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Veröffentlicht am 09.12.2017

"Am Ende wird alles gut. Wenn es nicht gut ist, ist es nicht das Ende."

Wir sehen uns beim Happy End
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Allgemeines:

Titel: Wir sehen uns beim Happy End
Autor: Charlotte Lucas
Verlag: Bastei Lübbe (24. November 2017)
Genre: Roman
ISBN-10: 378572599X
ISBN-13: 978-3785725993
ASIN: B071HL86M5
Seitenzahl: ...

Allgemeines:

Titel: Wir sehen uns beim Happy End
Autor: Charlotte Lucas
Verlag: Bastei Lübbe (24. November 2017)
Genre: Roman
ISBN-10: 378572599X
ISBN-13: 978-3785725993
ASIN: B071HL86M5
Seitenzahl: 560 Seiten
Preis: 6,99€ (Kindle-Edition)
18€ (gebundene Ausgabe)



Inhalt:

"Am Ende wird alles gut. Wenn es nicht gut ist, ist es nicht das Ende." (Emilia Faust, geklaut bei Oscar Wilde)

Stell dir vor, Romeo und Julia erleben wunderbare Flitterwochen, die kleine Meerjungfrau bekommt ihren Prinzen und Hannibal Lecter wird zum kinderfreundlichen Veganer - Wie könnte die Welt aussehen, wenn jede Geschichte das Recht auf ein glückliches Ende hätte? Und was würdest du tun, wenn dir das Leben die Verantwortung für einen anderen Menschen gibt? Schenkst du ihm ein Happy End? Selbst wenn du nicht weißt, ob er das will?
Ein zauberhafter Roman über das Schicksal, unerwartete Begegnungen - und die Frage, ob erst ein Happy End das Leben lebenswert macht.


Bewertung:

Schon als ich dieses Buch in der Verlagsvorschau sah wusste ich es: diese Geschichte ist etwas ganz besonderes! Das Lesen hat mich darin nur noch bestätigt - ein zauberhafter Roman über die Suche einer jungen Frau nach dem Happy End.

Das Cover ist ganz wundervoll gestaltet, auch wenn es nicht so ganz mein Fall ist. Die türkis-blaue Hintergrundfarbe gefällt mir nicht besonders, da sie als Eye-Catcher zu schwach, aber als Hintergrund zu dominant ist und sich mit den liebevollen Verzierungen um den Titel herum um die Aufmerksamkeit des Betrachters prügelt. Die Ranken, Sterne, Sonnen, Heißluftballons, Vögel, Käfer, Meerjungfrauen und Schaukeln lassen das ganze Motiv verspielt und naiv erscheinen, was ich in Anbetracht des Inhalts wirklich wunderbar gemacht finde. Auch der bunte Handlettering-Titel passt wunderbar ins Bild und hebt sich beim darüberfahren auch fühlbar hervor. Wozu ich noch ein wenig unentschlossen stehe, sind die am Rand grell pink gefärbten Seiten, die im Kontrast zum türkis-hellblauen Einband sehr stark hervorspringen. Auch innerhalb der Buchdeckel gefällt mir die Gestaltung gut. Die einzelnen Kapitel, die genau die richtige Länge besitzen, werden manchmal von Blogbeiträgen abgewechselt, die in passendem Layout und Design mit einigen Kommentaren ihrer Leser untermauert werden. Eine interessante Idee!
Insgesamt eine sehr verträumte, exzentrische aber wunderschöne Gestaltung des Covers, welches wunderbar zur Geschichte passt, mich persönlich aber nur mäßig anspricht. Sowohl Titel und Klapptext sind aber einfach perfekt getroffen!


Erster Satz: "Wenn es eine Sache gab, die Emilia Faust, genannt "Ella", mit absoluter Sicherheit wusste, dann die, dass eine Geschichte immer nur so gut ist wie ihr Ende."


Nun ja, wenn man nach dieser Lebenseinstellung das Buch betrachtet, würde meine Beurteilung dieser Geschichte nicht ganz so gut ausfallen, denn das Ende mochte ich nicht wirklich. Da mir aber alles andere sehr gut gefallen hat, bleibe ich doch lieber bei meinen persönlichen Beurteilungskriterien und schließe mich Ella an, wenn sie sagt:


"Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne"


Diese Geschichte startet zauberhaft mit einem Blogeintrag Ellas auf ihrem Webblog "Better Endings", auf dem sie Geschichten mit schrecklichem Ausgang einfach umschreibt und ihnen ein schöneres Ende verpasst. Eine riesige Fangemeine schaut auf sie, wenn sie ihrer Liebe zu Happy Ends und guten Märchen folgt und versucht, die vielen Schlimmen Dinge in der Welt etwas zu relativieren, in dem sie wenigstens ausgedachte Geschichten verbessert. Auch in der Realität trägt sie eine rosarote Brille und plant die Traumhochzeit mit ihrem märchenhaften Verlobten Philipp, mit dem sie in ihrem gutbürgerlichen Haus im Philosophenweg lebt und in den Sonnenuntergang laufen will, bis sie beide tot umfallen.

Als sie durch Zufall erfährt, dass ihr Verlobter sie betrogen hat und eigentlich gar nicht heiraten möchte, gerät ihr persönliches Happy End jedoch ganz schön ins wanken. Hals über Kopf vor diesen
Entwicklungen fliehend überrennt sie an der Landungsbrücke einen Mann, der daraufhin verschwindet und bloß seine Schuhe, seine Jacke, einen Geldbeutel und ein großes Geheimnis hinterlässt. Sie fühlt sich verantwortlich, ihm die Dinge zurückzugeben und sucht sein Haus auf, das sich als noble, aber total vernachlässigte Villa entpuppt. Als sie ein weiteres Mal die Flucht ergreifen will, rennt sie den Mann - Oscar de Witt - ein zweites Mal über den Haufen, woraufhin er sich verletzt und im Krankenhaus landet. Als Ella feststellt, dass der komplett erledigte und traurige Mann überhaupt keine Erinnerungen mehr an seine Vergangenheit hat macht sie es sich zur Aufgabe, sein Leben neu zusammenzustellen und ihm ein Happy End anzudichten. Das dies nicht ganz so glatt gehen kann, wie sie sich das vorgestellt hat, ist absehbar und sie tritt aus Versehen eine Lawine los, die sie kaum mehr stoppen kann...


"Wie bei einer Melodie, die abrupt endet, mitten im Takt, unaufgelöst. Ein Missklang, der uns im Kopf herumspukt und fast in den Wahnsinn treibt, bis wir ihn zumindest gedanklich zu einem harmonischen Schlussakt gebracht haben.
Romeo und Julia: flitterten bei Ella in Venedig.
Titanic: In der Version von Ella retteten Jack und Rose im Alleingang das Schiff und bekamen fünf Kinder.
Casablanca: Selbstverständlich entschied sich Ilsa Lund für Rick (...)
Ellas Welt: schön und heiter.
Und vor allen Dingen: übersichtlich."


Allein für diese Romanidee müsste die Autorin von mir schon mal 5 Sterne bekommen. So etwas Kreatives und überaus Neuartiges habe ich selten gehört. Aus Spaß hatte ich auch schon mal die Idee, alternative Enden zu bekannten Geschichten auf einem Blog anzubieten, was die Autorin uns aber in ausgearbeiteter Form auf das Leben eines geschlagenen Mannes bezogen präsentiert, ist wirklich wunderbar. Ich hatte mich eigentlich auf eine schnulzige Liebesgeschichte vorbereitet, was folgt ist die tragisch-komische Geschichte einer Frau, die sich immer mehr verrennt in ihrem Willen, etwas Gutes zu tun und aus ihrem Lügenkonstrukt bald nicht mehr herauskommt. Zusammen mit ihr gehen wir auf die rätselhafte Suche nach dem Grund für Oscars Absturz und fehlender Lebenslust und finden ein wahrhaft dramatisches Geheimnis über die Familie de Witt, angesichts dessen sich sowohl Ella als auch der Leser ein wenig überfordert fühlen. Und bald wird klar, dass sich hinter Ellas Happy-End-Sucht eine ganz eigene Tragik verbirgt, ein ganz bestimmter Grund, aus dem sie so geworden ist. Während sie versucht, Oscars Leben in Ordnung zu bringen muss sie sich selbst mit der Differenz zwischen Realität und Märchen auseinandersetzen und schließlich für ihre eigene Geschichte das passende Ende suchen. Denn während des ganzen Durcheinanders, beginnen sich Oscar und Ella näher zu kommen und sie muss sich entscheiden, was sie wirklich will.


"Oscar de Witt war tatsächlich ein leeres Buch - und sie, sie war doch eine Erzählerin. Tat sie seit Jahren nicht anderes, als Geschichten zu einem besseren Ende zu führen. Sollte sie also nicht genau das für Oscar tun? Ihm und seinem Leben, das aus den Fugen geraten ist, wieder auf die Sprünge zu helfen?"


Der Schreibstil ist recht geradlinig, an manchen Stellen jedoch sehr abschweifend und verträumt. Selbstverständlich passt das wunderbar zu Ella und ihren ausführlichen Gedankengängen, die sie immer wieder aus der Realität reißen, auf die Dauer sind aber ihre ganzen Gedanken, die Analyse ihrer Gefühle und andere Abschweifungen ein bisschen zu viel, sodass gerade am Anfang, als noch nicht so viel passiert, ein wenig Spannung verloren geht. Ebenfalls kamen viele Gefühle, die geschildert werden nicht ganz bei mir an, da der Leser sowohl zu Ella als auch zu Oscar beim Lesen eine gewisse Distanz wahrt. Ich kann nicht genau fassen, weshalb mir das so vorkam, aber ich denke, dadurch dass beide immer wieder Fehler machen, braucht man ein wenig Abstand zum Geschehen und all den Emotionen, um ihr Verhalten angemessen beurteilen zu können.
Besonders gut gefallen haben mir aber die vielen kleinen Anspielungen auf verschiedenste Dinge, die sich hier in der Geschichte finden lassen. Nicht zuletzt Emilias Nachnahme "Faust", der einmal aufgegriffen wird, die verschiedenen Enden von Bestsellern und Filmen, über die sich bestimmt jeder schon mal aufgeregt hat, das „Project Semicolon“ von Amy Bleuel und eine kleine, wohldosierte Priese an Gesellschaftskritik, machen das Buch zu einer wirklich runden Angelegenheit.


