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Veröffentlicht am 20.12.2020

Eine leicht überzuckerte aber hinreißend zarte Teenie-Romanze

Girl At Heart
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Nachdem mich Kelly Orams letzte Reihe um Virgin Val und Rockstar Kyle eher enttäuscht hat, konnte ihr neuer Standalone-Young-Adult-Roman schon eher an den zuckersüßen Lesezauber von "Cinder & Ella" anknüpfen. ...

Nachdem mich Kelly Orams letzte Reihe um Virgin Val und Rockstar Kyle eher enttäuscht hat, konnte ihr neuer Standalone-Young-Adult-Roman schon eher an den zuckersüßen Lesezauber von "Cinder & Ella" anknüpfen. "Girl at Heart" birgt zwar keine großen Überraschungen, keine großen Gefühle oder tiefgründigen Themen, diese Geschichte ist jedoch einfach schön - schön anzusehen, schön zu lesen, schön geschrieben und rundum schön gemacht.


Erster Satz: "Heute ist der Tag, an dem all meine Träume wahr werden."


Das Cover ist in einem dunklen Blau gehalten, das von goldenen Linien, drei Sternen und einem Baseball-Logo unterbrochen wird. In Kombination mit dem weißen Titel, der aussieht, als wäre er auf einem etwas verwaschenen Fanshirt abgedruckt, und dem weißen Autorenname, ist die Gestaltung des ONE Verlags zugleich schlicht und ansprechen und gefällt mir deutlich besser als das Traum-in-Rosa-Originalcover. Wie als Kompromiss dazu wurde der sehr passende Originaltitel übernommen, der den Hauptkonflikt auf den Punkt bringt:

Charlie ist das einzige Mädchen in einem männerdominierten Sport, hat keine einzige weibliche Freundin, ist von ihrem Vater und ihrem Großvater in einem reinen Männerhaushalt groß geworden und hat deshalb nur weniger Erfahrungen damit, was es heißt, ein "echtes Mädchen" zu sein. Grundsätzlich ist sie eine sehr selbstbewusste Person, wird von ihrem testosterongeladenen Freundeskreis als gleichwertiger Kumpel respektiert und bewundert. Als in ihrem Abschlussjahr jedoch der Ball näher rückt und ihr bester Freund und heimlicher Schwarm Eric nicht einmal in Betracht zieht, sie zu fragen und über die Vorstellung von ihr in einem Kleid lacht, trifft sie es hart und sie beschließt, dass sie dringend ihr inneres Mädchen entdecken muss. Hilfe bekommt sie dabei von unerwarteter Seite: ihr Teamkapitän Jace will unbedingt verhindern, dass sie das Baseball-Team kurz vor der wichtigen Meisterschaft hängen lässt und führt Charlie zusammen mit seiner Zwillingsschwester Leila in die Welt von Shoppingtouren, Übernachtungspartys, Gruppenumarmungen, Gekichere und begeistertem Quietschen ein...


"Dieses Kichern ist gefährlich."
Er lehnt sich vor.
Ich höre auf zu atmen. Wortwörtlich.
Sein Blick fällt auf meinen Mund.
Ich schließe meine Augen.
Und warte eine Sekunde.
Zwei.
Dann spüre ich seine Lippen auf meinen. Ganz sanft. Sanfter als alles, was ich je zuvor gefühlt habe. Okay, jetzt bin ich im Himmel. Vorher war ich nur im Warteraum."


Dass gerade der Beginn von Klischees geradezu überladen ist und sich bald die Frage stellt, was denn nun "typisch mädchenhaft" ist und ob dieses Ideal überhaupt erstrebenswert ist, kaschiert Kelly Oram geschickt durch das typische charmante Augenzwinkern ihres Schreibstils. Egal ob ein gebrochenes Herz, das typische Abschlussball-Problem, Zukunftssorgen, Collegewahl oder das obligatorische Umstyling - die Autorin schafft es, dass sich die typischen Teenie-Probleme, die in jedem zweiten Young Adult Roman vorkommen, zusammen mit der zarten Liebesgeschichte zu einem sehr unterhaltsamen und süchtig machenden Gesamtbild zusammenfügen. Mit unvorhersehbaren Wendungen, tiefschürfendem Philosophieren oder ernsthafte Probleme, die über die wohl ausbalancierte Mischung von Drama und Kitsch hinausgeht, kann man hier also nicht rechnen, dennoch hatte ich mal wieder sehr viel Spaß beim Lesen, sodass ich "Girl at Heart" an einem Tag verschlungen habe. Ob sie dafür einen bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen wird, bleibt fragwürdig...


"Er sieht dich", murmelt er. "Dein wahres Ich. Das Ich, das du so verzweifelt gesucht hast. (...) Er hat die frühere Version von dir auch sehr gemocht. Das toughe, aber ein wenig distanzierte Mädchen, das auch in Stresssituationen immer cool blieb. Aber diese vollständigere Version von dir mag er sogar noch viel lieber."


Was dieses oberflächliche Wohlfühlbuch etwas von anderen abhebt ist, dass hier der Sport Baseball im Vordergrund steht. Mir gefällt sehr gut, dass man die Begeisterung der Autorin für diese Sportart an jeder Seite ablesen kann. Doch so sehr mir die Abwechslung zu den üblichen Footballstars gefallen hat, so sehr war ich auch mit vielen Begriffen und Beschreibungen überfordert, die beiläufig eingestreut werden, während Charlie Spiele der Profis besucht, Spielzüge analysiert, selbst trainiert oder sich mit Spielern und Coaches unterhält. Denn ich muss leider zugeben: ich habe keine Ahnung von Baseball und weiß noch nicht mal die grundlegendsten Spielziele (bis auf, dass einer wirft und einer fängt und man irgendwie rumrennt - peinlich, ich weiß😂😬). Man kann der Geschichte zwar auch ohne derlei Hintergrundinfos folgen, ein paar kurze Erklärungen hätte ich für die ahnungslosen Nicht-Fans innerhalb der Leserschaft aber schon gewünscht.


"Danke, dass du mir dein Herz anvertraust, Charlie."
Ein nervöses Lachen dringt aus meiner Brust. "Es dir anvertrauen? Du hast es mir gestohlen und mich dann davon überzeugt, dass das eine gute Sache ist."


