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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 05.06.2017

Leider nicht kuhl

MUH!
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Von Safier bin ich bisher eigentlich nur Gutes gewöhnt. „Mieses Karma“ war für mich ein richtiges Highlight. „Plötzlich Shakespeare“ und „Happy Family“ konnten mich auch noch begeistern. „Muh!“ kann allerdings ...

Von Safier bin ich bisher eigentlich nur Gutes gewöhnt. „Mieses Karma“ war für mich ein richtiges Highlight. „Plötzlich Shakespeare“ und „Happy Family“ konnten mich auch noch begeistern. „Muh!“ kann allerdings mit seinen Vorgängern überhaupt nicht mithalten. Wie in seinen anderen Büchern versucht Safier auch in „Muh!“ dem Leser auf skurrile und humorvolle Art und Weise eine Lebensweisheit mit auf den Weg zu geben. Diesmal geht es um die große Frage: „Was ist Glück?“ Das Glück finden will die Kuh Lolle, die auf einem ostfriesischen Bauernhof lebt. Nachdem sie ihren Stier Champion in flagranti mit einer anderen Kuh erwischt und erfahren hat, dass der Bauer alle Kühe schlachten lassen will, steckt Lolle in einer Lebenskrise. Da verrät ihr ein italienischer Kater, dass es einen Ort auf dieser Welt gibt, an dem Kühe wie im Paradies leben: Indien. Zusammen mit ihren Freundinnen Hilde und Radieschen will Lolle nun in dieses tolle Land fliehen, in der Hoffnung, dort auch das Glück zu finden. Die Idee mochte ich eigentlich sehr und die Geschichte hat auch ein paar brauchbare, gute Ansätze (der Kater mit seinen trockenen Sprüchen gefiel mir zum
Beispiel sehr). Die Umsetzung ist aber mehr als misslungen. Die Reise der Kühe zieht sich wie Kaugummi, es passiert kaum etwas Nennenswertes und die paar Wendungen, die es gibt, waren mir entweder zu albern, zu wirr oder zu belanglos. Safiers normalerweise so humorvoller, sarkastischer Schreibstil bleibt total auf der Strecke. In „Muh!“ war mir der Humor einfach viel zu flach und klamaukig, zum Teil ging es fast schon in Richtung Fäkalhumor. Eigentlich konnte ich kein einziges Mal schmunzeln, geschweige denn lachen. Auch so hat mich die Botschaft des Romans nicht wirklich erreicht oder berührt. Schade, denn Safier kann es besser.

Veröffentlicht am 05.06.2017

Existenzielle Probleme

Die New-York-Trilogie
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Auster gilt ja als eine der größten literarischen Entdeckungen der letzten Jahrzehnte. Schon lange wollte ich mal etwas von ihm lesen und hab jetzt zu dem Werk gegriffen, das ihn bekannt gemacht hat: „Die ...

Auster gilt ja als eine der größten literarischen Entdeckungen der letzten Jahrzehnte. Schon lange wollte ich mal etwas von ihm lesen und hab jetzt zu dem Werk gegriffen, das ihn bekannt gemacht hat: „Die New-York-Trilogie“. Um es schon mal vorweg zu sagen: Ich hab mir etwas mehr bzw. etwas anderes erwartet. Das Buch setzt sich aus drei eigenständigen, relativ kurzen Geschichten zusammen. Die Geschichten haben inhaltlich nichts miteinander zu tun und könnten theoretisch auch einzeln gelesen werden. Ihre Gemeinsamkeit: Die Geschichten sind vermeintliche Detektivgeschichten, in denen es aber eigentlich gar keinen richtigen Kriminalfall gibt. Die Geschichten werden nie ganz aufgelöst, die Protagonisten geraten alle in eine Lebenskrise und haben alle etwas Selbstzerstörerisches an sich. In allen drei Geschichten werden die Protagonisten in einen Kriminalfall verstrickt, sie werden zum Detektiv und stellen Nachforschungen an. Letztendlich können sie den Fall aber nicht aufklären, sondern bekommen nur ihr eigenes Schicksal vor Augen geführt. Auster geht es in diesem Buch hauptsächlich darum, existentielle Probleme darzustellen und exzessive Leidenschaften zu thematisieren. Auch das Thema Isolation spielt eine Rolle. Literarisch ist ihm das durchaus gelungen. Der Schreibstil ist tatsächlich großartig, sehr eigen und speziell, aber durchaus angenehm zu lesen. Man spürt regelrecht die Verlorenheit der Protagonisten, ihre Zerrissenheit. Alle Geschichten hinterlassen auch einen melancholischen, morbiden Nachgeschmack. Trotzdem war das Buch nicht so ganz meins. Die erste Geschichte habe ich noch recht begeistert gelesen – obwohl sie einige Längen hat. Die zweite und kürzeste der drei Geschichten hat mich dann ehrlich gesagt gelangweilt. Ab der dritten Geschichte, die eigentlich die beste in diesem Buch ist, hat man dann schon gar keine große Lust mehr, weiterzulesen, weil man eben schon weiß, worauf es hinauslaufen wird. Dass die Geschichten alle so ins Leere laufen und in ihnen Dinge aufgebauscht werden, die dann wieder in sich zusammenfallen und nichts mit der Handlung zu tun haben, fand ich sehr unbefriedigend. Mir ist schon klar, dass das so gewollt ist. Dennoch hat man gerade deswegen danach das Gefühl, Zeit verschwendet zu haben, weil man sich mit diesen nichtssagenden Geschichten beschäftigt hat. Fazit: Ein intelligentes, anspruchsvolles Werk auf literarisch hohem Niveau, das mir aber nichts gegeben hat.

