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Veröffentlicht am 11.10.2022

Bleibt trotz enormem Potenzial weit hinter seinen Möglichkeiten zurück

A Touch of Darkness
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Handlung: Als großer Fan von modernen Umsetzungen der griechischen Mythologie war ich sehr gespannt auf Scarlett St. Clairs Reihe um Hades und Persephone. Mit dem Enemies-to-Lovers-Trope, dem Auftritt ...

Handlung: Als großer Fan von modernen Umsetzungen der griechischen Mythologie war ich sehr gespannt auf Scarlett St. Clairs Reihe um Hades und Persephone. Mit dem Enemies-to-Lovers-Trope, dem Auftritt verfeindeter Götter in einer menschlichen Welt und Persephones Entführung in die Unterwelt scheint "A Touch auf Darkness" auf den ersten Blick viel Potential für einen atmosphärischen Romantasy-Roman zu haben. Leider bleibt die Geschichte in meinen Augen weit hinter ihren Möglichkeiten zurück. Das beginnt schon bei der Handlung, welche leider sehr vorhersehbar bleibt und einige Logiklücken aufweist. Sowohl einige Aspekte des Setting als auch Persephones Vergangenheit erscheinen bei genauerem Nachdenken nicht ganz stimmig und im Verlauf der Geschichte kam es immer wieder zu Szenen, die nicht ganz rund erschienen. Auch New Athens ist als Setting zwar grundsätzlich spannend, wir erfahren aber viel zu wenig über diese Welt, in der Menschen mit Göttlichen nach einem großen Krieg zusammenleben, als das die Geschichte von dem Worldbuilding hätte profitieren können.

Figuren:
Am ärgerlichsten fand ich jedoch nicht die Logiklücken, die unspektakuläre Handlung oder das mittelmäßige Worldbuilding, sondern die oberflächlichen und klischeehaften Figuren. Anstatt ein spannendes Retelling der mythologischen Grundlage zu wagen, bewegen sich Scarlett St. Clairs Charakterisierungen stark im Rahmen der Vorlage und schaffen es kaum den Eindruck einer tiefgründigen Persönlichkeit zu vermitteln. Die junge Göttin Persephone, welche ihre Kindheit durch ihre Mutter separiert im Gewächshaus verbracht hat und sich aus einem Mangel an Macht nun als Journalistin verdingt, ist voller Wiedersprüche, die mich bald nur noch die Augen haben verdrehen lassen. Obwohl sie sich selbst für mitfühlend hält, zeigt sich grausame und gefühlskalte Tendenzen, anstatt als Journalistin weltoffen zu sein, verurteilt sie sehr schnell und gibt sich ständig oberlehrerhaft und moralisch überlegen und trotz der Tatsache, dass sie sich damit rühmt, ihre eigenen Schlacht schlagen zu wollen, bekommt sie ohne Hilfe von außen (sei es von Hades oder von anderen Göttern oder ihren Freundinnen) nichts auf die Reihe. Am meisten geärgert hat mich aber das seltsame Frauenbild, das durch sie vermittelt wird. Nicht nur dass sie komplett von ihren Emotionen gesteuert wird und kaum geradeaus denken kann, sie muss zu Beginn der Handlung natürlich auch Jungfrau sein und sich zu einer eifersüchtigen Furie entwickeln, wenn eine andere Frau Hades auch nur anschaut. Das hört bei den Nebenfiguren leider nicht auf. Die auftauchenden weiblichen Nebenfiguren sind entweder bitchige Konkurrenz oder Freundinnen, die auftauchen, wenn sie nützlich sind, ansonsten aber kaum Profil aufweisen. Mit den hier auftretenden Göttern (inklusive Hades) verhält es sich genauso, auch hier bleibt die Autorin bei den bekannten Informationen und schreibt jeder Figur ein, zwei Persönlichkeitseigenschaften zu. Hades verbleibt somit ein gutaussehender Bad Boy mit einem Herz aus Gold und hat damit leider die emotionale Tiefe einer Pfütze.

Schreibstil:
Da ich die Geschichte als Hörbuch gehört habe, kann ich nicht viel über die von anderen LeserInnen kritisierten Rechtschreibfehler sagen, finde den Schreibstil der Autorin aber grundsätzlich gelungen, sodass ich trotz der offensichtlichen Mängel der Geschichte bis zum Ende gut unterhalten wurde. Sehr schade finde ich aber, dass sie es kaum schafft, Emotionen zu transportieren und ich die Beziehung von Hades und Persephone - welche aufgrund des zuvor geschilderten Mangels an Plot und Worldbuilding DIE Stütze des Romans ist - kaum gefühlt habe. Ob es an der distanzierten Erzählperspektive aus der dritten Person liegt, den sowieso schon klischeehaften Figuren oder der Tatsache, dass die beiden bei jeder Gelegenheit Sex haben (übrigens sehr repetitiven und wenig einfallsreichen Sex), statt sich miteinander zu unterhalten und sich wirklich kennenzulernen, kann ich schwer sagen. Fest steht jedoch, dass es hier kaum eine Entwicklung gibt und die Autorin zunächst auf Insta-Lust setzt, bevor sie den beiden eine Schicksalsliebe andichtet, statt wirklich authentische Figuren mit einer bewegenden Liebesgeschichte aufzubauen. Da das Ende in sich abgeschlossen ist, reicht es in meinen Augen also völlig aus, einen Band zu lesen (oder es ganz zu lassen). Da ich mir Band 2 jedoch als Hörbuch schon heruntergeladen hatte, werde ich in die Fortsetzung ebenfalls noch reinhören in der Hoffnung, dass die Reihe mit der Zeit besser wird.


Das Zitat:


"Respekt konnte ein Imperium errichten. Vertrauen konnte es unzerstörbar machen. Liebe konnte es ewig währen lassen."



