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Veröffentlicht am 16.11.2017

Ein Buch zum Nachdenken und Genießen.

Cold Spring Harbor
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Allgemeines:

Richard Yates lebte von 1926 bis 1992. Er gehört zu den wichtigsten amerikanischen Schriftstellern des 20. Jahrhunderts. Wie bei vielen berühmten Autoren wurde sein Werk erst nach seinem ...

Allgemeines:

Richard Yates lebte von 1926 bis 1992. Er gehört zu den wichtigsten amerikanischen Schriftstellern des 20. Jahrhunderts. Wie bei vielen berühmten Autoren wurde sein Werk erst nach seinem Tod in der Öffentlichkeit wahrgenommen. Yates war ein exzellenter Beobachter des Alltagslebens mit all seinen Facetten, das in all seinen Romanen beherrschendes Thema ist. Er hält der Gesellschaft auf nüchterne und unspektakuläre Art den Spiegel vor. Das macht sein Werk so wertvoll. Cold Spring Harbor erschien 1986 auf Englisch und ist sein letzter Roman. Auf Deutsch erschien es zunächst als gebundenes und im September 2017 als Taschenbuch. Es umfasst 234 Seiten.

Inhalt:

„Ein Roman über Väter und Söhne, Mütter und Töchter, die Liebe und die Fehler der Jugend. Meisterhaft und mit nur wenigen Pinselstrichen gelingt es Richard Yates, »einem der wichtigsten amerikanischen Autoren des 20. Jahrhunderts« (FAZ), psychologische Fallstricke, Lebenslügen und Selbstbetrug im Amerika der 1940er-Jahre aufzudecken – und dabei doch immer auch ein Herz für seine Figuren zu haben.“ (Quelle: Verlagsgruppe Random House)

Meine Meinung:

Ich habe schon einige Bücher von Yates gelesen: Zeiten des Aufruhrs, Elf Arten der Einsamkeit und Eine strahlende Zukunft. Allen Büchern ist gemeinsam, dass sie Beziehungen zwischen Menschen, Mann und Frau, Müttern und Söhnen, Vätern und Töchtern, Müttern und Töchtern und Vätern und Söhnen in der amerikanischen Gesellschaft thematisieren. Das hört sich unspektakulär an. Ist es aber nicht. Yates legt immer den Finger in die Wunde, deckt schonungslos auf, was schief läuft in der amerikanischen Gesellschaft. Er schildert beiläufig Alltagsszenen, die in ihrer Banalität jedem bekannt sind, in seinen Romanen aber immer zu Eskalationen führen. Dieses geschieht fast unbemerkt, das nimmt den Leser gefangen.

„Alle Sorgen wegen Evan Shephards rüpelhaften, pubertären Verhaltens waren überstanden, als er 1935, mit siebzehn, für Automobile entflammte. Das unablässige Schikanieren schwächerer Jungen, die plumpen Beleidigungen gegenüber Mädchen, seine stümperhaften, peinlichen Bagatelldelikte – nichts davon spielte mehr eine Rolle, außer als unangenehme Erinnerung.“ (S. 7)

So beginnt Cold Spring Harbor.

Yates erzählt die Geschichte einer Kleinfamilie. Er früherer Berufssoldat, der gerne mehr darstellen möchte als er ist. Sie, eine verblühte Schönheit, die desillusioniert vom Leben psychische Erkrankungen entwickelt und der Sohn, vermeintlich geläutert. Die Shepards repräsentieren die amerikanische Mittelstandsfamilie der 1940 Jahre. Materiell haben sie nichts auszustehen, emotional aber scheint es nicht rund zu laufen. Geschildert wird Alltägliches, das Leben plätschert so dahin. Veränderungen geschehen unmerklich und nicht immer zum Guten. Das Leben der Familie ist eigentlich immer schon schwierig, aber keiner will es sehen. Die Mentalität des Wegduckens wird in Cold Spring Harbor eindrucksvoll beschrieben. Gleiches gilt für die weitere Handlung: Ein Familienleben beginnt zunächst zu bröckeln… Im Fokus steht der Lebensweg des Sohns der Familie, Evan. Wer will nicht nur das Beste für sein Kind? Wir werden sehen, wie das klappt.

