flaggen“ von Joby Warrick, „Nur wenn du allein kommst“ von Souad Mekhennet und „Propaganda als Machtinstrument“ von Alexandra Bleyer lesen, um der massenmedialen Verblendung zu entkommen und zu verstehen, wer von der Kluft zw. Europa und Russland profitiert und warum an ihrer Ausweitung seit Langem so hartnäckig gearbeitet wird.

Ich schließe mit den Zitaten aus o.g. Werk von Michael Lüders: „Wie geht man damit um, wenn das, was zu den größten Errungenschaften unserer Zeit gehört, nämlich Freiheit und Demokratie, in der Geopolitik zu purem Zynismus verkommt? Wie lässt sich angesichts der hier vorgetragenen Faktenlage allen Ernsten behaupten, westliche Politik stehe für „Werte“, im Gegensatz zu etwa russischer oder chinesischer?“ S. 163.

„Eigentlich wäre es höchste Zeit, innezuhalten und sich neu zu sortieren. Eine Weltordnung zu begründen, die um Ausgleich und Kompromiss unter den jeweiligen Akteuren bemüht ist, einen Dialog auf Augenhöhe führt. Die vom Zenit abgleitende Weltmacht USA sucht genau diesen Ausgleich nicht. Sie ist bestrebt, eigene Interessen auf Kosten anderer durchzusetzen, notfalls mit Gewalt. Und nicht zuletzt mit Hilfe einer auch medial betriebenen Dämonisierung des gegenwärtigen Hauptgegners Russland. Die Machtpolitik Moskaus, Teherans oder Pekings ist im Zweifel jedoch nicht mehr und nicht weniger skrupellos als die des Westens. Sie in den Kategorien von „gut“ und „böse“ zu verorten, wobei „wir“ natürlich zu den Guten rechnen, das grenzt an Volksverdummung.“ S. 167.

Fazit: Ich kann mich in diesem Fall nicht mal zu zwei Sternen durchringen. Mir ist um jede Minute schade, die ich mit diesem Buch verbracht habe, was sein musste, da Rezensionspflicht. Und noch mehr ist mir schade um die Bäume, die ihr Leben hergeben mussten, damit so etwas gedruckt wird.

In der heutigen Situation braucht die Welt, die eine gute, lebenswerte Zukunft haben will, genau das Gegenteil: Brückenbauen statt Konfrontation weiter zu treiben und Entfremdung und Entsetzen in die Köpfe der Leser zu pflanzen. Daher sage ich: Vergessen wir dieses Machwerk und lesen lieber etwas Gutes, s.o.

Veröffentlicht am 07.10.2017

Informativ und lesenswert!

Für immer zuckerfrei
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Das Buch von Anastasia Zampounidis (A.Z.) habe ich gern gelesen. Es liefert viele aufschlussreiche Infos, die den Konsum von Industriezucker und seine wenig wünschenswerten Folgen beleuchten, und erteilt ...