Das Urteil:

"A Touch of Darkness" bleibt trotz enormem Potenzial weit hinter seinen Möglichkeiten zurück. Die Handlung ist vorhersehbar und weist einige Logiklücken auf, das Worldbuilding bleibt mittelmäßig, die Figuren klischeehaft und oberflächlich und der Schreibstil kann kaum Emotionen transportieren - für mich ist dieses gehypte Retelling der griechischen Mythologie um Hades und Persephone leider ein Flop.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 08.09.2022

Unglaubwürdig und vorhersehbar

Punk 57
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Auf "Punk 57" bin ich vor dem Erscheinungstermin sehr gespannt gewesen, da ich das Buch schon seit Monaten auf Bookstagram und Booktok sehe und unbedingt austesten wollte, was an dem enormen Hype dran ...

Auf "Punk 57" bin ich vor dem Erscheinungstermin sehr gespannt gewesen, da ich das Buch schon seit Monaten auf Bookstagram und Booktok sehe und unbedingt austesten wollte, was an dem enormen Hype dran ist. Als mir der Piper Verlag ein digitales Rezensionsexemplar hat zukommen lassen, habe ich zu Beginn der Woche spontan einen Buddyread mit Sofia (@SofiasWorldofBooks) gestartet, über den ich sehr froh war, da ich beim Lesen dringenden Diskussionsbedarf hatte. Nach dem Lesen kann ich nun festhalten, dass die Geschichte einen durchaus in ihren Bann zieht und gut unterhält. Wenn man jedoch für eine Sekunde innehält und über das Gelesene nachdenkt, ist der Zauber gebrochen und man kann schwer etwas anderes tun, als ungläubig den Kopf schütteln.

Das Cover gefällt mir mit den grellen Farben und dunklen Kontrasten sehr gut, da es die düster-sexy Atmosphäre der Geschichte gut einzufangen vermag. Auch die beiden Bestandteile des Titels "Punk" und die Zahl 57 spielen im Roman eine Rolle und passen somit besser, als ich angesichts des zunächst unzusammenhängend erscheinenden Titels dachte. Schade finde ich an der Gestaltung jedoch, dass die Songtexte, die immer wieder vorkommen nicht ebenfalls im englischen Original abgedruckt sind (beispielsweise angefügt am Ende der Geschichte wie es oft der Fall ist). Da die übersetzten Lyrics leider nur eingeschränkt wirken, hätte ich mir das gewünscht. Generell empfinde ich die Übersetzung an einigen Stellen leider als etwas holprig (zum Beispiel werden die Namen "Masen" und "Misha" an zwei Stellen verwechselt und eine passenden Übersetzungen für weibliche Geschlechtsteile konnte hier leider auch nicht gefunden werde).

"Siehst du das auch so? Dass wir alle so schnell und einfach wie möglich durch unser Leben kommen wollen? Und obwohl wir alle wissen, dass es ohne Risiko keinen Preis geben wird, haben wir alle Angst davor, es zu versuchen?"


Die Geschichte beginnt mit der ersten Begegnung der beiden langjährigen, anonymen Brieffreunde Misha und Ryen, die eine schicksalshafte dramatische Wendung für Misha bereithält und sein ganzes Leben auf den Kopf stellt. Nach einem dreimonatigen Zeitsprung lesen wir anschließend abwechselnd aus der Sicht der beiden, wie sie sich an Falcon´s Well Highschool abermals begegnen als Misha sich unter einem falschen Namen einschleust um einige Angelegenheiten zuende zu bringen. Während er mit Schrecken bemerken muss, dass Ryen ganz anders ist als er sie sich vorgestellt hat, weiß diese nicht, wer sich hinter dem Namen "Masen Laurent" verbirgt. Trotzdass die beiden sich im echten Leben weniger mögen als auf dem Papier, besteht auch hier sofort eine Anziehungskraft, die sich nicht leugnen lässt. Doch was ist damals passiert? Weshalb hat Misha aufgehört Ryen zu schreiben? Und welche offenen Rechnungen verbinden ihn noch nach Falcon´s Well...?

"Punk 57" erzählt also grundsätzlich die Geschichte zweier verstörter Teenager, die über Jahre hinweg füreinander ein Rettungsanker waren, bis sie sich an einer amerikanischen Highschool begegnen und feststellen, dass sie sich im echten Leben nicht besonders mögen. Neben der konfliktbeladenen und durchaus recht toxischen Liebesgeschichte, die sich daraus entspinnt, lebt die Geschichte zusätzlich von den vielen offenen Fragen, Rätsel und Geheimnisse, die wie ein unheilvolles Damoklesschwert über der Handlung schweben und gelöst werden wollen. Daraus entsteht eine mitreißende, düster-sexy Stimmung, der man sich nur schwer entziehen kann und an die Dark Romance Bücher von L.J. Shen erinnert. Leider kann "Punk 57" aus mehreren Gründen aber nicht mit L. J. Shens Werken mithalten, da die Gesamtkomposition nicht annähernd so rund und glaubwürdig erscheint.

"Irgendwann werden wir alle abwägen müssen, was wir mehr wollen: Wollen wir das zurück, was wir hatten, oder wollen wir das, was sein könnte? Bleiben oder alles riskieren, um vorwärtszugehen?"


Das beginnt schon bei den Figuren, welche sehr widersprüchlich gestaltet sind und sich teilweise sogar beinahe bipolar verhalten, sodass gesunde LeserInnen bei ihren extremen Wechsel von Emotionen und Gedankensprünge schwer mitkommen. Die Handlungen der beiden waren mir trotz der sehr nahen und ehrlichen Erzählung aus der Ich-Perspektive an einigen Stellen völlig unklar - mal ganz davon abgesehen, dass sie moralisch durch aus fragwürdig und sich teilweise im krankhaften oder illegalen Bereich abspielen. Mich hat an Ryen und Misha als Hauptfiguren also nicht gestört, dass sie nicht unbedingt Sympathieträger sind, sondern vielmehr, dass ich ihre zweifelhaften Charakterzüge nicht mit ihrem Selbstbild und ihrem Verhalten übereinbringen konnte. Ein Beispiel: Misha verurteilt Ryen sehr stark dafür, ihre Position an der Spitze der Highschool-Nahrungskette nicht dafür zu nutzen, um Opfer von Mobbing zu helfen und inszeniert sich selbst als absoluter Gutmensch, nur um sie im nächsten Moment aufs Übelste zu beleidigen, eine Schlägerei anzufangen und sie dann anschließend wieder mit denselben Worten aufzubauen, die sie davor in den Abgrund gestürzt haben? Wie passt das zusammen?