Ebenfalls Bonuspunkte sammeln konnte "Girl at Heart" durch die beiden Hauptprotagonisten Charlie und Jace. Auch wenn wie bereits erwähnt einige Klischees vorliegen, ist Charlies (eigentlich Charlotte Hastings) Konflikt um ihre Rolle, ihr Selbstvertrauen und ihr Selbstbild erstaunlich gut ausgearbeitet. Mir gefällt sehr gut, dass sie grundsätzlich eine sehr starke Persönlichkeit ist, die für sich selbst einsteht, weiß, was sie kann, was sie will und dennoch in gewissen Bereichen ihres Lebens mit Unsicherheiten zu kämpfen hat. Ich werde jetzt hier keine psychologische Fachdebatte über die Bereichsspezifität des Selbstwertgefühls vom Zaun brechen, ich fand ihre Entwicklung aber sehr realistisch. Jace King hingegen.... ist einfach nur ein Good Guy, wie er im Buche steht und somit eine erfrischende Abwechslung zu all den vom Schicksal gebeutelten Bad Boys. Seelische Defizite, schwierige Vergangenheit, Lederjacken, Eifersuchtsprobleme und plumpe Anmachen sucht man beim ihm vergebens. Stattdessen ist er wohl der zuckersüßeste, rücksichtsvollste, loyalste und liebenswerteste Bookboyfriend überhaupt.


"Im Ernst. Gleich wird mein Herz explodieren. Kann ein Herz explodieren? Meins definitiv."


Auch Nebenfiguren wie Charlies Vater, Jace´ Schwester Leila und sogar Charlies Team sind großteils liebenswert, auch wenn letztere ab und zu auf ihren Gefühlen herumtrampeln wie eine Herde Bisons. Der Handlungsstrang rund um Eric und seinem Date für den Ball Shelly sowie der dringend nötigen Aussöhnung mit Charlie hat mir dafür aber das ein oder andere Augenrollen entlockt. Da am Ende jedoch alles auf seinen richtigen Platz rückt, kann man auch das der Geschichte einfach verzeihen. Denn nach einer kurzen Aussprache, verteilt Kelly Oram großzügig Happy Ends an alle. Ich hoffe, ihr versteht jetzt, was ich in meiner Einleitung mit "einfach schön" meinte. Und auch wenn "schön" nur eine Stufe über dem unaussagekräftigen "nett" auf der Belanglosigkeitsskala steht, muss man diese Geschichte einfach mögen!




Fazit:


Wer nicht mehr sucht, als ein Wohlfühlbuch für Zwischendurch, wird sich in diese leicht überzuckerte aber hinreißend zarte Teenie-Romanze verlieben. Kelly Oram bietet hier zwar keine unvorhergesehenen Überraschungen, tiefschürfende Philosophien oder ernsthafte Probleme, dafür aber einen gewohnt charmanten Schreibstil, zwei sehr liebenswerte Protagonisten und ein ungewöhnliches Thema.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 20.12.2020

Eine leicht überzuckerte aber hinreißend zarte Teenie-Romanze

Girl At Heart
0

Nachdem mich Kelly Orams letzte Reihe um Virgin Val und Rockstar Kyle eher enttäuscht hat, konnte ihr neuer Standalone-Young-Adult-Roman schon eher an den zuckersüßen Lesezauber von "Cinder & Ella" anknüpfen. ...

Nachdem mich Kelly Orams letzte Reihe um Virgin Val und Rockstar Kyle eher enttäuscht hat, konnte ihr neuer Standalone-Young-Adult-Roman schon eher an den zuckersüßen Lesezauber von "Cinder & Ella" anknüpfen. "Girl at Heart" birgt zwar keine großen Überraschungen, keine großen Gefühle oder tiefgründigen Themen, diese Geschichte ist jedoch einfach schön - schön anzusehen, schön zu lesen, schön geschrieben und rundum schön gemacht.


Erster Satz: "Heute ist der Tag, an dem all meine Träume wahr werden."


Das Cover ist in einem dunklen Blau gehalten, das von goldenen Linien, drei Sternen und einem Baseball-Logo unterbrochen wird. In Kombination mit dem weißen Titel, der aussieht, als wäre er auf einem etwas verwaschenen Fanshirt abgedruckt, und dem weißen Autorenname, ist die Gestaltung des ONE Verlags zugleich schlicht und ansprechen und gefällt mir deutlich besser als das Traum-in-Rosa-Originalcover. Wie als Kompromiss dazu wurde der sehr passende Originaltitel übernommen, der den Hauptkonflikt auf den Punkt bringt:

Charlie ist das einzige Mädchen in einem männerdominierten Sport, hat keine einzige weibliche Freundin, ist von ihrem Vater und ihrem Großvater in einem reinen Männerhaushalt groß geworden und hat deshalb nur weniger Erfahrungen damit, was es heißt, ein "echtes Mädchen" zu sein. Grundsätzlich ist sie eine sehr selbstbewusste Person, wird von ihrem testosterongeladenen Freundeskreis als gleichwertiger Kumpel respektiert und bewundert. Als in ihrem Abschlussjahr jedoch der Ball näher rückt und ihr bester Freund und heimlicher Schwarm Eric nicht einmal in Betracht zieht, sie zu fragen und über die Vorstellung von ihr in einem Kleid lacht, trifft sie es hart und sie beschließt, dass sie dringend ihr inneres Mädchen entdecken muss. Hilfe bekommt sie dabei von unerwarteter Seite: ihr Teamkapitän Jace will unbedingt verhindern, dass sie das Baseball-Team kurz vor der wichtigen Meisterschaft hängen lässt und führt Charlie zusammen mit seiner Zwillingsschwester Leila in die Welt von Shoppingtouren, Übernachtungspartys, Gruppenumarmungen, Gekichere und begeistertem Quietschen ein...


"Dieses Kichern ist gefährlich."
Er lehnt sich vor.
Ich höre auf zu atmen. Wortwörtlich.
Sein Blick fällt auf meinen Mund.
Ich schließe meine Augen.
Und warte eine Sekunde.
Zwei.
Dann spüre ich seine Lippen auf meinen. Ganz sanft. Sanfter als alles, was ich je zuvor gefühlt habe. Okay, jetzt bin ich im Himmel. Vorher war ich nur im Warteraum."