Berichtet wird aus der Perspektive des auktorialen Erzählers. Diese Erzählperspektive unterstreicht den nüchternen Erzählstil Yates‘. Er schreibt wirklich kein Wort zu viel, alles ist wichtig und das, was zunächst nicht wichtig erscheint, wird wichtig! Truman Capote, Ernest Hemingway – an diese großen Schriftsteller kommt Yates locker ran.

Fazit:

Yates schreibt über den amerikanischen Alltag wie er sich in den 1940er bis 1980er Jahren darstellt. Alles ist übertragbar in die heutige Zeit, bei Weitem nicht nur in Amerika. Und alles ist hochaktuell! Kein Buch, wenn man Spektakuläres erwartet, sondern ein Buch zum Nachdenken und Genießen.

Veröffentlicht am 13.11.2017

Was kann einer schon tun?

Was kann einer schon tun?
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Am 21.08.2017 ist das neue Buch von Jugendliteraturpreisträger Peer Martin erschienen. Wie ihr bereits meinen Rezensionen zu Sommer unter schwarzen Flügeln und Grenzlandtage entnehmen konntet, bin ich ...

Am 21.08.2017 ist das neue Buch von Jugendliteraturpreisträger Peer Martin erschienen. Wie ihr bereits meinen Rezensionen zu Sommer unter schwarzen Flügeln und Grenzlandtage entnehmen konntet, bin ich ein großer Fan des Autoren. Was ich über sein neues Buch denke, könnt ihr heute lesen. In meiner Rezension werde ich mit vielen Zitaten arbeiten – anders kann ich nicht ausdrücken, was ich während des Lesens gefühlt habe.

Allgemeines:

Was kann einer schon tun? ist im August 2017 bei der Verlagsgruppe Oetinger erschienen. Das kleine Büchlein ist gebunden und hat ein sehr handliches Format. Auf dem Cover sind unzählige Gesichter verschiedenster Herkunft abgebildet – wahrhaftig passend zu Inhalt und Titel gewählt.

Inhalt:

„Nicht wegschauen! Lesen! Handeln! Vor dem Hintergrund der Terroranschläge in Nizza, Istanbul und Berlin führt Peer Martin vier fiktive Gespräche an vier verschiedenen Orten. Er spricht mit seinem Hund Lola, seinen drei Kindern, einem jungen somalischen Flüchtling und einer deutschen Jugendlichen. Es geht dabei um all die Fragen, die viele von uns derzeit umtreiben, und um diese: Welche Perspektiven haben Jugendliche angesichts dessen, was ihnen die Generation vor ihnen hinterlassen wird?“ (Quelle: Verlagsgruppe Oetinger, Peer Martin)

Meine Meinung:

Als Autor liegt Peer Martin mir sehr am Herzen. Er schreibt Bücher über die Wahrheit. Bücher, die uns helfen können, zu verstehen. Und 2017 werden endlich auch die Fortsetzungen von Sommer unter schwarzen Flügeln – Winter so weit und Feuerfrühling – nicht länger nur als E-Books, sondern als gedruckte Bücher erscheinen. Dem Jugendliteraturpreis sei Dank!

„Frieden ist nicht die Abwesenheit von Krieg. Frieden ist eine Errungenschaft, um die man sich bemühen und die man täglich wiederherstellen muss. Nicht zu schießen schafft noch keinen Frieden.“ (S. 23)


Was kann einer schon tun? beinhaltet vier fiktive Gespräche – mit Martins Hund Lola (,den man als Leserundenteilnehmer seiner früheren Bücher bereits sehr gut zu kennen glaubt), seinen drei Kindern, einem somalischen Flüchtling und einer deutschen Jugendlichen. Vor dem Beginn meiner Lektüre war ich gespannt auf den Inhalt dieser Gespräche. Und nach dem Lesen kann ich euch sagen: Martins Bücher sind wichtig. Wichtig für alle, wichtig dafür, sich wieder in Erinnerung zu rufen, wie groß die Welt ist. Der Grundtenor des Buches wird natürlich durch den Titel vorgegeben. Alle Gespräche drehen sich inhaltlich um die Frage, was einer von uns schon tun kann, um allen zu helfen. Die fiktiven befragten Protagonisten beschäftigen dabei verschiedene Themen. Sie stellen unterschiedliche Fragen und jedes Gespräch führt in eine andere Richtung. Dabei legt Martin wie gewohnt einen schonungslos ehrlichen Ton an den Tag.