"Aber so war die Welt, sie blickte auf Frauen, die „nur“ Hausfrau – und vielleicht dazu „nur“ Mutter – waren, herab, als wäre das nichts"


Ella Cinderella alias Emilia Faust ist ein sehr spezieller Charakter. Auf der einen Seite steht da die naive, realitätsferne Träumerin, die am liebsten alles mit Glitzerstaub überziehen würde, auf der anderen Seite die gut organisierte und strukturierte Haushälterin, die viel nachdenkt und alles hinterfragt. Allein mit ihren inneren Konflikten könnte man schon einen ganzen Roman füllen. Selbstverständlich kann man mit vielen ihrer Entscheidungen nicht ganz einverstanden sein und muss sich manchmal für ihre spontanen Aktionen ein wenig belächeln, doch man fühlt trotzdem mit ihr und verzeiht ihr jeden Fehltritt für ihre ehrlichen Absichten. Doch leider ist "gut gemeint" oft das Gegenteil von "gut gemacht", also heiligt der Zweck die Mittel? Darf man so sehr in das Schicksal eines anderen Menschen eingreifen und die Wahrheit verändern? Sie ist sich selbst oft nicht sicher und tut einfach das, was ihr Herz ihr sagt. So ist sie auf der einen Seite recht klischeehaft und verkörpert ein Frauenbild, das ich eigentlich nicht leiden kann, auf der anderen Seite ist sie jedoch ein tiefgründiger und authentischer Charakter, der einfach nur nach einem Happy End für seine eigene Geschichte sucht.


"Das hier, das war die echte Herausforderung, die es zu meistern galt, um ans Ziel zu gelangen. Und sie, Emilia Faust, würde den Ruf annehmen; würde sämtliche Drachen töten und Rätsel lösen und jedem Rumpelstilzchen, das sich ihr in den Weg stellen mochte, trotzig dessen Namen entgegenbrüllen. (...) Im Namen des Zweckes und der Mittel und der Heiligkeit in Ewigkeit.
Amen."


Oscar de Witt ist ebenfalls ein sehr interessanter Protagonist. Sehr authentisch spielt er die Rolle des süß-verlorenen Snobs, der auf der Suche nach seinem Gedächtnis einen Psychiater besucht, Bücher liest, sein Haus auf dem Kopf stellt und auch schon mal verzweifelt. Mit seiner eher nüchternen, intelligenten Art, steht er als Gegenpol zu Ella, weshalb sie gerade wunderbar zusammenpassen. Sein Schicksal, über das wir als Leser langsam mehr erfahren, berührt ehrlich und zeigt ihn als gebrochenen Mann, sodass die nur langsam keimende Liebe zwischen Ella und ihm besonders wichtig erscheint. Anders als in vielen Romanen dieses Genres liegt hier der Schwerpunkt wirklich auf den zwei Figuren und ihre schicksalhafte Begegnung, als auf ihrer Liebe, die sie schlussendlich verbindet. Deshalb geht auch die Entwicklung dieser Liebe total schnell von statten, sodass sie fast schon wieder unglaubwürdig wirkt und gerade das Ende wirkt ein wenig überhastet.

Doch macht ein Happy End alleine nun wirklich glücklich? Muss es immer perfekt sein, damit man glücklich und zufrieden sein kann? Auch wenn man dies vielleicht nicht erwarten würde, verneint das dieser Roman, was ihn in meinen Augen ganz besonders macht. Diese Geschichte zeigt bis zu den letzten Seiten, dass es ruhig über Umwege gehen kann, man sich auch mal richtig verlaufen muss, verzeihen, verlassen, verarbeiten, verschmerzen und verlieren sollte, bis man schließlich etwas findet, was einen glücklich macht. Ob das nun der Traumprinz auf einem Märchenschloss, eine typische Vater-Mutter-Kind-Hund-Familie in einem Reihenhaus oder einfach ein gesundes Leben im Wohnwagen ist, ist schlussendlich egal.
Es wird zwar nie explizit erwähnt, es wird jedoch deutlich, dass die Geschichte den Fokus eher auf das Leben setzt und offen lässt, ob auch eine gute Geschichte mit einem schlechten Ende, lesenswert sein kann.
Vielleicht sind Happy Ends auch nur etwas, was wir anderen Menschen vorgaukeln, um zu verbergen, dass wir vielleicht unzufrieden sind, noch unerfüllte Träume haben.... Wer weiß.


"Wie es in Wahrheit in einem aussieht, geht eben nicht jeden etwas an.“


Das wirkliche Ende des Buches hat mir wir oben schon erwähnt, nicht ganz so gut gefallen. Ich war von Anfang an davon überzeugt, dass Ella ihr Happy End nicht bekommen wird, wenn der Titel und die ganze Story Line doch schon so offensichtlich in diese Richtung zeigten. Dass die Geschichte dann aber genau das vorgeschriebene Märchenklischee erfüllte, hat mich ein bisschen enttäuscht. Wirklich tiefgründig wäre gewesen, wenn sie das so ersehnte Happy End, das sie sich beinahe erzwungen hat, ganz knapp verpasst hätte und die Geschichte offen weitergegangen wäre. Denn Happy Ends haben immer etwas Endgültiges, Unrealistisches. "Sie lebten glücklich und zufrieden bis an ihr Lebensende" klingt wie eine Entschuldigung des Märchens für all den Schmerz und das Leid, die sich davor ereignet haben. Zu dieser Geschichte hätte eher ein "es ist zwar noch nicht gut, aber wenn es nicht gut ist, ist es nicht das Ende" gepasst. So wurde der Geschichte zwar ein gutes Ende verpasst, der Zauber verflog jedoch ein wenig.

Ich denke, dass in jedem von uns eine kleine Glitzerstaub- und Blümchenliebende Träumer Seite existiert, die nach einem Happy End verlangt, somit kann ich Ella und die Entscheidung der Autorin bis zu einem gewissen Grad durchaus nachvollziehen. Doch wie Bloxx, ein durchweg negativer Kommentator von Ellas Blog über das Leben sagt "Wir sind hier nicht bei "Wünsch dir was", wir sind hier bei "So isses", spielt das Leben oft nicht so, wie man sich das eigentlich vorgestellt hat. Doch ist es demnach falsch, Wünsche und Träume zu haben, Happy Ends zu lieben, weil sie einen glücklich machen und über die Realität hinwegtrösten? Ich würde sagen nein, auch wenn ich meinem Kopf und dem oben gesagten damit deutlich widerspreche! Und deshalb sind solche Romane für schwierige Zeiten genau das Richtige. Auch wenn sie vielleicht mit einem anderen Ende mehr Gehalt gehabt hätten - Happy Ends sind doch einfach schön, oder nicht?!!


"Neben jedem großen Wir braucht es auch immer noch ein Ich. Denn nur, wo zwei Menschen noch ein Stückchen voneinander entfernt stehen, können sie immer wieder aufeinander zugehen.“


Fazit:

"Wir sehen uns beim Happy End" ist kein bloßer Feelgood-Roman, er trägt ganz leise versteckt eine wundervolle Botschaft und berührt mit zarten Tönen. Eine Geschichte voller wunderbarer Ideen, kleinen Anspielungen und zwei vom Schicksal gezeichneter Charaktere, die einfach nur ihr Happy End suchen.

Veröffentlicht am 09.12.2017

Am Ende wird alles gut. Wenn es nicht gut ist, ist es nicht das Ende."

Wir sehen uns beim Happy End
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Allgemeines:

Titel: Wir sehen uns beim Happy End
Autor: Charlotte Lucas
Verlag: Bastei Lübbe (24. November 2017)
Genre: Roman
ISBN-10: 378572599X
ISBN-13: 978-3785725993
ASIN: B071HL86M5
Seitenzahl: ...

Allgemeines:

Titel: Wir sehen uns beim Happy End
Autor: Charlotte Lucas
Verlag: Bastei Lübbe (24. November 2017)
Genre: Roman
ISBN-10: 378572599X
ISBN-13: 978-3785725993
ASIN: B071HL86M5
Seitenzahl: 560 Seiten
Preis: 6,99€ (Kindle-Edition)
18€ (gebundene Ausgabe)



Inhalt:

"Am Ende wird alles gut. Wenn es nicht gut ist, ist es nicht das Ende." (Emilia Faust, geklaut bei Oscar Wilde)

Stell dir vor, Romeo und Julia erleben wunderbare Flitterwochen, die kleine Meerjungfrau bekommt ihren Prinzen und Hannibal Lecter wird zum kinderfreundlichen Veganer - Wie könnte die Welt aussehen, wenn jede Geschichte das Recht auf ein glückliches Ende hätte? Und was würdest du tun, wenn dir das Leben die Verantwortung für einen anderen Menschen gibt? Schenkst du ihm ein Happy End? Selbst wenn du nicht weißt, ob er das will?
Ein zauberhafter Roman über das Schicksal, unerwartete Begegnungen - und die Frage, ob erst ein Happy End das Leben lebenswert macht.


Bewertung:

Schon als ich dieses Buch in der Verlagsvorschau sah wusste ich es: diese Geschichte ist etwas ganz besonderes! Das Lesen hat mich darin nur noch bestätigt - ein zauberhafter Roman über die Suche einer jungen Frau nach dem Happy End.

Das Cover ist ganz wundervoll gestaltet, auch wenn es nicht so ganz mein Fall ist. Die türkis-blaue Hintergrundfarbe gefällt mir nicht besonders, da sie als Eye-Catcher zu schwach, aber als Hintergrund zu dominant ist und sich mit den liebevollen Verzierungen um den Titel herum um die Aufmerksamkeit des Betrachters prügelt. Die Ranken, Sterne, Sonnen, Heißluftballons, Vögel, Käfer, Meerjungfrauen und Schaukeln lassen das ganze Motiv verspielt und naiv erscheinen, was ich in Anbetracht des Inhalts wirklich wunderbar gemacht finde. Auch der bunte Handlettering-Titel passt wunderbar ins Bild und hebt sich beim darüberfahren auch fühlbar hervor. Wozu ich noch ein wenig unentschlossen stehe, sind die am Rand grell pink gefärbten Seiten, die im Kontrast zum türkis-hellblauen Einband sehr stark hervorspringen. Auch innerhalb der Buchdeckel gefällt mir die Gestaltung gut. Die einzelnen Kapitel, die genau die richtige Länge besitzen, werden manchmal von Blogbeiträgen abgewechselt, die in passendem Layout und Design mit einigen Kommentaren ihrer Leser untermauert werden. Eine interessante Idee!
Insgesamt eine sehr verträumte, exzentrische aber wunderschöne Gestaltung des Covers, welches wunderbar zur Geschichte passt, mich persönlich aber nur mäßig anspricht. Sowohl Titel und Klapptext sind aber einfach perfekt getroffen!