Dass gerade der Beginn von Klischees geradezu überladen ist und sich bald die Frage stellt, was denn nun "typisch mädchenhaft" ist und ob dieses Ideal überhaupt erstrebenswert ist, kaschiert Kelly Oram geschickt durch das typische charmante Augenzwinkern ihres Schreibstils. Egal ob ein gebrochenes Herz, das typische Abschlussball-Problem, Zukunftssorgen, Collegewahl oder das obligatorische Umstyling - die Autorin schafft es, dass sich die typischen Teenie-Probleme, die in jedem zweiten Young Adult Roman vorkommen, zusammen mit der zarten Liebesgeschichte zu einem sehr unterhaltsamen und süchtig machenden Gesamtbild zusammenfügen. Mit unvorhersehbaren Wendungen, tiefschürfendem Philosophieren oder ernsthafte Probleme, die über die wohl ausbalancierte Mischung von Drama und Kitsch hinausgeht, kann man hier also nicht rechnen, dennoch hatte ich mal wieder sehr viel Spaß beim Lesen, sodass ich "Girl at Heart" an einem Tag verschlungen habe. Ob sie dafür einen bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen wird, bleibt fragwürdig...


"Er sieht dich", murmelt er. "Dein wahres Ich. Das Ich, das du so verzweifelt gesucht hast. (...) Er hat die frühere Version von dir auch sehr gemocht. Das toughe, aber ein wenig distanzierte Mädchen, das auch in Stresssituationen immer cool blieb. Aber diese vollständigere Version von dir mag er sogar noch viel lieber."


Was dieses oberflächliche Wohlfühlbuch etwas von anderen abhebt ist, dass hier der Sport Baseball im Vordergrund steht. Mir gefällt sehr gut, dass man die Begeisterung der Autorin für diese Sportart an jeder Seite ablesen kann. Doch so sehr mir die Abwechslung zu den üblichen Footballstars gefallen hat, so sehr war ich auch mit vielen Begriffen und Beschreibungen überfordert, die beiläufig eingestreut werden, während Charlie Spiele der Profis besucht, Spielzüge analysiert, selbst trainiert oder sich mit Spielern und Coaches unterhält. Denn ich muss leider zugeben: ich habe keine Ahnung von Baseball und weiß noch nicht mal die grundlegendsten Spielziele (bis auf, dass einer wirft und einer fängt und man irgendwie rumrennt - peinlich, ich weiß😂😬). Man kann der Geschichte zwar auch ohne derlei Hintergrundinfos folgen, ein paar kurze Erklärungen hätte ich für die ahnungslosen Nicht-Fans innerhalb der Leserschaft aber schon gewünscht.


"Danke, dass du mir dein Herz anvertraust, Charlie."
Ein nervöses Lachen dringt aus meiner Brust. "Es dir anvertrauen? Du hast es mir gestohlen und mich dann davon überzeugt, dass das eine gute Sache ist."


Ebenfalls Bonuspunkte sammeln konnte "Girl at Heart" durch die beiden Hauptprotagonisten Charlie und Jace. Auch wenn wie bereits erwähnt einige Klischees vorliegen, ist Charlies (eigentlich Charlotte Hastings) Konflikt um ihre Rolle, ihr Selbstvertrauen und ihr Selbstbild erstaunlich gut ausgearbeitet. Mir gefällt sehr gut, dass sie grundsätzlich eine sehr starke Persönlichkeit ist, die für sich selbst einsteht, weiß, was sie kann, was sie will und dennoch in gewissen Bereichen ihres Lebens mit Unsicherheiten zu kämpfen hat. Ich werde jetzt hier keine psychologische Fachdebatte über die Bereichsspezifität des Selbstwertgefühls vom Zaun brechen, ich fand ihre Entwicklung aber sehr realistisch. Jace King hingegen.... ist einfach nur ein Good Guy, wie er im Buche steht und somit eine erfrischende Abwechslung zu all den vom Schicksal gebeutelten Bad Boys. Seelische Defizite, schwierige Vergangenheit, Lederjacken, Eifersuchtsprobleme und plumpe Anmachen sucht man beim ihm vergebens. Stattdessen ist er wohl der zuckersüßeste, rücksichtsvollste, loyalste und liebenswerteste Bookboyfriend überhaupt.


"Im Ernst. Gleich wird mein Herz explodieren. Kann ein Herz explodieren? Meins definitiv."


Auch Nebenfiguren wie Charlies Vater, Jace´ Schwester Leila und sogar Charlies Team sind großteils liebenswert, auch wenn letztere ab und zu auf ihren Gefühlen herumtrampeln wie eine Herde Bisons. Der Handlungsstrang rund um Eric und seinem Date für den Ball Shelly sowie der dringend nötigen Aussöhnung mit Charlie hat mir dafür aber das ein oder andere Augenrollen entlockt. Da am Ende jedoch alles auf seinen richtigen Platz rückt, kann man auch das der Geschichte einfach verzeihen. Denn nach einer kurzen Aussprache, verteilt Kelly Oram großzügig Happy Ends an alle. Ich hoffe, ihr versteht jetzt, was ich in meiner Einleitung mit "einfach schön" meinte. Und auch wenn "schön" nur eine Stufe über dem unaussagekräftigen "nett" auf der Belanglosigkeitsskala steht, muss man diese Geschichte einfach mögen!




Fazit:


Wer nicht mehr sucht, als ein Wohlfühlbuch für Zwischendurch, wird sich in diese leicht überzuckerte aber hinreißend zarte Teenie-Romanze verlieben. Kelly Oram bietet hier zwar keine unvorhergesehenen Überraschungen, tiefschürfende Philosophien oder ernsthafte Probleme, dafür aber einen gewohnt charmanten Schreibstil, zwei sehr liebenswerte Protagonisten und ein ungewöhnliches Thema.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 19.12.2020

Voller schräger Situationen, grusliger Wahrheiten und negativen Emotionen...

The Music of What Happens
0

In "The Music of What Happens" habe ich nicht nur wegen des grandiosen Covers, des neugierig machenden Titels, der Vorstellung bei der Blogger Preview Party in der Messezeit, sondern auch wegen des versprochenen ...