„Manchmal frage ich mich, ob jetzt weniger Leute fliehen. Oder wo die alle sind.“ „Im Mittelmeer“, sage ich. (S. 48)

Anders als der ein oder andere Leser, der Martin als Autoren noch nicht kennt, vielleicht denken könnte, liefert er auch dieses Mal keine vorgefertigten Antworten:

„Ich dachte, Menschen wie du…“, beginnt sie und stockt kurz, „haben Antworten.“ (S. 59)

Nein, er liefert lediglich Gedankenanstöße, die jeden von uns dazu bringen sollten, über einige Dinge nachzudenken. Terror, Flucht, Toleranz, Politik, Frieden und Krieg – um nur einige von ihnen zu nennen. Martin regt nicht nur zum Nachdenken, sondern auch zum Helfen an. Denn Hilfe kann in so vielen Dingen liegen. Ob es kleine oder große Tätigkeiten sind, das kann jeder von uns selbst entscheiden. Nur wegschauen, das sollte niemand.

„Es gibt tausend Arten von Hilfe, die nichts kosten. Allein schon die Information, welches der richtige Bahnsteig ist. Es geht darum, dass du dich getraut hast, mit dem Mädchen zu sprechen. Zu springen, wie du es nennst. Ins kalte Wasser. Über deinen Schatten.“ (S. 50)

Obwohl es sich dieses Mal um rein fiktive Gespräche und nicht um einen Roman handelt, springt dem aufmerksamen Leser aus den Zeilen der Schreibstil Martins entgegen. Poetik wird man vermutlich in jedem seiner Bücher finden.

„Da ist zu viel Angst, um sie noch zu fühlen, verstehst du? Ein Meer aus Angst, und wir haben gelernt, darin zu schwimmen. Wir machen was. Wir stehen auf und gehen weg. Wir wollen etwas, wir wollen etwas lernen, einen guten Job, ein besseres Leben. Dafür brauchst du mehr Mut, als um dazubleiben, denn auf dem Weg wirst du betrogen und ausgeraubt und vielleicht auch entführt und eingesperrt und gefoltert, bis irgendwelche Angehörige dich wieder freikaufen, und du musst schwimmen, obwohl du nicht schwimmen kannst, und wandern, obwohl deine Füße nicht mehr weiterkönnen, und du verläufst dich und verdurstest fast im Dschungel von Brasilien oder Panama, und da sind wilde Tiere und Schlangen und Skorpione und Krankheiten, das ganze Meer von Angst begleitet dich immerzu, und dann kommst du hier an, und die Menschen sitzen im Café und essen Kuchen und fürchten sich. Vor dir.“ (S. 73)

Ich habe das Büchlein zwar an einem Nachmittag gelesen, es hat mir aber Stoff für so viele Nachmittage geliefert. Auch ich habe mich gefragt: Was kann einer schon tun? Nach und nach konnte ich meine Gedanken in geregelte Bahnen lenken und Antworten finden. Für mich ganz persönlich. Doch nun frage ich euch: Was kann einer schon tun?

Fazit:

Ein Buch, das jeder lesen sollte. Egal, welcher Religion er angehört, wo seine Wurzeln liegen, oder wie er aussieht. Ein Buch für alle von uns. Für Menschen und für mehr Menschsein.

Veröffentlicht am 13.11.2017

Spannende Lesestunden garantiert

Das Mädchen im Eis
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Allgemeines:

Das Mädchen im Eis ist in England und den USA direkt nach Erscheinen zum Bestseller geworden. Das Buch ist der Beginn einer Krimireihe um die Ermittlerin Erika Foster.