Erster Satz: "Wenn es eine Sache gab, die Emilia Faust, genannt "Ella", mit absoluter Sicherheit wusste, dann die, dass eine Geschichte immer nur so gut ist wie ihr Ende."


Nun ja, wenn man nach dieser Lebenseinstellung das Buch betrachtet, würde meine Beurteilung dieser Geschichte nicht ganz so gut ausfallen, denn das Ende mochte ich nicht wirklich. Da mir aber alles andere sehr gut gefallen hat, bleibe ich doch lieber bei meinen persönlichen Beurteilungskriterien und schließe mich Ella an, wenn sie sagt:


"Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne"


Diese Geschichte startet zauberhaft mit einem Blogeintrag Ellas auf ihrem Webblog "Better Endings", auf dem sie Geschichten mit schrecklichem Ausgang einfach umschreibt und ihnen ein schöneres Ende verpasst. Eine riesige Fangemeine schaut auf sie, wenn sie ihrer Liebe zu Happy Ends und guten Märchen folgt und versucht, die vielen Schlimmen Dinge in der Welt etwas zu relativieren, in dem sie wenigstens ausgedachte Geschichten verbessert. Auch in der Realität trägt sie eine rosarote Brille und plant die Traumhochzeit mit ihrem märchenhaften Verlobten Philipp, mit dem sie in ihrem gutbürgerlichen Haus im Philosophenweg lebt und in den Sonnenuntergang laufen will, bis sie beide tot umfallen.

Als sie durch Zufall erfährt, dass ihr Verlobter sie betrogen hat und eigentlich gar nicht heiraten möchte, gerät ihr persönliches Happy End jedoch ganz schön ins wanken. Hals über Kopf vor diesen
Entwicklungen fliehend überrennt sie an der Landungsbrücke einen Mann, der daraufhin verschwindet und bloß seine Schuhe, seine Jacke, einen Geldbeutel und ein großes Geheimnis hinterlässt. Sie fühlt sich verantwortlich, ihm die Dinge zurückzugeben und sucht sein Haus auf, das sich als noble, aber total vernachlässigte Villa entpuppt. Als sie ein weiteres Mal die Flucht ergreifen will, rennt sie den Mann - Oscar de Witt - ein zweites Mal über den Haufen, woraufhin er sich verletzt und im Krankenhaus landet. Als Ella feststellt, dass der komplett erledigte und traurige Mann überhaupt keine Erinnerungen mehr an seine Vergangenheit hat macht sie es sich zur Aufgabe, sein Leben neu zusammenzustellen und ihm ein Happy End anzudichten. Das dies nicht ganz so glatt gehen kann, wie sie sich das vorgestellt hat, ist absehbar und sie tritt aus Versehen eine Lawine los, die sie kaum mehr stoppen kann...


"Wie bei einer Melodie, die abrupt endet, mitten im Takt, unaufgelöst. Ein Missklang, der uns im Kopf herumspukt und fast in den Wahnsinn treibt, bis wir ihn zumindest gedanklich zu einem harmonischen Schlussakt gebracht haben.
Romeo und Julia: flitterten bei Ella in Venedig.
Titanic: In der Version von Ella retteten Jack und Rose im Alleingang das Schiff und bekamen fünf Kinder.
Casablanca: Selbstverständlich entschied sich Ilsa Lund für Rick (...)
Ellas Welt: schön und heiter.
Und vor allen Dingen: übersichtlich."


Allein für diese Romanidee müsste die Autorin von mir schon mal 5 Sterne bekommen. So etwas Kreatives und überaus Neuartiges habe ich selten gehört. Aus Spaß hatte ich auch schon mal die Idee, alternative Enden zu bekannten Geschichten auf einem Blog anzubieten, was die Autorin uns aber in ausgearbeiteter Form auf das Leben eines geschlagenen Mannes bezogen präsentiert, ist wirklich wunderbar. Ich hatte mich eigentlich auf eine schnulzige Liebesgeschichte vorbereitet, was folgt ist die tragisch-komische Geschichte einer Frau, die sich immer mehr verrennt in ihrem Willen, etwas Gutes zu tun und aus ihrem Lügenkonstrukt bald nicht mehr herauskommt. Zusammen mit ihr gehen wir auf die rätselhafte Suche nach dem Grund für Oscars Absturz und fehlender Lebenslust und finden ein wahrhaft dramatisches Geheimnis über die Familie de Witt, angesichts dessen sich sowohl Ella als auch der Leser ein wenig überfordert fühlen. Und bald wird klar, dass sich hinter Ellas Happy-End-Sucht eine ganz eigene Tragik verbirgt, ein ganz bestimmter Grund, aus dem sie so geworden ist. Während sie versucht, Oscars Leben in Ordnung zu bringen muss sie sich selbst mit der Differenz zwischen Realität und Märchen auseinandersetzen und schließlich für ihre eigene Geschichte das passende Ende suchen. Denn während des ganzen Durcheinanders, beginnen sich Oscar und Ella näher zu kommen und sie muss sich entscheiden, was sie wirklich will.


"Oscar de Witt war tatsächlich ein leeres Buch - und sie, sie war doch eine Erzählerin. Tat sie seit Jahren nicht anderes, als Geschichten zu einem besseren Ende zu führen. Sollte sie also nicht genau das für Oscar tun? Ihm und seinem Leben, das aus den Fugen geraten ist, wieder auf die Sprünge zu helfen?"


Der Schreibstil ist recht geradlinig, an manchen Stellen jedoch sehr abschweifend und verträumt. Selbstverständlich passt das wunderbar zu Ella und ihren ausführlichen Gedankengängen, die sie immer wieder aus der Realität reißen, auf die Dauer sind aber ihre ganzen Gedanken, die Analyse ihrer Gefühle und andere Abschweifungen ein bisschen zu viel, sodass gerade am Anfang, als noch nicht so viel passiert, ein wenig Spannung verloren geht. Ebenfalls kamen viele Gefühle, die geschildert werden nicht ganz bei mir an, da der Leser sowohl zu Ella als auch zu Oscar beim Lesen eine gewisse Distanz wahrt. Ich kann nicht genau fassen, weshalb mir das so vorkam, aber ich denke, dadurch dass beide immer wieder Fehler machen, braucht man ein wenig Abstand zum Geschehen und all den Emotionen, um ihr Verhalten angemessen beurteilen zu können.
Besonders gut gefallen haben mir aber die vielen kleinen Anspielungen auf verschiedenste Dinge, die sich hier in der Geschichte finden lassen. Nicht zuletzt Emilias Nachnahme "Faust", der einmal aufgegriffen wird, die verschiedenen Enden von Bestsellern und Filmen, über die sich bestimmt jeder schon mal aufgeregt hat, das „Project Semicolon“ von Amy Bleuel und eine kleine, wohldosierte Priese an Gesellschaftskritik, machen das Buch zu einer wirklich runden Angelegenheit.


"Aber so war die Welt, sie blickte auf Frauen, die „nur“ Hausfrau – und vielleicht dazu „nur“ Mutter – waren, herab, als wäre das nichts"


Ella Cinderella alias Emilia Faust ist ein sehr spezieller Charakter. Auf der einen Seite steht da die naive, realitätsferne Träumerin, die am liebsten alles mit Glitzerstaub überziehen würde, auf der anderen Seite die gut organisierte und strukturierte Haushälterin, die viel nachdenkt und alles hinterfragt. Allein mit ihren inneren Konflikten könnte man schon einen ganzen Roman füllen. Selbstverständlich kann man mit vielen ihrer Entscheidungen nicht ganz einverstanden sein und muss sich manchmal für ihre spontanen Aktionen ein wenig belächeln, doch man fühlt trotzdem mit ihr und verzeiht ihr jeden Fehltritt für ihre ehrlichen Absichten. Doch leider ist "gut gemeint" oft das Gegenteil von "gut gemacht", also heiligt der Zweck die Mittel? Darf man so sehr in das Schicksal eines anderen Menschen eingreifen und die Wahrheit verändern? Sie ist sich selbst oft nicht sicher und tut einfach das, was ihr Herz ihr sagt. So ist sie auf der einen Seite recht klischeehaft und verkörpert ein Frauenbild, das ich eigentlich nicht leiden kann, auf der anderen Seite ist sie jedoch ein tiefgründiger und authentischer Charakter, der einfach nur nach einem Happy End für seine eigene Geschichte sucht.


"Das hier, das war die echte Herausforderung, die es zu meistern galt, um ans Ziel zu gelangen. Und sie, Emilia Faust, würde den Ruf annehmen; würde sämtliche Drachen töten und Rätsel lösen und jedem Rumpelstilzchen, das sich ihr in den Weg stellen mochte, trotzig dessen Namen entgegenbrüllen. (...) Im Namen des Zweckes und der Mittel und der Heiligkeit in Ewigkeit.
Amen."


Oscar de Witt ist ebenfalls ein sehr interessanter Protagonist. Sehr authentisch spielt er die Rolle des süß-verlorenen Snobs, der auf der Suche nach seinem Gedächtnis einen Psychiater besucht, Bücher liest, sein Haus auf dem Kopf stellt und auch schon mal verzweifelt. Mit seiner eher nüchternen, intelligenten Art, steht er als Gegenpol zu Ella, weshalb sie gerade wunderbar zusammenpassen. Sein Schicksal, über das wir als Leser langsam mehr erfahren, berührt ehrlich und zeigt ihn als gebrochenen Mann, sodass die nur langsam keimende Liebe zwischen Ella und ihm besonders wichtig erscheint. Anders als in vielen Romanen dieses Genres liegt hier der Schwerpunkt wirklich auf den zwei Figuren und ihre schicksalhafte Begegnung, als auf ihrer Liebe, die sie schlussendlich verbindet. Deshalb geht auch die Entwicklung dieser Liebe total schnell von statten, sodass sie fast schon wieder unglaubwürdig wirkt und gerade das Ende wirkt ein wenig überhastet.

