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Veröffentlicht am 16.06.2021

Das Gnadenjahr der Gesellschaft - Unterdrückung, Erniedrigung, Ermordung

The Grace Year
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Inhaltserzählung und Leseprobe:
Niemand spricht über das Gnadenjahr.
Es ist verboten.
Angeblich besitzen wir die Macht, Männer aus ihren Betten zu locken, Jungen in den Wahnsinn zu treiben und Ehefrauen ...

Inhaltserzählung und Leseprobe:
Niemand spricht über das Gnadenjahr.
Es ist verboten.
Angeblich besitzen wir die Macht, Männer aus ihren Betten zu locken, Jungen in den Wahnsinn zu treiben und Ehefrauen vor Eifersucht zum Rasen zu bringen. Sie glauben, unsere Haut verströme ein starkes Aphrodisiakum: das wirksame Elixier der Jugend eines Mädchen im Übergang zur Frau. Deshalb werden wir während unseres sechzehnten Lebensjahres verbannt. Wir sollen unsere magischen Kräfte in die Wildnis entlassen, bevor man uns erlaubt, in die Zivilisation zurückzukehren.
Die Wahrheit über das Gnadenjahr, über das, was in diesen dunklen zwölf Monaten geschieht, verbirgt sich in den vielen Teilchen der Staubfäden, die um sie herumweben, wenn sie sich unbeobachtet glauben.
Aber mir entgeht nichts.
Früher glaubte ich, das sei meine Magie - Dinge sehen zu können, die andere nicht sahen. Dinge, die sie gar nicht wahrhaben wollten. Aber man muss nur die Augen aufmachen.
Meine Augen sind weit offen.

(Seite 9 und 19)


In diesem Jahr gibt es zwölf heiratsfähige Jungen in Garner County - Jungen, die in eine Familie von Stand und Ansehen geboren wurden. Und es gibt dreiunddreißig Mädchen.
Heute werden wir durch die Stadt ziehen und uns den Jungen ein letztes Mal präsentieren, bevor sie sich zu den Männern in der Hauptscheune begeben, um dort über unsere Schicksale zu verhandeln, als wären wir Vieh. Was der Wahrheit ziemlich nah kommt, wenn man bedenkt, dass wir kurz nach unserer Geburt tatsächlich auf der Fußsohle mit dem Siegel unseres Vaters gebrandmarkt werden. Wenn alle Ansprüche geltend gemacht sind, überbringen unsere Väter den wartenden Mädchen in der Kirche die Schleier, setzen den Auserwählten die durchscheinenden Ungetüme wortlos auf. Und morgen früh, wenn wir alle auf den Marktplatz aufgereiht stehen, um in unser Gnadenjahr aufzubrechen, wird jeder Junge den Schleier des Mädchens seiner Wahl lüften, als Eheversprechen, während der Rest von uns komplett überflüssig ist.

(Seite 16)


Eine Ratte im Labyrinth kann überall hingehen, solange sie im Labyrinth bleibt.

(Der Report der Magd von Margaret Atwood)


Autorin:
Mit 16 Jahren verließ Kim Liggett ihre ländliche Heimatstadt im Mittleren Westen, um in New York Karriere als Sängerin zu machen. Sie war Backgroundsängerin für einige der größten Rockbands der 80er Jahre. Sie liebt Tarot-Karten und ist eine leidenschaftliche Sammlerin seltener Parfümfläschchen. In den USA veröffentlichte sie bereits mehrere Jugendbücher.

Übersetzerin:
Birgit Salzmann, geboren 1964, studierte Deutsche Sprache und Literatur, Anglistik und Romanistik und übersetzt seit vielen Jahren englischsprachige Literatur ins Deutsche. Sie lebt mit ihrer Familie in Marburg.


Bewertung:
Das Cover erinnert mich an ein Sachbuch-Cover, dass den Widerstand von Frauen zeigt. Kein bestimmtes Buch, sondern einfach die Art und Weise des Covers. Es gibt Bücher, die auch mit solchen Handbewegungen geziert sind, alles im Sinne von Frauenbewegungen und Menschlichkeit. Das Cover ist wunderschön und passt hervorragend zur Geschichte, genauso wie der Titel. Ich bin wirklich sehr froh, dass der Originaltitel übernommen wurde. Mich stört nur wieder diese Zusatzsätze ... Ihr Widerstand ist die Liebe ... so ein unnötiger Quatsch. Tierneys Widerstand ist ihr Wille zur Freiheit und Unabhängigkeit. Liebe ist da nur später dabei. Nicht nur diese blöden Sätze, die das Cover verunstalten (warum kann man nicht einfach den Titel Titel sein lassen???), auch noch ständig diese Übertreibungen. 🙄 👎

Richtig cool finde ich, dass die rote Blume auf dem Cover aus der Geschichte entnommen wird: (...) und auch die geheimnisvolle rote Blume sprenkeln den Weg. Fünf Blütenblätter, perfekt geformt, als wäre sie für uns gemacht. Eins für die Mädchen im Gnadenjahr, eins für die Ehefrauen, eins für die Arbeiterrinnen, eins für die Frauen in den Außenbezirken und eins für sie selbst. (Seite 13)

Das Buch ist in den vier Jahreszeiten geteilt worden, allerdings passt das nicht sehr gut. Es vergeht zum Bespiel nur eine Nacht und schon ist Winter. Bei den anderen Jahreszeiten sind die Sprünge auch so gut wie nicht vorhanden. So eine Einteilung ergibt nur Sinn, wenn es große Zeitsprünge gibt. Denn von einem Abend zum anderen Morgen wechselt keine Jahreszeit. Das wäre wirklich Magie. Es gibt keine Kapitel in diesem Buch. Die kapitelähnlichen Blöcke sind mit einer Blume voneinander getrennt. Die Gesamtaufmachung ist gleichmäßig gehalten.


Verheiratet zu werden, ist kein Privileg für mich. Annehmlichkeit hat mit Freiheit nichts zu tun. Es ist ein goldener Käfig, sicher, aber immer noch ein Käfig. Im Arbeitshaus gehört mein Leben wenigstens noch mir. Gehört mein Körper noch mir.
(Seite 18)


Der Erzählstil ist in der Ich-Form von Tierney, der Protagonistin hier. Der Schreibstil ist sehr flüssig und der Verlauf unheimlich zügig zu lesen. Ich war innerhalb einiger Stunden mit dem Buch durch, ich konnte nicht aufhören, zu lesen. Die Beschreibungen der Gesellschaft sind sehr realistisch und eindrucksvoll. Der Titel und die Geschichte beziehen sich auf das Jahr, indem die Mädchen zusammengepfercht und sich selbst überlassen werden. Die eigentliche Schande ist das System selbst und die Herrenschaft (extra so geschrieben), die es erschaffen hat. Wir lesen ein paar Seiten über die Gesellschaft und wie Tierney und die anderen Mädchen und Frauen leben. Die Vorbereitung auf das Gnadenjahr. Dann folgt das Gnadenjahr selbst und zum Schluss die Rückkehr, die nur ein paar Seiten erfasst.

Tierney ist, wie alle in ihrem Jahrgang, sechzehn Jahre alt. Sie ist das typisch eigenwillige, aber sanftmütige Kind, von dem wir oft in Romanen lesen. Sie lebt reflektiert und stellt die Gesellschaft und ihr frauenfeindliches System infrage.

Es gibt viele Nebencharaktere, daher finde ich es mühselig, auf jede einzelne Figur einzugehen. Alleine der Gnadenjahr-Jahrgang hat zweiunddreißig Figuren, ohne Tierney. Eine kleine Rolle spielen noch ihre Eltern, die Mutter etwas mehr, ihre Geschwister, ihr bester Freund Michael und ein Freund Hans. Aber es sind viel zu viele Charaktere, die immer wieder eine Rolle spielen oder erst später dazustoßen. Das lasse ich also im Dunkeln.

Einiges zum Verlauf kann ich hier nicht bewerten, da sie spoilern. Daher sind sie in der Lese-Chronik verzeichnet. Es gibt hier unvorhersehbares, wie auch vorhersehbares. Die vorhersehbaren Szenen hätte die Autorin anders schreiben können, undurchschaubarer, aber sie hat sich für den gleichen Stil wie andere Autoren entschieden, das bedaure ich sehr. Andererseits gibt es auch ein paar richtige Überraschungen, die wirklich überraschend zu lesen sind.

