Cover-Bild Mein Russland
22,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Kremayr & Scheriau
  • Themenbereich: Gesellschaft und Sozialwissenschaften - Gesellschaft und Kultur, allgemein
  • Genre: Sachbücher / Politik, Gesellschaft & Wirtschaft
  • Seitenzahl: 160
  • Ersterscheinung: 09.2017
  • ISBN: 9783218010832
Carola Schneider

Mein Russland

Begegnungen in einem widersprüchlichen Land
Russland: Land der Mythen, Projektionsfläche, Sehnsuchtsort und immer wieder auch Feindbild. Weltpolitisch stellten in den letzten Jahren die Annexion der Krim sowie Putins Eingreifen in der Syrienkrise auf Seiten Assads das internationale Machtgefüge auf die Probe, innenpolitisch herrschen Repression und eine anhaltende Wirtschaftskrise. Doch was bedeutet das für die Bevölkerung Russlands, die in Putins „gelenkter Demokratie“ lebt? Formiert sich politischer Widerstand, oder nimmt man den Status quo als gegeben hin? Wie unterschiedlich erleben Bewohner des städtischen und ländlichen Raums, im europäischen und im asiatischen Teil Russlands die Situation?
Carola Schneider, seit 2011 Auslandskorrespondentin des ORF in Moskau, zeigt in berührenden Porträts Innenansichten eines faszinierenden und zugleich widersprüchlichen Landes, das dem Westen immer noch fremd ist. Sie spricht mit Menschenrechtsaktivisten, Künstlern und kritischen Journalisten ebenso wie mit innovativen Käsebauern, Putin-treuen Jugendlichen und Befürwortern der Krim-Annexion. Schneiders Reportagen ergeben ein vielstimmiges, fein nuanciertes Bild Russlands, das von Widerstand und Resignation, Aufbruchstimmung und Regierungstreue erzählt.

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Lesejury-Facts

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 08.10.2017

Absolute Empfehlung!

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Die Autorin erzählt in berührende Porträts die Geschichte von elf ganz unterschiedlichen Menschen, die sie im Laufe ihrer Karriere in Russland getroffen hat.

Für mich war es sehr interessant, bereits ...

Die Autorin erzählt in berührende Porträts die Geschichte von elf ganz unterschiedlichen Menschen, die sie im Laufe ihrer Karriere in Russland getroffen hat.

Für mich war es sehr interessant, bereits in dem Vorwort der Autorin zu lesen, dass Russland selbst für seine Bewohner meistens unbegreiflich ist. Hier war das angeführte Zitat von Fjodor Tjuttschew sehr passend: " Man kann Russland mit dem Verstand nicht erfassen, sondern nur an das Land glauben." Darüber denke ich noch immer oft nach, obwohl die Lektüre schon wochenlang beendet habe.

Ich will hier gar nicht so viel von den einzelnen Personen erzählen, aber eine Person ist mir besonders im Gedächtnis geblieben: Wassiliy Slonow, ein Künstler. Sehr gut hat mir allerdings der sarkastische Humor des Künstlers gefallen, anders kann man wohl auch nicht mit solchen "Zuständen" umgehen. Ich war hier wirklich sehr erschrocken, in welchem Ausmaß der Künstler zensiert wird, indem zum Beispiel ständig seine Ausstellungen boykottiert werden, damit er ja seine Meinung nicht öffentlich kundtun und womöglich andere "anstacheln" kann. Doch er lässt dich davon nicht unterkriegen und kämpft immer weiter für sein Recht, seine Meinung durch seine Kunstwerke weiterhin zu vertreten, er will sich das partout nicht nehmen lassen und aufgeben kommt für ihn nicht in die Tüte.

Die Menschen, mit denen Carola Schneider gesprochen hat, sind zum Teil politisch engagiert, zum Teil aber auch ganz normale Menschen, wie zum Beispiel Bauern, ein junges Ehepaar, das für seine Selbstständigkeit gekämpft hat und Künstler. Mir hat hier sehr gut gefallen, dass die Menschen nicht nur Leute waren, die etwas zu sagen haben, sondern dass so ziemlich jede gesellschaftliche Schicht, bis auf die Oligarchen vertreten waren.

Zu jeder Reportage gibt es eine Einladung und ein Bild bzw. Bilder, die einem den Inhalt noch näher bringen, als es die faszinierenden Berichte sowieso schon tun. Dieses Buch habe ich mehrere Male durchgelesen und werde es sicher auch noch einmal tun. Das Einzige was mich sehr traurig gestimmt hat, ist, dass viele Vorurteile, die ich Russland gegenüber hatte, mehrfach bestätigt wurden.