Ryen ist noch schlimmer und schwankt zwischen etlichen Extrempolen, als wäre sich die Autorin nicht sicher gewesen, ob sie nun Sympathie oder Verachtung für ihre Figur wecken möchte. Eine so inkonsequente Charakterdarstellung habe ich noch nie gelesen. Diese Inkonsequenz überträgt sich leider auch auf ihre Beziehung, welche zwischen heiß und kalt schwankt und jede Menge Toleranz für Aktionen im moralischen Graubereich erfordert. Statt ihre Probleme verbal zu klären, auszudiskutieren oder einfach gesund zu kommunizieren, bauen die beiden ihre Spannungen mit Gemeinheiten und Sex ab. Nicht nur ein Streit endet dabei in heißer Bettgymnastik an den unmöglichsten Orten, welche zwar großteils geschmackvoll geschrieben ist, die Handlung aber keinen Schritt voranbringen und zudem ein höchst unrealistisches Bild der Sexualität von Highschool Schülern vermitteln.

"Wir sind alle hässlich, Ryen. Der einzige Unterschied ist: Einige verstecken es, andere stellen es zur Schau."

Dazu kommt, dass die Nebenfiguren leider sehr blass und einseitig gestaltet sind. Hier gilt: entweder man ist ein Opfer, ein Täter oder man ist ein Erwachsener und damit per Definition blind, taub, ahnungslos und sowieso doof. Figuren wie Lyla, Ten, Manny, Trey oder J. D. hätten das Potenzial, interessante Nebenfiguren zu werden, doch leider erfährt man nichts über sie und sie spielen auch keine größere Rollen als Statisten im Spiel von Ryen und Misha. Ebenso verhält es sich mit vielen Nebenhandlungssträngen wie zum Beispiel dem Rätsel um "Delilah", die Identität von "Punk" oder Annies Tod - diese potenziell sehr interessanten Ansätze werden für eine kurzfristige Schockwirkung verheizt, ohne dass sie wirklich in die Geschichte miteingebunden und einen Mehrwert für sie darstellen würden. Schade.

Am ärgerlichsten fand ich jedoch, dass ich einige Grundpfeiler der Geschichte durch, dass die beiden so nahe beieinander wohnen, schlichtweg unglaubwürdig fand. Als ob Misha durch seine Band, deren Auftritte, die Partys und Bekanntschaften nicht regional so berühmt ist, dass ihn zumindest einzelne Mitschüler an der Falcon´s Well Highschool erkennen als er sich mit falschem Namen einschreibt? Als ob er sich überhaupt mit gefälschten Dokumenten und ohne das Einverständnis seiner Eltern an der Highschool anmelden kann, ohne dass es einer bemerkt? Als ob sein Vater ihn in einem verlassenen Freizeitpark leben lässt, ohne es zu bemerken und irgendwann die Reißleine zu ziehen? Als ob Ryen und Misha sich angesichts der geringen Entfernung ihrer Elternhäuser sich in all den Jahren nicht mal über den Weg gelaufen sind? Als ob Ryen ihn oder zumindest seine Band nicht doch mal gegoogelt oder auf Facebook gesucht hat? Als ob Ryen nicht eins und eins zusammenzählt, wer das tote Mädchen ist? Und als ob bei ihr nicht der Groschen fällt, wer Masen wirklich ist, als er sich immer wieder verplappert... Die genervten "als obs" häuften sich leider mit zunehmender Länge des Buches und sorgten dafür, dass ich die Handlung und die Wendung am Ende nicht wirklich ernst nehmen konnte. Der Plot hätte vielleicht funktioniert, wenn sie an unterschiedlichen Enden des Landes wohnen würden, aber so halte ich die Wahrscheinlichkeit, dass die beiden trotz der unmittelbaren Nähe in der sie wohnen, nicht kennen und auch nicht erkennen für geradezu unmöglich.

"Die Welt ist groß, und wie wir unsere kleinen Städtchen verlassen, werden wir unseren Stamm finden. Wenn wir uns selbst nicht treu bleiben, wie sollen sie uns dann erkennen? (Uns beide, denn wir gehören zum selben Stamm. Das weißt du, oder?)."

Mein Misstrauen und Missfallen stiegen beim Lesen also kontinuierlich an. Angesichts des großen Hypes habe ich aber bis zum Ende noch auf einen Aha-Moment oder eine große, spektakuläre Wendung gehofft, die das Ruder nochmal herumreißen würde. Leider kam weder eine schockierende Wendung noch ein Moment der Erleuchtung, ab dem all die losen Fäden doch noch Sinn ergeben hätten. Stattdessen erhalten wir eine recht vorhersehbare Enthüllung und ein unglaubwürdiger Epilog, dessen glitzerndes Happy End angesichts der Tatsache, dass Ryen und Misha zum Ende der Handlung noch einige ernste Probleme haben, die besser mit mehreren Sitzungen beim Paartherapeuten gelöst werden sollten, beinahe lachhaft erscheint.

"Das Leben besteht aus fünfzig falschen Abbiegungen auf einer holprigen Straße. Du kannst nur hoffen, dass du irgendwo ankommst, wo es schön ist."



Fazit:


"Punk 57" ist ein mittelmäßiger Dark Romance Roman, der einen zwar durchaus in seinen Bann zieht, jedoch bei genauerem Nachdenken unglaubwürdig und verquer scheint. Wer gerne eine Geschichte über düstere Hass-Liebe lesen möchte, kann ich da eher an L. J. Shen verweisen.

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  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 04.07.2022

Grandiose Idee, mangelhafte Umsetzung!

Cinderella ist tot
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Als ich von der deutschen Übersetzung des amerikanischen Bestsellers "Cinderella is Dead" gehört habe, war ich sofort Feuer und Flamme. Ich meine, ein dystopisches, queeres Retelling des Cinderella-Märchens? ...