Es gibt auch ein paar unlogische Gegebenheiten: Zum Beispiel haben die Mädchen nichts in dieser Unterkunft, bis auf ein wenig Nahrung und ihre eigenen Bündel - aber sie haben Äxte und Sägen für Holzarbeiten?! Auch hier gibt es noch in der Lese-Chronik.

Den Kopf schmunzelnd schütteln musste ich bei einer von Tierneys Aussagen, es gibt viele, aber die muss einfach Erwähnung finden: Sie erzählt, dass Männer die Wahl haben, die keinen hohen Stand besitzen. Entweder die harte Feldarbeit oder kastriert als Wächter mit Annehmlichkeiten. Und doch entscheiden sich die meisten für die Feldarbeit, sagt sie. Ja, natürlich tun sie das. Logisches Denken, wenn man weiß, wie Männer denken und funktionieren. Fast jeder Mann (Ausnahmen gibt es immer) würde alles tun, um seine Manneskraft zu behalten. Das ist ja das Ur-Problem dieses Systems: Sie glauben mit ihrem hässlichen Hänge-Ding über den Frauen zu stehen, die Macht zu haben. Weil sie die Reinstecker sind, nicht die Reingesteckten. Für jemanden wie mich also gar keine Verwunderung, wieso die Männer lieben harte Arbeit verrichten. Tierney müsste das eigentlich klar sein, denn sie selbst will auch lieber zur Feldarbeit als zu heiraten, weil sie dann wenigstens ihren Körper behalten darf. Dass da auch Missbrauch normal ist, muss Michael ihr erst sagen, aber das Prinzip ist dasselbe.


Wir dürfen nicht träumen. Die Männer glauben, wir könnten auf diese Weise unsere Magie verbergen. Allein diese Träume zu haben, würde schon reichen, um betraft zu werden, aber wenn irgendwer davon erführe, was ich da träume, hieße das den Galgen.
(Seite 14)


Das ganze System ist Wirklichkeit für alle Mädchen und Frauen weltweit. Auch in der realen Welt werden Frauen hingerichtet, wenn die Männer sie loswerden wollen, unter fingierten Anklagen. Das hat die Autorin in der Geschichte ebenfalls eingebaut. Was auch wirklich sehr glaubhaft und realistisch zur Geltung kommt, ist die Feindseligkeit der Mädchen und Frauen zueinander. Auch das ist Alltag in unserer Welt. Dieses frauenfeindliche System vergiftet auch uns Frauen, schon als Mädchen wachsen wir damit auf. Neid, Eifersucht, Missgunst, Rachedurst, Intrigen gehen von Mädchen zu Mädchen, von Frau zu Frau, von Mädchen zu Frau, von Frau zu Mädchen. Wir nehmen das nur als bloße Zickereien unter Mädchen und Frauen wahr, aber es ist viel mehr. Es ist geballte Zerstörungskraft, die wir uns gegenseitig zuschleudern und uns niederreißen. Während die Männer sich gemütlich zurücklehnen und ihr Machgefühl genießen. Diese permanente Feindseligkeit und Demütigung der Männer und Anerkennungsdrang der Frauen, ihnen zu gefallen, treibt das System weiter und weiter. Solange wir uns gegenseitig bekriegen, anstatt zusammenzuhalten und gegen das System ankämpfen, solange wird das auch so weitergehen. Es ist das, was wir auch in anderen Bereichen kennen: Arme gegen Arme, sie bekriegen sich gegenseitig, weil sie es nicht wagen, die Ohnmacht und Wut gegen die eigentlichen Verursacher, die Reichen und Politiker, zu werfen. Und auch das ist so gewollt. Das hat die Autor auch unheimlich klar und penetrant aufgeführt.

Es wird auch sehr penetrant immer wieder geschrieben, dass die Männer glauben, dass dies und das mit den Mädchen ist. Dass sie dies und das tun können, wegen ihrer Magie. Und so weiter. Dabei geht es gar nicht um Glauben, sondern um Wissen. Die Männer glauben das ganze Zeug nicht, sie wissen ganz genau, dass es nicht so ist. Aber mit diesen Ammenmärchen stellen sie die Mädchen und Frauen ruhig. Sie sollen gehorsam sein und gehorchen. Es geht alleine darum, die Macht zu behalten, die sie über die Mädchen und Frauen ausüben. Es soll die Mädchen und Frauen daran hindern, aufzubegehren und ein freies und selbstbestimmtes Leben einzufordern, wie es ihnen zusteht. Auch das Juden-Modell wird hier angewandt: Die Juden sind schon immer Epochenweise Schuld an allem gewesen. Genauso wie das weibliche Geschlecht von Anbeginn der Zeit an allem Schuld ist. Deshalb werden wir auch unterdrückt und müssen den Männern gehorchen. Die ideale Ausrede des männlichen Geschlechts. Auch die erste aller Sünden, die eine Frau begangen haben soll, Eva, wird hier ständig erwähnt, wie sie auch ständig in allen Religionen der Welt in unserer Realität propagiert wird. Mal eine kleine Zwischenfrage: Wer hat denn die ganzen Bibelgeschichten geschrieben? Ja, Männer, genau. Wir wissen es also besser. Die Männer auch, aber das dient ihnen als Vorlage für all ihren Missbrauch an dem weiblichen Geschlecht.

Auch das ist alles kein Märchen, sondern harte Realität für uns Mädchen und Frauen auf der ganzen Welt. Das System ist ein und dasselbe, nur unterscheiden sich in vielen Ländern die Art der Methoden, um es aufrecht zu erhalten. Versteht ihr nicht? Okay, dann mal ein paar Beispiele: Massenvergewaltigungen gibt es hier natürlich auch (schon alleine 'natürlich' zu schreiben, ist doch aufschreckend, oder nicht?), aber in Indien beispielsweise ist das an der Tagesordnung - wenn wir jetzt nicht die Kriegsvergewaltigungen dazunehmen. Und nicht so selten sterben die Mädchen und Frauen an den massiven Verletzungen. In vielen Ländern dürfen Frauen nicht zur Schule, nicht schreiben und lesen lernen, geschweige denn, etwas von der Welt erfahren. Denn Bildung ist Macht, und das gefällt der Herrschaft dort gar nicht. Sie dürfen keine Berufe ergreifen oder wählen gehen. Sie werden zu Sklaven aller Art gehalten. Sie dürfen nicht tragen, was sie möchten, müssen sich verhüllen. Ich denke, ihr wisst genau, was ich meine, wenn ich von unserem Leben spreche, in diesem hierarchen System. Viele wollen es nur nicht wahrhaben und leugnen lieber. Das berühmte und abgewandelte Sprichwort "Nichts sehen, nichts sagen, nichts hören" beschreibt das gut.

(Auch hier bitte daran denken; in allem gibt es Ausnahmen! Aber sind es nun mal nur Ausnahmen, nicht die Regel)


Das Ende bleibt offen. Ich hätte mir mehr von Danach gewünscht, mehr von der Rückkehr und was sich alles tut. Vor allem die Entwicklung zwischen ihr und Michael fehlt mir hier sehr. Das ist alles sehr salopp. Gleichzeitig ist das Ende auch Faden, den jeder von uns eigenständig weiterspinnen soll, die Gesellschaft verbessern, das System aufbrechen ... das kommt von Tierney nach der Rückkehr so rüber und auch die Autorin in ihrem Dankeswort ist da für mich sehr deutlich.


Fazit:
Die Geschichte erinnert mich etwas an "Panem", auch hier müssen Auserwählte (aber nur Mädchen) kämpfen, um zurückzudürfen. An sich keine neue Idee, denn das System ist uralt und Wirklichkeit. Aber wie die Autorin es in eine erfundenen Geschichte umsetzt, ist neu. Genauso wie andere Geschichten in der Art. Es gibt ein paar Bücher, die sich mit unseren System befassen, die die Autoren natürlich etwas andersartig gespinnt haben, aber unser Alltgassystem deutlich herauszulesen ist. Es geht nicht um jede Umschreibung und Handlung. Ob in einer Welt, wo gebärfähige Frauen Kinder gebären müssen für andere und ihre Namen verlieren oder wo sie ihre angebliche Magie in einem zeremoniellen Jahr loswerden sollen ... Die können unterschiedlich sein, wie die Bücher zeigen. Es geht um das System, das immer gleich bleibt dabei. Die Unterdrückung des weiblichen Geschlechts. Wie Tierney in diesem Buch sagt: Man muss nur die Augen aufmachen.