Veröffentlicht am 05.06.2017

Runder Abschluss einer tollen Serie

Vampirmelodie
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Bye, bye Sookie: „Vampirmelodie“ ist der 13. und somit finale Band der außergewöhnlichen Vampirserie um die gedankenlesende Kellnerin Sookie Stakhouse. Zwar ist der Band nicht der beste, aber sicher auch ...

Bye, bye Sookie: „Vampirmelodie“ ist der 13. und somit finale Band der außergewöhnlichen Vampirserie um die gedankenlesende Kellnerin Sookie Stakhouse. Zwar ist der Band nicht der beste, aber sicher auch nicht der schlechteste der Serie. Im Großen und Ganzen ist es Harris gelungen, einen runden und passenden Abschluss für ihre Reihe zu finden, ohne die Geschichte tot zu schreiben. Wie es sich für ein gutes Finale gehört, überschlagen sich im letzten Band die Ereignisse noch einmal: Sookie muss nicht nur um ihre Beziehung zur Eric und ihre Freundschaft zu Sam bangen, sie muss auch ums nackte Überleben kämpfen. Denn einige Gegner schmieden grausame Rachepläne gegen sie und schließlich wird Sookie auch noch eines Mordes verdächtigt. Zum ersten Mal in der Serie wird die Geschichte im 13. Band nicht nur aus Sookies Sicht erzählt. In einigen Szenen lässt Harris auch einen auktorialen Erzähler berichten. So erfährt man als Leser von Dingen, von denen Sookie noch keine Ahnung hat, was die Geschichte wiederum sehr spannend macht. Generell gab es im finalen Band wieder mehr Action und Dramatik, was ich ja vor allem im 12. Band etwas vermisst habe. Der Schreibstil steht den vorangegangen Bänden in nichts nach, auch der ganz eigene Humor dieser Serie ist wieder zu gegen. Darüber hinaus hat es Harris geschafft, ihre Figuren weiterzuentwickeln, was ich sehr positiv finde. Vor allem Sookie ist erwachsener und reflektierter geworden. Was mir an diesem finalen Band noch sehr gut gefallen hat, ist, dass viele Figuren aus den anderen Bänden nochmal auftauchen. Leider ist die Geschichte nicht ganz so ausgegangen, wie ich mir das erhofft habe und auch die Rachemotive von Sookies Gegnern fand ich dann zum Teil etwas dürftig und an den Haaren herbeigezogen. Nichts desto trotz hat Harris aber ein recht gutes Finale hingelegt und auch im Nachhinein kann ich die Sookie-Stakhouse-Reihe nur uneingeschränkt empfehlen. Sie ist tatsächlich die erste längere Buch-Reihe, die ich komplett gelesen habe.

Veröffentlicht am 05.06.2017

Ergreifendes Frauenschicksal

Die Vagabundin
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In Ihrem Roman „Die Vagabundin“ widmet sich Fritz einem wahren historischen (Kriminal-)Fall. Sie erzählt die ergreifende Geschichte der Eva Barbiererin, die im 16. Jahrhundert als Mann verkleidet und mit ...