Doch macht ein Happy End alleine nun wirklich glücklich? Muss es immer perfekt sein, damit man glücklich und zufrieden sein kann? Auch wenn man dies vielleicht nicht erwarten würde, verneint das dieser Roman, was ihn in meinen Augen ganz besonders macht. Diese Geschichte zeigt bis zu den letzten Seiten, dass es ruhig über Umwege gehen kann, man sich auch mal richtig verlaufen muss, verzeihen, verlassen, verarbeiten, verschmerzen und verlieren sollte, bis man schließlich etwas findet, was einen glücklich macht. Ob das nun der Traumprinz auf einem Märchenschloss, eine typische Vater-Mutter-Kind-Hund-Familie in einem Reihenhaus oder einfach ein gesundes Leben im Wohnwagen ist, ist schlussendlich egal.
Es wird zwar nie explizit erwähnt, es wird jedoch deutlich, dass die Geschichte den Fokus eher auf das Leben setzt und offen lässt, ob auch eine gute Geschichte mit einem schlechten Ende, lesenswert sein kann.
Vielleicht sind Happy Ends auch nur etwas, was wir anderen Menschen vorgaukeln, um zu verbergen, dass wir vielleicht unzufrieden sind, noch unerfüllte Träume haben.... Wer weiß.


"Wie es in Wahrheit in einem aussieht, geht eben nicht jeden etwas an.“


Das wirkliche Ende des Buches hat mir wir oben schon erwähnt, nicht ganz so gut gefallen. Ich war von Anfang an davon überzeugt, dass Ella ihr Happy End nicht bekommen wird, wenn der Titel und die ganze Story Line doch schon so offensichtlich in diese Richtung zeigten. Dass die Geschichte dann aber genau das vorgeschriebene Märchenklischee erfüllte, hat mich ein bisschen enttäuscht. Wirklich tiefgründig wäre gewesen, wenn sie das so ersehnte Happy End, das sie sich beinahe erzwungen hat, ganz knapp verpasst hätte und die Geschichte offen weitergegangen wäre. Denn Happy Ends haben immer etwas Endgültiges, Unrealistisches. "Sie lebten glücklich und zufrieden bis an ihr Lebensende" klingt wie eine Entschuldigung des Märchens für all den Schmerz und das Leid, die sich davor ereignet haben. Zu dieser Geschichte hätte eher ein "es ist zwar noch nicht gut, aber wenn es nicht gut ist, ist es nicht das Ende" gepasst. So wurde der Geschichte zwar ein gutes Ende verpasst, der Zauber verflog jedoch ein wenig.

Ich denke, dass in jedem von uns eine kleine Glitzerstaub- und Blümchenliebende Träumer Seite existiert, die nach einem Happy End verlangt, somit kann ich Ella und die Entscheidung der Autorin bis zu einem gewissen Grad durchaus nachvollziehen. Doch wie Bloxx, ein durchweg negativer Kommentator von Ellas Blog über das Leben sagt "Wir sind hier nicht bei "Wünsch dir was", wir sind hier bei "So isses", spielt das Leben oft nicht so, wie man sich das eigentlich vorgestellt hat. Doch ist es demnach falsch, Wünsche und Träume zu haben, Happy Ends zu lieben, weil sie einen glücklich machen und über die Realität hinwegtrösten? Ich würde sagen nein, auch wenn ich meinem Kopf und dem oben gesagten damit deutlich widerspreche! Und deshalb sind solche Romane für schwierige Zeiten genau das Richtige. Auch wenn sie vielleicht mit einem anderen Ende mehr Gehalt gehabt hätten - Happy Ends sind doch einfach schön, oder nicht?!!


"Neben jedem großen Wir braucht es auch immer noch ein Ich. Denn nur, wo zwei Menschen noch ein Stückchen voneinander entfernt stehen, können sie immer wieder aufeinander zugehen.“


Fazit:

"Wir sehen uns beim Happy End" ist kein bloßer Feelgood-Roman, er trägt ganz leise versteckt eine wundervolle Botschaft und berührt mit zarten Tönen. Eine Geschichte voller wunderbarer Ideen, kleinen Anspielungen und zwei vom Schicksal gezeichneter Charaktere, die einfach nur ihr Happy End suchen.

Veröffentlicht am 29.11.2017

Sehr lesenswerte Geschichte

A Dragon's Love
0

Allgemeines:

Titel: A Dragon´s Love
Autor: Solvig Schneeberg
Genre: Fantasy
ISBN-10: 1512153400
ISBN-13: 978-1512153408
Preis: 9,99€ (Taschenbuch)
3,99€ (Kindle-Edition)
Weitere Bände: A Dragon´s Soul


Inhalt:

Raven ...

Allgemeines:

Titel: A Dragon´s Love
Autor: Solvig Schneeberg
Genre: Fantasy
ISBN-10: 1512153400
ISBN-13: 978-1512153408
Preis: 9,99€ (Taschenbuch)
3,99€ (Kindle-Edition)
Weitere Bände: A Dragon´s Soul


Inhalt:

Raven denkt sie ist eine normale junge Frau; gut, sie hatte nie wirklich ein Zuhause, weil sie ständig mit ihrer Tante umgezogen ist, aber hey! Als sie in ihre Geburtsstadt zurückzieht, wähnt sie sich endlich am Ende dieser Reise. Doch nach einer ziemlich ungemütlichen Party, muss sie erkennen, dass ihr Leben wohl doch nicht so ruhig verlaufen wird, wie sie es sich wünscht.
Sie muss in der Akademie mit düsteren Familiengeheimnissen klar kommen; einem unheimlichen (aber sexy) Mentor und einem besten Freund, der sie jahrelang belogen hat. Alles kein Problem, oder?


Bewertung:

Raven ist eine ganz normale junge Studentin, die in ihrer Heimatstadt studiert. Das denkt sie jedenfalls. Als sie nach einer verhängnisvollen Partynacht von einem attraktiven und mysteriösen Mann in die Akademie gebracht wird muss sie erkennen, dass nichts so ist wie es scheint. Sie erfährt von Dingen, von denen sie niemals geglaubt hätte, dass sie überhaupt existieren. Plötzlich muss sie sich mit Vampiren, Drachen, Engeln und Gestaltwandlern herumschlagen. Als wäre das nicht alles schon genug gibt es auch noch diese unbestreitbare Verbindung zwischen ihr und dem mysteriösen Elion. Und dann bleibt da ja auch noch die Frage was sie ist und woher sie eigentlich kommt...


"Wer auch immer diesen dummen Vergleich von griechischen Göttern und sterblichen Männern erfunden hatte, bei dem Exemplar vor ihr konnte sie zumindest en Sinn dahinter entdecken. Wobei sie nicht erwartet hätte, das griechische Götter so gut rochen..."



Ich fand Raven von Anfang an ziemlich cool. Sie ist sehr sympathisch, willensstark, leidenschaftlich und sie beherrscht eine Kampfsportart. Sie ist außerdem sehr klug und auch ihre sarkastische Art hat mich sehr oft zum Lachen gebracht.

Ihr bester Freund Chris ist ihr eigentlich ganz ähnlich. Er ist ein typischer Sunnyboy und immer gut drauf. Aber auch er birgt einige Geheimnisse.
Elion war mir anfangs etwas suspekt. Mit seiner abweisenden Art und seiner Geheimniskrämerei konnte er einem schon sehr auf die Nerven gehen. Allerdings taut er im Laufe des Buches immer weiter auf, sodass er immer sympathischer wird und man auch ihn richtig ins Herz schließt.


"Die Einsamkeit fraß sich geradewegs ein Loch in ihre Seele und Raven hieß den Schmerz willkommen. Den etwas anderes blieb ihr nicht..."


Beginnend kann ich erstmal sagen, dass ich das Buch in einem Nachmittag verschlungen habe. Ich würde es als eine coole Mischung aus "Chroniken der Unterwelt" und "Dark Elements" beschreiben, die zu meinen Top Favoriten gehören. Die Geschichte reißt einen von Anfang an mit. Zuerst weil man einfach nichts von Ravens Vergangenheit weiß und sich im Laufe des Buches immer mehr davon offenbart. Die vielen Stränge die dann immer mehr aufeinander zulaufen machen das Buch einfach total spannend. Auch die Gefühle der Protagonisten werden sehr gut zur Geltung gebracht. Die einzige Sache die mich etwas gestört hat ist, dass es mir an manchen Stellen viel zu schnell ging. Manchmal hätte ich mir mehr Details zu einer bestimmten Situation gewünscht. Was mir wiederum sehr gut gefallen hat, war die Liebesgeschichte zwischen Elion und Raven. Die Chemie der beiden Protagonisten hat meiner Meinung nach sehr gut gestimmt und man konnte die Beiden eigentlich nur anschmachten :)


"Alice im Wunderland hätte nicht überraschter sein können, als sie dem weißen Kaninchen gefolgt war. (...) Von außen hätte Raven nicht damit gerechnet, dass das Gebäude so groß war, geschweige denn, dass hier ein kleiner tropisch anmutender Wald lag, mit einer Flora und Fauna, die sie noch nie gesehen hatte. "Magie", raunte Elion hinter ihr..."


Der Schreibstil der Autorin ist sehr flüssig. Ich habe die Geschichte wie gesagt in einem Nachmittag gelesen, da einfach permanent Spannung da war. Auch wenn ich mir etwas mehr Details gewünscht hätte, hat mich das Buch doch sehr gut unterhalten.


Fazit:


Eine spannende Geschichte mit interessanten Charakteren, einer tollen Handlung und viel Lesespaß wobei etwas mehr Details nicht geschadet hätten. Trotzdem eine sehr lesenswerte Geschichte!

Veröffentlicht am 26.11.2017

"Einfach weiter schwimmen!"

Nur noch ein einziges Mal
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Allgemeines:

Titel: Nur noch ein einziges Mal
Autor: Colleen Hoover
Verlag: dtv (10. November 2017)
Genre: Roman
ISBN-10: 3423740302
ISBN-13: 978-3423740302
ASIN: B074P5TWCX
Vom Hersteller empfohlenes ...