Autor Robert Bryndza ...

Allgemeines:

Das Mädchen im Eis ist in England und den USA direkt nach Erscheinen zum Bestseller geworden. Das Buch ist der Beginn einer Krimireihe um die Ermittlerin Erika Foster.

Autor Robert Bryndza ist in England geboren, lebte dann in Kanada und den USA. Zurzeit lebt er in der Heimat seines Lebensgefährten, der Slowakei. Das Mädchen im Eis ist zeitgleich im September 2017 in 22 Ländern erschienen. Auf Deutsch ist es bei Penguin verlegt, umfasst 432 Seiten und kostet 10 Euro.

Inhalt

„Ein bitterkalter Wintertag hüllt London in Schnee und Schweigen. Das Klingeln eines Handys durchbricht die gespenstische Stille eines zugefrorenen Sees. Doch niemand antwortet. Nur wenige Zentimeter daneben ragen Finger aus dem Eis …

Acht Monate sind vergangen seit Detective Erika Fosters letztem Einsatz, der in einer Katastrophe endete und ihrem Mann das Leben kostete. Doch es ist an der Zeit, nach vorn zu blicken. Die Tochter einer der mächtigsten Familien Londons wurde ermordet, und Erika setzt alles daran, den Schuldigen zu finden. Während sie noch gegen die Dämonen der Vergangenheit kämpft, rückt sie ins Visier eines gnadenlosen Killers.“ (Quelle: Verlagsgruppe Random House)

Meine Meinung:

Dieser erste Band der Krimireihe von Robert Bryndza hat wirklich Potential. Die Handlung beginnt wie bei vielen Krimis abrupt und mit einem Prolog, der den Leser neugierig macht, aber nicht zu viel verrät: Eine junge Frau ist nachts allein auf dem Weg, nein, nicht nach Hause. Einfach auf dem Weg, um irgendwo am Ende einer Straße endlich Empfang mit ihrem Handy zu haben. Die Atmosphäre ist bedrückend und unheimlich. Wen sie anrufen will, wird nicht verraten und wer in dem Auto sitzt, das plötzlich neben ihr hält und sie verfolgt, auch nicht. Dann setzt die eigentliche Handlung ein.

Detektive Erika Forster, neu in der Stadt, wird an ihrem ersten Arbeitstag nach längerer Dienstpause auf den Fall des „ermordeten Mädchens im Eis“ angesetzt, sehr zum Missfallen ganz besonders eines Kollegen. Kein guter Start! Und es wird auch nicht besser. Sie stößt auf Misstrauen und Ablehnung, Neid und Missgunst. Man mag Forster sofort, auch wenn sie nicht gerade sympathisch rüberkommt. Ein Widerspruch in sich, aber trotzdem ist es so.

Das Mädchen, das im Eis gefunden wird, wirft viele Fragen auf: Wurde sie ermordet, weil sie zum Adel gehört? Wurde sie ermordet, weil ihr Vater in dreckige Geschäfte verwickelt ist und war? Wurde sie aus Eifersucht ermordet? Oder von einem Fremden, jemandem aus ihrer Familie? Viele Spuren werden gelegt, aber nur eine ist die richtige. Der Spannungsaufbau ist toll gelungen. Man will unbedingt weiterlesen, weil man sehr oft auf eine Spur gelenkt wird, die sich als Sackgasse erweist. Bryndza entwirft ein beklemmendes Bild einer prominenten Familie, die offensichtlich sehr gut funktioniert, bei der es im Hintergrund aber nicht nur brodelt, sondern lichterloh brennt. Hinzu kommt noch, dass man nicht weiß, inwieweit die ermittelnden Behörden wirklich in der Lage sind, objektiv zu handeln und sich nicht vom Adelstitel dieser Familie beeinflussen lassen. Parallelen zur Realität in England, wo die Handlung angesiedelt ist, sind offensichtlich: Legt man doch gerade in der britischen Gesellschaft großen Wert auf Adelstitel.