Trotzdem eine absolute Empfehlung von mir für Leser, die sich für die Weltpolitik oder einfach nur für Russland an sich interessieren.

Veröffentlicht am 20.10.2017

"Du weißt nie, was morgen passiert..."

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… lautet das Fazit des jungen Unternehmerehepaares Marjucha aus Moskau. Die Marjuchas erscheinen in einem der insgesamt elf Porträts, die ORF Korrespondentin Carola Schneider für dieses Buch zusammengestellt ...

… lautet das Fazit des jungen Unternehmerehepaares Marjucha aus Moskau. Die Marjuchas erscheinen in einem der insgesamt elf Porträts, die ORF Korrespondentin Carola Schneider für dieses Buch zusammengestellt hat. Die Stimmen, die sie zu Wort kommen lässt, stammen aus unterschiedlichen Bevölkerungsschichten und Berufen: Journalisten, Menschenrechtsaktivisten, Künstler, Rentner, Bauern. Einige sind Regimegegner, einige pro Putin, andere wiederum wollen in erster Linie in Ruhe ihr privates Dasein leben. Also scheint es auf den ersten Blick nicht viel anders als in anderen Staaten zu sein. Was macht Russland und seine Bewohner so besonders bzw. so widersprüchlich, wie es der Titel formuliert?
Thematisiert werden u.a. die aktuelle Politik, der Einfluss der Kirche, Kultur, ökonomische Möglichkeiten - wobei jeder der Interviewten seine eigene Geschichte und Sichtweise äußert. Allen gemeinsam ist jedoch, dass sie ihre Heimat nicht verlassen möchten und ihre Hoffnung auf eine bessere Zukunft setzen.
Der gegenwärtige Alltag ist für die meisten nicht einfach; wirtschaftliche und politische Krisen beherrschen das Leben der Menschen. Es scheint, als ob viele Russen ihr Selbstbewusstsein aus der Vergangenheit ziehen, aus dem Beitrag Russlands zu dem gewonnenen Weltkrieg. „Wir müssen herausfinden, wer wir sind … für uns und für die Welt“, erklärt der Pro-Putin-Propagandist Wichljanzew und wünscht sich zukunftsweisende Ideen: „Vielleicht rühren die vielen Krisen und Konflikte daher, dass wir keine großen Ideen mehr haben.“
Das Buch ist lebendig und für jedermann verständlich geschrieben. Fotos vermitteln dem Leser noch mehr Nähe zu den Menschen, die hinter den Lebensberichten stehen. Die hier ausgewählten Reportagen sind sicher nicht repräsentativ, geben aber doch einen guten Querschnitt an Meinungen wieder.

Veröffentlicht am 06.10.2017

Einblicke in ein fremdes Land

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„...Europäische Werte werden sich hier nie durchsetzen. Russland ist anders, wir haben eine andere Geschichte...“

Das Buch beinhaltet 11 Begegnungen, die die Autorin mit Menschen Russlands hatte. So unterschiedlich ...

„...Europäische Werte werden sich hier nie durchsetzen. Russland ist anders, wir haben eine andere Geschichte...“