Allgemeines:

Titel: Nur noch ein einziges Mal
Autor: Colleen Hoover
Verlag: dtv (10. November 2017)
Genre: Roman
ISBN-10: 3423740302
ISBN-13: 978-3423740302
ASIN: B074P5TWCX
Vom Hersteller empfohlenes Alter: Ab 16 Jahren
Seitenzahl: 416 Seiten
Preis: 14,95€ (Broschiert)
10,99€ (Kindle-Edition)
Originaltitel: It Ends With Us



Inhalt:

Eine Achterbahn der Gefühle

Als Lily Ryle kennenlernt, scheinen all ihre Träume wahr zu werden: eine neue Stadt, der erste Job und dann noch Ryle – überaus attraktiv, überaus wohlhabend und überaus erfolgreich. Vergessen scheint Lilys schwierige Kindheit. Vergessen auch Atlas, ihre erste Liebe, der gegenüber von Lily squattete – bis ihr Vater die beiden erwischte und Atlas von heute auf morgen verschwand. Und dann steht Atlas auf einmal vor ihr. Als Ryle von ihrer gemeinsamen Vorgeschichte erfährt, weckt dies seine Eifersucht …


Bewertung:

Diese Rezension möchte ich mal ausnahmsweise mit den Worten einer Autorin beginnen. Colleen Hoover schreibt im Nachwort zum Roman:

"Früher habe ich immer behauptet, ich würde Bücher schreiben, um meine Leser zu unterhalten, nicht um irgendeine Botschaft weiterzugeben oder andere von meiner Meinung zu irgendeinem Thema zu überzeugen. Bei diesem Buch war das anders."

Und das tut es, es vermittelt wirklich eine Botschaft, die gleichermaßen herzzerreißend wie wichtig ist. Wenn ihr das genaue Thema noch nicht kennt, mit dem sich das Buch auseinandersetzt, dann hört genau an dieser Stelle mit dem Lesen meiner Rezension auf und lasst die Handlung einfach auf euch zu kommen. Verliebt euch Hals über Kopf in die Charaktere und erlebt die leidenschaftliche Liebesgeschichte mit all ihrer Kraft.
Seid aber gewarnt: Diese Geschichte wird euch am Ende das Herz brechen!

Als ich mir überlegt habe, wie genau ich dieses Buch nun bewerten soll, ist mir aufgefallen, dass ich bisher keinem einzigen Colleen Hoover Buch volle 5 Sterne verteilt habe, da ich finde, dass ein 5 Sterne Buch immer noch eine richtige Botschaft vermitteln muss. Das Genre Young Adult tut sich damit immer etwas schwer, wie ich finde. Die Charaktere haben immer schrecklich berührende Probleme, die Dramatik ufert aus, doch dadurch wirkt die Handlung recht fiktional und weit weg, auch wenn man die Gefühle der Protagonisten hautnah erleben kann.
Hier ist das ganz anders. Die Geschichte hat eine schwer zu beschreibende realistische Bodenständigkeit, die mich viel mehr berühren konnte, als alle ihre vorangegangenen Bücher. In meinen Augen ist "Nur noch ein einziges Mal" ihr bisher stärkstes, intensivstes und auch ihr persönlichstes Werk und ich habe wirklich jedes ihrer Bücher gelesen!


Erster Satz: "Ich sitze auf der gemauerten Brüstung einer Dachterrasse, blicke zwölf Stockwerke tief auf Boston hinunter und denke an Selbstmord."


Doch erstmal zum Cover: Dazu ein riesiges Hoch auf die Coverdesigner, die endlich mein stummes Flehen erhört haben, aus den Erfolgen der Originaltitel zu lernen und gefälligst wenigstens die dort präsentierten Hauptmotive beizubehalten. In dies Fall wäre es der zerschlagene Orchideenzweig, der sich sowohl auf dem amerikanischen Original (rechts) als auch auf der deutschen Übersetzung (links) wiederfinden lässt. Da das Cover ansonsten schlicht weiß gehalten ist und das typische dtv-meets-Colleen-Hoover- Design aufweist, gefällt es mir sogar fast besser als das Original. Die rote Schrift ist sehr groß, wirkt fast schon aufdringlich und präsentiert den erstmal nichtssagenden Titel neben der Orchidee auf eine ganz eindringliche Art und Weise, die mir erst nach dem Lesen des Buches aufgefallen ist. Auch beim Titel teilen sich die beiden Ausgaben meine Zustimmung. Der englische Titel hat dabei ein kleines Bisschen die Nase vorn, da er schon das hoffnungsvolle Ende vorausdeutet, während der deutsche Titel den tragisch traurigen Zwiespalt porträtiert, in dem Lily steckt. Der Entscheidung, seinem Herzen vor dem Verstand den Vortritt zu lassen und zu verzeihen, wo es nichts mehr zu verzeihen gibt, eine neue Chance zu geben, wo es eigentlich schon zu spät ist und sich einzureden, dass man das "nur noch ein einziges Mal" tolerieren würde...


"Oft erscheint es einfacher, den gewohnten Weg weiterzugehen, auch wenn er dornig ist, als sich der Angst zu stellen, ins Unbekannte zu springen, ohne zu wissen, ob man auf den Füßen landen wird."


Denn um genau diesen Zwiespalt dreht sich das ganze Buch. Lily und Ryle lernen sich auf einer Dachterrasse kennen, nachdem sie beide einen schweren Tag hinter sich hatten. Trotz dass sie sich noch nie zuvor begegnet sind, fühlen sich die beiden sofort zueinander hingezogen und beschließen, sich gegenseitig zu helfen, in dem sie sich "nackte Wahrheiten" erzählen und im Glauben, dass sie sich sowieso nie mehr wiedersehen, über ihre gnadenlosen Wahrheit hinwegkommen können. Nach dieser einen wundersamen, seltsamen aber doch eindrucksvollen Begegnung sehen sie sich lange Zeit nicht wieder, müssen aber ständig aneinander denken. Die Monate vergehen und es kommt wie es kommen musste - sie treffen sich zufällig wieder und es scheint, als ob das Schicksal sie unbedingt zusammenbringen will. Obwohl sie so unterschiedlich zu seien schienen, merken sie doch das sie perfekt für den anderen zu sein scheinen und können sich nicht voneinander fernhalten.


"Vielleicht muss man sich die Liebe nicht als einen Kreis vorstellen, der sich schließt, sondern als an- und abschwellende Welle, genau wie die Menschen, denen man im Laufe eines Lebens begegnet. (...) Manchmal gerät man ganz unerwartet in eine Welle, deren Sog einen mit sich reißt. Ryle ist diese Welle für mich und jetzt gleite ich auf ihrer schimmernden Oberfläche entlang."


Doch gerade, als die beiden endlich zusammenfinden können, entdeckt Lily mehr und mehr Seiten von Ryle, die sie so nie erwartet hätte. Als dann auch noch Lilys Jugendliebe Atlas wieder in ihrem Leben auftaucht, eskaliert die Situation immer mehr, da Lily Ryle von einer Seite zu sehen bekommt, die sie nie wieder an einer Person sehen wollte. Nun steht sie selbst plötzlich vor einer Entscheidung, für die sie ihre Mutter immer verachtet hat und muss für sich selbst herausfinden, wie weit sie für das Gelübde "in guten wie in schlechten Zeiten" gehen will. So wird die Erfüllung ihres größten Traumes bald zu einem Albtraum...


"Menschen tun manchmal Dinge, die schlimm sind. Aber was den Charakter eines Menschen ausmacht, sind nicht die Fehler, die er begeht, sondern wie er sich anschließend verhält. Ob er daraus lernt, statt sich herauszureden. (...) "Lily." Er streicht mit seinem Daumen über meinen. "Ich liebe dich." Ich fühle seien Worte mit jeder Zelle meines Körpers. Und als ich "Ich liebe dich auch" flüstere, ist das die nackteste Wahrheit, die ich jemals ausgesprochen habe."


Alles was über den offiziellen Klapptext und meine schon recht eindeutige Zusammenfassung herausgeht ist ein schrecklicher Spoiler. Wer also bis jetzt immer noch ahnungslos weiterliest. Aufhören!
Es geht um Häusliche Gewalt. Ganz direkt, ungeschönt und in all der nötigen Kontroverse ist hier eine Geschichte gezeichnet, die auf der einen Seite schön und voller Liebe war, auf der anderen aber viel Hass und Gewalt verbarg. Gleich im Vorwort der Autorin wird klar, dass auch sie schon Kontakt mit diesem Thema hatte, was auch erklärt, wie die Autorin es so treffend schafft, dass man als Leser Verständnis für all ihre Protagonisten entwickelt. Als Außenstehender kann man leicht urteilen und nicht nachvollziehen, warum 85% aller Frauen ihre prügelnden Männer nicht auf der Stelle verlassen, genauso wenig wie man verstehen kann, wie man als Mann seine Frau gleichzeitig so lieben und hassen kann. Diese Geschichte will nicht Paradebespiel für dieses Thema sein, sie will einfach nur Verständnis dafür schaffen, wie schwierig es ist, jemandem nicht zu verzeihen, den man liebt und dazu aufzurufen, seine eigenen Grenzen abzustecken und nicht verschieben zu lassen!


"Du hattest so Recht."
"Womit?"
Er küsst mich noch mal. "Du hast mich gewarnt, dass ich dich nicht mehr vergessen würde, wenn ich dich einmal gehabt hätte, weil du wie eine Droge wärst. Aber du hast mir nicht gesagt, dass du die stärkste Droge bist, die es gibt. Eine, nach der man sofort süchtig wird."



Ein wichtiger Teil, der zum gelingen dieser Botschaft beigetragen hat, sind die Charaktere. Colleen Hoover versteht es wie keine andere Autorin, Gefühle darzustellen, sie auf authentische Charaktere zu übertragen und uns damit zu berühren. Ihre Hauptprotagonistin Lily Bloom wird deshalb der Leidenskumpane des Lesers, der sich genau wie sie durch all diese verwirrenden und gegensätzlichen Gefühle hindurchkämpfen muss. Man lernt die junge Lily als starke, selbstbewusste Frau kennen, die für sich und für andere einsteht und sich ihren Traum verwirklicht, als sie einen eigenen Blumenladen in Boston aufmacht. Von ihrer schweren Kindheit mit ihrem prügelnden Vater geprägt, ist sie sich sicher, niemals wie ihre schwache Mutter bei einem gewalttätigen Mann bleiben zu würden. Als sie aber selbst in eine ähnliche Situation kommt und Ryle in einem ersten Streit die Hand ausrutscht, gerät alles, was sie über sich selbst und ihre Vergangenheit gedacht hat, ins Wanken.
Und sie bemerkt, dass sich die unbändige Liebe zu einem Mann, der einen auf Händen trägt, auch wenn ihm Affekt mal die Hand ausrutscht, nicht so leicht abstellen lässt. Nun steht sie vor derselben Entscheidung wie ihre Mutter. Soll sie ihn verlassen, oder ihm noch weitere Chancen geben?