In "The Music of What Happens" habe ich nicht nur wegen des grandiosen Covers, des neugierig machenden Titels, der Vorstellung bei der Blogger Preview Party in der Messezeit, sondern auch wegen des versprochenen Themas große Hoffnungen gesetzt. Anders als gedacht, ist der Roman jedoch keine lockerleichte LGBT-Sommerlektüre über zwei Jungs in einem Foodtruck. Eher begleiten wir die beiden auf einem schweren Stück Weg und sehen, wie sie sich gegenseitig Halt und neue Perspektiven schenken, während die Welt um sie herum zusammenbricht...


Max: "There are the mud-flowers of dialect,
And the immortelles of perfect pitch
And that moment when the bird sings very closely
To the music of what happens."


Das Cover ist einfach hinreißend, sendet meiner Meinung nach aber falsche Signale. Zu sehen ist ein blassblauer Sommerhimmel mit einzelnen Wolken und zwei Jungs im Cartoon-Stil, die entfernt an Max und Jordan erinnern und sich an den Händen halten. Der aus dem Englischen übernommene Titel aus dem Gedicht des irischen Dichters Seamus Heaney thront darüber in Großbuchstaben. Zusammen mit den zum Titel passenden Leselaschen mit Kakteen und den Kapitelanfängen, die mit einem Foodtruck und Herzchen beginnen, würde mich das Cover komplett überzeugen, wenn es nicht so... heiter wäre. Und das ist die Geschichte nun mal leider nicht. "The Music of What Happens" ist ehrlich, düster und voller schräger Situationen, gruseliger Wahrheiten und negativen Emotionen, sodass man sich beim Lesen nicht gerade wohlig seufzend in die Geschichte fallen lassen kann.


Max: "Mom redet immer davon, dass in der Welt so viel Scheiße abgeht und dass es meine Entscheidung ist, wie ich damit umgehe. Der sicherste Weg, unglücklich zu werden, ist, mit finsterem Blick durchs Leben zu gehen, sagt sie, und da hat sie recht. Man muss in der Dunkelheit immer nach Licht und Farbe Ausschau halten, denn die sind immer da, auch wenn es einem manchmal schwerfällt, sie zu erkennen."


Zu sagen, dass mein Start in die Geschichte holprig war, wäre die Untertreibung des Jahrhunderts. Während der ersten zwei Kapitel habe ich mich ein paar Male gefragt, ob ich irgendwelche essenziellen Informationen verpasst oder den Klapptext falsch gelesen habe. Denn zwischen äußerst problematischen Kindheitserinnerungen, rätselhaften Flashbacks über eine traumatische Erfahrung, einem mütterlichen Nervenzusammenbruch in einem ramponierten Foodtruck, einem "80er-Jahre-Puff-Zimmer", einer Ode an den Joghurt, den "Amigos" und den "Ehefrauen" sah ich einfach keine Perspektive für die Geschichte. Auf den folgenden 100 Seiten wurde das zwar von Szene zu Szene besser und es begann sich eine langsame und äußerst süße Liebesgeschichte zu entfalten, ganz los wurde ich das verwirrende Gefühl von Orientierungslosigkeit und Ablehnung aber nicht, das mich schon von Beginn an befallen hatte. Das wurde unter anderem auch dadurch verursacht, dass im Verlauf der Geschichte mehr abgefahrene Szenen vorkommen als alltägliche, in denen man sich wiederfinden würde. Hooligan-Wohltätigkeiten, spontane Kunstaktionen, Kreislaufkollapse beim Katkusfeigenklau in der Wüste, Zuckerschocks bei Limonadenverkostungen, Trampolinhallenbesuche nach Schalentierexzessen und nächtliche Fitnessstudiobesuche würden einzelnen einen exzentrischen Schwung in die Geschichte bringen. In Kombination wirken die vielen Übersprunghandlungen der beiden aber eher verwirrend.


Max: "Am Zoo von Phoenix mit einem wunderschönen Jungen, der überhaupt nicht weiß, wie schön er ist. Ich bin unbesiegbar. Wie ein Superheld!"


Mein Hauptproblem mit "The Music of What Happens" lag jedoch nicht in der Handlung, sondern vielmehr in der Atmosphäre. Ich mochte schlicht und einfach das Gefühl nicht, das ich beim Lesen hatte. Wie gesagt mochte ich die zarte Liebesgeschichte und die Entwicklung von Max und Jordan, welche unglaublich süß beschrieben ist, genauso sehr wie das Setting in einem Foodtruck im gnadenlosen Sommer von Arizona. Dass eine ausgelassene Sommerferien-Stimmung aufkommt, wird aber erfolgreich und nachhaltig durch sehr ernste Themen verhindert, die angesprochen werden. Das an sich ist natürlich noch nicht das Problem - im Gegenteil. Ich finde es üblicherweise eher positiv, wenn schwierige Themen angesprochen werden, wenn Protagonisten auch mal nervig, schwierig und ambivalent sind und man nicht nur die positiven Gefühle mit den Figuren teilt. Doch hier wurde man unangeleitet mit so viel Düsternis konfrontiert, dass ich schlichtweg kein Spaß mehr beim Lesen hatte. In den 442 Seiten stecken so viel Homophobie, Rassismus, sexualisierte Gewalt, Objektivierung, toxische Männlichkeit, Fetischisierung und andere Probleme in Interaktionen, die der Autor natürlich verurteilen will. Doch statt sich damit auseinanderzusetzen und diese als Themen zu behandeln, werden die meisten Bemerkungen unkommentiert gelassen, viele Handlungsstränge werden nur angeschnitten und dann fallengelassen, sodass all diese angestaute Negativität einfach im Raum stehen bleibt und die ganze Geschichte verdirbt.


Max: "Du zeigst Gefühle, und schon lachen die Leute. Nichts ist schlimmer, als ausgelacht zu werden, wenn man jemandem sein Herz öffnet. (...) Ich setze mich an meinen Schreibtisch, schließe die Augen und denke an Jordans einsames Gedicht. Mit geschlossenen Augen stelle ich mir Jordan vor, der sich hochschaufelt und plötzlich hoffe ich, dass oben jemand ist, der sich ihm entgegengräbt."