Als ich von der deutschen Übersetzung des amerikanischen Bestsellers "Cinderella is Dead" gehört habe, war ich sofort Feuer und Flamme. Ich meine, ein dystopisches, queeres Retelling des Cinderella-Märchens? Wer wäre da nicht sofort an Bord. Leider muss ich nach dem Lesen feststellen, dass die Umsetzung nicht an die grandiose Grundidee heranreichen konnte und "Cinderella ist tot" mich unterm Strich enttäuscht hat.

Doch beginnen wir zunächst beim Cover. Der Heyne Verlag hat sich zum Glück dafür entschieden, sowohl beim Titel als auch beim Covermotiv sehr nah am Original zu bleiben und beschert uns somit ein sowohl inhaltlich passendes als auch sehr schön anzusehendes Cover. Zu sehen ist ein Mädchen of Color, das in einem ramponierten blauen Ballkleid und mit gläsernen Schmetterlingen im Haar herausfordernd den LeserInnen entgegenblickt. Von dem blauen Hintergrund heben sich zudem der Autorinnenname und der Titel in goldenen Buchstaben ab. Für Cover und Titel gibt´s von mir also schonmal einen Daumen nach oben. Etwas kritischer sehe ich die sehr große Schrift innerhalb der Buchdeckel, welche dafür sorgt, dass die 378 Seiten der gebundenen Ausgabe sich lesen wie 200. Dank der kurzen Kapitel und des einfachen, flüssigen Schreibstils der Autorin war ich demnach in kürzester Zeit durch mit dem Buch. Schade fand ich, dass nicht nur einer, sondern gleich zwei inhaltliche Fehler im Klapptext auf der Rückseite des Buches abgedruckt sind (sie steht nicht vor ihrem dritten, sondern vor ihrem ersten Ball und sie widersetzt sich für ihre Freundin Liv, nicht für Erin) und ich beim Lesen deshalb ein wenig verwirrt war. Von diesen Schnitzern abgesehen, ist auch das Innere des Buches ansprechend gestaltet und mit Einladungen, Ausschnitten aus Briefen und Dekreten aufgelockert. Eine Karte des Settings gibt es nicht, das ist jedoch nicht weiter tragisch, da sehr schnell klar wird, dass dies überhaupt nicht benötigt wird.

Erster Satz: "Cinderella ist seit zweihundert Jahren tot."

Denn neben immer wieder auftauchenden Motiven des Cinderella-Märchens und der wiederholenden Gewalt gegen Frauen ist leider kein Worldbuilding vorhanden. Kalynn Bayron nimmt hier mit in eine dystopische Fantasywelt, in der 200 Jahre nach Cinderellas Tod Frauen und Mädchen systematisch unterdrückt werden. Mit der Geschichte von Cinderella, die Glück und Wohlstand verspricht, wenn man sich nur an die Regeln der Gesellschaft hält und auf dem jährlichen Ball einen Ehemann sucht, werden Generation um Generation der Stadt Lille und des umliegenden Königreichs ruhig gehalten. Die Autorin zeichnet hier also ein Bild vom Leben von Frauen, das von häuslicher Gewalt, Willkür, Sexismus, öffentlichen Hinrichtungen und der Unmöglichkeit, die eigene Sexualität auszuleben geprägt ist. In welchem Königreich liegt Lille, ob es die Hauptstadt ist, wie es den Leuten dort geht, welche Klimazone herrscht, was um das Königreich liegt und was der König so treibt, wenn er nicht gerade Einladungen zu Bällen signiert, wird jedoch leider mit keinem Wort erwähnt. Die Geschichte verlässt sich auf sehr wenige Schauorte wie Sophias Zuhause, der Palast, der Weiße Wald, Cinderellas Grab und Cinderellas Haus, hinterlässt um diese Spotlights herum jedoch nur weiße Flecken auf meiner inneren Landkarte. Eine zusätzliche Schwierigkeit, bei der Vorstellung des Settings ist die Tatsache, dass die Figuren zwischen den Schauorten in Windeseile wechseln und deshalb kaum ein Verständnis für Dimensionen, Entfernungen und die Größe der Stadt aufkommt. Ich habe also selten eine Fantasy-Geschichte mit solch spärlichem Worldbuilding gelesen.

"Vielleicht will Liv, dass jemand sie wegholt. Ich kann es ihr nicht verübeln, aber mein Wunsch ist das nicht. Ich will nicht von einem Ritter in strahlender Rüstung gerettet werden. Ich möchte die Rüstung tragen, und ich würde gerne diejenige sein, die rettet."


Da die Qualität einer Geschichte ja aber nicht nur vom Setting abhängt, hätte ich "Cinderella ist tot" ihr schlampiges Worldbuilding gerne verzeihen können, wenn mich denn die Handlung mitreißen hätte können. Leider war ich nach wenigen Kapiteln schnell ernüchtert und musste feststellen, dass die Handlung es sich sehr einfach macht und oft den Weg des geringsten Widerstands geht. Die einzige überlebende Nachfahrin Cinderellas nach einer halsbrecherischen Flucht aus dem Palast an einem verschollenen Grab treffen? Joa, warum nicht. In einen angeblich verfluchten Wald ziehen, um eine möglicherweise dort lebende Fee zu finden und ohne große Zwischenfälle direkt über ihre Hütte stolpern? Ist doch total realistisch und naheliegend. Hier geht einfach vieles viel zu leicht, entwickelt sich zu plötzlich oder ist zu unglaubwürdig, um der grundsätzlich spannenden Handlung wirklich mit Herz folgen zu können. Auch die allermeisten Wendungen waren mir viel zu offensichtlich und gerade die Rolle des Königs und die Wahrheiten hinter dem Cinderella-Mythos habe ich schon sehr früh vorhersehen können.

"Glück ist ein Bonus, Sophia. Du hast kein Recht darauf, und je früher du das akzeptierst, umso einfacher wird dein Leben."
"Und wenn ich kein einfaches Leben will?" Meine Mutter sieht mich an. Sie öffnet die Lippen, um etwas zu sagen, presst sie wieder zusammen und senkt den Blick auf die Tischplatte. "Sei vorsichtig, was du dir wünschst. Denn möglicherweise bekommst du es auch."