Das Buch ist gut übersetzt, hat einen gefälligen Stil und hebt sich dadurch wohltuend von vielen Krimis und Thrillern ab, deren Sprache manchmal kaum auszuhalten ist.

Mit der Figur von Erika Forster hat Bryndza jemanden geschaffen, der noch viele weitere Bände durchhält.

Fazit:

Ein spannender Krimi für lange Lesestunden auf dem Sofa.

Veröffentlicht am 13.11.2017

Mehr davon!!!

Die Legende von Shikanoko – Herrscher der acht Inseln
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Vor einiger Zeit habe ich euch Die Legende von Shikanoko auf Zeilenliebes_Bilderzeilen gezeigt. Und nun möchte ich euch gerne erzählen, wie mir das Buch gefallen hat. Diese Rezension ist eine Gastrezension ...

Vor einiger Zeit habe ich euch Die Legende von Shikanoko auf Zeilenliebes_Bilderzeilen gezeigt. Und nun möchte ich euch gerne erzählen, wie mir das Buch gefallen hat. Diese Rezension ist eine Gastrezension für Janine von Büchersüchtiges Herz³.

Allgemeines:

Die Legende von Shikanoko – Herrscher der acht Inseln ist der Auftaktband einer neuen Reihe der bekannten Autorin Lian Hearn. Viele von euch kennen bestimmt den Clan der Otori. Ich habe es vor einigen Jahren begeistert verschlungen. Die Legende von Shikanoko ist Ende August 2017 bei Fischer Sauerländer, also nicht in der Jugendbuchabteilung der Fischerverlage, erschienen. Eine Leseempfehlung gibt der Verlag ab 14 Jahren. Wer Die Legende von Shikanoko kauft, kann sicher sein, ein hochwertiges und aufwändig gestaltetes gebundenes Buch in Händen zu halten.

Inhalt:

„Shikanoko ist eigentlich nur der Sohn eines einfachen Vasallen. Doch als er von einem Magier eine übernatürliche Maske vermacht bekommt, wird aus ihm das Kind des Hirsches, und er verfügt fortan über magische Fähigkeiten und besonderes Kampfgeschick. Als der alte Kaiser stirbt, gerät Shikanoko in die Fänge des Fürstabts, der alles daransetzt, die höchste Macht im Land – den Lotusthron – an sich zu reißen. Shikanoko muss fliehen und entkommt dabei mehr als einmal nur knapp dem Tod. Doch er muss unbedingt Aki finden, die Herbstprinzessin, die er liebt, und die ein großes Geheimnis verbirgt. Denn in ihrer Obhut befindet sich niemand anderes als der rechtmäßige Nachfolger für den legendären Lotusthron.“ (Quelle: Fischer Sauerländer)

Meine Meinung:

Als Janine mich fragte, ob ich dieses Buch gerne für sie lesen und rezensieren möchte, musste ich nicht lange überlegen. Ich habe den Clan der Otori wie gesagt vor vielen Jahren verschlungen und konnte es kaum erwarten, erneut etwas von dieser begabten Autorin zu lesen. Und noch dazu einen solchen Wälzer mit dicht beschriebenen Seiten – beinahe 600 sind es. Wenn ein Leser so etwas sagt, dann ist das Risiko der Enttäuschung stets hoch. Doch wie ist es mir tatsächlich mit dem Auftaktband dieser neuen Fantasyreihe ergangen?

Meine hohen Erwartungen wurden nicht enttäuscht. Nein, sie wurden sogar übertroffen. Die Legende von Shikanoko ist ein Buch für wahre Leser. Für Leser, die sich auf ein Buch einlassen wollen und können. Für Leser, die nicht davor zurückschrecken, nicht alles auf Anhieb zu verstehen. Die sich auf die komplexe japanische Kultur einlassen wollen und dabei akzeptieren, dass man sich einfach nicht alle erwähnten Namen merken kann. Denn dafür gibt es ja schließlich auch das mehrseitige Namensverzeichnis zu Beginn des Buches… Was meint ihr, ist das etwas für euch? Ich sage: JA!