"Womöglich kann man sich nie ganz von einem Menschen lösen, den man einmal wirklich geliebt hat."


Als wir Ryle zum ersten Mal kennenlernten, wirkte er auf mich irgendwie seltsam arrogant und war mir mit seiner direkten Art irgendwie suspekt. Während wir ihn zusammen mit Lily näher kennenlernen, wird ein Bild von ihm gezeichnet, das fast schon zu perfekt ist um wahr sein zu können: gutaussehend, Neurochirurg, ehrgeizig, wohlhabend, eine nette Familie, charmant, reich, einfühlsam,... In ihm steckt so viel Liebenswertes und Gutes, aber leider auch einiges, was man nicht tolerieren kann: Jähzorn, Gewalttätigkeit, Eifersucht. Als er das Gefühl hat, Lily betrüge ihn mit ihrer Jugendliebe Atlas, kommen diese Eigenschaften hervor und Lily muss entscheiden, ob ihr die schlechten oder die guten Eigenschaften wichtiger sind.


"Ich gehe auf ihn zu, greife nach seinen Händen und sage ihm nichts als die nackte Wahrheit. "Weißt du noch, was du damals auf der Dachterrasse zu mir gesagt hast. Du hast gesagt: So etwas wie schlechte Menschen gibt es nicht. Wir sind alle bloß Menschen, die manchmal schlechte Dinge tun." Er nickt und drückt meine Hände. "Du bist kein schlechter Mensch, Ryle."


Dieser Konflikt bleibt nicht nur der innere Zwiespalt der Charaktere - man spürt als Leser all die Liebe, die die beiden füreinander empfinden trotz der Vorkommnisse, den Schmerz, den sie sich gegenseitig zufügen, ohne es zu wollen. All das wird durch den wunderbaren Schreibstil wirklich super rübergebracht. Und vor allem die Zerrissenheit Lilys, die sie spürt während sie Ryles Verhalten auf der einen Seite verurteilt, es aber vor sich selbst zu rechtfertigen versucht. Ich habe mich selbst ständig dabei erwischt, wie ich Lilys Verhaltensweise nachahmte und dachte "ach ja, der arme Kerl hatte eine schwierige Vergangenheit und konnte sich einmal nicht beherrschen, ist ja nicht so schlimm, es tut ihm ja leid und er hat versprochen, es nie wieder zu tun...". Man bekommt auch Ryles Schmerz gut präsentiert, seine Reue und sein Selbsthass. Er möchte nicht das Ungeheuer sein, er möchte Lily vor den Ungeheuern beschützen. Das merkt man ihm eindeutig an, aber ist das genug?
Lilys Zerrissenheit wurde zu meiner Zerrissenheit, ihre inneren Konflikte wurden zu meinen. Ich habe ihre Liebe gespürt, ihren Hass und alles dazwischen, bis mir irgendwann gekommen ist: "nein, das ist absolut nicht genug. Es ist nicht in Ordnung, dass er manchmal Ausrutscher hat. Das ist häusliche Gewalt und sie hat das Recht und sogar die Pflicht sich zu wehren". Durch den ganzen Schmerz, der sich direkt in mein Herz gebohrt hat, kann man als Leser an dem Erkenntnisgewinn Lilys teilhaben und die Botschaft hinter der Geschichte gut verstehen.


"Es fühlt sich an, als wäre Ryle gestorben. Ich kann die Traurigkeit in mir mit Worten gar nicht beschreiben, so unermesslich groß ist sie. Es ist, als wäre ich eine einzige offene Wunde. Ich habe meinen engsten Freund verloren, meinen Geliebten, den Mann, mit dem ich mein Leben verbringen wollte, meinen Anker. Aber es gibt einen Unterschied. Da ist noch ein anderes Gefühl in mir, das normalerweise nicht zur Trauer gehört.
Hass!"



Es gab viele Stellen, an denen ich nicht wollte, dass das, was da gerade geschah, wirklich passierte, an denen ich mit einer Heftigkeit, die ich selten beim Lesen erlebt habe, wollte, dass Colleen Hoover die Geschichte anders gestaltet. Dass die Charaktere nicht so handeln, wie sie gehandelt haben. Das sich das Leben zweier Menschen nicht durch die Tat eines Momentes so drastisch - und auch unwiderruflich - ändert. Ich habe „Nur noch ein einziges Mal“ geliebt, weil ich es gleichzeitig gehasst habe. Und genau das macht diese unglaublich gute Konstruktion, wirklich aus!

Nach langem Nachdenken hab ich dann doch noch einen Kritikpunkt gefunden, über den ich mich noch kurz beschweren möchte: der zweite Handlungsstrang um Lilys Jugendliebe Atlas Corrigan, der gerade zu Beginn des Buches sehr ausführlich beleuchtet wurde, geht im letzten Drittel sehr unter und verläuft vor dem Epilog fast im Nichts. Durch Tagebucheinträge der 15jährigen Lily in Form von Briefen an die US-amerikanische Schauspielerin, Moderatorin, Komikerin, Autorin aber vor allem Showmasterin Ellen DeGeneres erfahren wir neben dem eigentlichen Plot rund um Lily und Ryle, auch über Lilys Vergangenheit mit Atlas eine ganze Menge. Diese steten Einschübe aus der Vergangenheit werden so auf sehr interessante Art und Weise präsentiert, sodass der Handlung ein zusätzlicher roter Faden verliehen wird, der dem Leser hilft, sich zu orientieren, wenn die eigentliche Handlung Zeitsprünge von mehreren Monaten vollführt.


"Manchmal muss man das, was einem am meisten am Herzen liegt, am weitesten wegschieben, weil es gleichzeitig das ist, was einem am meisten wehtut."


Als sie Atlas, den sie seit einem traumatischen Erlebnis in der Vergangenheit nicht mehr gesehen hat, plötzlich in einem Restaurant in Boston wiedersieht, beginnt sie, ihre alten Tagebücher noch einmal durchzulesen, sodass wir als Leser Atlas schon kennen, als er erneut in ihr Leben tritt. Dem Handlungsstrang rund um diese verbotene Liebe aus ihrer Jugend, haftet eine gewisse Tragik und Melancholie an, weshalb er mir sehr gut gefallen hat. Als Jugendlicher wohnte Atlas in einem verlassenen Haus neben Lily, nachdem er von seinen Eltern herausgeworfen wurde. Lily hilft ihm, über die Runden zu kommen und rettet ihn somit nicht nur rein physisch sondern vor allem psychisch vor dem Abgrund. Zusammen sehen sie sich die Shows von Ellen DeGeneres an und lieben den Film "Findet Nemo". Dories Aufmunterung an Marlin "Einfach schwimmen", also einfach weiterzumachen, um allem Schlechten zu entgehen, wird ihr Insider. Als sie sich schließlich wieder begegnen, ist es Lily, die seine Hilfe braucht und er hilft ihr dabei, "einfach weiter zu schwimmen". Das fand ich in der Gesamtheit ein einfach wunderbarer Handlungsstrang, sodass ich von Anfang an für Atlas war, der viel sanftmütiger, zäher und vor allem einfühlsamer ist, als Kyle. Er würde Lily niemals wehtun und sie vor allen Übeln der Welt beschützen. Dass er zeitweise zu wenig Raum geboten bekommt, ist verständlich, da die Autorin mit ihrer Haupthandlung schon einen ganz schönen Brocken fabriziert hat, vor allem am Ende hätte ich mir aber dann doch eine etwas schleichender Entwicklung gewünscht.

"Ja, ich weine. Aber bald werde ich mich besser fühlen. So ist das nun mal mit Menschen und ihren Gefühlen. Eine alte, schlecht vernarbte Wunde muss aufgerissen werden, damit sie richtig verheilen kann."


Ansonsten bleibt die Geschichte bis zum Ende spannend, da man schlecht einschätzen kann, wie Lily sich entscheiden wird. Einige schicksalhaften Umstände, die außerdem auf sie zukommen (die die das Buch gelesen haben, wissen welche Umstände ich meine und können bestimmt nachvollziehen, dass ich durch diese wunderschönen Schilderungen etwas abgelenkt war... ) zeihen das Ende nochmal dramatisch in die Länge, bis der Prolog endlich das Happy End bringt und uns von unseren grausamen Seelenqualen erlöst. Als ich das Buch aus der Hand legte, war ich emotional komplett am Ende! Trotzdem würde ich mir das jederzeit wieder antun - eine einmalige Achterbahn der Emotionen!

Um die Botschaft, von der ich die ganze Zeit geredet habe, noch einmal klar blau auf weiß abgedruckt zu haben, hier noch das Ende von Lilys letztem Brief an Ellen DeGeneres, welches gleichzeitig mein Lieblingszitat darstellt:

"Ich denke an die Menschen, die vor mir in dieser Situation waren. An die, die nach mir in diese Situation kommen werden. Wiederholen wir alle, nachdem wir durch die Hand des geliebten Menschen Gewalt erfahren mussten, die immer gleichen Worte in unserem Kopf? "In guten wie in schlechten Zeiten, in Reichtum und in Armut, in Gesundheit wie in Krankheit , bis dass der Tod uns scheidet"?
Vielleicht ist es an der Zeit, uns klarzumachen, dass man dieses Gelübde nicht wörtlich nehmen muss. In guten wie in schlechten Zeiten.
Scheiß drauf, verdammt.
Deine Lily."



Fazit:


Meine nackte Wahrheit: Ich liebe (liebe liebe) dieses Buch und hasse (hasse hasse) es zugleich! Wirklich unglaublich!

Veröffentlicht am 26.11.2017

"Einfach weiter schwimmen!"

Nur noch ein einziges Mal
3

Allgemeines:

Titel: Nur noch ein einziges Mal
Autor: Colleen Hoover
Verlag: dtv (10. November 2017)
Genre: Roman
ISBN-10: 3423740302
ISBN-13: 978-3423740302
ASIN: B074P5TWCX
Vom Hersteller empfohlenes ...