Am meisten enttäuscht haben mich hier jedoch nicht das Worldbuilding oder die Handlung, sondern die Figuren, da sie allesamt flach und eindimensional blieben. Vor allem die Hauptfigur Sophia hätte als queere, rebellische PoC das Potenzial gehabt, eine laute und starke Botschaft in die Welt zu senden. Leider beschränken sich ihre Charakterzüge aus "rebellisch" und "wütend" und außer ihren Problemen, sich an Regeln zu halten und ihren schnell auflebenden Gefühlen für Constance passiert nicht besonders viel in ihrem Innenleben. Sie denkt nicht über die Folgen ihrer Handlungen (zum Beispiel für ihre Familie) nach, schert alle Männer über einen Kamm und fühlt sich in der Rolle der rebellischen Heldin viel zu wohl, um mir wirklich sympathisch zu sein - da hilft dann der geteilte Vorname leider auch nicht mehr. Von anderen Figuren wie der kämpferischen und wunderschönen Constance (die leider ebenfalls nicht mehr ist als kämpferisch und wunderschön), Sophias Freundin und erste Liebe Erin (die man ebenfalls mit wenigen Adjektiven umfassend charakterisieren könnte) oder dem jungen Luke (die einzige männliche Figur, die hier nicht schlecht wegkommt) will ich gar nicht erst anfangen. Die einzige wirklich interessante Figur, welche mehrere Facetten hat und keinem ausgetretenen Klischee entspricht ist die "gute Fee" Amina, welche jedoch auch deutlich blasser bleibt, als hier möglich wäre.

"Sie ist in Sicherheit. Aber das hier ist Lille. Niemand ist hier je in Sicherheit"


Die Autorin präsentiert uns hier also ein sehr klares, überschaubares Bild von Gut und Böse mit nur wenigen Überraschungen. Von moderner Fantasy, die gezielt mit Klischees brechen und eine Botschaft für mehr Diversität und Feminismus senden möchte, erwarte ich mir da deutlich mehr. Gegen die Kritik an der Unterdrückung von Frauen und dem Wunsch nach mehr Gleichberechtigung und Freiheit für alle (LGBTQIA+-)Menschen kann man natürlich überhaupt nichts einwenden. Die auf den ersten Moment feministische Botschaft wird aber dadurch getrübt, dass hier deutliche Anklänge von "Frauen sind besser als Männer" und "Männer sind grundsätzlich böse" vorkommen, was natürlich nicht dem Grundgedanken des Feminismus entspricht, dass alle Geschlechter gleichgestellt sind. Das bedeutet nicht, dass ich die Geschichte schlecht fand (sie hatte wie gesagt auch ihre spannenden Momente und tollen Ansätze), sie blieb nur einfach so weit hinter meinen Erwartungen zurück, dass ich einfach enttäuscht sein musste. Anstatt hier eine interessante, vielschichtige und gesellschaftskritische Geschichte zu erzählen, lässt sich "Cinderella ist tot" unterm Strich also folgendermaßen zusammenfassen: Männer sind böse, Sophia ist sooo rebellisch, der König ist ein Monster und die Cinderella-Geschichte eine Lüge. Schade!

"Du bist nicht verloren?"
Ich denke einen Moment nach. "Vielleicht bin ich das. Aber der Unterschied ist, dass ich wiedergefunden werden möchte. Ich werde keine fröhliche Miene aufsetzen und so tun, als wäre alles in Ordnung, obwohl ich weiß, dass es das nicht ist."
"Und von wem würdest du gerne wiedergefunden werden?", fragt Amina.
"Von mir selbst", sage ich. "Ich werde mich selbst finden."




Fazit:


In Kalynn Bayrons dystopischem Cinderella-Retelling steht eine grundsätzlich gute Botschaft einem spärlichem Worldbuilding, einer eindimensionalen Handlung und klischeehaften Figuren gegenüber. Die Umsetzung von "Cinderella ist tot" kann also leider lange nicht an die grandiose Grundidee heranreichen!

  • Einzelne Kategorien
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  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 04.07.2022

Grandiose Idee, mangelhafte Umsetzung!

Cinderella ist tot
0

Als ich von der deutschen Übersetzung des amerikanischen Bestsellers "Cinderella is Dead" gehört habe, war ich sofort Feuer und Flamme. Ich meine, ein dystopisches, queeres Retelling des Cinderella-Märchens? ...

Als ich von der deutschen Übersetzung des amerikanischen Bestsellers "Cinderella is Dead" gehört habe, war ich sofort Feuer und Flamme. Ich meine, ein dystopisches, queeres Retelling des Cinderella-Märchens? Wer wäre da nicht sofort an Bord. Leider muss ich nach dem Lesen feststellen, dass die Umsetzung nicht an die grandiose Grundidee heranreichen konnte und "Cinderella ist tot" mich unterm Strich enttäuscht hat.

Doch beginnen wir zunächst beim Cover. Der Heyne Verlag hat sich zum Glück dafür entschieden, sowohl beim Titel als auch beim Covermotiv sehr nah am Original zu bleiben und beschert uns somit ein sowohl inhaltlich passendes als auch sehr schön anzusehendes Cover. Zu sehen ist ein Mädchen of Color, das in einem ramponierten blauen Ballkleid und mit gläsernen Schmetterlingen im Haar herausfordernd den LeserInnen entgegenblickt. Von dem blauen Hintergrund heben sich zudem der Autorinnenname und der Titel in goldenen Buchstaben ab. Für Cover und Titel gibt´s von mir also schonmal einen Daumen nach oben. Etwas kritischer sehe ich die sehr große Schrift innerhalb der Buchdeckel, welche dafür sorgt, dass die 378 Seiten der gebundenen Ausgabe sich lesen wie 200. Dank der kurzen Kapitel und des einfachen, flüssigen Schreibstils der Autorin war ich demnach in kürzester Zeit durch mit dem Buch. Schade fand ich, dass nicht nur einer, sondern gleich zwei inhaltliche Fehler im Klapptext auf der Rückseite des Buches abgedruckt sind (sie steht nicht vor ihrem dritten, sondern vor ihrem ersten Ball und sie widersetzt sich für ihre Freundin Liv, nicht für Erin) und ich beim Lesen deshalb ein wenig verwirrt war. Von diesen Schnitzern abgesehen, ist auch das Innere des Buches ansprechend gestaltet und mit Einladungen, Ausschnitten aus Briefen und Dekreten aufgelockert. Eine Karte des Settings gibt es nicht, das ist jedoch nicht weiter tragisch, da sehr schnell klar wird, dass dies überhaupt nicht benötigt wird.