Das Buch beinhaltet 11 Begegnungen, die die Autorin mit Menschen Russlands hatte. So unterschiedlich wie die Menschen sind auch die Gespräche. Allerdings beschränken sie sich auf drei Orte in der Weite Russlands: Moskau, Sibirien, Krim.
In der ersten Erzählung unterhält sich die Autorin mit einer 90jährigen Menschenrechtsaktivistin. Sie sieht die Lage realistisch und verweist auf die russische Geschichte.
Im zweiten Interview setzt sich ein Künstler mit Hilfe von Humor und Sarkasmus mit den aktuellen Zuständen auseinander.
Danach geht es um den zunehmenden Einfluss der russisch-orthodoxen Kirche.
Die vierte Geschichte hat mir am besten gefallen. Auf einem russischen Bauernhof in Sibirien produziert die Bäuerin Käse nach westlichen Rezepten. Der Blick ins Alltagsleben ergibt eine andere Sicht auf die Dinge. Sie sind auch nicht mit allem zufrieden, wählen aber trotzdem Putin.
Danach wechselt das Buch erneut nach Moskau. Ein junges Ehepaar hat sich mit einem Cafè selbstständig gemacht. Es berichtet von Schwierigkeiten und Erfolgen.
Die nächsten beiden Interviews zeigen politisch zwei gegensätzliche Standpunkte, bevor das Thema Krim zur Sprache kommt.
In den letzten Kapiteln geht es um Korruption und fehlende soziale Absicherung.
Der Schriftstil lässt sich angenehm lesen. Einige der Interviews fanden 2015 statt und wurden einige Zeit später vertieft.
Bei der Auswahl hätte ich mir weniger politisch engagierte Personen, sondern mehr Menschen gewünscht, die einen ganz normalen Alltag leben. Eines wird allerdings an vielen Stellen deutlich. Wir sollten uns hüten, Russland mit unseren Maßstäben zu beurteilen. Mehrere Gesprächspartner haben auf die ganz eigene russische Geschichte hingewiesen. Gleichzeitig wird deutlich, dass es trotz der Unzufriedenheit kaum eine nennenswerte Opposition gegen Putin gibt. Von Aufbruchstimmung ist in den Gesprächen wenig zu spüren, dafür von Resignation. Andererseits werden auch minimale Fortschritte in der Entwicklung positiv gesehen, selbst von Regimegegnern. An manchen Stellen hatte ich allerdings den Eindruck, dass geschickt Vorurteile bedient werden. Die Fragen von Korruption und sozialer Absicherung sind nicht nur in Russland ein Problem. Andererseits kann natürlich mit einer schlaglichtartigen Betrachtung des Landes nur ein kleiner Teil erfasst werden. Je nach Auswahl der Gesprächspartner dürfte sich das Bild anders zeigen. Dabei muss ich der Autorin zugute halten, dass sie durchaus unterschiedliche Standpunkte berücksichtigt hat.
Die beigefügten Bilder geben den Interviewpartnern ein Gesicht.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen.
Mit einem Zitat möchte ich meine Rezension abschließen, dass ich nicht nur in dem Fall, sondern überhaupt im Zusammenleben von Völkern für wichtig halte:
„...Lehrt uns nicht im Westen, wie wir zu leben haben. Wir kommen zurecht. Lasst uns einfach in Ruhe leben...“

Veröffentlicht am 07.10.2017

Zutiefst enttäuschendes Propagandawerk.

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Dieses Buch habe ich mit wachsendem Entsetzen gelesen, um es schließlich voller Abscheu in die hinterste Ecke zu pfeffern. Mit so einer Ladung von dumpfem und offenem Antirussismus konfrontiert, war mir ...

Dieses Buch habe ich mit wachsendem Entsetzen gelesen, um es schließlich voller Abscheu in die hinterste Ecke zu pfeffern. Mit so einer Ladung von dumpfem und offenem Antirussismus konfrontiert, war mir speiübel, sodass ich erstmal an die frische Luft und tief durchatmen musste.

Dass der Schreibstil gängigem Boulevardjournalismus entspricht, konnte ich noch halbwegs hinnehmen, auch wenn dies der Autorin nicht gerade zum Ruhme gereicht. Dass aber Behauptungen auf dem Hören-Sagen Niveau, die die heutige Regierung Russlands wie das Leben dort insg. in ein sehr negatives Licht in den Augen der Leser rücken einerseits und das Verschweigen von wichtigen Details, um z.B. die Opposition zu Helden der Freiheitsbewegung und Menschenrechte zu stilisieren, andererseits einen großen Teil der Ausführungen bilden, entblößt das Machwerk eindeutig als Propaganda. Zum Beispiel wurde die Tatsache verschwiegen, dass M. Chodorkowsky, der nach wie vor Held der westlichen Medien, aufgrund von persönlichem Brief an den Präsidenten mit der Bitte um Entlassung aufgrund der tödlichen Erkrankung seiner Mutter freikam. Als quasi Gegenleistung versprach er, sich nicht mehr politisch zu engagieren. Das stand zur Zeit seiner Entlassung in allen dt. Zeitungen. Und was ist dann passiert? Er geht ins Ausland und bricht prompt sein Wort. Auch dass ein Gesetz, das die ausländischen NGOs, die politische Aktivitäten im Land finanzieren, als fremdgesteuerte ausländische Agenten tituliert, ist an sich nichts Neues oder gar Verwerfliches, wie es im Buch oder auch insg. hingestellt wird. Übrigens, der Sender Doschd wurde lange aus dem Ausland finanziert. Das weiß jeder, der zumindest halbwegs im Thema ist. Aber gerade das wird hier nicht erwähnt, stattdessen was von Werbeeinnahmen gequasselt. So ein Gesetz gibt es in USA seit Langem. Wenn es aber auch in Russland eingeführt wird, das wird als krimineller Akt politischer Unterdrückung in den Massenmedien gefeiert. Ein anderes Beispiel: Munter wird gleich zu Anfang von Krim-Annexion geplappert. Dass es aber eine Volksabstimmung dem voranging, bei der die Mehrheit der Krim-Einwohner für den Anschluss an Russland stimmte, das wurde, klarer Fall, unter den Teppich gekehrt. Von Olympia 2014 wird als einem Akt der Machtdemonstration berichtet, nur negativ, etwas Positiveres fiel unter den Tisch, als ob es nicht gutes da zu sagen wäre.

