Profilbild von Wedma

Wedma

Lesejury Star
offline

Wedma ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Wedma über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 24.09.2017

Spannendes, lesenswertes, wohl recherchiertes Werk über Rasputin und seine Zeit.

Und die Erde wird zittern
0

Keine einfache Aufgabe, über Rasputin eine Biografie zu schreiben, die seiner komplexen Persönlichkeit und seiner keineswegs eindeutigen Rolle in der russischen Geschichte gereicht wird. Douglas Smith ...

Keine einfache Aufgabe, über Rasputin eine Biografie zu schreiben, die seiner komplexen Persönlichkeit und seiner keineswegs eindeutigen Rolle in der russischen Geschichte gereicht wird. Douglas Smith hat diese Aufgabe souverän gemeistert und ein bemerkenswertes und sehr lesenswertes Werk geschrieben. Die knapp 800 Seiten bieten viel Stoff, der ein vielschichtiges Bild der Epoche und ihrer Besonderheiten erlaubt. Und was vllt noch wichtiger ist: Der Autor gibt den Lesern die Chance, zu eigener Meinung über Rasputin und seine Zeit gelangen zu können, die mMn optimalste Art und Weise, über Rasputin eine überzeugende Biografie zu gestalten.
Den Geist der Zeit, diverse Aspekte der Politik, des gesellschaftlichen Lebens, uvm. gelang es Smith bildhaft und überzeugend rüberzubringen.
Der Autor vermittelt auch, wie nicht einfach es ist, heute über Rasputin ein adäquates Urteil zu fällen, da immer noch viele Verleumdungen über ihn kursieren.
Smith hat Archive durchforstet, zig Dokumente aufgewertet, die bisher bekannten Dinge auf Prüfstand gestellt. Über diese Suche, den steinigen Weg zum möglichst wahrheitsnahen Verständnis von Figur Rasputin hat Smith unterhaltsam berichtet. Dieses Werk ist eine Entdeckungsreise. Geführt vom Autor untersucht man viele Fragen dieser Zeit. Manchmal gibt es keine Antworten und man muss spekulieren und rätseln.
Smith gibt seinen Lesern viel Stoff, damit sie ihre eigene Meinung selbst bilden können. Er bringt auch genug Spekulationen zur Sprache, die damals kursierten, sodass man sieht, wie nicht einfach es war, Beweise und so etwas wie Wahrheit im Chaos jener Jahre zu finden.
Smith schildert das Umfeld, die Atmosphäre, die Vorboten politischer Natur, ja den Geist der Zeit, in der das Wirken Rasputins bei der Zarenfamilie möglich wurde. Rasputin war ganz klar Produkt seiner Zeit.
Rasputin scheute vom Anfang an nicht, Staatliches und Politisches mit dem Zaren zu besprechen. Und der Zar hörte zu. Er und seine Gemahlin waren gern in seiner Gesellschaft. Das passte vielen beim Hofe nicht.
Dass Rasputin Nikolaus II. Russlands Beteiligung im ersten Weltkrieg auf jeden Fall ausreden wollte, den Balkankrieg zuvor hatte er ihm ausgeredet, zeichnet ihn als einen Pazifisten. Diese Rolle hat ihm bisher niemand zugestanden.
Bereichernd sind auch die Ausführungen über die alten Adelsfamilien wie Jussupow, Sumarokow- Elston, uvm, wichtig auch um zu verstehen, warum Felix Jussupow den Mord begehen wollte.
Toll, dass es Fotos gibt, von Jussupow, seiner Frau, seiner Mutter, auch von paar anderen Personen, von denen man des Öfteren auf den letzten hundert Seiten gelesen hat, und natürlich auch von Rasputin selbst, ein Foto aufgenommen kurz vor seinem Tod. Auch die Fotos von seinem gefrorenen Leichnam und die Nahaufnahme mit der Schusswunde auf der Stirn.
All die Szenarien der Ermordung, die schon lange im Vorfeld ausgetüftelt wurden, sind schon recht grausig. Smith zeigt, mithilfe von Zitaten der Akteure, die ihre Motivation erklären und schildern, wie die Entscheidung zum Mord Rasputins gewachsen war, wie sorgfältig der Mord geplant und die Komplizen ausgewählt wurden. So dargestellt, wird es klar, warum, und gerade mit diesen Beteiligten, der kaltblutige Mord möglich wurde und welche Konsequenzen dies für die Zarenfamilie hatte.