Das Buch von Anastasia Zampounidis (A.Z.) habe ich gern gelesen. Es liefert viele aufschlussreiche Infos, die den Konsum von Industriezucker und seine wenig wünschenswerten Folgen beleuchten, und erteilt Ratschläge zur zuckerfreien Ernährung und gesundem Lebensstil insg.
Die Autorin erzählt sehr unterhaltsam und verständlich, warum Industriezucker für den Körper schädlich ist und weshalb es eine gute Idee wäre, darauf zu verzichten.
Als ehem. Zuckerjunkie weiß A.Z., wie mühsam es ist, davon loszukommen und wie schnell man wieder in seine Abhängigkeit gerät. Sie vergleicht dies mit Alkoholsucht, weil man sich ähnlich schnell daran gewöhnt und nur schwer davon loskommt.
Schon während der Lektüre fing ich an, auf die Angaben der Zutaten auf den Verpackungen zu achten und musste die These aus dem Buch bestätigt sehen: Zucker steckt überall, auch dort, wo man ihn nicht vermutet. Wenn man den beim Gebäck, Ketchup, Saucen und Getränken noch erwartet, so wundert man sich, dass der Industriezucker auch beim eingepackten Fisch, wie Matjesfilets, Wildlachs, oder auch bei so gesund anmutenden glutenfreien Nudeln aus roten Linsen, grünen Erbsen und Kichererbsen, so wie glutenfreien Nudeln, in fettarmen Joghurts, Saurerer Sahne Sojamilch, usw. in aller Selbstverständlichkeit steckt. So viel ist klar: komplett auf Zucker zu verzichten ist nicht einfach, aber doch machbar.
Dazu rät A.Z. zur Traditionellen chinesischen Medizin (TCM) und gibt im Vorfeld allgemeingültige Tipps zur Ernährung danach. A.Z. ernährt sich auch vegan, aber nicht glutenfrei. Sie gibt im Anhang Beispiele aus ihrem Ernährungsplan, was man zum Frühstück, Mittag, etc. essen könnte. Meist ist es Selbstgekochtes aus Gemüse, Obst, Nüssen und Getreide. Als Süßes gibt es selbstgemache Pralinen aus Datteln, Walnüssen und Leinsamen. Nach 19 Uhr wird nichts gegessen, da die Organe ihre Aktivität ab da herunterfahren. Es geht A.Z. nicht ums Abnehmen, wobei man ohne Zucker schon gut abnehmen kann, es geht um einen gesunden Lebensstil, der z.B. einen um etwa 15 Jahre jünger aussehen lässt.
Auch die anderen Namen für Zucker, wie auch E-Nummern, die ihn und andere weniger gesunde Konservierungsstoffe bedeuten, findet man im Anhang. Auch welche Kräuter appetithemmend wirken, was man nehmen kann, wenn Appetit auf Süßes gerade da ist, und erst recht, wie man Heißhungerattacken meidet, findet man in diesem Buch.
Lesenswert fand ich die Ausführungen zur Anti-Zucker Bewegung, in USA unter der Ägide von Dr. Lustig, und DE, die es seit Längerem gibt. In diesem Teil mangelt es an Kritik und Vorschlägen, wie man die heutige Lage verbessern könnte, kaum. „Unter dem letzten Präsidenten hat Dr. Lustig nicht allzu viel erreicht, weil Obama entgegen alldem Anschein doch sehr industriefreundlich war. Unter dem neuen Präsidenten wird Lustigs Aufgabe vermutlich nicht leichter werden, aber der Arzt weiß, dass sein Vaterland etwas unternehmen muss, ansonsten werden spätestens 2026 alle Aufwendungen der Krankenkassen für die Behandlung von Diabetes draufgehen. Die Verfettung könnte die Vereinigten Staaten eher in die Knie zwingen als irgendwelche Hacker, Terroristen oder sonstige feindliche Mächte.“ (Kap. „Das ist nicht lustig“) Was jetzt gefragt ist, so die Autorin, sind die Konsumenten, die die erforderlichen Veränderungen durch ihre bewusste Nachfrage nach zuckerfreien Lebensmitteln ermöglichen würden.
Etwas weniger Eigenwerbung insg. und von künstlerischen Ausflügen zu den Koch- und anderen Shows, an denen die Autorin mal teilgenommen hatte, weniger Füllstoff insg., denn in der Mitte gibt es lange Einlage über Paracelsius& Co., wäre ein Plus gewesen. Auf weiten Strecken kam mir vor, dass die Autobiographie von A.Z. lese, was nicht meine Absicht war. Auch die Schlussfolgerung, ihr jugendliches Aussehen wäre nur auf zuckerverzicht zurückzuführen erscheint mir etwas naja, denn wie oben gesagt, ernährt sie sich vegan, nach TCM und meidet Alkohol. ES ist wohl eher die Kombination aus den genannten Zügen ihres Lebensstils, die zu diesem aufsehenerregenden Ergebnis führt.
Aber von der Idee und den Vorschlägen zur Lösung des Zuckerkonsumproblems von der Konsumentenseite her, ist das Buch sehr gut, informativ und lesenswert. Auch wer sich nicht gleich zuckerfrei ernähren will/kann, so ist es gut zu erfahren, weshalb man dies tun sollte.
Gute 4 Sterne und eine Leseempfehlung.