Für diejenigen, die dafür bereit sind, empfehle ich folgende Werke, die mir spontan einfallen:

#Female Pleasure

https://www.ebay.de/itm/283559613676?epid=17044646437&hash=item42057854ec:g:y9YAAOSwoR1dOV1x


Wir sind viele, wir sind eins

https://www.droemer-knaur.de/buch/melinda-gates-wir-sind-viele-wir-sind-eins-9783426277928


Unsichtbare Frauen

https://www.penguinrandomhouse.de/Paperback/Unsichtbare-Frauen/Caroline-Criado-Perez/btb/e561586.rhd


Was Männer nie gefragt werden

https://www.fischerverlage.de/buch/fraenzi-kuehne-was-maenner-nie-gefragt-werden-9783596705825


Woman

https://mindjazz-pictures.de/filme/woman/


Die Geisha

https://www.penguinrandomhouse.de/Taschenbuch/Die-Geisha/Arthur-Golden/Penguin/e499884.rhd


Whistleblower



(Von den ganzen Dokumentationen sehe ich mal ab, das sprengt den Rahmen, ist auch nur das, was mir jetzt spontan in den Sinn kommt.)


Für Leser/innen, die mit Scheuklappen durch ihre Seifenblasenwelt laufen ist das Buch sicher schockierend. Und Gedanke wie "sowas gibt es zum Glück nicht" werden aufkommen. Leider irrt ihr Seifenblasen-Leser/innen euch. Leider!

Das Buch wird als Jugendbuch gelistet, wo es auch hingehört. Leider listet die Bücherei das Buch als Science Fiction-Roman, was überhaupt nicht stimmt. Das suggestiert uns wieder, dass alles bloße Erfindung und eine völlig fremde Gesellschaft ist. Wundern tut mich das Verhalten aber auch wieder nicht. Lieber nicht genau darüber nachdenken und weitermachen wie bisher. Es ist nur eine Kleinigkeit, denken einige von euch sicher - da ist das Buch halt bei SciFi gelistet, ist ja auch eine erfundene Geschichte -, aber jede Kleinigkeit macht in der Summe großes aus. Der Strand besteht auch nur aus Minikörnern, aber Milliarden, wenn nicht noch mehr, machen ihn erst zu einem Strand. Der erste Schritt ist, die Kleinigkeiten wahrzunehmen. In einer anderen Gesellschaftsform wäre diese Buch auch einfach eine Science Fiction-Geschichte. Im Grunde müsste das Buch "Das Gnadenjahr der Gesellschaft" heißen. Denn alles ist der Gnade der Männer und der Frauen, die mitziehen, unterstellt. Tag für Tag. Jahr für Jahr.


Alle Frauen in Garner County müssen dieselbe Frisur tragen, die Haare streng aus dem Gesicht gekämmt und am Rücken zu einem Zopf gelochten. Auf diese Weise können sie, so glauben die Männer, nichts vor ihnen verbergen. Keinen spöttischen Gesichtsausdruck, keinen unkeuschen Blick, kein Aufblitzen von Magie. Weiße Bänder für die kleinen Mädchen, rote für die Gnadenjahr-Mädchen und schwarze für die Ehefrauen.
Unschuld. Blut. Tod.
(Seite 18/19)


Das Nachwort bzw. Dankeswort (was hier ein und dasselbe ist) ist erschreckend und alltäglich zugleich. Die Autorin schildert genau das, was wir jeden Tag miterleben und uns nicht mal immer bewusst ist. Daraus entstand dieses Buch. DANKE! 🙏

Ich möchte nicht allzu ausschweifend das System erklären, das tun die vielen Passagen im Buch reichlich (schaut mal in die Lese-Chronik). Man einer von euch wird sich sicher fragen, wieso ich trotz ein paar schlechte Kritikpunkte 5 Sterne vergebe - ich, die immer alles hinterfragt und jedes Hörbuch und Buch kritisch durchhört/durchliest und der es schwer fällt, mal fünf (passend zu der Blume mit den fünf Blüten) gerade sein zu lassen (ja, ihr merkt, ich kenne meine Schwächen sehr genau) - die Gründe habt ihr bereits gelesen, aber als Zugabe lasse ich hier auch einfach mal die Autorin selbst zu Wort kommen:

Drei Jahre zuvor, zehn Uhr abends, Penn Station: (Anmerkung von mir: Es war 2019 laut Buchdaten)

Ich schaue auf die Anzeigentafel und hoffe, mein Zug trifft bald ein, als mir ein Mädchen auffällt. Vielleicht dreizehn oder vierzehn, schlank und groß gewachsen, wippt sie ungeduldig auf den Zehen und nervt ihre Eltern, Großeltern und jüngere Geschwister damit. In ihr steckt die nervöse Energie eines jungen Mädchens an der Schwelle zum Frausein. Zu Veränderung.
Ein Mann im dunklen Anzug läuft vorbei und sieht instinktiv in ihre Richtung, taxiert sie von Kopf bis Fuß. Ich kenne diesen Blick. Von jetzt an ist sie Freiwild. Beute.
Dann sehe ich eine Frau vorbeigehen, die von derselben Energie angezogen scheint, aber vermutlich aus völlig anderen Gründen. Während sie das Mädchen mustert, verdunkelt eine gewisse Trauer, Verachtung möglicherweise, ihren Blick. Vielleicht fühlt sie sich an all das erinnert, was sie verloren hat ... all das, wovon sie glaubt, es nie wieder zu bekommen. Deshalb ist das Mädchen für sie nun eine Konkurrenz.
Als der Zug der Familie angekündigt wird, gehen sie schnell zum Gleis und verabschieden sich. Das Mädchen wird offenbar gerade zurück ins Internat geschickt. Sie winkt, bis die Rolltreppe nach unten außer Sicht ist, und mir fällt unwillkürlich die Erleichterung in den Gesichtern ihrer Eltern auf. Sie wird für ein weiteres Jahr vor der Welt versteckt sein. In Sicherheit.
"Was tun wir den jungen Mädchen nur an", murmele ich vor mich hin.
Wie betäubt gehe ich zu meinem Zug, und kaum habe ich mich hingesetzt, fange ich an zu weinen. Ich weine um das Mädchen. Ich weine um eine Tochter, meine Mutter, meine Schwester, meine Großmütter.
Dann klappe ich mein Laptop auf, und bis ich in Washington, D.C. ankomme, ist das Handlungsgerüst für das Buch fertig. Der Anfang und das Ende sind verfasst, und ich weiß, dass ich keine Wahl habe. Ich muss dieses Buch schreiben.
Es war Magie.

Danke meiner Tochter Madeline und meinem Sohn Rahm. Nichts auf der Welt macht mich stolzer, als eure Mutter zu sein. Ihr motiviert mich, ein besserer Mensch zu sein, weiterzukämpfen, vorwärtszustreben. Ihr macht die Welt zu einem besseren Ort, einfach weil ihr da seid.
Und danke dem Mädchen am Bahnhof. Ich sehe dich. Nicht als Beute oder Konkurrenz. Ich sehe Hoffnung.



🧐 Lesen auf eigene (eine wichtige) Gefahr:

https://www.lovelybooks.de/bibliothek/WriteReadPassion/lesestatus/2802064236/

(Die Zitate in der Rezension sind aus den Leseproben-Seiten. Für weitere in die Lese-Chronik schauen)





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Veröffentlicht am 15.06.2021

Düsterer Märchen-Mix mit vielen Protagonisten

Dornenthron
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Inhaltserzählung und Klappentext:
Es war in der alten Zeit, als die Hexerei noch mächtig und nicht verpönt war, so hatte seine Mutter begonnen. Kaiser Cletian herrschte weise in der prächtigen Hauptstadt ...

Inhaltserzählung und Klappentext:
Es war in der alten Zeit, als die Hexerei noch mächtig und nicht verpönt war, so hatte seine Mutter begonnen. Kaiser Cletian herrschte weise in der prächtigen Hauptstadt Ycena, und im gesamten Reich herrschte Frieden, niemand litt Hunger. Die Menschen priesen und verehrten den Kaiser. Er hatte eine Tochter, die ihn liebte und die er seinerseits vergötterte, denn sie war nicht nur schön, sondern auch freundlich und klug. Sie war so klug, dass sie ihn schon als Kind beriet und der Kaiser beschloss, sie zu seiner Nachfolgerin und damit zur ersten Kaiserin des Reichs zu ernennen. Doch das passte den dreizehn Hexen in den dreizehn Provinzen nicht, denn die sahen sich selbst als die mächtigsten und wichtigsten Frauen des Reichs. Brennende Eifersucht erwachte in ihnen, und eine jede versuchte, dem Mädchen zu schaden.

