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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 20.11.2019

Mit Bobo durch die Vorweihnachtszeit

Fröhliche Weihnachten, Bobo Siebenschläfer!
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Dieses Buch ist eins der neueren "Bobo"-Bücher, bei der die Illustrationen von Dorothée Böhlke sind. Bobo wirkt in diesen Geschichten ein wenig älter, auch wenn er noch keine kleine Schwester hat. Das ...

Dieses Buch ist eins der neueren "Bobo"-Bücher, bei der die Illustrationen von Dorothée Böhlke sind. Bobo wirkt in diesen Geschichten ein wenig älter, auch wenn er noch keine kleine Schwester hat. Das Buch spricht daher auch ältere Kinder (4-6) an, denn die Geschichten sind etwas komplexer als die "normalen" Bobo-Geschichten. Schließlich geht es um Brauchtum und vorweihnachtliche Rituale.

Dieses Bobo-Buch (meine Ausgabe hatte sogar einen Bobo-Keksausstecher) dabei, hat die Besonderheit, dass am Ende jeder Geschichte eine kleine Bastelanleitung bzw. Rezepte beigegeben sind, die sich thematisch auf die jeweilige Geschichte davor beziehen. Das finde ich wunderbar, man sollte sich allerdings, bevor man den Kindern vorliest, gut überlegen, ob man genug Butter für den Plätzchenteig oder Blumendraht für den Adventskranz im Hause hat. Meine Tochter wollte nämlich gleich loslegen mit der Bastelei!

Zu den Geschichten kann ich sagen, dass es sich wieder um wunderbar "alltägliche" Dinge handelt, die jedes Kind so auch erleben könnte. Hier natürlich passend zum Thema "Vorweihnachtszeit". Bobo bastelt mit Papa einen Adventskalender, in der nächsten Geschichte einen Adventskranz, dann wird mit Mama Plätzchen gebacken und eine Laterne für den Umzug gebastelt (diese Geschichte passt thematisch nicht ganz). Zum Schluss ist dann endlich die "Weihnachtsgeschichte" dran. Bobo besucht ein Krippenspiel und darf dann endlich Geschenke auspacken.

Ein super Buch, das man wunderbar mit den Kindern in der Vorweihnachtszeit lesen kann! Aber wie schon gesagt sollte man lieber Bastelmaterialien und Zutaten vorrätig haben.

Veröffentlicht am 19.11.2019

Eine sehr amerikanische Kurzgeschichte der Weltliteratur

Weltliteratur für Eilige
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Muss man Klassiker wirklich lesen? Sich durch meist altertümlich anmutende Beschreibungen, sprachliche Anachronismen, einen oft verwirrenden Plot mit schwer zu merkenden Charakteren, die von Problemen ...

Muss man Klassiker wirklich lesen? Sich durch meist altertümlich anmutende Beschreibungen, sprachliche Anachronismen, einen oft verwirrenden Plot mit schwer zu merkenden Charakteren, die von Problemen längst vergangener Zeiten geplagt werden, quälen? Wenn es nach dem Autor John Atkinson und seinem Buch "Weltliteratur für Eilige: 101 Bücher auf einen Blick" geht, dürfte die Antwort "nein" lauten. 101 sogenannte Klassiker der Weltliteratur hat Atkinson auf ein bis zwei Illustrationen und einen Ein- oder Zweizeiler herunter gekürzt.

Das Paradoxe an diesem Buch, das natürlich eine augenzwinkernd-humoristische Intention besitzt, ist, dass man eben genau dann Spaß an den kleinen "Comics" hat, wenn man das beschriebene Buch tatsächlich gelesen hat.

Ich habe mal gezählt und bin auf immerhin 40 gelesene von 101 vorgestellten Klassikern gekommen, von ca. 20-30 anderen kenne ich zumindest den Plot in Grundzügen.