Fazit: Ein spannendes, wohl recherchiertes und auf jeden Fall lesenswertes Werk über Rasputin und seine Zeit, das tiefe Einblicke in die Materie erlaubt und unterhaltsam, wie ein Gespräch unter Freunden, aufbereitet ist.
Es ist schon recht breit erzählt, es ist aber durchaus gerechtfertigt, denn so erhält der Leser selbst die Möglichkeit, eigene Schlüsse zu ziehen. 5 wohl verdiente Sterne und eine klare Leseempfehlung, insb. für diejenigen, mehr über die letzten Jahre der Romanos aus dieser Perspektive erfahren möchten.
Gekürzt.

Veröffentlicht am 24.09.2017

Informativ und lesenswert!

Darknet
0

Darknet habe ich ganz gern gelesen. Da Buch liefert, was der Klappentext verspricht.
In 9 Kapiteln plus kurze Einleitung auf knapp 220 Seiten erzählt Stefan Mey, was Darknet ist, seine Entstehung und ...

Darknet habe ich ganz gern gelesen. Da Buch liefert, was der Klappentext verspricht.
In 9 Kapiteln plus kurze Einleitung auf knapp 220 Seiten erzählt Stefan Mey, was Darknet ist, seine Entstehung und Funktionsweise, im letzten Kap. gibt es einen Ausblick „Vom dystopischen Internet zu einer Utopie des Darknets“, was kaum fehlen durfte.
Dass es nicht nur Darknet als Ort der illegalen Marktplätze oder nur das böse Darknet (Waffen, Terrorismus, Kinderpornographie) gibt, sondern dass es so etwas wie gutes Darknet gibt und dort auch die Whistleblower oder Oppositionelle ihre Anonymität genießen, oder auch die linkspolitische Aktivist*innen, die sich vor Überwachung und Repression schützen wollen, sich dort entspr. Dienste eingerichtet haben, wird wohl noch für viele Neulinge auf dem Gebiet neu sein. Auch Studenten tummeln sich dort: Um kostenlos an bestimmte wissenschaftliche Artikel oder Kapiteln aus schwer zugänglichen Büchern ranzukommen, gibt es dort ein Hintertürchen.
Ein Zitat wirke auf mich recht futuristisch: „In seinem Vortrag auf dem Kongress des Chaos Computer Clubs meinte der Tor- Forschungsdirektor Roger Dingledine, er träume davon, dass eines Tages alle großen Webseiten… stets auch .onion-Zugang anböten.“ S. 73.
Kap. 6 erzählt, wie die Software Tor funktioniert, mit deren Hilfe man Darknet betritt, und was man im Einzelnen tun muss, um sich dort Zugang zu verschaffen, alles recht zugänglich und für Neulinge auf dem Gebiet gut geeignet dargeboten. Als Laie wird man gut bedient, denn anfangs werden auch IP Adressen, welche Funktion sie haben und ähnliches erklärt.
Nicht minder spannend ist Kap. 8 „Was die Polizei im Darknet tut und wieso sie nicht nur ohnmächtig ist.“
Im Anhang gibt es lesenswerte Interviews mit Darknet Spezialisten und noch einige Infos zu alternativen Darknets: I2P, Freenet, ca. 10 Seiten zum Thema: „Wie sicher ist das Tor?“. Ein kleines Glossar rundet dieses informative Werk ab.

Fazit: Wer sich als Laie über Darknet näher informieren möchte, kann hier gut zugreifen. Das Wesentliche ist gekonnt und zugänglich erklärt worden. Ich habe mich sowohl gut unterhalten informiert gefühlt und bleibe prima informiert zurück, daher vergebe ich sehr gute 4 Sterne und eine klare Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 24.09.2017

Humoristische Sichtweisen auf den Alltag.

Gemischte Sätze
0

Gemischte Sätze. „Humoristische Sichtweisen auf den Alltag“ von Andreas V. Engel habe ich sehr gern gelesen, einen vergnüglichen Abend damit verbracht. Mir war, als ob ich einer lustigen Kabarett-Vorstellung ...

Gemischte Sätze. „Humoristische Sichtweisen auf den Alltag“ von Andreas V. Engel habe ich sehr gern gelesen, einen vergnüglichen Abend damit verbracht. Mir war, als ob ich einer lustigen Kabarett-Vorstellung beiwohnte.