Allgemeines:

Titel: Nur noch ein einziges Mal
Autor: Colleen Hoover
Verlag: dtv (10. November 2017)
Genre: Roman
ISBN-10: 3423740302
ISBN-13: 978-3423740302
ASIN: B074P5TWCX
Vom Hersteller empfohlenes Alter: Ab 16 Jahren
Seitenzahl: 416 Seiten
Preis: 14,95€ (Broschiert)
10,99€ (Kindle-Edition)
Originaltitel: It Ends With Us



Inhalt:

Eine Achterbahn der Gefühle

Als Lily Ryle kennenlernt, scheinen all ihre Träume wahr zu werden: eine neue Stadt, der erste Job und dann noch Ryle – überaus attraktiv, überaus wohlhabend und überaus erfolgreich. Vergessen scheint Lilys schwierige Kindheit. Vergessen auch Atlas, ihre erste Liebe, der gegenüber von Lily squattete – bis ihr Vater die beiden erwischte und Atlas von heute auf morgen verschwand. Und dann steht Atlas auf einmal vor ihr. Als Ryle von ihrer gemeinsamen Vorgeschichte erfährt, weckt dies seine Eifersucht …


Bewertung:

Diese Rezension möchte ich mal ausnahmsweise mit den Worten einer Autorin beginnen. Colleen Hoover schreibt im Nachwort zum Roman:

"Früher habe ich immer behauptet, ich würde Bücher schreiben, um meine Leser zu unterhalten, nicht um irgendeine Botschaft weiterzugeben oder andere von meiner Meinung zu irgendeinem Thema zu überzeugen. Bei diesem Buch war das anders."

Und das tut es, es vermittelt wirklich eine Botschaft, die gleichermaßen herzzerreißend wie wichtig ist. Wenn ihr das genaue Thema noch nicht kennt, mit dem sich das Buch auseinandersetzt, dann hört genau an dieser Stelle mit dem Lesen meiner Rezension auf und lasst die Handlung einfach auf euch zu kommen. Verliebt euch Hals über Kopf in die Charaktere und erlebt die leidenschaftliche Liebesgeschichte mit all ihrer Kraft.
Seid aber gewarnt: Diese Geschichte wird euch am Ende das Herz brechen!

Als ich mir überlegt habe, wie genau ich dieses Buch nun bewerten soll, ist mir aufgefallen, dass ich bisher keinem einzigen Colleen Hoover Buch volle 5 Sterne verteilt habe, da ich finde, dass ein 5 Sterne Buch immer noch eine richtige Botschaft vermitteln muss. Das Genre Young Adult tut sich damit immer etwas schwer, wie ich finde. Die Charaktere haben immer schrecklich berührende Probleme, die Dramatik ufert aus, doch dadurch wirkt die Handlung recht fiktional und weit weg, auch wenn man die Gefühle der Protagonisten hautnah erleben kann.
Hier ist das ganz anders. Die Geschichte hat eine schwer zu beschreibende realistische Bodenständigkeit, die mich viel mehr berühren konnte, als alle ihre vorangegangenen Bücher. In meinen Augen ist "Nur noch ein einziges Mal" ihr bisher stärkstes, intensivstes und auch ihr persönlichstes Werk und ich habe wirklich jedes ihrer Bücher gelesen!


Erster Satz: "Ich sitze auf der gemauerten Brüstung einer Dachterrasse, blicke zwölf Stockwerke tief auf Boston hinunter und denke an Selbstmord."


Doch erstmal zum Cover: Dazu ein riesiges Hoch auf die Coverdesigner, die endlich mein stummes Flehen erhört haben, aus den Erfolgen der Originaltitel zu lernen und gefälligst wenigstens die dort präsentierten Hauptmotive beizubehalten. In dies Fall wäre es der zerschlagene Orchideenzweig, der sich sowohl auf dem amerikanischen Original (rechts) als auch auf der deutschen Übersetzung (links) wiederfinden lässt. Da das Cover ansonsten schlicht weiß gehalten ist und das typische dtv-meets-Colleen-Hoover- Design aufweist, gefällt es mir sogar fast besser als das Original. Die rote Schrift ist sehr groß, wirkt fast schon aufdringlich und präsentiert den erstmal nichtssagenden Titel neben der Orchidee auf eine ganz eindringliche Art und Weise, die mir erst nach dem Lesen des Buches aufgefallen ist. Auch beim Titel teilen sich die beiden Ausgaben meine Zustimmung. Der englische Titel hat dabei ein kleines Bisschen die Nase vorn, da er schon das hoffnungsvolle Ende vorausdeutet, während der deutsche Titel den tragisch traurigen Zwiespalt porträtiert, in dem Lily steckt. Der Entscheidung, seinem Herzen vor dem Verstand den Vortritt zu lassen und zu verzeihen, wo es nichts mehr zu verzeihen gibt, eine neue Chance zu geben, wo es eigentlich schon zu spät ist und sich einzureden, dass man das "nur noch ein einziges Mal" tolerieren würde...


"Oft erscheint es einfacher, den gewohnten Weg weiterzugehen, auch wenn er dornig ist, als sich der Angst zu stellen, ins Unbekannte zu springen, ohne zu wissen, ob man auf den Füßen landen wird."


Denn um genau diesen Zwiespalt dreht sich das ganze Buch. Lily und Ryle lernen sich auf einer Dachterrasse kennen, nachdem sie beide einen schweren Tag hinter sich hatten. Trotz dass sie sich noch nie zuvor begegnet sind, fühlen sich die beiden sofort zueinander hingezogen und beschließen, sich gegenseitig zu helfen, in dem sie sich "nackte Wahrheiten" erzählen und im Glauben, dass sie sich sowieso nie mehr wiedersehen, über ihre gnadenlosen Wahrheit hinwegkommen können. Nach dieser einen wundersamen, seltsamen aber doch eindrucksvollen Begegnung sehen sie sich lange Zeit nicht wieder, müssen aber ständig aneinander denken. Die Monate vergehen und es kommt wie es kommen musste - sie treffen sich zufällig wieder und es scheint, als ob das Schicksal sie unbedingt zusammenbringen will. Obwohl sie so unterschiedlich zu seien schienen, merken sie doch das sie perfekt für den anderen zu sein scheinen und können sich nicht voneinander fernhalten.


"Vielleicht muss man sich die Liebe nicht als einen Kreis vorstellen, der sich schließt, sondern als an- und abschwellende Welle, genau wie die Menschen, denen man im Laufe eines Lebens begegnet. (...) Manchmal gerät man ganz unerwartet in eine Welle, deren Sog einen mit sich reißt. Ryle ist diese Welle für mich und jetzt gleite ich auf ihrer schimmernden Oberfläche entlang."


Doch gerade, als die beiden endlich zusammenfinden können, entdeckt Lily mehr und mehr Seiten von Ryle, die sie so nie erwartet hätte. Als dann auch noch Lilys Jugendliebe Atlas wieder in ihrem Leben auftaucht, eskaliert die Situation immer mehr, da Lily Ryle von einer Seite zu sehen bekommt, die sie nie wieder an einer Person sehen wollte. Nun steht sie selbst plötzlich vor einer Entscheidung, für die sie ihre Mutter immer verachtet hat und muss für sich selbst herausfinden, wie weit sie für das Gelübde "in guten wie in schlechten Zeiten" gehen will. So wird die Erfüllung ihres größten Traumes bald zu einem Albtraum...


"Menschen tun manchmal Dinge, die schlimm sind. Aber was den Charakter eines Menschen ausmacht, sind nicht die Fehler, die er begeht, sondern wie er sich anschließend verhält. Ob er daraus lernt, statt sich herauszureden. (...) "Lily." Er streicht mit seinem Daumen über meinen. "Ich liebe dich." Ich fühle seien Worte mit jeder Zelle meines Körpers. Und als ich "Ich liebe dich auch" flüstere, ist das die nackteste Wahrheit, die ich jemals ausgesprochen habe."


Alles was über den offiziellen Klapptext und meine schon recht eindeutige Zusammenfassung herausgeht ist ein schrecklicher Spoiler. Wer also bis jetzt immer noch ahnungslos weiterliest. Aufhören!
Es geht um Häusliche Gewalt. Ganz direkt, ungeschönt und in all der nötigen Kontroverse ist hier eine Geschichte gezeichnet, die auf der einen Seite schön und voller Liebe war, auf der anderen aber viel Hass und Gewalt verbarg. Gleich im Vorwort der Autorin wird klar, dass auch sie schon Kontakt mit diesem Thema hatte, was auch erklärt, wie die Autorin es so treffend schafft, dass man als Leser Verständnis für all ihre Protagonisten entwickelt. Als Außenstehender kann man leicht urteilen und nicht nachvollziehen, warum 85% aller Frauen ihre prügelnden Männer nicht auf der Stelle verlassen, genauso wenig wie man verstehen kann, wie man als Mann seine Frau gleichzeitig so lieben und hassen kann. Diese Geschichte will nicht Paradebespiel für dieses Thema sein, sie will einfach nur Verständnis dafür schaffen, wie schwierig es ist, jemandem nicht zu verzeihen, den man liebt und dazu aufzurufen, seine eigenen Grenzen abzustecken und nicht verschieben zu lassen!


"Du hattest so Recht."
"Womit?"
Er küsst mich noch mal. "Du hast mich gewarnt, dass ich dich nicht mehr vergessen würde, wenn ich dich einmal gehabt hätte, weil du wie eine Droge wärst. Aber du hast mir nicht gesagt, dass du die stärkste Droge bist, die es gibt. Eine, nach der man sofort süchtig wird."