Erster Satz: "Cinderella ist seit zweihundert Jahren tot."

Denn neben immer wieder auftauchenden Motiven des Cinderella-Märchens und der wiederholenden Gewalt gegen Frauen ist leider kein Worldbuilding vorhanden. Kalynn Bayron nimmt hier mit in eine dystopische Fantasywelt, in der 200 Jahre nach Cinderellas Tod Frauen und Mädchen systematisch unterdrückt werden. Mit der Geschichte von Cinderella, die Glück und Wohlstand verspricht, wenn man sich nur an die Regeln der Gesellschaft hält und auf dem jährlichen Ball einen Ehemann sucht, werden Generation um Generation der Stadt Lille und des umliegenden Königreichs ruhig gehalten. Die Autorin zeichnet hier also ein Bild vom Leben von Frauen, das von häuslicher Gewalt, Willkür, Sexismus, öffentlichen Hinrichtungen und der Unmöglichkeit, die eigene Sexualität auszuleben geprägt ist. In welchem Königreich liegt Lille, ob es die Hauptstadt ist, wie es den Leuten dort geht, welche Klimazone herrscht, was um das Königreich liegt und was der König so treibt, wenn er nicht gerade Einladungen zu Bällen signiert, wird jedoch leider mit keinem Wort erwähnt. Die Geschichte verlässt sich auf sehr wenige Schauorte wie Sophias Zuhause, der Palast, der Weiße Wald, Cinderellas Grab und Cinderellas Haus, hinterlässt um diese Spotlights herum jedoch nur weiße Flecken auf meiner inneren Landkarte. Eine zusätzliche Schwierigkeit, bei der Vorstellung des Settings ist die Tatsache, dass die Figuren zwischen den Schauorten in Windeseile wechseln und deshalb kaum ein Verständnis für Dimensionen, Entfernungen und die Größe der Stadt aufkommt. Ich habe also selten eine Fantasy-Geschichte mit solch spärlichem Worldbuilding gelesen.

"Vielleicht will Liv, dass jemand sie wegholt. Ich kann es ihr nicht verübeln, aber mein Wunsch ist das nicht. Ich will nicht von einem Ritter in strahlender Rüstung gerettet werden. Ich möchte die Rüstung tragen, und ich würde gerne diejenige sein, die rettet."


Da die Qualität einer Geschichte ja aber nicht nur vom Setting abhängt, hätte ich "Cinderella ist tot" ihr schlampiges Worldbuilding gerne verzeihen können, wenn mich denn die Handlung mitreißen hätte können. Leider war ich nach wenigen Kapiteln schnell ernüchtert und musste feststellen, dass die Handlung es sich sehr einfach macht und oft den Weg des geringsten Widerstands geht. Die einzige überlebende Nachfahrin Cinderellas nach einer halsbrecherischen Flucht aus dem Palast an einem verschollenen Grab treffen? Joa, warum nicht. In einen angeblich verfluchten Wald ziehen, um eine möglicherweise dort lebende Fee zu finden und ohne große Zwischenfälle direkt über ihre Hütte stolpern? Ist doch total realistisch und naheliegend. Hier geht einfach vieles viel zu leicht, entwickelt sich zu plötzlich oder ist zu unglaubwürdig, um der grundsätzlich spannenden Handlung wirklich mit Herz folgen zu können. Auch die allermeisten Wendungen waren mir viel zu offensichtlich und gerade die Rolle des Königs und die Wahrheiten hinter dem Cinderella-Mythos habe ich schon sehr früh vorhersehen können.

"Glück ist ein Bonus, Sophia. Du hast kein Recht darauf, und je früher du das akzeptierst, umso einfacher wird dein Leben."
"Und wenn ich kein einfaches Leben will?" Meine Mutter sieht mich an. Sie öffnet die Lippen, um etwas zu sagen, presst sie wieder zusammen und senkt den Blick auf die Tischplatte. "Sei vorsichtig, was du dir wünschst. Denn möglicherweise bekommst du es auch."


Am meisten enttäuscht haben mich hier jedoch nicht das Worldbuilding oder die Handlung, sondern die Figuren, da sie allesamt flach und eindimensional blieben. Vor allem die Hauptfigur Sophia hätte als queere, rebellische PoC das Potenzial gehabt, eine laute und starke Botschaft in die Welt zu senden. Leider beschränken sich ihre Charakterzüge aus "rebellisch" und "wütend" und außer ihren Problemen, sich an Regeln zu halten und ihren schnell auflebenden Gefühlen für Constance passiert nicht besonders viel in ihrem Innenleben. Sie denkt nicht über die Folgen ihrer Handlungen (zum Beispiel für ihre Familie) nach, schert alle Männer über einen Kamm und fühlt sich in der Rolle der rebellischen Heldin viel zu wohl, um mir wirklich sympathisch zu sein - da hilft dann der geteilte Vorname leider auch nicht mehr. Von anderen Figuren wie der kämpferischen und wunderschönen Constance (die leider ebenfalls nicht mehr ist als kämpferisch und wunderschön), Sophias Freundin und erste Liebe Erin (die man ebenfalls mit wenigen Adjektiven umfassend charakterisieren könnte) oder dem jungen Luke (die einzige männliche Figur, die hier nicht schlecht wegkommt) will ich gar nicht erst anfangen. Die einzige wirklich interessante Figur, welche mehrere Facetten hat und keinem ausgetretenen Klischee entspricht ist die "gute Fee" Amina, welche jedoch auch deutlich blasser bleibt, als hier möglich wäre.