Humorige und/oder auch philosophisch angehauchten Gedichte wechseln sich mit kurzen Sketchen, wie z.B. „Havlitschek & Einfalt – Auslandsaufenthalt“ ab, die man sich sogleich von zwei Kabarettisten von der Bühne vorgetragen vorstellt; oder auch mit kurzen Stories wie „Miss-Wahl“, die mit doppeldeutigen Wortspielereien glänzen und leicht politisch angehaucht sind.

Auch die Überlegungen und Neuinterpretationen zu bekannten Sprüchen wie „Da ist Hopfen und Malz verloren“, „Sauer macht lustig“, „Jemanden durch den Kakao ziehen“, etc. sind sehr gut geeignet, den Lesern ein Lächeln zu entlocken und gute Laune zu verbreiten.
Dieses „Sich-selbst-und-die-anderen-auf-die-Schippe-nehmen“ kommt hier und da deutlich rüber und macht das Ganze sympathisch und lesenswert.

„Tagesteller: Mei-nung“ ist mein Favorit! Humorig dargeboten, kaum ein Zutat von der Hand zu weisen, zeugt es von der wohl geübten Beobachtungsgabe des Autors und seinem Können, das Wesentliche unterhaltsam und zum Nachdenken anregend auf den Punkt zu bringen.

Fazit: Ein sehr gut gelungenes Erstlingswerk. Bitte mehr davon und gerne auch etwas bissiger. Besonders hell leuchtende vier Sterne und Leseempfehlung für diejenigen, die mal einen Abend schmunzelnd bei netter, kluger und unterhaltsamer Lektüre verbringen möchten.

Veröffentlicht am 22.09.2017

Unterhaltsam, neues Wissen bringend und lesenswert!

Hinter dem Horizont
0

„Hinter dem Horizont. Eine Geschichte der Weltbilder“ von Ernst Peter Fischer habe ich sehr gern gelesen. Gekonnt und unterhaltsam erzählt, wirkte es auf mich wie ein gehaltvolles Gespräch mit einem älteren ...

„Hinter dem Horizont. Eine Geschichte der Weltbilder“ von Ernst Peter Fischer habe ich sehr gern gelesen. Gekonnt und unterhaltsam erzählt, wirkte es auf mich wie ein gehaltvolles Gespräch mit einem älteren Freund.
Zum Autor: „Ernst Peter Fischer, geboren 1947 in Wuppertal, studierte Mathematik, Physik und Biologie und habilitierte sich 1987 im Fach Wissenschaftsgeschichte. In den Jahren darauf lehrte er als Professor an den Universitäten Konstanz und Heidelberg. Als Wissenschaftspublizist schreibt er unter anderem für die «Welt» und «Focus». Fischer ist Autor zahlreicher Bücher, darunter des Bestsellers «Die andere Bildung» (2001). 2015 erschien «Durch die Nacht. Eine Naturgeschichte der Dunkelheit»“.

Klappentext beschreibt den Inhalt sehr treffend.

Auf rund 333 Seiten in 9 Kapitel samt kurzer Einleitung plus Anmerkungen, Literaturhinweise, Register, Dank, Bildnachweis spricht Ernst Peter Fischer mit seinen Lesern über die Bilder, die Menschen von ihrer Welt (erzeugt) haben. Er erzählt u.a. davon, wie die Menschen ihre Welt früher sahen, zu den Zeiten von Pharaonen, später im alten Griechenland, usw. Er erzählt auch von der Vielfalt der Weltanschauungen im sehr aufschlussreichen Kap. 6 mit all den Mythen, Legenden und diversen Weltenentwürfen, und wie sich diese Weltbilder im Laufe der Zeit gewandelt haben, als die Menschen z.B.: in Weltall reisen und von dort aus auf die Erde schauen oder auch als sie in die feinsten Bestandteile der Zellen blicken konnten; oder auch, was heute aus der Weltwahrnehmung kaum wegzudenken ist: von der Welt durch die Bilder der Medien.
Es sind im Wesentlichen kurze, aber griffige Zusammenfassungen der Sachverhalte, ein unterhaltsamer Mix aus Physik, Philosophie, Kulturgeschichte uvm, prima dazu geschaffen, das Interesse der Leser anzuregen, noch mehr zu den angesprochenen Themen erfahren zu wollen. Die Literaturhinweise sind praktischerweise nach Kapiteln aufgeteilt, sodass man gezielt nach weiterführenden Titeln suchen kann. Darwin, Kopernikus, Einstein &Co. sind da genauso präsent wie Neil Postman (und einige anderen), der den Begriff „Infotainment“ eingeführt hat und in seinem Buch „Wir amüsieren uns zu Tode“ schieb: „Fernsehen wurde nicht für Idioten erschaffen – es erzeugt sie.“ Es gibt noch einige tolle Sprüche, die mich auflachen ließen.