Es gibt noch mehr Beispiele dieser Art, die sowohl die Doppelmoral offenbaren, als auch darauf abzielen, ein möglichst negatives, abstoßendes Bild der heutigen polit. Führung Russlands und des Lebens dort insg. in die Köpfe der Leser zu pflanzen. All dies wurde nach einem ausgelatschten Muster mit bekannten Werkzeugen der Propagandisten bewerkstelligt, um an die Leser ranzukommen wurden unmissverständliche Appelle an die Emotionen benutzt.

Ich zitiere eine Leserin, die zu einem früheren, ähnlich gelagerten Werk zum Thema Russland Folgendes geschrieben hat: „All jenen, die ihre tägliche Dröhnung dumpfen Antirussismus brauchen, ist dieses Machwerk wärmstens zu empfehlen. Dagegen sollte jeder an Wahrheit und Realitätsnähe interessierte Mensch…“ setze ich fort: zumindest „Illegale Kriege“ von Daniel Ganser, „Wer beherrscht die Welt“ von Noam Chomsky, „Russland verstehen“ und „Eiszeit“ von Gabriele Krone-Schmalz, ferner „Die den Sturm ernten“ von Michael Lüders, „Schwarze Flaggen“ von Joby Warrick, „Nur wenn du allein kommst“ von Souad Mekhennet und „Propaganda als Machtinstrument“ von Alexandra Bleyer lesen, um der massenmedialen Verblendung zu entkommen und zu verstehen, wer von der Kluft zw. Europa und Russland profitiert und warum an ihrer Ausweitung seit Langem so hartnäckig gearbeitet wird.

Ich schließe mit den Zitaten aus o.g. Werk von Michael Lüders: „Wie geht man damit um, wenn das, was zu den größten Errungenschaften unserer Zeit gehört, nämlich Freiheit und Demokratie, in der Geopolitik zu purem Zynismus verkommt? Wie lässt sich angesichts der hier vorgetragenen Faktenlage allen Ernsten behaupten, westliche Politik stehe für „Werte“, im Gegensatz zu etwa russischer oder chinesischer?“ S. 163.

„Eigentlich wäre es höchste Zeit, innezuhalten und sich neu zu sortieren. Eine Weltordnung zu begründen, die um Ausgleich und Kompromiss unter den jeweiligen Akteuren bemüht ist, einen Dialog auf Augenhöhe führt. Die vom Zenit abgleitende Weltmacht USA sucht genau diesen Ausgleich nicht. Sie ist bestrebt, eigene Interessen auf Kosten anderer durchzusetzen, notfalls mit Gewalt. Und nicht zuletzt mit Hilfe einer auch medial betriebenen Dämonisierung des gegenwärtigen Hauptgegners Russland. Die Machtpolitik Moskaus, Teherans oder Pekings ist im Zweifel jedoch nicht mehr und nicht weniger skrupellos als die des Westens. Sie in den Kategorien von „gut“ und „böse“ zu verorten, wobei „wir“ natürlich zu den Guten rechnen, das grenzt an Volksverdummung.“ S. 167.

Fazit: Ich kann mich in diesem Fall nicht mal zu zwei Sternen durchringen. Mir ist um jede Minute schade, die ich mit diesem Buch verbracht habe, was sein musste, da Rezensionspflicht. Und noch mehr ist mir schade um die Bäume, die ihr Leben hergeben mussten, damit so etwas gedruckt wird.

In der heutigen Situation braucht die Welt, die eine gute, lebenswerte Zukunft haben will, genau das Gegenteil: Brückenbauen statt Konfrontation weiter zu treiben und Entfremdung und Entsetzen in die Köpfe der Leser zu pflanzen. Daher sage ich: Vergessen wir dieses Machwerk und lesen lieber etwas Gutes, s.o.