Mit der Auswahl bzw. Gewichtung der Autoren und Autorinnen bin ich nicht ganz zufrieden, denn das Buch konzentriert sich sehr stark auf den englischsprachigen Teil der Weltliteratur. Natürlich ist es unbestritten, dem größten literarischen Genie aller Zeiten - Shakespeare - gleich mehrere Einträge zu widmen. Auch Jane Austen, Charles Dickens, James Joyce und Virginia Woolf sowie einige andere sollten gesetzt sein. Etwa ein Viertel der eingetragenen Werke stammen von SchriftstellerInnen aus Nordamerika. Man merkt eindeutig, dass der Autor Amerikaner ist. Bei den amerikanischen Autoren muss ich mich allerdings fragen, wieso Dan Brown abseits der Verkaufszahlen seiner Bücher unter "Klassiker der Weltliteratur" fallen sollte. Einige der amerikanischen Schriftsteller (Stephen Crane, Ayn Rand, William S. Burroughs, E.B. White) musste ich erst recherchieren. Neben den russischen Klassikern

(Dostojewski, Tolstoj, Tschechow) kommen noch ein paar Franzosen (Camus, Proust) und Italiener (Dante, Machiavelli) vor sowie antike Denker (Homer, Platon, Vergil) und ein Spanier (Cervantes). Der einzige deutschsprachige Autor, der es in Atkinsons Auswahl geschafft hat, ist Kafka (natürlich zurecht) mit 2 Einträgen. Goethe, Schiller, Fontane, Mann, etc. sucht man allerdings vergebens.

Mal abgesehen von der einseitigen Gewichtung ist das Buch ein kurzweiliger Spaß zum "Immer-wieder-Durchblättern" für Literaturwissenschaftler und Leser, die sich vor Klassikern nicht scheuen.

Veröffentlicht am 18.11.2019

Eine emanzipatorisch-”cleane” Novelle

Ein dänischer Winter
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Das afrikanische Leben der dänischen Farmerin und Schriftstellerin Karen Blixen (1885-1962) und ihre Liebesaffäre mit dem Großwildjäger Denys Finch Hatton sind durch den Film "Jenseits von Afrika" vielen ...

Das afrikanische Leben der dänischen Farmerin und Schriftstellerin Karen Blixen (1885-1962) und ihre Liebesaffäre mit dem Großwildjäger Denys Finch Hatton sind durch den Film "Jenseits von Afrika" vielen bekannt. Jetzt ist mit "Ein dänischer Winter" ein Prosastück in einer an den Jugendstil erinnernden, sehr hübschen Hardcoverausgabe, erschienen, das sich mit einem Aufenthalt Blixens in ihrer Heimat Dänemark im Winter 1929 beschäftigt.

Die Großbürgerstochter und angeheiratete Adelige Karen Blixen trifft auf die aus ärmlichen Verhältnissen stammende Minna, die eigentlich Lehrerin werden möchte, sich aber aufgrund der Armut ihrer Familie als Hausangestellte bei den Dinesens (Karen Blixens Herkunftsfamilie) verdingen muss. Die 44-jährige geschiedene Baronin Karen Blixen macht dem jungen Mädchen, das ihr sympathisch ist, ein Angebot, das ihr Leben verändern könnte. Wird sie annehmen?

Die Autorin Sanne Jellings lässt zwei Frauenfiguren aufeinandertreffen, die an einem Scheideweg stehen. Blixen steht in der Mitte des Lebens, eine Schriftstellerin ist sie noch nicht, aber eine Geschichtenerzählerin. Sie hat finanzielle und gesundheitliche Probleme und weiß nicht, ob sie ihre geliebte Farm in Afrika halten kann. Auch mit Denys, dem Mann ihres Lebens, ist es zunehmend kompliziert. Liebt er die Freiheit mehr als sie?

Minna hingegen kennt die Liebe nur aus der Distanz und muss am Anfang des Buches eine amouröse Enttäuschung verarbeiten. Die sozialen Verhältnisse ihrer Familie determinieren ihre Möglichkeiten. Sie steht am Beginn ihres Erwachsenenlebens, das vor ihr liegt wie die afrikanische Weite, die Blixen so sehr liebt. Für welchen Weg wird sich Minna entscheiden? Welches Frauenbild will sie leben?

Auf nur 157 Seiten bleibt Jellings nicht der Raum, ihre Charaktere bis ins letzte Detail auszudifferenzieren. Ich finde das aber auch gar nicht nötig, denn die Kürze des Romans lässt uns auch an eine andere literarische Gattung denken: die Novelle! Die hat ja bekanntlich eine "sich ereignete unerhörte Begebenheit", wie es Goethe formuliert hat, zum Gegenstand. Auch hier ist die knapp gehaltene Erzählung stringent und auf einen Höhepunkt zulaufend. Die beiden Protagonistinnen sind sehr individuell gezeichnet. Sie und ihr Schicksal wecken das Interesse des Lesers.