Ich kann also definitiv nachvollziehen, warum viele Leser diese Geschichte nicht mögen, kann aber auch verstehen, wenn sie es tun. Denn trotz der negativen Atmosphäre, der wirren Handlung und der sehr oberflächlichen Behandlung wichtiger Themen ist sie intensiv, echt, originell, verrückt und sie lässt dich definitiv nicht kalt beim Lesen. Bill Konigsbergs Erzählweise hat mich ein bisschen an John Green erinnert, was man als Kompliment sehen kann, da ich ein großer Fan dieses Autors bin. Bill Konigsberg schreibt genauso unverblümt, manchmal unangenehm aber insgesamt doch sehr süß und nahegehend wie der Meister des Coming-of-Age. Verdrehte Logik, Teenager-Drama, Fremdschammomente und bittersüße Gefühle gibt es dabei obendrauf. Ein Manko dabei ist, dass wie oft bei übersetzten Büchern mit Jugendsprache, diese an einigen Stellen ein bisschen gezwungen und gekünstelt wirkt. Ob das am Alter des Autors oder an der Übersetzung liegt, kann ich nicht sagen. Was ich aber sagen kann, ist dass die eingebundenen Gedichte von Jordan und die Szenen, in denen Max zeichnet, zu meinen persönlichen Highlights des Romans gehören. Ein sehr nettes Plus ist, dass die Gedichte in Originalsprache am Ende des Buchs angehängt sind.


Jordan: "Zum Teufel, Alter, na klar. Ich bin dabei, wo auch immer."
"Berühmte letzte Worte", sage ich noch."


Max und Jordan habe ich als zwei sehr spannende Figuren empfunden, von denen ich mir vorstellen kann, dass sie tatsächlich irgendwo genauso leben. Dass ich sie als sehr realistische und runde Personen wahrgenommen habe bedeutetet aber noch lange nicht, dass sie mir auch sympathisch waren. Max´ Angewohnheit, Probleme wegzulächeln, nicht anzusprechen, was ihn stört und seine Verletzlichkeit nicht zu zeigen lässt ihn oft ein wenig verloren und widersprüchlich erscheinen. Das ist jedoch noch nichts im Vergleich zum emotionalen Chaos in Jordan, welcher nicht nur ein sehr niedriges Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl hat, sondern auch eine ausgewachsene Drama-Queen ist. Auch die meisten Nebenfiguren machen es einem zuerst nicht ganz leicht, sie zu mögen. Man denke hier zum Beispiel an Jordans Freundinnen Pam und Kayla, seine manisch-depressive Mutter, die noch ganz andere Probleme mit sich herumschleppt oder an Max´ verantwortungslosen Vater oder dessen sprüchereißenden Bro-Freunde Zay-Rod und Betts. Ein Lichtblick in all dem Chaos war Max´ Mutter Rosa.


Jordan: "Die Welt ist groß, wie sind alle nur Sternenstaub. Alles ist bedeutungslos. Manchmal, wenn ich mich aufrege, sollte ich daran denken."


Während die Geschichte von Seite zu Seite nach dem schwierigen Einstieg besser wurde und mich mehr fesseln konnte, war das Ende nochmal eine herbe Enttäuschung für mich. Zwar hat sich die inhaltliche Entwicklung schon angedeutet, die Wendung kommt aber trotzdem sehr knapp, plump und liegt wie ein Fremdkörper am Ende der Geschichte und weiß diese nicht wirklich abzuschließen. Nach dem Platzenlassen der Bombe steht einfach noch zu viel im Raum, zu viel ist in der Schwebe, um die Geschichte guten Gewissens abschließen zu können.




Fazit:


Wer eine leichte, romantische Coming-of-Age-Geschichte mit Witz und großen Gefühlen erwartet wird enttäuscht werden. Hier muss man mit schwierigen Figuren, ernsten Themen, teilweise wirrer Handlung, einer sehr negativen Atmosphäre und einer unverblümten Erzählweise zurechtkommen. Da "The Music of What Happens" aber trotz aller enttäuschten Erwartungen intensiv, echt, originell, verrückt ist und den Leser definitiv nicht kalt lässt, gibt es eine eingeschränkte Leseempfehlung.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 19.12.2020

Voller schräger Situationen, grusliger Wahrheiten und negativen Emotionen...

The Music of What Happens
0

In "The Music of What Happens" habe ich nicht nur wegen des grandiosen Covers, des neugierig machenden Titels, der Vorstellung bei der Blogger Preview Party in der Messezeit, sondern auch wegen des versprochenen ...

In "The Music of What Happens" habe ich nicht nur wegen des grandiosen Covers, des neugierig machenden Titels, der Vorstellung bei der Blogger Preview Party in der Messezeit, sondern auch wegen des versprochenen Themas große Hoffnungen gesetzt. Anders als gedacht, ist der Roman jedoch keine lockerleichte LGBT-Sommerlektüre über zwei Jungs in einem Foodtruck. Eher begleiten wir die beiden auf einem schweren Stück Weg und sehen, wie sie sich gegenseitig Halt und neue Perspektiven schenken, während die Welt um sie herum zusammenbricht...


Max: "There are the mud-flowers of dialect,
And the immortelles of perfect pitch
And that moment when the bird sings very closely
To the music of what happens."


Das Cover ist einfach hinreißend, sendet meiner Meinung nach aber falsche Signale. Zu sehen ist ein blassblauer Sommerhimmel mit einzelnen Wolken und zwei Jungs im Cartoon-Stil, die entfernt an Max und Jordan erinnern und sich an den Händen halten. Der aus dem Englischen übernommene Titel aus dem Gedicht des irischen Dichters Seamus Heaney thront darüber in Großbuchstaben. Zusammen mit den zum Titel passenden Leselaschen mit Kakteen und den Kapitelanfängen, die mit einem Foodtruck und Herzchen beginnen, würde mich das Cover komplett überzeugen, wenn es nicht so... heiter wäre. Und das ist die Geschichte nun mal leider nicht. "The Music of What Happens" ist ehrlich, düster und voller schräger Situationen, gruseliger Wahrheiten und negativen Emotionen, sodass man sich beim Lesen nicht gerade wohlig seufzend in die Geschichte fallen lassen kann.


Max: "Mom redet immer davon, dass in der Welt so viel Scheiße abgeht und dass es meine Entscheidung ist, wie ich damit umgehe. Der sicherste Weg, unglücklich zu werden, ist, mit finsterem Blick durchs Leben zu gehen, sagt sie, und da hat sie recht. Man muss in der Dunkelheit immer nach Licht und Farbe Ausschau halten, denn die sind immer da, auch wenn es einem manchmal schwerfällt, sie zu erkennen."