So ging es Monat für Monat, eine Hexe nach der anderen scheiterte daran, der Kaisertochter zu schaden.
Es nahte der sechzehnte Geburtstag des Mädchen, der mit einer großen Feier begangen werden sollte. Zahlreiche Gäste waren geladen, und nur noch die dreizehnte Hexe war übrig, ihren Schadenszauber zu wirken.
Und die dreizehnte Hexe erkannte, dass sie allein nicht die Macht haben würde, der Kaisertochter zu schaden. Also bat sie ihre zwölf Hexenschwestern um Hilfe. Und erstmalig taten sie sich für einen schrecklichen Hexenspruch zusammen, denn ihr Neid und ihre Eifersucht waren grenzenlos.
Gemeinsam wirkten sie einen Zauber, der nicht nur das Mädchen in einen ewigen Schlaf sandte, sondern auch den Kaiser und seine Frau, die Bediensteten im Palast, die Gäste der großen Feier und die Boten, die mit Glückwünschen aus den anderen Ländern kamen, die Tiere in den Ställen und die Vögel, die daraufhin schlafend von den Dächern fielen und sich das Genick brachen.

Und jedem Schlafenden schickten die dreizehnten Hexen dreizehn wiederkehrende Albträume.
Allein der Kaiser konnte dem Schlaf einen Moment lang entgehen, und er versprach lautstark demjenigen die Hand seiner Tochter, der sie mit einem einfachen Kuss aus dem Schlaf zu erwecken vermochte, und mit ihr das halbe Kaiserreich.
Die Hexen aber lachten über ihn und und ließen um den Palast eine undurchdringliche Hecke wachsen, die innerhalb weniger Augenblicke die hohen Mauern überwuchert hatte und bis hinauf zu den höchsten Dächern reichte.
Und auch über den verlassenen Kaiserthron wuchsen die Dornen, bis sie ihn völlig bedeckten. Niemand konnte das Mädchen retten, niemand bestieg den leeren Dornenthron, niemand wurde zum neuen Kaiser ernannt, und das Reich zerfiel in seine dreizehn Provinzen, in dreizehn, einander stetig bekämpfende Königreiche.
Doch die Tochter des letzten Kaisers wartete noch immer - schlafend und keinen Tag älter als sechzehn Jahre - auf den Retter, der an ihrer Seite zum neuen Kaiser werden sollte.

(Seite 93, 96 und 97)


Autor:
Boris Koch, Jahrgang 1973, wuchs auf dem Land südlich von Augsburg auf, studierte Alte Geschichte und Neuere Deutsche Literatur in München und lebt heute als freier Autor in Berlin. Er ist Mitveranstalter der phantastischen Lesereihe "Das StirnhirnhinterZimmer" und Redakteur des Magazins "Mephisto". Zu seinen Buchveröffentlichungen gehören „Der Drachenflüsterer“, die Fantasy-Parodie "Die Anderen" und der mit dem Hansjörg-Martin-Preis ausgezeichnete Jugendkrimi "Feuer im Blut" sowie der Shadowrun-Roman "Der Schattenlehrling".


Bewertung:
Das Cover finde ich sehr ansprechend und passend zur Geschichte, auch der Titel passt, wenn ich auch das Gold nicht so mag. In der hinteren Innenklappe ist das Motiv ohne Schrift versehen, das finde ich super. Da kann man sich ein richtiges Bild vom Bild machen. Der Klappentext vermittelt uns, es ginge nur um Ukalion, der auf der Suche nach dem Kaiserreich ist, um die Prinzessin zu erwecken. Das führt in die Irre, denn er ist nur einer von vielen Hauptfiguren, die die Geschichte bestimmen. Warum wieder so ein fehlerhafter Text dran steht - immer wieder ein Kopfschüttler! Der Innenklappen-Text ist aus dem Buch entnommen und somit stimmig. Ich habe ihn oben mit aufgenommen.

Die Karte an sich ist toll gestaltet, genau im Stil des ganzen Buches und zur Geschichte passend. Aber auf der tollen Karte fehlen leider wieder relevante Plätze wie der eingestürzte Turm, um den es ja hauptsächlich geht und es dort einen König gibt, sowie die Hafenstadt Myrthago, wo die Protagonistin, die zweite Hauptfigur hier, lebt und arbeitet ... 😑 Dieser Turm in Teil 4 ist auch wieder nicht auf der Karte. Es bringt mir die ausführliche Beschreibung nichts, wenn da dann nur "Hier, auf dem Richtturm, kamen sie zusammen ..." - JA, WO????? Wo ist dieser Richtturm??? Nervig!!! Das ist irgendwie fast immer dasselbe, das nervt! Aber Hauptsache so unwichtige Orte wie ein Wirtshaus ist dabei. 🤨 Und auf Seite 147 wird dieser Fehler auch deutlich: Tyra sagt, sie muss nach Lathien. Wo wohnt sie denn??? Die Karte zeigt doch nur Lathien! Echt merkwürdig. Ich kapiere das nicht. Es wird auch immer wieder von dreizehn Königreichen oder Provinzen (wechselt sich beides ab) gesprochen - aber selbst, wenn ich alle schwarzen Ortpunkte zusammenzähle, komme ich nur auf zwölf Orte insgesamt. Und dann gibt es auch Stellen, wo einige Orte auf der Karte nicht zu Lathien sortiert werden, obwohl klar dick auf der Karte steht "Königreich Lathien", sonst steht keine Königreich-Deklaration dabei.

Das Setting ist düster, so wie es bei der Geschichte sein soll, auch die Atmosphäre kommt recht düster rüber. Der Schreibstil ist nicht flüssig zu lesen, wie man das so gewöhnlich kennt, aber auch nicht komplex poetisch. Auch die grobe Welt mit Mordschlag, Missbrauch und Intrigen ist gut und realistisch dargestellt.


Das Schreiben ist das Handeln des Gelehrten, dachte er, denn es setzt Wissen und Gedanken in die Welt. Einsame Gedanken dagegen bewegten niemanden, sie waren keine Handlung, sondern konnten nur deren Vorbereitung sein. Wenn man also das eine dachte und dann doch schrieb, was ein anderer verlangte und dachte, handelte man nicht selbst, sondern beschränkte sich darauf, das Werkzeug eines anderen zu sein oder auch sein willenloser Schatten.
(Seite 243)


Schon der Prolog ließ mich überrascht stutzen: Dornröschen? Eher Rumpelstilzchen! 😆 Ja, richtig gelesen! Es taucht hier erstmal ein "Rumpelstilzchen" auf, dass erstgeborene Kinder abkauft. Die Figur ist von Anfang an mysteriös gehalten, und überrascht nicht nur, sondern macht richtig neugierig. Vor allem, weil es ja eine Dornröschen-Adaption sein soll. Hups, ins falsche Märchenloch gefallen. Alice lässt grüßen! 🤭

Überrascht war ich, dass im zweiten Teil eine Frau als Hauptfigur des Teils vorgestellt wurde. Da ja vom Klappentext nur Ukalion zu lesen ist. Was sich aber dann zum Ende hin an den Prolog anhängt. Das war ein "AH"-Effekt. Beim Prolog weiß man ja nicht, wann und wo .. und das hier ist irgendwie Teil 2 vom Prolog, sozusagen. Habe ich bisher so auch noch nicht gelesen. Interessant auf jeden Fall. Dann geht es wieder zu Ukalion aus dem Klappentext.

Das Buch ist in insgesamt 16 Teile geteilt, jeder mit einer eigenen Überschrift und einem Dornenzweig geschmückt. Die Teile sind nicht nummeriert, die habe ich für mich zur Übersicht beigeschrieben. Der Autor hat auch hier ganz ungewöhnlich immer wieder die Kapitel neu beginnen lassen. Jeder Teil fängt also mit 1 an, statt an den vorigen anzuknüpfen und weiterzulaufen, wie das normalerweise gemacht wird.

Teil 1 (die Überschriften schreibe ich nicht, soll ja eine Überraschung sein): Ukalion, ein Müller, der auch als Protagonist (als einziger) im Klappentext erwähnt wird

Teil 2: Tyra, die Duftfinderin, die irgendwo in einer Hafenstadt namens Myrthago lebt.

Teil 3: Ukalion

Teil 4: Verbrecher Grigo + der Narr Arlac, der für König Tiban narrt + Schreiber Inrico aus der schwebenden Bibliothek (auch auf der Karte) + Anthia, Grigos Schwester = hier ist das erste Mal, dass viele Charaktere in einem Teil vorkommen.