Dass es ein feministisches Buch ist, ist evident, denn es geht schlicht um die Frage, was ein Leben als Frau lebenswert macht und wie frau es am besten gestalten kann. Unterschiedliche Wege werden anhand der Protagonistinnen, aber auch durch die Mütterfiguren der beiden, aufgezeigt. Darf man sich frei entscheiden für einen Weg, obwohl der Status und die wirtschaftliche Situation einen scheinbar determinieren? Die Kernaussage der Novelle ist: man darf und kann und soll sich für einen eigenen Weg entscheiden - gerade weil und obwohl man eine Frau ist.

“Ein dänischer Winter” ist ein “ruhiges” Buch, das eher die inneren Kämpfe der beiden Frauen zum Thema hat. Zudem strahlt das Setting, der Hof der Dinesens “Rungstedlund”, sehr viel “Weiß”, Helligkeit und typisch dänische “Hyggeligkeit” aus. Alles ist irgendwie clean und gleichzeitig gemütlich. Inhalt und Form (weißes Cover mit floralen Jugendstilranken) passen hier perfekt zusammen.

Ich fand diese Novelle sehr lehrreich und interessant. Man bekommt einen Einblick in das dänische Leben der Karen Blixen und die historischen Verhältnisse der damaligen Zeit. Ich mochte auch die emanzipatorisch-feministische Komponente der Geschichte. Alles in allem ein sehr gutes Buch!

Veröffentlicht am 12.11.2019

Zauberhaftes Weihnachtsbuch in urbanem Setting

Der Weihnachtspulli
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“Der Weihnachtspulli” von Cecilia Heikkilä aus dem Dragonfly-Verlag, dem neuen tollen Kinderbuch-Imprint von HarperCollins, hat mich sofort magisch angezogen. Hier stimmen Titel und Inhalt insofern perfekt ...

“Der Weihnachtspulli” von Cecilia Heikkilä aus dem Dragonfly-Verlag, dem neuen tollen Kinderbuch-Imprint von HarperCollins, hat mich sofort magisch angezogen. Hier stimmen Titel und Inhalt insofern perfekt überein, als dass beide ein Gefühl der Wärme erzeugen: sowohl der Pulli, als auch die herzallerliebste Bildergeschichte an sich.

Wie es so oft bei Bilderbüchern für die Kleinen der Fall ist, greift die Autorin auch hier auf Tiere zurück, um ihre Geschichte anschaulich zu machen. Dies ist insofern gut, als sich Kinder meist universeller mit den tierischen Helden identifizieren können als mit Kinderfiguren, die durch ein bestimmtes Aussehen oder Geschlecht oft nur einen Teil des Zielpublikums ansprechen.

In “Der Weihnachtspulli” ist der tierische Protagonist ein Kater namens “Munkel”, der in seinem Quartier in der winterlich-verschneiten Stadt schrecklich friert. Zum Glück hat er seinen warmen roten Pulli, der ihn zuverlässig wärmt. Außerdem hilft Bewegung gegen Kälte und so macht sich Munkel auf den Weg zu einem Stadtspaziergang. Im Weihnachtstrubel sind die dargestellten Tiere den Menschen sehr ähnlich: Sie sind geschäftig, aber ihnen ist auch feierlich zumute. Wenn Munkel an der Buchhandlung oder der duftenden Bäckerei vorbeikommt, wird in Kombination mit den Illustrationen eine ganz besonders festliche Atmosphäre erzeugt. Gegen Ende des Spaziergangs ist aber alle weihnachtliche Stimmung dahin, denn eine Laufmasche hat dafür gesorgt, dass Munkel nur noch Fäden übrig hat - und keinen Pulli mehr! Munkel folgt dem Faden, der plötzlich in Bewegung gerät, durch die weihnachtliche Stadt. Der Faden führt ihn schließlich in die Buchhandlung von Herrn Dachs, der vor einem offenen Kamin aus Munkels Pulli etwas Neues strickt. Er lädt Munkel dazu ein, bei ihm zu bleiben. Frieren wird Munkel in Zukunft nicht mehr müssen.

Dieses Buch ist wirklich ein Schmuckstück. Die Illustrationen sind zeitlos schön und so “Hygge”, dass man eigentlich auch sofort in diese Stadt ziehen und mit Herrn Dachs eine Tasse Tee in seiner Buchhandlung trinken möchte. Die Botschaft ist meines Erachtens die, dass sich schlechte Dinge - wie der Verlust einer geliebten Sache - zum Guten wenden können. Ohne seine Laufmasche hätte der Kater nie die Buchhandlung betreten, an der er vorher vorbeigelaufen ist und die ihm jetzt sogar ein neues Zuhause bietet.