Zu sagen, dass mein Start in die Geschichte holprig war, wäre die Untertreibung des Jahrhunderts. Während der ersten zwei Kapitel habe ich mich ein paar Male gefragt, ob ich irgendwelche essenziellen Informationen verpasst oder den Klapptext falsch gelesen habe. Denn zwischen äußerst problematischen Kindheitserinnerungen, rätselhaften Flashbacks über eine traumatische Erfahrung, einem mütterlichen Nervenzusammenbruch in einem ramponierten Foodtruck, einem "80er-Jahre-Puff-Zimmer", einer Ode an den Joghurt, den "Amigos" und den "Ehefrauen" sah ich einfach keine Perspektive für die Geschichte. Auf den folgenden 100 Seiten wurde das zwar von Szene zu Szene besser und es begann sich eine langsame und äußerst süße Liebesgeschichte zu entfalten, ganz los wurde ich das verwirrende Gefühl von Orientierungslosigkeit und Ablehnung aber nicht, das mich schon von Beginn an befallen hatte. Das wurde unter anderem auch dadurch verursacht, dass im Verlauf der Geschichte mehr abgefahrene Szenen vorkommen als alltägliche, in denen man sich wiederfinden würde. Hooligan-Wohltätigkeiten, spontane Kunstaktionen, Kreislaufkollapse beim Katkusfeigenklau in der Wüste, Zuckerschocks bei Limonadenverkostungen, Trampolinhallenbesuche nach Schalentierexzessen und nächtliche Fitnessstudiobesuche würden einzelnen einen exzentrischen Schwung in die Geschichte bringen. In Kombination wirken die vielen Übersprunghandlungen der beiden aber eher verwirrend.


Max: "Am Zoo von Phoenix mit einem wunderschönen Jungen, der überhaupt nicht weiß, wie schön er ist. Ich bin unbesiegbar. Wie ein Superheld!"


Mein Hauptproblem mit "The Music of What Happens" lag jedoch nicht in der Handlung, sondern vielmehr in der Atmosphäre. Ich mochte schlicht und einfach das Gefühl nicht, das ich beim Lesen hatte. Wie gesagt mochte ich die zarte Liebesgeschichte und die Entwicklung von Max und Jordan, welche unglaublich süß beschrieben ist, genauso sehr wie das Setting in einem Foodtruck im gnadenlosen Sommer von Arizona. Dass eine ausgelassene Sommerferien-Stimmung aufkommt, wird aber erfolgreich und nachhaltig durch sehr ernste Themen verhindert, die angesprochen werden. Das an sich ist natürlich noch nicht das Problem - im Gegenteil. Ich finde es üblicherweise eher positiv, wenn schwierige Themen angesprochen werden, wenn Protagonisten auch mal nervig, schwierig und ambivalent sind und man nicht nur die positiven Gefühle mit den Figuren teilt. Doch hier wurde man unangeleitet mit so viel Düsternis konfrontiert, dass ich schlichtweg kein Spaß mehr beim Lesen hatte. In den 442 Seiten stecken so viel Homophobie, Rassismus, sexualisierte Gewalt, Objektivierung, toxische Männlichkeit, Fetischisierung und andere Probleme in Interaktionen, die der Autor natürlich verurteilen will. Doch statt sich damit auseinanderzusetzen und diese als Themen zu behandeln, werden die meisten Bemerkungen unkommentiert gelassen, viele Handlungsstränge werden nur angeschnitten und dann fallengelassen, sodass all diese angestaute Negativität einfach im Raum stehen bleibt und die ganze Geschichte verdirbt.


Max: "Du zeigst Gefühle, und schon lachen die Leute. Nichts ist schlimmer, als ausgelacht zu werden, wenn man jemandem sein Herz öffnet. (...) Ich setze mich an meinen Schreibtisch, schließe die Augen und denke an Jordans einsames Gedicht. Mit geschlossenen Augen stelle ich mir Jordan vor, der sich hochschaufelt und plötzlich hoffe ich, dass oben jemand ist, der sich ihm entgegengräbt."


Ich kann also definitiv nachvollziehen, warum viele Leser diese Geschichte nicht mögen, kann aber auch verstehen, wenn sie es tun. Denn trotz der negativen Atmosphäre, der wirren Handlung und der sehr oberflächlichen Behandlung wichtiger Themen ist sie intensiv, echt, originell, verrückt und sie lässt dich definitiv nicht kalt beim Lesen. Bill Konigsbergs Erzählweise hat mich ein bisschen an John Green erinnert, was man als Kompliment sehen kann, da ich ein großer Fan dieses Autors bin. Bill Konigsberg schreibt genauso unverblümt, manchmal unangenehm aber insgesamt doch sehr süß und nahegehend wie der Meister des Coming-of-Age. Verdrehte Logik, Teenager-Drama, Fremdschammomente und bittersüße Gefühle gibt es dabei obendrauf. Ein Manko dabei ist, dass wie oft bei übersetzten Büchern mit Jugendsprache, diese an einigen Stellen ein bisschen gezwungen und gekünstelt wirkt. Ob das am Alter des Autors oder an der Übersetzung liegt, kann ich nicht sagen. Was ich aber sagen kann, ist dass die eingebundenen Gedichte von Jordan und die Szenen, in denen Max zeichnet, zu meinen persönlichen Highlights des Romans gehören. Ein sehr nettes Plus ist, dass die Gedichte in Originalsprache am Ende des Buchs angehängt sind.


Jordan: "Zum Teufel, Alter, na klar. Ich bin dabei, wo auch immer."
"Berühmte letzte Worte", sage ich noch."


Max und Jordan habe ich als zwei sehr spannende Figuren empfunden, von denen ich mir vorstellen kann, dass sie tatsächlich irgendwo genauso leben. Dass ich sie als sehr realistische und runde Personen wahrgenommen habe bedeutetet aber noch lange nicht, dass sie mir auch sympathisch waren. Max´ Angewohnheit, Probleme wegzulächeln, nicht anzusprechen, was ihn stört und seine Verletzlichkeit nicht zu zeigen lässt ihn oft ein wenig verloren und widersprüchlich erscheinen. Das ist jedoch noch nichts im Vergleich zum emotionalen Chaos in Jordan, welcher nicht nur ein sehr niedriges Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl hat, sondern auch eine ausgewachsene Drama-Queen ist. Auch die meisten Nebenfiguren machen es einem zuerst nicht ganz leicht, sie zu mögen. Man denke hier zum Beispiel an Jordans Freundinnen Pam und Kayla, seine manisch-depressive Mutter, die noch ganz andere Probleme mit sich herumschleppt oder an Max´ verantwortungslosen Vater oder dessen sprüchereißenden Bro-Freunde Zay-Rod und Betts. Ein Lichtblick in all dem Chaos war Max´ Mutter Rosa.