Veröffentlicht am 29.09.2017

Die Sträggele von Luzern. Spannend und gekonnt erzählt!

Luzerner Totentanz
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„Luzerner Totentanz“ von Monika Mansour ist ein spannender, atmosphärischer Krimi aus Luzern, Schweiz, den ich sehr gern gelesen habe und gut weiterempfehlen kann.
Der Klappentext beschreibt das Geschehen ...

„Luzerner Totentanz“ von Monika Mansour ist ein spannender, atmosphärischer Krimi aus Luzern, Schweiz, den ich sehr gern gelesen habe und gut weiterempfehlen kann.
Der Klappentext beschreibt das Geschehen sehr treffend. Das Buch liefert viel mehr, als im KT angedeutet wird. Die Geschichte spielt zwischen Weihnachten und Neujahr, die Jahreszeit passt also wunderbar zur Hexenrache.
Lokalkolorit, u.a. in Form von alten Legenden rund um Hexen, z.B. die mit dem Türst oder dem Hexenhammer, die ein Teil der Vermittlung werden, gibt der Geschichte mystisches Flair und lässt die Seiten immer schneller blättern. Hier und dort blitzt feinhumorige Note durch und bereichert das Lesevergnügen ungemein.
Die Figuren sind überzeugend und klar gezeichnet. Alle haben ihre Probleme, mit denen sie fertig werden müssen, alte Wunden müssen noch geheilt werden, aber auch Neuanfang ist in Sicht.
Cem ist ein sympathischer Typ. Sein Partner in diesem Fall, der blonde Beau Marius, der ehem. Journalist aus Kriegsgebieten, stellt ihn schon fast in den Schatten. Aber das darf er. Eine spannende Figur. Die Dialoge zw. Cem und Marius habe ich sehr genossen. Im Privaten tun sich für Cem neue Horizonte auf, was auf die nächsten Folgen gespannt bleiben lässt.
Der Fall ist logisch aufgebaut, gut komponiert, hat gute Spannung, die Auflösung ist spektakulär und hat eine klare Botschaft, die ein weitverbreitetes Problem der heutigen Gesellschaft anprangert. Bis zum Schluss weiß man nicht, wer die Sträggele ist. Aber dann wird alles aufgeklärt.
Schlanker, aussagekräftiger Schreibstil rundet das Lesevergnügen ab. Diese Dichte hat mit besonders zugesagt: Nur das, was diese Geschichte braucht, um spannend erzählt zu werden. Wunderbar.

Fazit: Ein sehr guter, spannender, gekonnt geschriebener Krimi aus Luzern, der mir vergnügte Lesestunden geschenkt hat. Ich verbleibe auf weitere Werke von Monika Mansour gespannt und vergebe gerne 5 Sterne und eine klare Leseempfehlung.


Veröffentlicht am 26.09.2017

Spannend erzählte Biographie, mit gehöriger Portion Verneigung vor Churchill und seinem Werk.

Winston Churchill
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Churchill Biographie aus der Feder von Thomas Kielinger ist ein gehaltsvolles Werk, das nicht nur das Leben von W. Churchill erzählt, sondern auch ein gutes Stück europäischer Geschichte aus dieser spannender ...

