Ich konnte mich mit der Art des Aufbaus nicht so zurechtfinden
Land im SturmDas ist ja ein ganz schön dicker Schinken! Aber es erstreckt sich ja auch über einen langen Zeitraum denn es beginnt im Jahr 955 in der Nähe von Augsburg und endet in Berlin in der Mitte des 19. Jahrhunderts.
An ...
Das ist ja ein ganz schön dicker Schinken! Aber es erstreckt sich ja auch über einen langen Zeitraum denn es beginnt im Jahr 955 in der Nähe von Augsburg und endet in Berlin in der Mitte des 19. Jahrhunderts.
An den Schreibstil musste ich mich erst gewöhnen: er fühlte sich etwas umständlich an und hat mir dadurch einen langsamen Rhythmus fast schon aufgezwungen. Das war sehr ungewohnt, aber nach einiger Zeit passt man sich automatisch diesem Tempo an und es las sich auch flüssiger.
Allerdings kam ich mit dem Aufbau und der Umsetzung nicht so ganz klar. Es gibt ja fünf Abschnitte, die zu unterschiedlichen Zeiten spielen. Es beginnt mit Arnulf und Hedi, die in der Schlacht um Augsburg durch die Ungarn zueinander finden, dann geht es mit den Brüdern Arnulf und Gero und ihrem Schwager Erik weiter, die durch einen schweren Schicksalsschlag ums Überleben kämpfen müssen. Danach macht es einen größeren Sprung ins Jahr 1647 mitten in den 30jährigen Krieg und den Feldhauptmann Ewalt und schließlich ins Jahr 1813 in die Zeit Napoleons zu Hedwig und ihrer weiteren Entwicklung im Jahr 1848.
An sich ein schöner Querschnitt durch die Zeit und die Veränderungen in Deutschland, die wirklich mit vielen Fakten und Details belegt ist, allerdings ohne rechten Zusammenhang zueinander. Mir kam es eher so vor, als würde ich vier einzelne Bücher lesen, die einfach aneinander gereiht wurden, weil ich keinen Bezug dazwischen erkennen konnte - bis auf die letzten beiden Abschnitte, in denen es um Hedwig und die Fortschritte in ihrer Familie geht. Natürlich war mir bewusst, dass man mit einem so langen Zeitraum keine großen Verbindungen schaffen kann, aber ich hatte mir einfach doch mehr erhofft. Mir kam es eher wie eine Geschichts-Stunde vor mit ein bisschen Rahmenhandlung, die mich aber eben leider gar nicht fesseln konnte.
Das einzige, das sich als Verbindung zu den Figuren durch jede Geschichte zieht sind der Beruf des Schmieds, die Vornamen die sich immer wiederholen, die in der Familie typischen strahlend blauen Augen und der ungarische Säbel, der in ihren Besitz gelangt und geblieben ist. Ja, prinzipiell schon viele Details, aber trotzdem kam ich mit der Verbindung über die Jahrhunderte nicht so gut zurecht.
In den einzelnen Abschnitten lernt man die Charaktere zwar schon gut kennen, trotzdem bin ich nicht so recht mit ihnen warm geworden. Mit Arnulf und Hedi gleich zu Beginn hatte es gut angefangen, aber dann verlor es sich komplett in der Schlacht um Augsburg, die wirklich sehr in die Länge gezogen wurde und endete mit einer recht kurzen Zusammenfassung ihrer Schicksale.
Der zweite Teil, in dem vor allem Gero und Erik eine tragende Rollen spielen, war mir zu sehr auf Einzelheiten fixiert, die zwar einen guten Einblick auf einen Lebensabschnitt von ihnen gegeben, aber mir kein Gefühl für diese Zeit gegeben haben und für mich nur eine Momentaufnahme waren, die nicht wirklich etwas ausgesagt oder mir etwas gegeben hat, bei dem ich mitfiebern konnte.
Weiter ging es mit 1647 mit Ewalt, einem Feldhauptmann, mitten im 30jährigen Krieg. Ein Verrat bringt ihn zu einer unbedachten Handlung, die sein Schicksal komplett wendet und auch wenn hier wieder viele Details herausgearbeitet wurde, empfand ich die Ereignisse nicht wirklich spannend.
Leider ging es mir ebenso mit Hedwig und ihrem Bruder Gero zur Zeit von Napoleon 1813 in Berlin, deren Geschichte dann 1848 weitergeführt wird, in der es hauptsächlich um ihre Fabriken, die Entwicklung der Industrie und die Einführung der Demokratie geht.
Die Glaubwürdigkeit hat mich vor allem in Bezug auf die Figuren nicht erreichen können. Ihr Handeln passte mir nicht in die Zeit und ihre Reaktionen waren zum Teil sehr naiv und passte mir nicht so recht zu dem Eindruck, dass ich mir von ihnen gemacht hatte. Auch der Stil, der zwar schon an das historische Setting angepasst ist, mir in den Dialogen aber zu sehr in der heutigen Zeit.
Vor allem war es aber leider die Handlung, die sich zu sehr in unnötige Details verloren hat, aber trotzdem kein anschauliches Bild zeigen konnte bzw. hab ich mir kein Gesamtbild so richtig vorstellen können. Es ist wirklich schwer zu beschreiben, aber mich hat einfach keiner der Zeitabschnitte wirklich fesseln können.
Positiv zu nennen sind auf jeden Fall die sicher sehr authentischen Informationen zu den jeweiligen Jahrhunderten, die politischen Einflüsse und auch die vielen bekannten Namen und Reformen, die sich entwickelt haben. Hier hat der Autor viel Wissen weitergegeben und das mag für interessierte Leser sicher ein faszinierender Einblick in die damaligen Ereignisse sein. Meins war es leider nicht.