Jordan: "Die Welt ist groß, wie sind alle nur Sternenstaub. Alles ist bedeutungslos. Manchmal, wenn ich mich aufrege, sollte ich daran denken."


Während die Geschichte von Seite zu Seite nach dem schwierigen Einstieg besser wurde und mich mehr fesseln konnte, war das Ende nochmal eine herbe Enttäuschung für mich. Zwar hat sich die inhaltliche Entwicklung schon angedeutet, die Wendung kommt aber trotzdem sehr knapp, plump und liegt wie ein Fremdkörper am Ende der Geschichte und weiß diese nicht wirklich abzuschließen. Nach dem Platzenlassen der Bombe steht einfach noch zu viel im Raum, zu viel ist in der Schwebe, um die Geschichte guten Gewissens abschließen zu können.




Fazit:


Wer eine leichte, romantische Coming-of-Age-Geschichte mit Witz und großen Gefühlen erwartet wird enttäuscht werden. Hier muss man mit schwierigen Figuren, ernsten Themen, teilweise wirrer Handlung, einer sehr negativen Atmosphäre und einer unverblümten Erzählweise zurechtkommen. Da "The Music of What Happens" aber trotz aller enttäuschten Erwartungen intensiv, echt, originell, verrückt ist und den Leser definitiv nicht kalt lässt, gibt es eine eingeschränkte Leseempfehlung.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 19.12.2020

Voller schräger Situationen, grusliger Wahrheiten und negativen Emotionen...

The Music of What Happens
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In "The Music of What Happens" habe ich nicht nur wegen des grandiosen Covers, des neugierig machenden Titels, der Vorstellung bei der Blogger Preview Party in der Messezeit, sondern auch wegen des versprochenen ...

In "The Music of What Happens" habe ich nicht nur wegen des grandiosen Covers, des neugierig machenden Titels, der Vorstellung bei der Blogger Preview Party in der Messezeit, sondern auch wegen des versprochenen Themas große Hoffnungen gesetzt. Anders als gedacht, ist der Roman jedoch keine lockerleichte LGBT-Sommerlektüre über zwei Jungs in einem Foodtruck. Eher begleiten wir die beiden auf einem schweren Stück Weg und sehen, wie sie sich gegenseitig Halt und neue Perspektiven schenken, während die Welt um sie herum zusammenbricht...


Max: "There are the mud-flowers of dialect,
And the immortelles of perfect pitch
And that moment when the bird sings very closely
To the music of what happens."


Das Cover ist einfach hinreißend, sendet meiner Meinung nach aber falsche Signale. Zu sehen ist ein blassblauer Sommerhimmel mit einzelnen Wolken und zwei Jungs im Cartoon-Stil, die entfernt an Max und Jordan erinnern und sich an den Händen halten. Der aus dem Englischen übernommene Titel aus dem Gedicht des irischen Dichters Seamus Heaney thront darüber in Großbuchstaben. Zusammen mit den zum Titel passenden Leselaschen mit Kakteen und den Kapitelanfängen, die mit einem Foodtruck und Herzchen beginnen, würde mich das Cover komplett überzeugen, wenn es nicht so... heiter wäre. Und das ist die Geschichte nun mal leider nicht. "The Music of What Happens" ist ehrlich, düster und voller schräger Situationen, gruseliger Wahrheiten und negativen Emotionen, sodass man sich beim Lesen nicht gerade wohlig seufzend in die Geschichte fallen lassen kann.


Max: "Mom redet immer davon, dass in der Welt so viel Scheiße abgeht und dass es meine Entscheidung ist, wie ich damit umgehe. Der sicherste Weg, unglücklich zu werden, ist, mit finsterem Blick durchs Leben zu gehen, sagt sie, und da hat sie recht. Man muss in der Dunkelheit immer nach Licht und Farbe Ausschau halten, denn die sind immer da, auch wenn es einem manchmal schwerfällt, sie zu erkennen."


Zu sagen, dass mein Start in die Geschichte holprig war, wäre die Untertreibung des Jahrhunderts. Während der ersten zwei Kapitel habe ich mich ein paar Male gefragt, ob ich irgendwelche essenziellen Informationen verpasst oder den Klapptext falsch gelesen habe. Denn zwischen äußerst problematischen Kindheitserinnerungen, rätselhaften Flashbacks über eine traumatische Erfahrung, einem mütterlichen Nervenzusammenbruch in einem ramponierten Foodtruck, einem "80er-Jahre-Puff-Zimmer", einer Ode an den Joghurt, den "Amigos" und den "Ehefrauen" sah ich einfach keine Perspektive für die Geschichte. Auf den folgenden 100 Seiten wurde das zwar von Szene zu Szene besser und es begann sich eine langsame und äußerst süße Liebesgeschichte zu entfalten, ganz los wurde ich das verwirrende Gefühl von Orientierungslosigkeit und Ablehnung aber nicht, das mich schon von Beginn an befallen hatte. Das wurde unter anderem auch dadurch verursacht, dass im Verlauf der Geschichte mehr abgefahrene Szenen vorkommen als alltägliche, in denen man sich wiederfinden würde. Hooligan-Wohltätigkeiten, spontane Kunstaktionen, Kreislaufkollapse beim Katkusfeigenklau in der Wüste, Zuckerschocks bei Limonadenverkostungen, Trampolinhallenbesuche nach Schalentierexzessen und nächtliche Fitnessstudiobesuche würden einzelnen einen exzentrischen Schwung in die Geschichte bringen. In Kombination wirken die vielen Übersprunghandlungen der beiden aber eher verwirrend.


Max: "Am Zoo von Phoenix mit einem wunderschönen Jungen, der überhaupt nicht weiß, wie schön er ist. Ich bin unbesiegbar. Wie ein Superheld!"