"Sie ist in Sicherheit. Aber das hier ist Lille. Niemand ist hier je in Sicherheit"


Die Autorin präsentiert uns hier also ein sehr klares, überschaubares Bild von Gut und Böse mit nur wenigen Überraschungen. Von moderner Fantasy, die gezielt mit Klischees brechen und eine Botschaft für mehr Diversität und Feminismus senden möchte, erwarte ich mir da deutlich mehr. Gegen die Kritik an der Unterdrückung von Frauen und dem Wunsch nach mehr Gleichberechtigung und Freiheit für alle (LGBTQIA+-)Menschen kann man natürlich überhaupt nichts einwenden. Die auf den ersten Moment feministische Botschaft wird aber dadurch getrübt, dass hier deutliche Anklänge von "Frauen sind besser als Männer" und "Männer sind grundsätzlich böse" vorkommen, was natürlich nicht dem Grundgedanken des Feminismus entspricht, dass alle Geschlechter gleichgestellt sind. Das bedeutet nicht, dass ich die Geschichte schlecht fand (sie hatte wie gesagt auch ihre spannenden Momente und tollen Ansätze), sie blieb nur einfach so weit hinter meinen Erwartungen zurück, dass ich einfach enttäuscht sein musste. Anstatt hier eine interessante, vielschichtige und gesellschaftskritische Geschichte zu erzählen, lässt sich "Cinderella ist tot" unterm Strich also folgendermaßen zusammenfassen: Männer sind böse, Sophia ist sooo rebellisch, der König ist ein Monster und die Cinderella-Geschichte eine Lüge. Schade!

"Du bist nicht verloren?"
Ich denke einen Moment nach. "Vielleicht bin ich das. Aber der Unterschied ist, dass ich wiedergefunden werden möchte. Ich werde keine fröhliche Miene aufsetzen und so tun, als wäre alles in Ordnung, obwohl ich weiß, dass es das nicht ist."
"Und von wem würdest du gerne wiedergefunden werden?", fragt Amina.
"Von mir selbst", sage ich. "Ich werde mich selbst finden."




Fazit:


In Kalynn Bayrons dystopischem Cinderella-Retelling steht eine grundsätzlich gute Botschaft einem spärlichem Worldbuilding, einer eindimensionalen Handlung und klischeehaften Figuren gegenüber. Die Umsetzung von "Cinderella ist tot" kann also leider lange nicht an die grandiose Grundidee heranreichen!

  • Einzelne Kategorien
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  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 01.06.2022

Viel heiße Luft, überschwellige Metaphern und leere Worte...

Kiss of Thunder
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"Kiss of Thunder" vom Autorinnenduo Meredith Wild und Angel Payne habe ich mir angefragt, da die Mischung aus Hollywood-Glamour, Literaturstudium und paranormalen Elementen eine prickelnde und interessante ...

"Kiss of Thunder" vom Autorinnenduo Meredith Wild und Angel Payne habe ich mir angefragt, da die Mischung aus Hollywood-Glamour, Literaturstudium und paranormalen Elementen eine prickelnde und interessante Geschichte versprochen hat. Nachdem ich die Romantasy-Geschichte in den letzten Tagen gelesen habe, fällt mein Urteil aber leider ein wenig gemischt aus.

Das Cover ist mit dem blauen Hintergrund, dem geschwungenen goldenen Titel und den hellen Lichtpunkten zwar ein wenig nichtssagend, dafür aber um einiges schöner anzusehen als das Originalcover, über dessen Hauptmotiv ich doch glatt ein bisschen lachen musste. Die Gestaltung ist geheimnisvoll, magisch und sinnlich, was sehr gut zur Geschichte passt. Auch der deutsche Titel, der im Gegensatz zum Original nicht schon einen riesigen Teil der Geschichte vorwegnimmt, gefällt mir sehr gut! Dafür also ein großes Kompliment an den Verlag! Etwas verwirrt war ich zunächst über die ungewöhnlich verschnörkelte Schriftart, in der der Roman abgedruckt ist und auch der Abstand der untersten Zeile zum Seitenrand ist seltsam groß. Mit der Zeit gewöhnt man sich aber gut an den etwas untypischen Satz und kommt gut durch die 360 Seiten.

Erster Satz: "Nur eins ist schlimmer, als eine Dämonin zu sein: eine Valari zu sein."

Die beiden Autorinnen steigen direkt mit dem ersten Treffen der beiden Hauptfiguren, die abwechseln aus der Ich-Perspektive erzählen, in die Handlung ein. Wie schon im ersten Satz deutlich wird, werden die Celebrity-Elemente und der College-Trope dabei wie selbstverständlich mit paranormalen Elementen gemischt. Schon schnell ist deshalb klar: Kara ist eine Dämonin und Maximus ist riesig und demoliert ab und an aus Versehen Gegenstände. Da wir ansonsten aber ein ganz alltägliches L.A. präsentiert bekommen, in dem keiner so wirklich an Übernatürliches glaubt, wäre es in meinen Augen dringend notwendig gewesen, diese paranormalen Motive glaubhaft einzubinden. Eine wirkliche Einbettung dieser Elemente in das Realitätssetting erfolgt in diesem Auftakt aber nicht, sodass mich die ersten 100 Seiten vor allem verwirrt haben und "Kiss of Thunder" sich zunächst liest, als würde man mitten in einer Reihe einsteigen, deren Vorgängerbände oder Prequels man nicht gelesen hat.

Doch auch im Verlauf der Geschichte wird das Worldbuilding nicht besser. Während man zu Beginn noch dachte, dass einem als LeserIn einfach essenzielle Informationen fehlen, die von den Figuren zurückgehalten werden, wird mit der Zeit klar, dass auch Kara und Maximus über ihre übernatürlichen Herkunft nicht viel mehr wissen, weshalb auch im Verlauf der Geschichte die hunderte von Fragen, die beim Lesen aufkommen, einfach nicht beantwortet werden. Das ist mehr als nur frustrierend. Man kann doch nicht ein reales Setting wählen und wahllos einige übernatürliche Elemente hinzufügen und davon ausgehen, dass damit alle Unklarheiten aus dem Weg geräumt sind. Neben der Frustration beim Lesen schadet dieser Informationsmangel auch stark dem Vorankommen der Handlung. Statt zusammen die magische Welt zu erkunden oder Geheimnissen auf die Spur zu kommen, tun die beiden Hauptfiguren ununterbrochen nichts anderes, als verwirrte Gespräche zu führen, sich gegenseitig mit Andeutungen und Halbwahrheiten abspeisen und ... rummachen. Viel andere Handlung ereignet sich nicht auf den beinahe 400 Seiten, was angesichts der drei vielversprechenden Motiven der Handlung wirklich enttäuschend ist.