Teil 5: Tyra + Cornella, einer nur kurz erwähnten Nebenfigur + das "Rumpelstilzchen" + Ukalion = hier merkt man, dass das "Rumpelstilzchen" kurz eingeworfen wird, um die Neugier weiter anzufachen. Ansonsten geht es um ganz andere Themen und Figuren. Und man fragt sich, was das mit diesem "Rumpelstilzchen" soll ...

Teil 6: Perle, eine fünfzehnjährige Tochter des Waldläufers (zusammen mit ihrem Bruder Ion)

Teil 7: Tyra + Ukalion + 4 kryptische Sätze zu Dario, der Son von Kyra, die völlig unnötig sind

Teil 8: Inrico + Anthia

Teil 9: Ukalion

Teil 10: Perle und Ion = hier kommt jetzt sogar das Märchen "Hänsel und Gretel" ins Spiel. Natürlich ganz anders als wir es kennen und auch sehr abgewandelt, mehr als bei "Rumpelstilzchen", aber ich dachte sofort an das Märchen

Teil 11: Ukalion + Tyra = Das erste Mal, dass die getrennten Protagonisten aufeinandertreffen + 1 unnötiger Satz zu Dario + Telamon, Einwohner von Ycena mit Tochter Isa + "Rumpelstilzchen" = wieder so ein weiteranfachen von Neugier, denn auch hier wird er nur kurz eingeworfen

Teil 12: Arlac + Bauer Orionth und Gajus, Ukalions Stiefvater + Inrico und Anthia

Teil 13: Perle und Ion

Teil 14: Ukalion und Tyra und Telamon

Teil 15: Perle und Ion = hier erfährt man, was es mit dem "Rumpelstilzchen" auf sich hat, ebenso, wer diese Frau im Wilden Wald ist + Ukalion und Tyra und Telamon

Teil 16: Perle und Ion + Ukalion und Tyra und Telamon + Arlac + Inrico und Anthia = hier zum Schluß-Teil hat der Auto alle Figuren nochmal kurz eingebracht


"Gnade und Schwäche sind nicht dasselbe", erwiderte Ukalion (...)
(Seite 91)


Das Ende ist sehr offen und einige der Figuren sind kaum voran gekommen mit ihren Zielen.

Man erfährt nichts über die dreizehn oder vierzehn Hexen, was nach dem Zauber über das Königreich mit ihnen geschah. Nur einmal erfährt man von einer der Hexen etwas, aber auch das kann ich nicht ohne Spoiler aufschreiben, daher muss in die Lese-Chronik geschaut werden.

Der Narr des Königs ist echt unterhaltsam. 😁 Das sind mal Stellen zum Schmunzeln und lachen: "Eure eiliggeborene Drängeleit." - "Oh, ich Narr! Was Weisheit in Sachen Totschlag und Stärke anbelangt, kann euch einfach niemand den Weinkrug reichen, eure wissensdurstige Trunkenheit."

Noch ein Lacher, aber eher ein Weinlacher: "Was bildet der sich ein! Wir kennen uns ewig und wir zwei sind Schiffbrüchige, und da lächelt er uns an und verlangt Zoll für die Dinge, die wir am Leib tragen?" - "War es eine gute Idee, ihn nach dem Entführer zu fragen?" - "Immerhin hat er die Frage nicht verzollt." 😂 🙈 Es geht weiter, aber mehr schreibe ich dazu nicht.

Einige unlogische Verläufe und Erzählfehler sind hier eingearbeitet (Siehe Lese-Chronik). Auch das Wort "vögeln", das einmal benutzt wird, passt überhaupt nicht in diese Zeit.


Fazit:
Eines der Bücher, die sich nicht sehr gut rezensieren lassen, ohne zu spoilern. So bleibt diese Rezi etwas wage, was ich nicht so gerne mag. Die Aussagekraft fehlt dann einfach. Aber es ist eben so, wer mehr erfahren möchte, muss eben Spoiler lesen, ansonsten es ebenfalls so hinnehmen. Ich habe versucht, so viel wie möglich zu berichten ohne die Verläufe an sich zu verraten. Es wartet auf jeden Fall einiges an Überraschung.

Ich hatte zwischendurch einige Male das Bedürfnis, das Buch abzubrechen, aber die Sache mit dem "Rumpelstilzchen" ließ mich einfach nicht in Ruhe! Ich musste erfahren, was es damit auf sich hat. Und zum Glück lässt der Autor einen nicht hängen und schreibt das in Band 2. Aber vieles bleibt offen und rätselhaft. Ich kann nur hoffen, dass wir mehr über das Schicksal der Hexen in Band 2 erfahren. Das fand ich hier unbefriedigend. Auch das Warum kann ich hier nicht schreiben, da das wieder spoilert stöhn.

Auch was die vielen Charaktere angeht, verstehe ich den Sinn nicht. So einige hätte der Autor ganz weglassen können. Sie dienen hier scheinbar nur als Lückenfüller. Auch diese fünf Sätze zu Dario ist totaler Unsinn. Damit kann man überhaupt nichts anfangen. Die ganzen Ziele der einzelnen Figuren schwirren herum, ohne ein Ende zu haben.


"Welches Wissen jemand sucht, sagt nicht immer etwas über seine Absichten aus."
(Seite 237)


Auf jeden Fall ist die Geschichte ganz anders als man schon vom Klappentext erwartet. Klar, die stimmen so gut wie nie, da Erwartungen ja kein Wissen heranziehen, nur Fantasie. Man kann ja im Vornerein nicht wissen, wie eine Geschichte ist, nur spekulieren. Aber in diesem Fall führt schon der Klappentext auf eine falsche Fährte. Für mich war der Verlauf mal richtig spannend, dann wieder nicht. Einzig die Neugier auf das "Rumpelstilzchen" hat mich dann durchhalten lassen. Eine ausgeklügelte Geschichte, die nicht ganz neu ist, aber sich aus drei Märchen zusammensetzt. Das ist eines der Dinge, die richtig überraschen. Auch existieren verschiedene Versionen der Kaiserreich-Geschichte und die der dreizehn Hexen. Welche nun stimmt, erfahren wir hoffentlich in Band 2.

Auch wenn mich die Geschichte nicht ganz fesseln konnte und viele Fehler drin sind, werde ich Band 2 auf jeden Fall lesen. Ich möchte die ganzen Figuren und ihre Ziele für mich abschließen. Band 2 wirkt im übrigen erstmal gar nicht wie Band 2. Noch bevor ich das hier gelesen hatte, hatte ich Band 2 in der Hand, weil ich dachte, ich kaufe direkt das nächste Buch des Autors. Aber im Klappentext steht das gleiche Setting drin, also dachte ich mir, dass es Band 2 sein muss. Es steht ja auch nirgendwo als solches drauf. Gut, dass ich zuvor auch die Karte schon gelesen hatte, sonst wüsste ich das bis heute nicht. Auch auf Lovelybooks ist es nicht als Reihe und Band 1 gekennzeichnet, noch ist Band 2 dabei.

Für alles insgesamt 3,5 Sterne. Für alle, die gerne andersartige und düstere Märchen lesen.

(Ja, ich habe bewusst die Zahlen mal ausgeschrieben, mal nicht.)



😈 Lesen auf eigene Gefahr:

https://www.lovelybooks.de/bibliothek/WriteReadPassion/lesestatus/2573373645/



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Veröffentlicht am 13.06.2021

Eine Geschichte mit vielen Themen, die man nicht erwartet ...

Zeitfuge
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Inhaltserzählung:
"Fast alles, was ich kannte, existiert nicht mehr. Für Sie bin ich vielleicht etwas besonderes, weil ich der Einzige meiner Art bin, aber ich bin auch der Letzte meiner Art. Und die Eins ...

Inhaltserzählung:
"Fast alles, was ich kannte, existiert nicht mehr. Für Sie bin ich vielleicht etwas besonderes, weil ich der Einzige meiner Art bin, aber ich bin auch der Letzte meiner Art. Und die Eins ist die einsamste aller Zahlen, oder nicht?"

(Track 167)


Autor:
Michael J. Sullivan, geboren 1961 in Detroit, begann seine ersten Geschichten mit acht Jahren zu schreiben. Er lebt heute mit seiner Frau und drei Kindern in Fairfax in der Nähe von Washington D.C. als freier Autor. Zunächst publizierte Michael J. Sullivan seine sechsteilige Riyria-Reihe sehr erfolgreich im Eigenverlag. Nach seinem großen Publikumserfolg wurden US-Verlage auf den Autor aufmerksam. Inzwischen wurde sein Fantasy-Epos in 14 Sprachen übersetzt und hat mehr als 100 Preise gewonnen.