Mein Hauptproblem mit "The Music of What Happens" lag jedoch nicht in der Handlung, sondern vielmehr in der Atmosphäre. Ich mochte schlicht und einfach das Gefühl nicht, das ich beim Lesen hatte. Wie gesagt mochte ich die zarte Liebesgeschichte und die Entwicklung von Max und Jordan, welche unglaublich süß beschrieben ist, genauso sehr wie das Setting in einem Foodtruck im gnadenlosen Sommer von Arizona. Dass eine ausgelassene Sommerferien-Stimmung aufkommt, wird aber erfolgreich und nachhaltig durch sehr ernste Themen verhindert, die angesprochen werden. Das an sich ist natürlich noch nicht das Problem - im Gegenteil. Ich finde es üblicherweise eher positiv, wenn schwierige Themen angesprochen werden, wenn Protagonisten auch mal nervig, schwierig und ambivalent sind und man nicht nur die positiven Gefühle mit den Figuren teilt. Doch hier wurde man unangeleitet mit so viel Düsternis konfrontiert, dass ich schlichtweg kein Spaß mehr beim Lesen hatte. In den 442 Seiten stecken so viel Homophobie, Rassismus, sexualisierte Gewalt, Objektivierung, toxische Männlichkeit, Fetischisierung und andere Probleme in Interaktionen, die der Autor natürlich verurteilen will. Doch statt sich damit auseinanderzusetzen und diese als Themen zu behandeln, werden die meisten Bemerkungen unkommentiert gelassen, viele Handlungsstränge werden nur angeschnitten und dann fallengelassen, sodass all diese angestaute Negativität einfach im Raum stehen bleibt und die ganze Geschichte verdirbt.


Max: "Du zeigst Gefühle, und schon lachen die Leute. Nichts ist schlimmer, als ausgelacht zu werden, wenn man jemandem sein Herz öffnet. (...) Ich setze mich an meinen Schreibtisch, schließe die Augen und denke an Jordans einsames Gedicht. Mit geschlossenen Augen stelle ich mir Jordan vor, der sich hochschaufelt und plötzlich hoffe ich, dass oben jemand ist, der sich ihm entgegengräbt."


Ich kann also definitiv nachvollziehen, warum viele Leser diese Geschichte nicht mögen, kann aber auch verstehen, wenn sie es tun. Denn trotz der negativen Atmosphäre, der wirren Handlung und der sehr oberflächlichen Behandlung wichtiger Themen ist sie intensiv, echt, originell, verrückt und sie lässt dich definitiv nicht kalt beim Lesen. Bill Konigsbergs Erzählweise hat mich ein bisschen an John Green erinnert, was man als Kompliment sehen kann, da ich ein großer Fan dieses Autors bin. Bill Konigsberg schreibt genauso unverblümt, manchmal unangenehm aber insgesamt doch sehr süß und nahegehend wie der Meister des Coming-of-Age. Verdrehte Logik, Teenager-Drama, Fremdschammomente und bittersüße Gefühle gibt es dabei obendrauf. Ein Manko dabei ist, dass wie oft bei übersetzten Büchern mit Jugendsprache, diese an einigen Stellen ein bisschen gezwungen und gekünstelt wirkt. Ob das am Alter des Autors oder an der Übersetzung liegt, kann ich nicht sagen. Was ich aber sagen kann, ist dass die eingebundenen Gedichte von Jordan und die Szenen, in denen Max zeichnet, zu meinen persönlichen Highlights des Romans gehören. Ein sehr nettes Plus ist, dass die Gedichte in Originalsprache am Ende des Buchs angehängt sind.


Jordan: "Zum Teufel, Alter, na klar. Ich bin dabei, wo auch immer."
"Berühmte letzte Worte", sage ich noch."


Max und Jordan habe ich als zwei sehr spannende Figuren empfunden, von denen ich mir vorstellen kann, dass sie tatsächlich irgendwo genauso leben. Dass ich sie als sehr realistische und runde Personen wahrgenommen habe bedeutetet aber noch lange nicht, dass sie mir auch sympathisch waren. Max´ Angewohnheit, Probleme wegzulächeln, nicht anzusprechen, was ihn stört und seine Verletzlichkeit nicht zu zeigen lässt ihn oft ein wenig verloren und widersprüchlich erscheinen. Das ist jedoch noch nichts im Vergleich zum emotionalen Chaos in Jordan, welcher nicht nur ein sehr niedriges Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl hat, sondern auch eine ausgewachsene Drama-Queen ist. Auch die meisten Nebenfiguren machen es einem zuerst nicht ganz leicht, sie zu mögen. Man denke hier zum Beispiel an Jordans Freundinnen Pam und Kayla, seine manisch-depressive Mutter, die noch ganz andere Probleme mit sich herumschleppt oder an Max´ verantwortungslosen Vater oder dessen sprüchereißenden Bro-Freunde Zay-Rod und Betts. Ein Lichtblick in all dem Chaos war Max´ Mutter Rosa.


Jordan: "Die Welt ist groß, wie sind alle nur Sternenstaub. Alles ist bedeutungslos. Manchmal, wenn ich mich aufrege, sollte ich daran denken."


Während die Geschichte von Seite zu Seite nach dem schwierigen Einstieg besser wurde und mich mehr fesseln konnte, war das Ende nochmal eine herbe Enttäuschung für mich. Zwar hat sich die inhaltliche Entwicklung schon angedeutet, die Wendung kommt aber trotzdem sehr knapp, plump und liegt wie ein Fremdkörper am Ende der Geschichte und weiß diese nicht wirklich abzuschließen. Nach dem Platzenlassen der Bombe steht einfach noch zu viel im Raum, zu viel ist in der Schwebe, um die Geschichte guten Gewissens abschließen zu können.




Fazit:


Wer eine leichte, romantische Coming-of-Age-Geschichte mit Witz und großen Gefühlen erwartet wird enttäuscht werden. Hier muss man mit schwierigen Figuren, ernsten Themen, teilweise wirrer Handlung, einer sehr negativen Atmosphäre und einer unverblümten Erzählweise zurechtkommen. Da "The Music of What Happens" aber trotz aller enttäuschten Erwartungen intensiv, echt, originell, verrückt ist und den Leser definitiv nicht kalt lässt, gibt es eine eingeschränkte Leseempfehlung.

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