Ein wichtiger Teil, der zum gelingen dieser Botschaft beigetragen hat, sind die Charaktere. Colleen Hoover versteht es wie keine andere Autorin, Gefühle darzustellen, sie auf authentische Charaktere zu übertragen und uns damit zu berühren. Ihre Hauptprotagonistin Lily Bloom wird deshalb der Leidenskumpane des Lesers, der sich genau wie sie durch all diese verwirrenden und gegensätzlichen Gefühle hindurchkämpfen muss. Man lernt die junge Lily als starke, selbstbewusste Frau kennen, die für sich und für andere einsteht und sich ihren Traum verwirklicht, als sie einen eigenen Blumenladen in Boston aufmacht. Von ihrer schweren Kindheit mit ihrem prügelnden Vater geprägt, ist sie sich sicher, niemals wie ihre schwache Mutter bei einem gewalttätigen Mann bleiben zu würden. Als sie aber selbst in eine ähnliche Situation kommt und Ryle in einem ersten Streit die Hand ausrutscht, gerät alles, was sie über sich selbst und ihre Vergangenheit gedacht hat, ins Wanken.
Und sie bemerkt, dass sich die unbändige Liebe zu einem Mann, der einen auf Händen trägt, auch wenn ihm Affekt mal die Hand ausrutscht, nicht so leicht abstellen lässt. Nun steht sie vor derselben Entscheidung wie ihre Mutter. Soll sie ihn verlassen, oder ihm noch weitere Chancen geben?


"Womöglich kann man sich nie ganz von einem Menschen lösen, den man einmal wirklich geliebt hat."


Als wir Ryle zum ersten Mal kennenlernten, wirkte er auf mich irgendwie seltsam arrogant und war mir mit seiner direkten Art irgendwie suspekt. Während wir ihn zusammen mit Lily näher kennenlernen, wird ein Bild von ihm gezeichnet, das fast schon zu perfekt ist um wahr sein zu können: gutaussehend, Neurochirurg, ehrgeizig, wohlhabend, eine nette Familie, charmant, reich, einfühlsam,... In ihm steckt so viel Liebenswertes und Gutes, aber leider auch einiges, was man nicht tolerieren kann: Jähzorn, Gewalttätigkeit, Eifersucht. Als er das Gefühl hat, Lily betrüge ihn mit ihrer Jugendliebe Atlas, kommen diese Eigenschaften hervor und Lily muss entscheiden, ob ihr die schlechten oder die guten Eigenschaften wichtiger sind.


"Ich gehe auf ihn zu, greife nach seinen Händen und sage ihm nichts als die nackte Wahrheit. "Weißt du noch, was du damals auf der Dachterrasse zu mir gesagt hast. Du hast gesagt: So etwas wie schlechte Menschen gibt es nicht. Wir sind alle bloß Menschen, die manchmal schlechte Dinge tun." Er nickt und drückt meine Hände. "Du bist kein schlechter Mensch, Ryle."


Dieser Konflikt bleibt nicht nur der innere Zwiespalt der Charaktere - man spürt als Leser all die Liebe, die die beiden füreinander empfinden trotz der Vorkommnisse, den Schmerz, den sie sich gegenseitig zufügen, ohne es zu wollen. All das wird durch den wunderbaren Schreibstil wirklich super rübergebracht. Und vor allem die Zerrissenheit Lilys, die sie spürt während sie Ryles Verhalten auf der einen Seite verurteilt, es aber vor sich selbst zu rechtfertigen versucht. Ich habe mich selbst ständig dabei erwischt, wie ich Lilys Verhaltensweise nachahmte und dachte "ach ja, der arme Kerl hatte eine schwierige Vergangenheit und konnte sich einmal nicht beherrschen, ist ja nicht so schlimm, es tut ihm ja leid und er hat versprochen, es nie wieder zu tun...". Man bekommt auch Ryles Schmerz gut präsentiert, seine Reue und sein Selbsthass. Er möchte nicht das Ungeheuer sein, er möchte Lily vor den Ungeheuern beschützen. Das merkt man ihm eindeutig an, aber ist das genug?
Lilys Zerrissenheit wurde zu meiner Zerrissenheit, ihre inneren Konflikte wurden zu meinen. Ich habe ihre Liebe gespürt, ihren Hass und alles dazwischen, bis mir irgendwann gekommen ist: "nein, das ist absolut nicht genug. Es ist nicht in Ordnung, dass er manchmal Ausrutscher hat. Das ist häusliche Gewalt und sie hat das Recht und sogar die Pflicht sich zu wehren". Durch den ganzen Schmerz, der sich direkt in mein Herz gebohrt hat, kann man als Leser an dem Erkenntnisgewinn Lilys teilhaben und die Botschaft hinter der Geschichte gut verstehen.


"Es fühlt sich an, als wäre Ryle gestorben. Ich kann die Traurigkeit in mir mit Worten gar nicht beschreiben, so unermesslich groß ist sie. Es ist, als wäre ich eine einzige offene Wunde. Ich habe meinen engsten Freund verloren, meinen Geliebten, den Mann, mit dem ich mein Leben verbringen wollte, meinen Anker. Aber es gibt einen Unterschied. Da ist noch ein anderes Gefühl in mir, das normalerweise nicht zur Trauer gehört.
Hass!"



Es gab viele Stellen, an denen ich nicht wollte, dass das, was da gerade geschah, wirklich passierte, an denen ich mit einer Heftigkeit, die ich selten beim Lesen erlebt habe, wollte, dass Colleen Hoover die Geschichte anders gestaltet. Dass die Charaktere nicht so handeln, wie sie gehandelt haben. Das sich das Leben zweier Menschen nicht durch die Tat eines Momentes so drastisch - und auch unwiderruflich - ändert. Ich habe „Nur noch ein einziges Mal“ geliebt, weil ich es gleichzeitig gehasst habe. Und genau das macht diese unglaublich gute Konstruktion, wirklich aus!

Nach langem Nachdenken hab ich dann doch noch einen Kritikpunkt gefunden, über den ich mich noch kurz beschweren möchte: der zweite Handlungsstrang um Lilys Jugendliebe Atlas Corrigan, der gerade zu Beginn des Buches sehr ausführlich beleuchtet wurde, geht im letzten Drittel sehr unter und verläuft vor dem Epilog fast im Nichts. Durch Tagebucheinträge der 15jährigen Lily in Form von Briefen an die US-amerikanische Schauspielerin, Moderatorin, Komikerin, Autorin aber vor allem Showmasterin Ellen DeGeneres erfahren wir neben dem eigentlichen Plot rund um Lily und Ryle, auch über Lilys Vergangenheit mit Atlas eine ganze Menge. Diese steten Einschübe aus der Vergangenheit werden so auf sehr interessante Art und Weise präsentiert, sodass der Handlung ein zusätzlicher roter Faden verliehen wird, der dem Leser hilft, sich zu orientieren, wenn die eigentliche Handlung Zeitsprünge von mehreren Monaten vollführt.


"Manchmal muss man das, was einem am meisten am Herzen liegt, am weitesten wegschieben, weil es gleichzeitig das ist, was einem am meisten wehtut."


Als sie Atlas, den sie seit einem traumatischen Erlebnis in der Vergangenheit nicht mehr gesehen hat, plötzlich in einem Restaurant in Boston wiedersieht, beginnt sie, ihre alten Tagebücher noch einmal durchzulesen, sodass wir als Leser Atlas schon kennen, als er erneut in ihr Leben tritt. Dem Handlungsstrang rund um diese verbotene Liebe aus ihrer Jugend, haftet eine gewisse Tragik und Melancholie an, weshalb er mir sehr gut gefallen hat. Als Jugendlicher wohnte Atlas in einem verlassenen Haus neben Lily, nachdem er von seinen Eltern herausgeworfen wurde. Lily hilft ihm, über die Runden zu kommen und rettet ihn somit nicht nur rein physisch sondern vor allem psychisch vor dem Abgrund. Zusammen sehen sie sich die Shows von Ellen DeGeneres an und lieben den Film "Findet Nemo". Dories Aufmunterung an Marlin "Einfach schwimmen", also einfach weiterzumachen, um allem Schlechten zu entgehen, wird ihr Insider. Als sie sich schließlich wieder begegnen, ist es Lily, die seine Hilfe braucht und er hilft ihr dabei, "einfach weiter zu schwimmen". Das fand ich in der Gesamtheit ein einfach wunderbarer Handlungsstrang, sodass ich von Anfang an für Atlas war, der viel sanftmütiger, zäher und vor allem einfühlsamer ist, als Kyle. Er würde Lily niemals wehtun und sie vor allen Übeln der Welt beschützen. Dass er zeitweise zu wenig Raum geboten bekommt, ist verständlich, da die Autorin mit ihrer Haupthandlung schon einen ganz schönen Brocken fabriziert hat, vor allem am Ende hätte ich mir aber dann doch eine etwas schleichender Entwicklung gewünscht.

"Ja, ich weine. Aber bald werde ich mich besser fühlen. So ist das nun mal mit Menschen und ihren Gefühlen. Eine alte, schlecht vernarbte Wunde muss aufgerissen werden, damit sie richtig verheilen kann."


Ansonsten bleibt die Geschichte bis zum Ende spannend, da man schlecht einschätzen kann, wie Lily sich entscheiden wird. Einige schicksalhaften Umstände, die außerdem auf sie zukommen (die die das Buch gelesen haben, wissen welche Umstände ich meine und können bestimmt nachvollziehen, dass ich durch diese wunderschönen Schilderungen etwas abgelenkt war... ) zeihen das Ende nochmal dramatisch in die Länge, bis der Prolog endlich das Happy End bringt und uns von unseren grausamen Seelenqualen erlöst. Als ich das Buch aus der Hand legte, war ich emotional komplett am Ende! Trotzdem würde ich mir das jederzeit wieder antun - eine einmalige Achterbahn der Emotionen!

Um die Botschaft, von der ich die ganze Zeit geredet habe, noch einmal klar blau auf weiß abgedruckt zu haben, hier noch das Ende von Lilys letztem Brief an Ellen DeGeneres, welches gleichzeitig mein Lieblingszitat darstellt:

"Ich denke an die Menschen, die vor mir in dieser Situation waren. An die, die nach mir in diese Situation kommen werden. Wiederholen wir alle, nachdem wir durch die Hand des geliebten Menschen Gewalt erfahren mussten, die immer gleichen Worte in unserem Kopf? "In guten wie in schlechten Zeiten, in Reichtum und in Armut, in Gesundheit wie in Krankheit , bis dass der Tod uns scheidet"?
Vielleicht ist es an der Zeit, uns klarzumachen, dass man dieses Gelübde nicht wörtlich nehmen muss. In guten wie in schlechten Zeiten.
Scheiß drauf, verdammt.
Deine Lily."



Fazit:


Meine nackte Wahrheit: Ich liebe (liebe liebe) dieses Buch und hasse (hasse hasse) es zugleich! Wirklich unglaublich!