Übersetzer:
Oliver Plaschka, geboren 1975 in Speyer, promovierte an der Universität Heidelberg und arbeitet als freier Autor und Übersetzer. Seine teils fantastischen, teils historischen Romane und Kurzgeschichten gewannen zahlreiche Preise, so wurde u.a. sein Debüt »Fairwater« 2008 mit dem Deutschen Phantastikpreis ausgezeichnet. In der Hobbit Presse erschienen »Die Magier von Montparnasse« und »Das Licht hinter den Wolken«.

Sprecher:
Mark Bremer absolvierte sein Abitur 1990 an der Peter-Petersen Schule in Hamburg. Als Alternative zum Grundwehrdienst engagierte er sich im Katastrophenschutz beim THW. Danach studierte er Geschichte, Deutsch und Religion auf Lehramt, brach das Studium aber zugunsten eines Hörfunkvolontariats ab. Er war in der Redaktion und als Reporter „vor Ort“ tätig, moderierte und betreute bei Alsterradio vier Jahre eine Magazinsendung. 1997 war er beim NDR als Redakteur fest angestellt. Mark Bremer absolvierte eine mehrjährige Sprecherausbildung bei Dagmar Ponto und besuchte das Bühnenstudio der darstellenden Künste, wo er bei Doris Kirchner Schauspielunterricht nahm.

Seit 1998 ist er als freier Sprecher und Schauspieler tätig.



Bewertung:
Das Cover finde ich sehr schön, stilvoll, aber auch nichtssagend und dennoch passend. Der Titel gefällt mir auch sehr gut.

Im Klappentext steht, dass Alice in die Zukunft reisen will, um ein Heilmittel zu suchen. Das wird in der Geschichte gar nicht deutlich. Ich bekam eher den Eindruck, er wolle einfach die letzten Monate seines Lebens genießen und raus aus dem alten Trott und weg von seiner Frau. Das diese neue Welt auch andere medizinische Leistungen anbietet, scheint hier nur zweitrangig.

Das Vorwort des Autors ist toll. Er erklärt direkt, dass Zeitreisen auf die Art in seinem Roman nicht möglich sind. Und man erhält eine kleine Einführung im Thema "Zeitreisen".

Die Idee der Zeitreise in die Zukunft ist auch echt total cool, aber es wirkt schon sehr gezwungen umgesetzt, also, dass die Zeitreise mit seiner selbst gebauten Maschine funktioniert. Und das gleich beim ersten Mal. Hier hätte der Autor ein paar Pannen einbauen sollen, um es natürlicher wirken zu lassen. So hatte ich ein schales Gefühl ... schwer zu beschreiben ... das kommt hier einfach viel zu selbstverständlich rüber. Auch weil die ganze Entwicklung fehlt. Ellis (ich hatte immer nur Alice im Kopf während des Hörens und musste mich an den Frauennamen erstmal gewöhnen) hat die Zeitmaschine einfach schon da ... kein Bauen, keine Probleme, nichts mehr. Auch hatte er für das vorherige Bauen eine fehlerhafte Vorlage, die er einfach korrigiert und fertig. Deshalb wirkt es im Ganzen so künstlich. Mir hat die Entwicklung bis zur eigentlichen Zeitreise gefehlt. Es ist, als fehle hier die Vorgeschichte und viele Gegebenheiten scheinen aus den Haaren herbeigezogen. Natürlich braucht es etwas Fantasy, eine Geschichte über Zeitreisen zu schreiben und zu lesen. Aber das geht auch sicher natürlicher und weniger utopisch.

Ich finde die ersten Kapitel holprig erzählt, das liegt vor allem an dieser unglaubwürdigen Darstellung der bereits wartenden Zeitmaschine und Ellis Fähigkeiten, diese überhaupt gekonnt gebaut zu haben und auch bedienen zu können. Auch diese problemlose Reise an sich in die Zukunft hilft ist ein Grund. Der Mittelteil ist fesselnd erzählt und ich konnte schwer aufhören zu hören.

Seine Frau Peggy nervt echt! Kein Wunder, dass er ihr aus dem Weg geht, wo er kann. Sie fragt ihn aus, kommandiert ihn rum - klar, alles aus Fürsorge, dieser Deckmantel wird ja gerne genutzt. Er lässt sie natürlich zurück. Hier und da kommen die Gedanken an Peggy schon auf, aber mir fehlte mehr Tiefgang. Auf mich wirkt Ellis sehr egoistisch, der sich kaum Gedanken um Peggy macht.


Probleme hatte ich mit dieser Zukunftswelt: Diese Gesellschaft Holloport oder Hollow World (?) verstehe ich nicht ganz. Mir fehlen die Rahmeninformationen, die sind nur zum Teil - je nach Bereich - gegeben. Man erfährt nicht, was das für Wesen sind (Menschen?) - nur, dass sie weder weiblich, noch männlich sind, und auch nicht, woher sie kommen ... Woher wissen sie denn, dass Ellis aus der tiefen Vergangenheit - wie sie das nennen - kommen??? Das wird hier gar nicht erläutert. Dann diese komischen Fox, keine Ahnung, was das genau ist, irgendwie eine sprechende Alexa ... Erst spricht der Sprecher die ganze Zeit diese Fox weiblich, dann plötzlich männlich. Total irritierend, ich wusste gar nicht, von wem die Rede ist. Und wieso haben sie 2000 Jahre später keine Geräte wie Kühlschränke, Radio etc. ???? Diese Gesellschaft ist wirklich merkwürdig und ich bin nicht durchgeblickt.

Aber Packs (einer dieser Wesen?), wie immer der geschrieben wird, gefällt mir in der Beschreibung sehr gut. Auch wird um ihn ein Geheimnis gemacht und man möchte erfahren, was es damit auf sich hat. Das erfährt man aber erst am Ende.

Eine Stelle, wo ich lachen musste: "Mein Name ist Alice Rodgers." - "Aber was sind Sie?" - "Ich bin ein Mann. Ein Mensch. (das Ich und Ein Mensch spricht er so irritiert, genial!) Und was sind Sie so?" (provozierend gesprochen) 🤣

Ellis ist echt naiv seinem alten Freund Warren (wie immer der geschrieben wird) gegenüber! Er sieht nicht, was für ein Mensch er ist, obwohl er mit ihm aufgewachsen ist. Und Fremde wie Pack sehen sofort, was für ein Mensch Warren ist. Und das, obwohl Ellis viele Beweise von Früher aufzählt, von Schlägereien bis Gewalt gegen die eigene Partnerin ... Hat aber zuvor zu Pack gesagt, Warren sei wie ein Bruder für ihn und er sei immer für ihn da gewesen. Ich verstehe es nicht. Warrens Status in dieser Gemeinde ist für den Hörer gar nicht nachvollziehbar, bis zum Schluß nicht! Er wird behandelt wie das Oberhaupt ... (mehr in der Lese-Chronik)


Anscheinend hat diese Utopie von Science Fiction dem Autor nicht gereicht und hat auch noch einen Mordfall und rätselhafte Begebenheiten eingebaut. Das wirkt etwas zu gewollt. Auch die moralischen Grundsätze einer Gesellschaft sind hier Thema und bestimmen sogar den Verlauf der Geschichte.

Auch viele Einzelheiten der Handlungen sind mir unverständlich gewesen und auch nie geklärt worden. Auch so saloppe Szenen-Abbrüche und plötzlich auftauchende Personen in der nächsten Szene haben mich irritiert. (mehr in der Lese-Chronik)

Total merkwürdiges Ende. Pack will unbedingt Ellis zu diesem Ort bringen, er grinst wissend - und man denkt, man erfährt es gleich, aber nichts. Mit Packs Worten an dem Ort endet das alles. Ellis kommt gar nicht mehr zu Wort, obwohl das seine Geschichte.

Der Sprecher hat mir meistens sehr gut gefallen, manchmal hat mich die Stimme genervt. Das kann auch vom langen Dauerhören sein. Und zuvor hatte ich die ganze Nacht das Hörbuch stockend gehört und so nicht richtig geschlafen.


Fazit:
Der Roman ist schon viele Jahre auf meiner WuLi gewesen. Ich habe mir etwas anderes vorgestellt, vor allem kleine anderen Genre-Themen. Auch wenn Zeitreisen keine neue Idee für eine Geschichte ist, gibt es doch Möglichkeiten verschiedener Umsetzungen. Auch alltägliche Ideen können fesselnd erzählt werden. Hier war viel Potenzial, das leider zu kurz verbaut wurde. Es werden viele Themen eingeworfen, ein richtiger Mix. Abstriche hätten dem Ganzen etwas mehr Tiefe geben können. Wenn man sich auf viele Bereiche fokussieren muss, kommen diese eben nicht selten zu kurz.

