Dieses Buch habe ich mit wachsendem Entsetzen gelesen, um es schließlich voller Abscheu in die hinterste Ecke zu pfeffern. Mit so einer Ladung von dumpfem und offenem Antirussismus konfrontiert, war mir speiübel, sodass ich erstmal an die frische Luft und tief durchatmen musste.
Dass der Schreibstil gängigem Boulevardjournalismus entspricht, konnte ich noch halbwegs hinnehmen, auch wenn dies der Autorin nicht gerade zum Ruhme gereicht. Dass aber Behauptungen auf dem Hören-Sagen Niveau, die die heutige Regierung Russlands wie das Leben dort insg. in ein sehr negatives Licht in den Augen der Leser rücken einerseits und das Verschweigen von wichtigen Details, um z.B. die Opposition zu Helden der Freiheitsbewegung und Menschenrechte zu stilisieren, andererseits einen großen Teil der Ausführungen bilden, entblößt das Machwerk eindeutig als Propaganda. Zum Beispiel wurde die Tatsache verschwiegen, dass M. Chodorkowsky, der nach wie vor Held der westlichen Medien, aufgrund von persönlichem Brief an den Präsidenten mit der Bitte um Entlassung aufgrund der tödlichen Erkrankung seiner Mutter freikam. Als quasi Gegenleistung versprach er, sich nicht mehr politisch zu engagieren. Das stand zur Zeit seiner Entlassung in allen dt. Zeitungen. Und was ist dann passiert? Er geht ins Ausland und bricht prompt sein Wort. Auch dass ein Gesetz, das die ausländischen NGOs, die politische Aktivitäten im Land finanzieren, als fremdgesteuerte ausländische Agenten tituliert, ist an sich nichts Neues oder gar Verwerfliches, wie es im Buch oder auch insg. hingestellt wird. Übrigens, der Sender Doschd wurde lange aus dem Ausland finanziert. Das weiß jeder, der zumindest halbwegs im Thema ist. Aber gerade das wird hier nicht erwähnt, stattdessen was von Werbeeinnahmen gequasselt. So ein Gesetz gibt es in USA seit Langem. Wenn es aber auch in Russland eingeführt wird, das wird als krimineller Akt politischer Unterdrückung in den Massenmedien gefeiert. Ein anderes Beispiel: Munter wird gleich zu Anfang von Krim-Annexion geplappert. Dass es aber eine Volksabstimmung dem voranging, bei der die Mehrheit der Krim-Einwohner für den Anschluss an Russland stimmte, das wurde, klarer Fall, unter den Teppich gekehrt. Von Olympia 2014 wird als einem Akt der Machtdemonstration berichtet, nur negativ, etwas Positiveres fiel unter den Tisch, als ob es nicht gutes da zu sagen wäre.
Es gibt noch mehr Beispiele dieser Art, die sowohl die Doppelmoral offenbaren, als auch darauf abzielen, ein möglichst negatives, abstoßendes Bild der heutigen polit. Führung Russlands und des Lebens dort insg. in die Köpfe der Leser zu pflanzen. All dies wurde nach einem ausgelatschten Muster mit bekannten Werkzeugen der Propagandisten bewerkstelligt, um an die Leser ranzukommen wurden unmissverständliche Appelle an die Emotionen benutzt.
Ich zitiere eine Leserin, die zu einem früheren, ähnlich gelagerten Werk zum Thema Russland Folgendes geschrieben hat: „All jenen, die ihre tägliche Dröhnung dumpfen Antirussismus brauchen, ist dieses Machwerk wärmstens zu empfehlen. Dagegen sollte jeder an Wahrheit und Realitätsnähe interessierte Mensch…“ setze ich fort: zumindest „Illegale Kriege“ von Daniel Ganser, „Wer beherrscht die Welt“ von Noam Chomsky, „Russland verstehen“ und „Eiszeit“ von Gabriele Krone-Schmalz, ferner „Die den Sturm ernten“ von Michael Lüders, „Schwarze Flaggen“ von Joby Warrick, „Nur wenn du allein kommst“ von Souad Mekhennet und „Propaganda als Machtinstrument“ von Alexandra Bleyer lesen, um der massenmedialen Verblendung zu entkommen und zu verstehen, wer von der Kluft zw. Europa und Russland profitiert und warum an ihrer Ausweitung seit Langem so hartnäckig gearbeitet wird.
Ich schließe mit den Zitaten aus o.g. Werk von Michael Lüders: „Wie geht man damit um, wenn das, was zu den größten Errungenschaften unserer Zeit gehört, nämlich Freiheit und Demokratie, in der Geopolitik zu purem Zynismus verkommt? Wie lässt sich angesichts der hier vorgetragenen Faktenlage allen Ernsten behaupten, westliche Politik stehe für „Werte“, im Gegensatz zu etwa russischer oder chinesischer?“ S. 163.
„Eigentlich wäre es höchste Zeit, innezuhalten und sich neu zu sortieren. Eine Weltordnung zu begründen, die um Ausgleich und Kompromiss unter den jeweiligen Akteuren bemüht ist, einen Dialog auf Augenhöhe führt. Die vom Zenit abgleitende Weltmacht USA sucht genau diesen Ausgleich nicht. Sie ist bestrebt, eigene Interessen auf Kosten anderer durchzusetzen, notfalls mit Gewalt. Und nicht zuletzt mit Hilfe einer auch medial betriebenen Dämonisierung des gegenwärtigen Hauptgegners Russland. Die Machtpolitik Moskaus, Teherans oder Pekings ist im Zweifel jedoch nicht mehr und nicht weniger skrupellos als die des Westens. Sie in den Kategorien von „gut“ und „böse“ zu verorten, wobei „wir“ natürlich zu den Guten rechnen, das grenzt an Volksverdummung.“ S. 167.
Fazit: Ich kann mich in diesem Fall nicht mal zu zwei Sternen durchringen. Mir ist um jede Minute schade, die ich mit diesem Buch verbracht habe, was sein musste, da Rezensionspflicht. Und noch mehr ist mir schade um die Bäume, die ihr Leben hergeben mussten, damit so etwas gedruckt wird.
In der heutigen Situation braucht die Welt, die eine gute, lebenswerte Zukunft haben will, genau das Gegenteil: Brückenbauen statt Konfrontation weiter zu treiben und Entfremdung und Entsetzen in die Köpfe der Leser zu pflanzen. Daher sage ich: Vergessen wir dieses Machwerk und lesen lieber etwas Gutes, s.o.