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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 04.06.2017

Wundbares Buch über Freundschaft

Rosen, Tulpen, Nelken
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Aufkleber, selbst gemalte Bildchen, dazu kurze Verse – mit Füller geschrieben: Ein Poesiealbum werden viele als Kind selbst gehabt haben. Wenn man Jahre später darin blättert, werden Erinnerungen wach ...

Aufkleber, selbst gemalte Bildchen, dazu kurze Verse – mit Füller geschrieben: Ein Poesiealbum werden viele als Kind selbst gehabt haben. Wenn man Jahre später darin blättert, werden Erinnerungen wach und man fragt sich vielleicht: Was ist aus all den Freunden von damals geworden? In Heike Wanners Roman „Rosen, Tulpen, Nelken“, bekommt Physikerin Sophie das Poesiealbum ihrer verstorbenen Mutter in die Hände. Weil Sophie noch ein kleines Mädchen war, als ihre Mutter starb, kann sie sich kaum an sie erinnern. Da kommt ihr eine Idee: Sie möchte Kontakt zu den alten Freundinnen ihrer Mutter, die sich im Poesiealbum verewigt haben, aufnehmen. Mit ihren zwei besten Freundinnen macht sich Sophie in einem Wohnmobil auf eine Spurensuche quer durch Deutschland. Und dabei verändert sich auch ihr eigenes Leben ein kleines Stückchen. Heike Wanner ist mit „Rosen, Tulpen, Nelken“ ein sehr warmherziger, unterhaltsamer Roman über Freundschaft gelungen. Der Schreibstil ist sehr flüssig, angenehm und bildlich. Man ist sofort in der Geschichte drin und glaubt irgendwann selbst mit Sophie und ihren Freundinnen im Wohnmobil zu sitzen. Die Charaktere sind alle sehr authentisch und liebenswürdig und auf keinen Fall eindimensional. Natürlich ist die Geschichte nicht sehr anspruchsvoll und hier und da auch ein wenig vorhersehbar. Insgesamt aber ein wunderbares, gefühlvolles Buch mit einer traumhaften Geschichte. Genau das Richtige für einen gemütlichen Sonntagnachmittag.

Veröffentlicht am 04.06.2017

Der letzte Harem

Der letzte Harem
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Der 27. April 1909 markiert in der Geschichte der Türkei einen großen Wendepunkt: An diesem Tag wird Abdülhamid II., der letzte autokratische Sultan des Osmanischen Reichs, abgesetzt und ins Exil verbannt. ...

Der 27. April 1909 markiert in der Geschichte der Türkei einen großen Wendepunkt: An diesem Tag wird Abdülhamid II., der letzte autokratische Sultan des Osmanischen Reichs, abgesetzt und ins Exil verbannt. Seine Entmachtung markiert den Zusammenbruch des Osmanischen Reichs und zugleich die Geburtsstunde der modernen Türkei. Die Folgejahre sind geprägt von politischen Auseinandersetzungen, Machtkämpfen und vom Konflikt zwischen Tradition und Moderne, orientalischer und europäischer Kultur. Mitten hinein in diese Konflikte werden völlig unvorbereitet und unverhofft ein paar hundert Frauen gestoßen: denn mit der Absetzung Abdülhamdis II. wird auch sein Harem aufgelöst – einer der letzten großen im Osmanischen Reich.

Dieser historischen Epoche widmet sich Peter Prange in seinem Roman „Der letzte Harem“ – und schildert am Beispiel zweier Freundinnen, wie es den ehemaligen Harems-Frauen nach den politischen Umwälzungen erging: Elisa und Fatima sind gerade mal neun Jahre alt, als sie von einem Sklavenhändler aus ihrem Heimatdorf verschleppt werden – in den Harem des Sultans. Dort werden sie auf ein Ziel vorbereitet: Dem Sultan zu dienen. Während Fatima sich in ihr Schicksal fügt und alles daransetzt, zur Favoritin des Sultans aufzusteigen, träumt Elisa von einem Leben außerhalb der Palastmauern. Als das Osmanische Reich zerfällt, werden die beiden Frauen in eine Welt geworfen, die sie nicht kennen und in der ihnen keiner hilft.

Von Peter Prange habe ich schon mehrere Romane gelesen und er ist eigentlich ein Garant für gut recherchierte, spannende und gut erzählte historische Romane. So auch hier: Ich war von der ersten Seite an in der Geschichte drin und hab mit Spannung das Leben der beiden Freundinnen Elisa und Fatima verfolgt. Geschickt bindet Prange historische Daten und Fakten in die Geschichte ein, aber ohne den Leser zu erschlagen. Prange erzählt die Geschichte bis 1923 und lässt somit nicht nur die Absetzung Abdülhamdis II. und den Umsturz der Jungtürken in seinen Roman einfließen, sondern auch sie Situation der Armenier während es 1. Weltkriegs, die Besetzung Konstantinopels durch die Siegermächte nach dem Krieg sowie schließlich die Proklamation der türkischen Republik. Genauso bildhaft und intensiv wie Prange das Leben im Harem beschreibt, schildert er auch die Vernichtung armenischer Volksgruppen. Und auch über das Schicksal von Eunuchen erfährt man etwas.