Erst gewann ich den Eindruck, das Buch ist eher etwas für Jugendliche, aber je weiter ich las, desto besser gefiel mir das Werk.
Schade, dass die Bilder im Buch schwarz-weiß sind. Gerade in einem Buch über die Bilder der Welt hätten die Fotos gern farbig sein können.

Fazit: Sehr leserfreundlich und zugänglich aufbereitet, gibt das Buch genug Stoff, zum Nachdenken und Auszudiskutieren im Freundes- und Familienkreis.
Unterhaltsam, neues Wissen bringend und lesenswert, sowohl für die Jugend als auch für Erwachsene. Besonders hell leuchtende vier Sterne und eine Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 17.09.2017

Ein sehr lesenswertes Buch. Highlight in diesem Lese-Herbst.

Nur wenn du allein kommst
0

Auf rund 350 Seiten in 15 Kapitel, chronologisch aufgebaut, plus Prolog und Epilog aufgeteilt, erzählt Souad Mekhennet spannende Dinge von ihren Begegnungen mit führenden Persönlichkeiten des Jihad, die ...

Auf rund 350 Seiten in 15 Kapitel, chronologisch aufgebaut, plus Prolog und Epilog aufgeteilt, erzählt Souad Mekhennet spannende Dinge von ihren Begegnungen mit führenden Persönlichkeiten des Jihad, die sie ihren außergewöhnlichen Kontakten zu verdanken hat. Man reist mit ihr nach Jordanien und Libanon in 2007 (Kap. 5 und 6), nach Algerien in 2008 (Kap. 7), Pakistan in 2009 (Kap. 8), Ägypten, Tunesien, Bahrain, Iran in 2011 (Kap. 9-11). In England 2014-2015 ist man mit ihr auf der Spur von Jihadi John, dessen Identität und Werdegang dann offengelegt werden. Anfangs ist man mit der kleinen Souad in Deutschland und Marokko in 1978-1993 und im Prolog in der Türkei 2014, wo sie mit einem ganz hohen Anführer des IS sprach. Es ist eine bemerkenswerte Reise, die nicht nur im geografischen Sinne spannend ist, bei der es hier und da beschrieben wird, was man dort für Sitten pflegt und was auf den Tisch kommt, wie z.B. im Kap. 8, vielmehr ist es eine Reise durch die Weltanschauung der radikalen Islamisten, bei der sie ihren Werdegang, ihre Überzeugungen und Motive in Gesprächen mit Souad offenlegen. Klar wird dabei, dass diese Menschen, mit ethnischen Wurzeln in arabischen, nordafrikanischen, etc. Ländern, die in Westeuropa großgeworden sind und einige ihre Studienabschlüsse dort erworben haben, nun erbittert gegen den Westen kämpfen, der ihnen seine politische Federführung und noch einiges mehr aufzudrängen versucht, so ihre Auffassung; im Gegenzug aber keine Möglichkeit eingeräumt hat, sich in den westlichen Ländern zu integrieren und auf einer Augenhöhe über die gegenwärtigen Probleme zu reden. Sprache wäre da nicht das Problem. Diese Leute sind in der Regel gut gebildet und mehrsprachig. Klar ist auch, dass diese Menschen die hegemoniale Führung der USA nicht länger akzeptieren wollen und auch gegen diese nun aktiv ankämpfen, s. z.B. S.12, 165, 194, 233, 320. Souad redet mit diesen Kämpfern, um ihren Standpunkt zu verstehen, um ihren Lesern zu zeigen, wer hinter IS steht und warum sie ihre Interessen ausschließlich auf kriegerischem Wege durchzusetzen versuchen. Aber nicht alles dreht sich um Politik. Manches liest sich wie ein gutes Stück Literatur. Hin und wieder gibt es auch humorige Momente, z.B. als sich ein Sultan in Souad verliebt und ihr die Stelle seiner zweiten Frau, die seiner ersten im Haushalt und bei der Kindererziehung aushelfen sollte, bei einem üppigen Dinner in Pakistan angeboten hat.