Das Thema Zeitreise hat hier zwar seine Rolle, aber viel mehr steht eine moralische Gesellschaft im Vordergrund. Wie sieht eine soziale Gesellschaft aus? Wie kann Individualität entstehen? Das sind Kernfragen, die bearbeitet werden. Auch er religiöse und fanatische Glaube hat hier seinen Platz.

Es gibt auch einen zweiten Band "Zeitflug", aber der ist hier nicht gelistet. Es geht um einen anderen Mann, aber die Geschichte scheint fast dieselbe zu sein. Der Klappentext ist fast 1:1 derselbe. Auch baut er nach Vorlage eine Zeitmaschine, auch er hat Krebs und will in der Zukunft ein Heilmittel finden ... ich verstehe das nicht.



😈 Lesen auf eigene Gefahr:

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SPRECHER ⭐⭐⭐⭐





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Veröffentlicht am 13.06.2021

Eben nicht nur das Mädchen ... und auch sonst misslungen umgesetzt!

Das Mädchen
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Inhaltserzählung:
Ich war einmal ein Mädchen, aber ich bin es nicht mehr. Ich rieche, bin voller getrocknetem, verkrustetem Blut und mein Kleid ist zerfetzt. Mein Inneres ein Morast.

Ich sterbe nicht ...

Inhaltserzählung:
Ich war einmal ein Mädchen, aber ich bin es nicht mehr. Ich rieche, bin voller getrocknetem, verkrustetem Blut und mein Kleid ist zerfetzt. Mein Inneres ein Morast.

Ich sterbe nicht und doch sterbe ich. Eine Metzelei wird an mir verübt. Andere kamen, allein oder zu zweit unter wildem Gelächter. Rissen, fraßen, ergossen sich in mich. Schon bald waren sie alle zu einem Wesen verschmolzen. Keine Männer mit menschlichen Zügen. Ich war bei Sinnen und dann wieder nicht. Aber ich war nicht tot. Dafür sorgten sie. Mit brutalen Schlägen holten sie mich immer wieder ins Leben zurück, um ihre Lust anzustacheln.

(Track 1 und 7)


Autorin:
Edna O’Brien, geb. 1930 in Tuamgraney/Westirland, gilt als bedeutendste Schriftstellerin ihres Landes. Bereits ihr Debüt Die Fünfzehnjährigen (The Country Girls), das in Irland verboten wurde, machte sie international bekannt. Seither hat sie mehr als zwanzig Romane und Erzählbände verfasst. Sie wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, darunter die American National Arts Gold Medal, der Frank O'Connor Prize, 2018 der PEN / Nabokov Award for Achievement in International Literature und 2019 der renommierte David Cohen lifetime achievement award.

Übersetzerin:
Kathrin Razum, 1964 geboren, studierte Anglistik und Geschichte in Heidelberg und Baton Rouge, USA. Sie arbeitet seit Mitte der neunziger Jahre als freie Übersetzerin und Lektorin. Unter anderem hat sie T. C. Boyle, Susan Sontag, V. S. Naipaul und Edwidge Danticat ins Deutsche übertragen.

Sprecherin:
Hannah Baus wurde in Würzburg geboren. Nach ihrem Abitur absolvierte sie 2013 ihr Schauspielstudium an der ADK Bayern. Zeitgleich legte sie den Grundstein für ihre Karriere als Sprecherin und war in ersten Werbespots im Radio zu hören. Mit Vorliebe liest die junge Wahlberlinerin Hörbücher ein z.B. für "Hörbuch Hamburg" und "Saga Egmont und Steinbach sprechende Bücher". Auch im Bereich Synchron und Hörspiel durfte sie bereits Erfahrung sammeln (u.a. "Waringham Saga" bei Audible und "Atlanta Medical").


Bewertung:
Das Cover und der Titel sind schlicht und nichts aussagend. Aber das gefällt mir hier sehr. Beides wecken die Neugier auf mehr.

Das Thema sexuelle Gewalt und Massenvergewaltigungen in Kriegsgebieten ist mir schon lange bekannt und darüber gibt es zahlreiche Dokumentationen und Berichte. Selbst die UN-Soldaten sind schon in den Fokus der Massenvergewaltigungen ihrer eigentlichen Schützlinge gekommen. Männer sind eben Männer. Das Thema macht vor niemanden Halt. Vergewaltigungen werden als Kriegswaffe benutzt, täglich in vielen Dörfern der Welt. Es ist auch als solche endlich in die UN-Berichterstattungen in den Fokus gekommen. Neben den gängigen Vergewaltigungen, die es weltweit gibt, gibt es in Kriegsgebieten sogar spezielle Truppen, die nur für diese Art Verbrechen ausschwärmen und über die Mädchen und Frauen herfallen. damit signalisieren sie den Männern, sie können ihre Kinder und Frauen nicht schützen.

Ebenfalls wird es als Waffe gegen religiöse Minderheiten eingesetzt. Dazu gibt es auch Dokumentationen. Die Mädchen und Frauen werden vergewaltigt und so vertrieben in andere Dörfer und Länder. Die Dorfbewohner dort wollen sie nicht haben und stoßen sie aus. Sie leben als Ausgestoßene für sich. Viele mit Kindern, die aus den Vergewaltigungen hervorgehen. Nicht nur, dass diese Kinder auch zum Teil anders aussehen als ihre Mütter, auch ist das Thema sexuelle Gewalt etwas, wofür man den Mädchen und Frauen die Schuld gibt. Sexuelle Gewalt ist die ultimative Waffe. Sie erzeugt inbrünstige Scham und Erniedrigung und vor allem in den Entwicklungsländern für Ausstoß aus der Gemeinde.


Das Thema ist also sehr gut gewählt von der Autorin und ich erwarte bei solch einem ernsten und wichtigen Weltthema auch eine realistische Darstellung.

Es geht sofort ins Geschehen los ... Die Massenvergewaltigungen erzählt das Mädchen ohne Gefühle, wie betäubt und alltäglich gleichzeitig. Sehr realistisch! Erschreckend! Die ersten Tracks sind eindrucksvoll und mitreißend. Aber dann (stöhn) wird es wirr. Gerade erzählte noch das Mädchen, plötzlich scheinbar ein Junge ?! Er darf nicht mitmachen, weil er ein Junge ist??? Ich war verwirrt! Das scheint gerade echt mein Schicksal zu sein, wirres Zeug zu hören und zu lesen. Was soll das jetzt?, habe ich gedacht. Wenige Zeit später plötzlich wieder das Mädchen ... dieser Wechsel geschieht völlig hinweisfrei und nahtlos übereinander. Ich wusste gar nicht, wen ich gerade höre. Erst wenn was kam, das zeigte, dieser Erzähler ist männlich oder weiblich. Vielleicht ist im Buch ein Abschnitt zu sehen, dass den Lesern zeigt, dass jemand anderes erzählt. Hier beim Hörbuch überhaupt nicht. Gleiche Stimme, keine Pausen, keine Namen oder andere erkennbare Zeichen ... ätzend!

Das zweite große Manko sind diese Riesen-Zeitsprünge! Sie wurde verheiratet, und ab da gehen die Riesen-Zeitsprünge los: Sie sagt sie erwarte ein Kind, das kommt aus dem Nichts. Kurz davor hatte sie noch ihre Periode. Und mit ihrem Mann hat sie Sex gehabt?? Darüber wird gar nichts berichtet. Er kommt, er geht, ist müde und schläft. Mehr kommt da nicht. Paar Sätze weiter hat sie schon die Wehen. Was sind das für Zeitsprünge, bitte??? Da kommt man ja gar nicht nach, die halbe Geschichte wird unterlassen.

Richtig frustrierend! Nach fast 2 1/2 Stunden habe ich dann abgebrochen.