Zwei kleine Schwachstellen: Die Charaktere sind zwar gut ausgearbeitet, waren mir stellenweise aber etwas zu holzschnittartig. Und bei den Sexszenen hätte Prange ab und an auch ein bisschen zurückfahren können. In der Summe ist „Der letzte Harem“ aber ein spannend erzählter, gut recherchierter historischer Roman, der einen sehr interessanten Aspekt beleuchtet.

Veröffentlicht am 04.06.2017

Die Schatten der Vergangenheit

Das Lied der Stare nach dem Frost
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Seit dem Tod ihres Bruders und ihrer verpatzen Solo-Karriere reist Rixa Hinrichs als Barpianistin um die Welt – bis ihre Mutter mit dem Auto tödlich verunglückt. Fast an der gleichen Stelle, wie vor Jahren ...

Seit dem Tod ihres Bruders und ihrer verpatzen Solo-Karriere reist Rixa Hinrichs als Barpianistin um die Welt – bis ihre Mutter mit dem Auto tödlich verunglückt. Fast an der gleichen Stelle, wie vor Jahren ihr geliebter Bruder. War es Selbstmord? Zurück im winterkalten Berlin sucht Rixa nach Erklärungen und stößt auf immer mehr Ungereimtheiten aus dem Leben ihrer Mutter. Ihre Suche führt sie bis nach Mecklenburg, ins alte Pfarrhaus ihrer Großeltern, wo ein streng gehütetes Familiengeheimnis endlich aufgedeckt werden kann. Gisa Klönne hat mit „Das Lied der Stare nach dem Frost“ einen äußerst bewegenden, mitreißenden Familienroman geschaffen. Der Roman wird auf zwei Zeitebenen erzählt: Auf der einen Seite begleiten wir Rixa bei ihren Nachforschungen. Auf der anderen Seite erzählt der Roman von Rixas Großeltern Elise und Theodor, einer evangelischen Pfarrersfamilie, und deren politischen und privaten Verstrickungen während des Zweiten Weltkriegs. Die große Stärke des Romans ist eindeutig seine Sprache. Gisa Klönne erzählt ruhig, aber zugleich auch kraftvoll, atmosphärisch und berührend. Besonders ergreifend ist die Gegenüberstellung der überwältigenden Schönheit der Natur in Mecklenburg und der Härte des Lebens dort in den 1930er und 40er Jahren; der Idylle des alten Pfarrhauses und der Trauer und Melancholie von der Rixa ergriffen ist. Die Charaktere sind alle sehr gut ausgearbeitet, vor allem in Rixa kann man sich sehr gut hineinversetzen. Ein lesenswerter Familienroman, der auf hohem Niveau unterhält.

Veröffentlicht am 04.06.2017

Etwas zu viel Dramatik

Die Winterrose
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Nach „Die Teerose“ ist „Die Winterrose“ der zweite Teil von Jennifer Donnellys Rosentrilogie. Eigentlich ist der Roman keine direkte Fortsetzung, weil die Geschichten in sich abgeschlossen sind. Trotzdem ...

Nach „Die Teerose“ ist „Die Winterrose“ der zweite Teil von Jennifer Donnellys Rosentrilogie. Eigentlich ist der Roman keine direkte Fortsetzung, weil die Geschichten in sich abgeschlossen sind. Trotzdem rate ich, zuerst den ersten Teil zu lesen – denn es wird doch recht viel Bezug zu Figuren aus „Die Teerose“ genommen und auch die Hintergründe der männlichen Hauptfigur kann man so wohl besser verstehen. „Die Teerose“ habe ich vor circa drei Jahren gelesen und war damals sehr begeistert von dem Buch. Meine Erwartungen an „Die Winterrose“ waren also sehr hoch. Ich kann schon mal sagen: die Geschichte war in der Summe ganz unterhaltsam und spannend, an seinen Vorgänger kommt der Roman aber bei weitem nicht heran. Da gab es dann doch einfach zu viele Schwächen.

Wieder einmal entführt Donnelly ihre Leser nach London um 1900 und wieder einmal steht eine starke Frau im Mittelpunkt der Handlung: India Selwyn-Jones, eine junge Adelige, hat seit ihrer Kindheit einen Traum: Sie möchte als Ärztin arbeiten und somit vor allem den Leuten in den Londoner Arbeitervierteln helfen. Obwohl von ihr vielmehr erwartet wird, dass sie heiratet und ihrem Mann Erben schenkt, setzt sie sich durch und beginnt gleich nach ihrem Studium bei einem Arzt in Whitechapel zu arbeiten, einem der ärmsten Viertel in London. Dort erkennt sie bald, dass Wunsch und Realität oft sehr weit auseinanderliegen. Und sie lernt dort auch den gefürchteten Gangsterboss Sid Malone kennen – und natürlich lieben. So nimmt das Drama seinen Lauf, denn India ist eigentlich mit Freddie Lytton, einem aufstrebenden Abgeordneten, verlobt, der seit langem Sid Malone das Handwerk legen will und generell recht verschlagen ist.