Maximus: "Ich habe geglaubt, ich wüsste was Hölle ist - bis du mich zum ersten Mal berührt hast."

Gegen Ende werden dann zwar einige Enthüllungen angedeutet, die jedoch so oberflächlich bleiben, dass sie die Handlung nicht wirklich bereichern. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie die Geschichte mit einer derart dünnen Handlung auf drei Bände gestreckt werden soll... Vermutlich war der Gedanke der beiden Autorinnen, Spannung durch die offenen Fragen zu gewinnen. Ärgerlich ist nur, dass man sich beim Lesen sehr schnell die Geheimnisse der beiden Figuren zusammenspinnen kann und die Hinhaltetaktik und das ewige Ausweichen und Nicht-Verstehen der Figuren deshalb sehr unglaubwürdig wird. Wenn also Handlung und offene Fragen und Konflikte als Spannungsgeber ausfallen, was hat dann dafür gesorgt, dass ich "Kiss of Thunder" trotzdem bis zum Ende verfolgt habe? Die Atmosphäre, die durch die Anziehungskraft zwischen Kara und Maximus entsteht!

Meredith Wild und Angel Payne erzählen hier eine Forbidden-Lovestory, welche vor allem aufgrund der übernatürlichen Barrieren zwischen Kara und Maximus besteht und weniger durch das Professor-Studentin-Machtgefälle (letzteres scheint die beiden Figuren seltsamerweise nicht groß zu interessieren). Schon während ihrer ersten Begegnung knistert es ordentlich zwischen ihnen - im wahrsten Sinne des Wortes - und auch wenn natürlich etwas fragwürdig ist, dass die beiden schon nach wenigen Tagen Bekanntschaft zu 100% verliebt sind, ist die Chemie zwischen den beiden wirklich toll. Insta-Love-Geschichten, in denen sich die beiden Figuren schon auf den ersten Blick ineinander verlieben und eine enge Verbindung haben, ohne diese langsam und für uns LeserInnen nachvollziehbar zu entwickeln, stehe ich generell ein wenig skeptisch gegenüber. Hier fand ich die sofortige Verbindung zwischen den beiden durch die paranormale Erklärung aber gerade noch so gerechtfertigt und konnte mich deshalb gut auf das Knistern zwischen den zweien einlassen.

Kara: "Ich will all deine Geheimnisse, Kara... All die kleinen Teile von dir, die niemals jemand sieht, jeden wilden Traum, jede hässliche Wahrheit. Wenn ich nicht der Mann bin, der sich all das verdienen kann, wird sich für mich nichts jemals mehr richtig anfühlen.

Während ich die Verbindung zwischen den beiden also sehr nachvollziehbar ausgearbeitet und die Anziehung zwischen ihnen durch die Seiten greifbar finde, bleiben Kara und Maximus als Einzelfiguren jedoch nur grobe Strichzeichnungen. Die beiden sind zwar grundsätzlich sympathisch, bleiben hier für meinen Geschmack aber zu eindimensional. Wir erfahren kaum etwas darüber, was die beiden wirklich bewegt und lesen fast ausschließlich Szenen, in denen sie zusammen sind. Und auch diese gemeinsame Zeit nutzen sie leider nicht, um sich gegenseitig besser kennenzulernen oder etwas zu unternehmen, sondern beinahe ausschließlich körperlich. Auch die Nebenfiguren finde ich hier kaum erwähnenswert. Mit Maximus´ bestem Freund Jesse und Karas Schwester Kell haben wir immerhin zwei Nebenfiguren, die immer wieder vorkommen, die die Beziehungen zwischen ihnen und den Hauptfiguren bleiben jedoch sehr blass. Da es sich bei "Kiss of Thunder" um den Auftakt einer Reihe handelt, werden die Haupt- und Nebenfiguren in den kommenden Bänden vermutlich noch weiter vertieft, für mich wird nach diesem Band aber wohl eher Schluss sein.

Maximus: "Es passiert alles wieder genau gleich. Das Erwachen, wenn sie da ist. Wie sehr ich mir ihrer bewusst bin. Die Explosion, das Feuer, Licht und Farben, die zwischen ihrem Blut und meinem hin- und herrast, so funkelnd wie das vergoldete Sonnenlicht um uns herum."

Diese Entscheidung hängt - als letzter Kritikpunkt meiner Rezension - auch ein wenig mit dem Schreibstil zusammen. Meredith Wild und Angel Payne setzen hier sehr viele bildhafte Vergleiche und Metaphern ein, die an manchen Stellen jedoch ein bisschen fehl am Platz erscheinen. Da ich bisher noch kein Buch von einer der beiden Autorinnen gelesen habe, bin ich mir nicht sicher, ob der an manchen Stellen amüsante, an anderen eher unangenehme Beigeschmack von Formulierungen durch den Schreibstil der beiden Autorinnen oder durch die Übersetzung bedingt ist. Fest steht, dass ich einige Szenen nicht ganz ernst nehmen konnte (vor allem die seitenlange Liebesszene am Ende hat mir den ein oder anderen ungewollten Lacher entlockt) und die langen Absätze voller magischer Andeutungen und blumiger Gefühlsbeschreibungen wie heiße Luft erscheinen, denen im Endeffekt die Substanz fehlt. Schade!

Kara: "Bücher waren immer meine einzige Sucht, aber Maximus ist eine Geschichte für sich. Ein lebendiges Rätsel. Der faszinierendste Held, der mir je begegnet ist. Und ich will nicht, dass die Geschichte jemals endet."


Fazit:


"Kiss of Thunder" ist eine Romantasy-Geschichte mit viel heißer Luft, überschwelligen Metaphern und leeren Worte, der jedoch die Substanz fehlt. Das Worldbuilding lässt viele Fragen offen, die großen "Wendungen" sind vorhersehbar und die Figuren bleiben stark eindimensional - nur die durch die prickelnde Chemie entstandene Atmosphäre sorgt dafür, dass man bis zum Ende dabeibleibt!

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