Fazit:
Ein wichtiges Thema, das so wirr erzählt wird. Selbst als Buch sind die Zeitsprünge lesbar, daher ist diese Version auch nicht viel besser. Ich bin richtig enttäuscht und auch sauer, dass die Autorin so ein Thema mit so einer Erzählweise versemmelt! Die Charaktere sind durch diese Zeitsprünge nicht greifbar, nur das Mädchen fand ich bis dahin recht gelungen. Wer dieser erzählende Junge ist, weiß ich immer noch nicht. Das konnte ich auch in keinen der anderen Rezensionen herauslesen. Da wird auch nur das Mädchen in den Mittelpunkt gestellt. Kurios. Die Sprecherin an sich finde ich gelungen, nur erzählt sie eben auch die Charaktere nicht ganz so trennend. Dadurch und durch die Zeitsprünge ging auch die Atmosphäre nicht richtig auf mich rüber. Das viele Potenzial, das das Thema bietet, ist nicht genutzt worden. Und das Genutzte nicht gut.




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Veröffentlicht am 12.06.2021

😱 😍 👌 WOW! 😱 😍 👌 (Mir fällt keine Überschrift ein ...)

Ich weiß jetzt 100 Dinge mehr! Umweltschutz
1

Klappentexte:
Dieses Buch enthält 100 spannende Denkanstöße, wie wir unseren Planeten schützen können. Brauchen wir Kohle, Erdöl und Erdgas, um unseren Energiebedarf zu decken? Können Bakterien Plastik ...

Klappentexte:
Dieses Buch enthält 100 spannende Denkanstöße, wie wir unseren Planeten schützen können. Brauchen wir Kohle, Erdöl und Erdgas, um unseren Energiebedarf zu decken? Können Bakterien Plastik zersetzen? Sollten wir lieber Insekten statt Rindfleisch essen? Mit faszinierenden Informationen über die Erde und ihre Bewohner, veranschaulichen Illustrationen sowie Worterklärungen und einem umfangreichen Stichwortverzeichnis.


Autoren:
Verschiedene

Illustrator:
Verschiedene


Bewertung:
😱 Wow! 😍 Wenn das Wort reichen würde, würde ich es so belassen. Das Cover und die Gesamtaufmachung sind schon echt prima! Auf Cover und dem hinteren Buchdeckel werden einige Fakten gezeigt, die im Buch vorkommen. Damit ist es auch eine besondere Aufmachung. Auch der Inhalt ist unglaublich genial gestaltet; bunt und sehr kindgerecht. Selbst komplexe Sachlagen werden vereinfacht dargestellt. Mir ist auch sofort der ungewöhnlich günstige Preis aufgefallen ... normalerweise kosten diese Sachbücher ab 16 € aufwärts. Auch, weil viel Farbe verwendet wird. Aber mir erscheint das trotzdem oft überteuert. Und das bestätigt mein Gedanke/Gefühl jetzt auch: Das Buch ist sogar bunter als manche anderes Kinderbuch - ob Sachbuch oder nicht. Es explodiert hier richtig vor lauter Farben! Keine Seite ist farblos! Unglaublich! Und dennoch kostet das Buch nur 12,95 € (übrigens die ganze Reihe)! Wahnsinn! Alleine das begeistert mich unermesslich. Und zeigt auch, dass sich die Kostendeckung und Gewinnspanne vereinbaren lassen, sodass sich diese Bücher nicht nur Gutverdienende leisten können. 👌

Es gibt kein Inhaltsverzeichnis, das mag ich eigentlich sehr gerne, aber das fällt hier überhaupt nicht negativ ins Gewicht. Es ist wie eine Wundertüte - man weiß nie, was die nächste Seite als Thema hervorbringt. Das weckt zusätzlich die Neugier. Aber das Buch ist gänzlich - neben der Aufmachung - andersartig erstellt. Noch vor den Buchdaten kommt eine kleine Einführung für den Leser und dazu einige Fakten in Form von "Wusstest du, dass ... " Es werden einige Fakten aufgelistet. Schon hier habe ich als Erwachsene neue Erkenntnisse gewonnen:

Wusstest du, dass ... die Idee der Wiederverwertung nicht neu ist? Schon die alten Römer sammelten Metalle und Glas, schmolzen beides ein und machten etwas Neues daraus.

An sich wundert mich das nicht, unsere Vorfahren haben vieles erfunden, wovon wir viel an Wissen verloren haben und das wir heute nutzen.


Bevor es dann mit den 10 Dingen losgeht, lesen wir eine Einführung zu diesem Umweltschutz-Thema:

Warum müssen wir die Erde schützen?
Es gibt viele Werkzeuge zum Schutz der Erde.

Und dann geht es los. Manche Themen sind auf eine halbe oder eine Seite, manche auf zwei Seiten erklärt. Die Themen reichen von Meer, Land, Luft, bekannte wie weniger bekannte Lösungsansätze. Es werden unterschiedliche Arten von Lösungsvorschläge gezeigt, manchmal durch vergangene Aktionen, die erfolgreich waren. Oder auch neuste wissenschaftliche Erkenntnisse. Auch wird gemischt gezeigt, was Politiker und Wirtschaftsbosse tun können und müssen, und jeder Einzelne von uns Bürgern, was wir tun können und müssen - wenn wir eine Zukunft auf der Erde haben wollen. 👌

Ich weiß nicht, ob ich je so ein kunterbuntes Buch gesehen habe ... vielleicht habe ich es vergessen, aber diese Aufmachung macht echt Eindruck. Auch die Art, wie die Themen erklärt werden, ist echt toll. Die Autoren lassen die Tiere selbst zu Wort kommen und ihre Lage erklären und es ist alles in Du- und Wir-Form, was Kinder besonders toll anspricht und auch ein Gemeinschaftsgefühl vermittelt. Es wirkt auch dadurch nie bevormundend oder schimpfend. Die Autoren nehmen die Leser richtig mit und bringen mit dieser Darstellungsform richtig Freude und Neugier an die Leser. 👌



Nach den 100 Dingen gibt es ein kleines Nachwort:

Zehn Tipps für den Umweltschutz im Alltag

Und dann folgt ein Glossar mit Worterklärungen. Sowas liebe ich ja! Ich weiß manchmal selbst nicht, wie ich mein Wissen verständlich erklären kann, da helfen mir diese kurzen Worterklärungen.

Dann folgt ein Register und ganz am Ende zeigt sich wieder die einzigartige Erzählart: Die ausführlichen Buchdaten und die Autoren werden im gleichen Stil wiedergegeben. 👌


Fazit:
😱 Wow! 😍 Ich bin dermaßen begeistert ... ob Aufmachung, Preis, Inhalt - einfach alles ist genial!!! Ich habe mich auch auf der Verlagsseite mal umgesehen, das Buch gehört zu einer Reihe. Und die möchte ich unbedingt alle lesen! Auch bietet der Verlag die Möglichkeit, sich den Inhalt genauer anzuschauen, anhand der angehängten Bilder. Ich habe fünf auf LB übernommen und hier angehängt (mehr als fünf sind hier nicht erlaubt).

https://www.usborne.de/usborne-verlag-buecher/katalog/produkt/5/16938/ich-weiss-jetzt-100-dinge-mehr-umweltschutz/



Das Buch ist zwar für Kinder gemacht worden, aber genauso gut für Erwachsene informativ. Denn es werden nicht nur die immer wieder gleichen Fakten und Erklärungen geboten, sondern viele neue Erkenntnisse und wenig beschriebenen Fakten. So habe ich sehr viel neues erfahren, obwohl ich schon sehr viele Bücher zu diesen vielen Themen durchgelesen habe. Und das begeistert mich zusätzlich enorm! 👌

Solche Bücher werden mit 5 Sterne können nicht gerecht bewertet werden. Ich kann es wirklich jedem empfehlen: Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Die gesamte Reihe eignet sich hervorragend für den Schulunterricht. Leider neigen wir in Deutschland ja zu Starrsinn und ändern ungern eingefahrene Systeme. Noch was ärgerliches! Ich finde es schade, dass solche Kinder- und Jugendbücher Erwachsene abschreckt, weil sie so deklariert sind. Dabei können wir viel aus ihnen lernen, wie dieses Beispiel zeigt. Ich hatte schon viele solcher Bücher, die Erwachsene nicht unbedingt in die Hand nehmen, wenn sie keine Kinder haben. Sehr schade! Das zeigt auch unsere Ignoranz, wir meinen ja mehr zu wissen, als die Kinder und Jugendlichen. Wir halten uns für gebildet genug. Da kann ich immer nur mit solchen Rezensionen dagegen halten und aufrufen, umzudenken.



COVER/AUFMACHUNG⭐⭐⭐⭐⭐

GRUNDIDEE/THEMA ⭐⭐⭐⭐⭐

ERZÄHLSTIL ⭐⭐⭐⭐⭐

HANDLUNG/INFORMATIONEN ⭐⭐⭐⭐⭐

GENRE ⭐⭐⭐⭐⭐

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