Sehr schön finde ich auch, dass dieses Kinderbuch mal eine andere kindliche Lebenswelt abbildet, nämlich die Stadt. Meist spielen Bilderbücher, in denen ausschließlich Tiere vorkommen, entweder auf dem Bauernhof bzw. ländlicher Umgebung oder im Wald bzw. der freien Natur. Hier ist es mal ein urbanes Setting und dadurch erfrischend anders. Romantische Häuschen und weihnachtlich beleuchtete Straßenzüge bilden die Kulisse für den Verlust des Pullis.

Alles in allem sei dieses Kinderbuch jedem wärmstens ans Herz gelegt, natürlich vor allem denen, die ihren Kindern daraus vorlesen möchten. Ein Buch, das sich auch perfekt als kleines Weihnachtsgeschenk oder Mitbringsel eignet.

Veröffentlicht am 08.11.2019

“The Hug” - Jeder findet sein Gegenstück

Umarmst du mich mal?
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Der Insel-Verlag hat eine kleine feine Auswahl an sehr hochwertigen Kinder- und Bilderbüchern in seinem Programm. Für die ganz Kleinen (ab 3 Jahren) konnte ich bisher noch nicht ganz so viel ...

Der Insel-Verlag hat eine kleine feine Auswahl an sehr hochwertigen Kinder- und Bilderbüchern in seinem Programm. Für die ganz Kleinen (ab 3 Jahren) konnte ich bisher noch nicht ganz so viel entdecken. Jetzt hat der Verlag allerdings ein Buch für diese Altersgruppe herausgebracht und es könnte bezaubernder nicht sein.

“Umarmst du mich mal?” ist das Gemeinschaftsprojekt des irischen Autors Eoin McLaughlin und der renommierten britischen Illustratorin Polly Dunbar. Hier liegt also eine Übersetzung vor. Das Besondere an dem Titel ist: es ist ein Wendebuch, es kann also umgedreht und von der anderen Seite erneut gelesen werden. Dies macht auch inhaltlich Sinn, denn es geht im Buch um zwei, die sich umarmen wollen - nur leider erstmal kein Gegenstück finden können.

Auf der einen Seite der Igel. Stachelig wie er ist, wollen weder der Fuchs, noch das Eichhörnchen, noch die Elster mit ihm kuscheln und gehen lieber weiter ihren “wichtigen” Tätigkeiten nach. Am anderen Ende des Buches möchte die Schildkröte gerne in den Arm genommen werden. Mit ihrem harten Panzer aber wollen weder der Dachs, noch der Hase, noch der Frosch nähere Bekanntschaft machen. Die weise Eule erklärt schließlich beiden “Nähesuchenden” woran es liegt und verspricht ihnen, dass “auf jeden Topf ein Deckel” passt. Wie von der Eule prophezeit: in der Mitte finden sich Igel und Schildkröte und es passiert endlich das, was sie sich so sehr wünschen: eine Umarmung!

Die Botschaft hinter dem Buch, die hier mit den gern in der Kinderliteratur genutzten Wald- bzw. Wildtieren vermittelt wird, ist klar und einfach: für jeden gibt es das passende Gegenstück! Auch wenn nicht jeder bereit ist, seine Aufgaben für eine Umarmung zu unterbrechen, irgendjemand wird es sein. Der Text ist eingängig und knapp, gelegentlich werden auch nur Lautmalereien verwendet, die der vorlesende Erwachsene entsprechend rüberbringen muss. Ich denke das Buch ist tatsächlich für Kinder von 2 bis 4 Jahren am besten geeignet.

Die Illustrationen sind kindgerecht, das Buch nicht überfrachtet. Die Hintergründe sind weitgehend leer gehalten, nur in der Mitte, wenn Schildkröte und Igel sich finden, illustriert ein Rosenblätter- und Sternenregen das freudige Ereignis. Das Buch hat keine dicken Pappseiten, ist aber aus einem stabilen starken Papier gefertigt, so dass auch die Kleinen getrost etwas fester zugreifen können. Im typisch quadratischen “Geschenkbuchformat” gehalten ist dieses Buch sicher ein tolles Mitbringsel für Familien mit kleinen Kindern.

“Umarmst du mich mal?” kam bei meiner 3 ½-jährigen Tochter sehr gut an. Sie fand es prima, dass es “zwei Geschichten” sind und wollte das Buch gleich mehrmals hintereinander lesen und hat beim Vorlesen auch laut gelacht. Ein voller Erfolg also!