Parallel erzählt Souad ihre eigene Geschichte, sowie das Leben ihrer Eltern, die als Gastarbeiter nach Deutschland kamen: Mutter aus der Türkei, Vater aus Marokko; auch die Lebensgeschichten ihrer Großeltern. Über ihre Großmutter, eine starke Frau in Marokko des XX Jh., die ihre drei Kinder allein großgezogen hatte, über das Leben und Sitten dort, die Souad als Kleinkind vermittelt bekam, habe ich gern gelesen. Hier las sich das Buch wie ein historischer Roman, wie auch an einigen anderen Stellen: Die Lebensgeschichten der Einwanderer nach Deutschland, zwischen denen Souad und ihre Schwestern aufgewachsen waren, spiegeln einen Teil der europäischen Geschichte dieser Zeit. Hier war kaum etwas erfunden. Die Personen und ihre Lebensgeschichten waren echt. Souad erzählt personennah und familienbetont, sie lässt die Leser bei ihren Familiengesprächen teilhaben, um zu zeigen, dass die meisten Probleme wie Sunniten/Schiiten Konflikt, der auch in ihrer Familie präsent ist (Mutter Schiitin, Vater Sunnit), auch ohne Blutvergießen lösbar sind, wenn man einander zuhört.
Souad versucht nicht, ihre Leser mit grauenvollen Schilderungen der Blutbäder der Terroranschläge zu beeindrucken. Die Spannung, die sie aufbaut, ist viel subtiler Natur. Souad teilt ihre Erfahrungen, die sie während ihrer Arbeit gesammelt hatte. Und da lauerte die Gefahr fast an jeder Ecke. Wie viel Mut und Fingerspitzengefühl war nötig, um auf der Messers Schneide so souverän auftreten zu können!
Souad schließt mit: „Die Welt steuert keinem Krieg der Zivilisationen oder Kulturen entgegen, sondern einer Konfrontation zwischen den Vermittlern, die Brücken bauen wollen, und denjenigen, für die alles stets schwarz oder weiß ist, die Hass verbreiten und Spaltung betreiben. Und so schwierig der Brückenbau sein mag: in jeder Generation gibt es Menschen, die Gemeinsamkeiten finden und Einigkeit schaffen wollen. Meine Eltern und meine Großeltern haben mich gelehrt, was alles möglich ist.“ S. 362.
Souad hat durch ihre Arbeit bewiesen, dass sie eine überzeugende Brückenbauerin im Sinne der Tradition ihrer Familie geworden ist. Sie schreibt auch weiter: „Wer legt die Regeln fest? Diese Frage stellt sich nicht nur für die muslimische Welt; sie ist ebenso ein Problem des Westens. Man kann keine Toleranz erwarten, wenn man sie anderen nicht zugesteht. In dem Moment, in dem jemand unbedingt recht behalten will, ist jede Grundlage für einen weiteren Dialog verloren.“ S. 363.
Man kann noch viel über diese Buch schreiben, aber es ist besser, man liest es selbst.

Fazit: Ein sehr lesenswertes Buch, das sich manchmal wie ein Thriller und manchmal wie ein Roman liest. Man muss sich nicht groß für Politik interessieren, um Gefallen an diesem Werk zu finden. Das Buch ist sehr zugänglich und verständlich für alle, in einfacher, ausdruckstarker Sprache geschrieben worden. Menschenschicksale stehen dabei oft im Vordergrund und erzählen ihre bewegenden Geschichten.
Hut ab vor Souad, dieser mutigen Frau, die auch in dieser vertrackten Situation versucht, den Dialog aufrechtzuerhalten und die Brücken zu schlagen. Auch wenn Pulitzer Preis 2017 bereits anderweitig vergeben ist, verdient dieses Werk eine ähnlich hohe Auszeichnung. Für mich ist dieses Buch das erste Highlight in diesem Lese-Herbst. 5 wohl verdiente Sterne und ein klare Leseempfehlung!