Churchill Biographie aus der Feder von Thomas Kielinger ist ein gehaltsvolles Werk, das nicht nur das Leben von W. Churchill erzählt, sondern auch ein gutes Stück europäischer Geschichte aus dieser spannender Perspektive.
Es gibt viel Positives über dieses Buch zu berichten. Man sieht die fundierte Recherche, die hier zugrundeliegt. Churchill kommt deutlich sowohl als Politiker als auch als Schriftsteller und Maler rüber. Es wird auch klar, wie diverse Facetten seiner Persönlichkeit ineinander greifen und Churchill zu einer komplexen Figur gestalten. Die Leser erfahren auch mal weniger bekannte Details aus Churchills Leben. Auch die wichtigen Fragen und Entscheidungen vor dem und während des zweiten Weltkrieges, genauso diese im Fall des ersten Weltkrieges, sind detailliert und unterhaltsam dargeboten worden.
Der Autor ist sprachgewandt und setzt dies gezielt wie gekonnt ein. Für den Erzählstil konnte ich mich etwas weniger begeistern: Er ist wie ein Gespräch mit den Lesern angegangen worden, bloß erschien er mir doch etwas gekünstelt und manchmal auch belehrend und von oben herab.
Ein weiterer Punkt, der auf wenig Begeisterung meinerseits stieß: Es wurde rege zwischen den Zeiten, Ereignissen und Themen gesprungen. Etwas mehr Stringenz habe ich oft gewünscht. Zudem wurden einige, nicht wenige, Themen angesprochen und fallengelassen, sodass man etwas über den Anfang eines Sachverhalts, einer Beziehung, in etwa zw. Churchill und Stalin oder Churchill und Adenauer, etc. erfuhr, das wurde dann aber nicht zu Ende erzählt, und ich musste rätseln, was daraus geworden ist. Bei Stalin z.B. wurde zum Schluss dieses Erzählstrangs angedeutet, Stalin hätte sich an bestimmte Zusagen nicht gehalten. Es blieb aber wage, was denn genau. Zwei, drei Sätze, um solche angefangenen Subthemen abzuschließen, wären schon sehr hilfreich gewesen und hätten dem Ganzen einen besseren, stimmigeren Eindruck verliehen. Viele angefangene Erzählstränge lösten sich leider im Wohlwollen auf.
Etwas weniger Pathos und Verneigung vor Figur Churchill wäre auch schöner gewesen. Es ist, als ob das unbedingte Ziel war es, Churchill als einen Helden hinzustellen, egal was, völlig ungeachtet dessen, was er für Fehler gemacht und für grausige Pläne gehegt hat, z.B. Er plante, kurz nach der Beendigung des zweiten Weltkrieges Russland anzugreifen, um seinen politischen Einfluss zu mindern. Oder auch Bombardement der dt. Städte kurz vor dem Kriegsende, uvm. Churchill ist eigentlich ein Mann, der viele unnötige Tode, viel Leid und Zerstörung im großen Stil zu verantworten hätte. Er wurde innenpolitisch auch mehrmals abgewählt und aus der großen Politik entfernt. Solche Dinge wurden zwar erzählt, aber alles in so ein Licht voller Glanz und Gloria und Bewunderung über die historische Größe etc. pp. dieses Mannes getaucht, dass eine kritische Auseinandersetzung da keinen Platz hatte.
Gut, man kann wohlwollend sagen, es ist wohl so ein Ansatz, die Churchill Biographie auf solche Art zu erzählen. Der Autor hat sein profundes Wissen zu dem Thema und vielen angrenzenden Bereichen eingehend demonstriert. Das Ganze jedoch etwas nüchterner darzubieten, wäre ein Plus gewesen.

Nichtsdestotrotz, kann ich hier vier Sterne vergeben und eine Leseempfehlung aussprechen. Man erfährt schon viel Spannendes, unterhaltsam dargeboten, über Churchill und seine Zeit, die eine beachtliche Spanne aufweist und Kernmomente der europäischen Geschichte beinhaltet.

Das Buch habe ich auch gehört. Sprecher Gert Heidenreich hat sehr gut gelesen. Er hat eine wohl klingende, professionell geschulte Stimme, die er perfekt einzusetzen weiß. Ich gewann jedoch den Eindruck, dass dieses Belehrende und sich vor Churchill Verneigende, aber auch das Unterhaltsame dieses Werkes, durch Heidenreichs Art noch verstärkter zutage trat. Man kann dieses Werk auch gut hören, keine Frage.