Donnelly schreibt sehr fesselnd und bildlich. Vor allem das Leben und die Probleme der Menschen in den Londoner Armenviertelen beschreibt sie sehr plastisch und lebendig. Auch über die medizinische Versorgung zu jener Zeit erfährt man zu Beginn des Romans einiges. Mit India und Sid hat die Autorin auch zwei sehr tolle und liebenswürdige Protagonisten geschaffen, mit denen man einfach gerne mit bangt. Ab der zweiten Hälfte entwickelt sich die Geschichte aber dann in eine Richtung, die mir nicht mehr so gefallen hat. Ja natürlich, die Geschichte lebt von Dramatik, Intrigen und Spannung, aber ab der zweiten Romanhälfte übertreibt es Donnelly damit einfach. Indias Leben scheint einfach nur noch eine Dauertragödie zu sein, dazu kommt noch eine Reihe von unglaubwürdigen Zufällen. Das war mir alles einfach zu konstruiert und etwas zu over the top. Etwas unnötig fand ich dann noch den Handlungsstrang um Seamus und Willa. Den hat Donnelly wohl eingebaut, weil es im dritten Teil „Die Wildrose“ um die beiden geht. Dieser Handlungsstrang hat den Roman aber nur künstlich in die Länge gezogen. Das Ende hingegen ist zwar leicht kitschig, hat mich dann aber doch wieder sehr berührt.

Fazit: „Die Winterrose“ ist ein unterhaltsamer, spannender Roman mit viel Dramatik und Kitsch. An seinen Vorgänger kommt er leider nicht heran. Während „Die Teerose“ noch mehr historischer Roman war, bewegt sich „Die Winterrose“ schon sehr stark in Richtung Soap Opera. Den dritten Teil der Trilogie werde ich wohl nicht mehr lesen.

Veröffentlicht am 04.06.2017

Wenn die Vergangenheit ans Licht kommt

Die verlorenen Spuren
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Laurels Mutter Dorothy wird bald 90 Jahre alt. Es soll eine große Feier geben, da allen Familienmitgliedern klar ist, dass es Dorothys letzter Geburtstag sein wird. Bei den Vorbereitungen für das Fest ...

Laurels Mutter Dorothy wird bald 90 Jahre alt. Es soll eine große Feier geben, da allen Familienmitgliedern klar ist, dass es Dorothys letzter Geburtstag sein wird. Bei den Vorbereitungen für das Fest blättert Laurel sich durch die Familienfotos und plötzlich sind lang verdrängte Erinnerungen wieder da: Laurel muss sich eingestehen, dass sie als Jugendliche vor 50 Jahren ein schreckliches Verbrechen beobachtet hat, in das ihre Mutter verwickelt war. Was geschah an diesem Sommertag damals wirklich? Laurel beginnt Nachforschungen anzustellen und wirbelt dabei die Vergangenheit ihrer Mutter auf. Auch ihren vierten Roman „Die verlorenen Spuren“ hat Kate Morton wieder nach dem gleichen Rezept geschrieben, wie ihre anderen Romane: Es gibt zwei Zeitebenen – eine in der Gegenwart, eine in der Vergangenheit – und Morton vermischt gekonnt Liebegeschichte mit Krimi und historischem Roman. Mir gefallen solche Familiengeheimnis-Geschichten in der Regel sehr und Kate Morton gehört meiner Meinung nach definitiv zu den Autorinnen, die dieses Genre am besten beherrschen (auch wenn ich von ihrem dritten Roman „Die fernen Stunden“ etwas enttäuscht war). Mit „Die verlorenen Spuren“ hat sie aber auf jeden Fall wieder bewiesen, dass sie eine Meisterin dieses Genres ist. Morton hat einen ganz besonders atmosphärischen und bildhaften Schreibstil und über allem schwebt auch immer ein Hauch von Melancholie und Sehnsucht. Dazu ist die Geschichte auch noch gut und glaubwürdig konstruiert – ganz ohne Kitsch. Auch die Charaktere waren sehr authentisch und detailliert gezeichnet. Leider war die Geschichte für mich aber stellenweise recht vorhersehbar – trotz der vielen spannenden Wendungen. Das hat aber dem Lesevergnügen keinen Abbruch getan und kann auch daran liegen, dass ich schon recht viele Bücher dieser Art gelesen habe und sich die Motive irgendwann einfach wiederholen. Auf jeden Fall ist „Die verlorenen Spuren“ grandiose Unterhaltungsliteratur.