In Ihrem Roman „Die Vagabundin“ widmet sich Fritz einem wahren historischen (Kriminal-)Fall. Sie erzählt die ergreifende Geschichte der Eva Barbiererin, die im 16. Jahrhundert als Mann verkleidet und mit gefälschten Papieren durch Süddeutschland zog. Doch dann wurde ihr Geheimnis aufgedeckt. Der Roman beginnt im Jahr 1561 in Passau. Nach dem Tod ihrer Mutter sind Eva und ihre Geschwister dem Stiefvater ausgeliefert, einem brutalen Trunkenbold. Um sich und ihren jüngsten Bruder vor seinen Gewaltausbrüchen und Zudringlichkeiten zu schützen, flieht Eva zusammen mit ihrem Bruder eines Nachts aus dem väterlichen Haus. Weil Eva jedoch auf der Straße schutzlos den Männern ausgeliefert ist und es Männer generell leichter hatten als Frauen, beschließt Eva schließlich, sich als Mann zu verkleiden. Beinahe vier Jahre zieht sie dann als Schneidergeselle Adam Portner durch die Lande und versucht ihr Glück zu machen. Denn Eva hat auch einen Traum: Sie würde gerne als richtiger Schneider arbeiten. Lange Zeit geht alles gut, doch dann droht der Schwindel aufzufliegen. Fritz hat sich zwar sehr genau an die Prozessakten zu diesem Fall gehalten, die auch zahlreiche Fakten zum Leben der Eva Barbiererin beinhalten, sie hat aber auch einige fiktive Fakten in die Geschichte mit eingebaut. So erlebt Eva nicht nur zahlreiche Abenteuer, sondern begegnet auch ihrer großen Liebe. Fritz ist mit „Die Vagabundin“ ein sehr bewegender, interessanter historischer Roman gelungen, der sehr deutlich veranschaulicht, wie schlecht Frauen in der frühen Neuzeit behandelt worden sind, wie wenig sie wert waren und wie selten sie eine Chance hatten, ihre Ziele und Träume zu verwirklichen. Ihre einzige Möglichkeit, weiter zu kommen, war es, sich als Mann zu verkleiden. Und tatsächlich waren Frauen in Männerkleidung in der frühen Neuzeit historische Realität. Ein gut recherchierter, gelungener historischer Roman mit gut ausgearbeiteten Charakteren, der unterhaltsam noch dazu ist.

Veröffentlicht am 05.06.2017

Große Heimatliebe

Sommerfest
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Heimat bleibt Heimat, egal was kommt und egal wie sehr man sich selbst verändert: Mit „Sommerfest“ hat Goosen einen modernen Heimatroman vorgelegt – voller Wehmut, Sehnsucht und Sentimentalität. Die Geschichte ...

Heimat bleibt Heimat, egal was kommt und egal wie sehr man sich selbst verändert: Mit „Sommerfest“ hat Goosen einen modernen Heimatroman vorgelegt – voller Wehmut, Sehnsucht und Sentimentalität. Die Geschichte dreht sich um Stefan, der seiner Heimatstadt Bochum seit mehr als zehn Jahren den Rücken gekehrt hat. Er lebt jetzt in München, arbeitet dort als Theaterschauspieler und ist in einer Beziehung. Nun muss er unfreiwillig in die alte Heimat, um sein Elternhaus zu verkaufen. Nur ein Wochenende soll es werden, dann will er wieder im Zug zurück nach München sitzen, so Stefans Plan. Doch anstatt des Maklers trifft Stefan alte Freunde und Bekannte, seine geliebte Omma und zu guter letzt Charlie, zu der er ein ganz besonderes Verhältnis hatte. An einem Wochenende wird sein ganzes Leben auf den Kopf gestellt. Goosens Schreibstil gefällt mir sehr. Niemand beschreibt das Leben mit all seinen Facetten auf eine so unbeschwerte und unterhaltsame Weise wie er. Mal tiefgründig, mal derb und lustig, mal melancholisch. Die Bilder, die er kreiert, stecken voller Nostalgie. Was ich auch toll fand: man merkt in dem Buch Goosens große Liebe zu Bochum. Ich selbst war noch nie im Pott und kenne mich mit den Städten dort überhaupt nicht aus. Nach dem Roman hatte ich plötzlich große Lust, mir mal Bochum bzw. ein paar Städte im Ruhrpott anzuschauen. Ein wunderbarer Roman voller Heimatliebe, nicht nur für Ruhrpottler.