Lian Hearn hat mit der Legende von Shikanoko eine ebenso komplexe wie fantastische Geschichte entworfen, von der ich nicht genug bekommen kann. Nach dem Beenden des Buches ist mir eine große Welt verloren gegangen – ich wollte sofort mehr lesen. Mehr über die Protagonisten, mehr über die geradezu mystische Magie und mehr über die acht Inseln. Mich hat die beschriebene Kultur ebenso fasziniert wie das Fortschreiten der Geschichte an sich. Natürlich ist das von Lian Hearn entworfene Japan fiktiv, da ich aber weiß, dass die Autorin stets sorgfältig recherchiert, gehe ich auch bei diesem Buch davon aus, viel Wahrheit in ihm vorzufinden. Wahrheit, in die die Protagonisten verstrickt sind, und in der sie ihre Geschichte erleben.

Selten sage ich etwas zum empfohlenen Lesealter eines Buches, aber in dieser Rezension muss ich das tun. Bitte lest dieses Buch wirklich erst ab 14 Jahren. Wenn es nach mir ginge, sogar erst ab 16 Jahren. Lian Hearn scheut nicht davor zurück, die Dinge so zu beschreiben, wie sie sind. Das ist an vielen Stellen nicht schön, sondern blutig und ernüchternd. Zusätzlich sollte man über Leseerfahrung und eine gewisse Reife verfügen, um in den vollständigen Genuss dieses Buches zu kommen. Dann lohnt es sich aber umso mehr.

Fazit:

Ein Reihenauftakt, der mich auch nach dem Lesen nicht mehr losgelassen hat. Ein magisches Japan, eine komplexe Welt und viele schöne Lesestunden. Bitte ganz schnell mehr davon!

Veröffentlicht am 13.11.2017

Keine Leseempfehlung

Weißzeit
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Allgemeines:

Am 25.09.2017 ist der Jugendkrimi Weißzeit in der Verlagsgruppe Oetinger bei Dressler erschienen. Das gebundene Büchlein hat 224 Seiten – ist also kein dicker Wälzer. Mich hat jedoch sofort ...

Allgemeines:

Am 25.09.2017 ist der Jugendkrimi Weißzeit in der Verlagsgruppe Oetinger bei Dressler erschienen. Das gebundene Büchlein hat 224 Seiten – ist also kein dicker Wälzer. Mich hat jedoch sofort der Titel fasziniert und neugierig gemacht – obwohl er laut meiner Recherche leider gar nicht dem Originaltitel entspricht. October is the coldest month ist der eigentliche Titel des Jugendbuches von Autor Christoffer Carlsson.

Inhalt:

„Rasiermesserscharf und atemberaubend: Vega Gillberg ist 16 Jahre alt, als die Polizei an ihre Tür klopft. Sie ist auf der Suche nach Vegas Bruder Jakob, der des Mordes verdächtigt wird. Doch Jakob ist verschwunden, Vega hat seit Tagen nichts mehr von ihm gehört. Hat er wirklich etwas mit dem Verbrechen zu tun? Vega macht sich in der harten Wildnis Schwedens auf die Suche, taucht immer tiefer in die Geschichten der Menschen um sie herum ein, die alle miteinander verbunden sind, und entdeckt ein dunkles Geheimnis.“ (Quelle: Verlagsgruppe Oetinger, Dressler)

Meine Meinung:

Man kann es drehen und wenden wie man möchte.. aber ob ich Weißzeit gelesen habe oder nicht, das hat auf mich wenig Auswirkungen. Manchmal erzeugen Bücher genau dieses Gefühl. Man beendet sie, klappt sie zu und fragt sich, was man eigentlich von ihnen hatte. Das ist stets etwas unbefriedigend, kommt aber einfach vor. Nun frage ich mich: Was habe ich durch das Lesen von Weißzeit gelernt bzw. was hat mir die Lektüre gebracht?

Ich habe viele schöne Beschreibungen Schwedens wahrgenommen. Ich hatte große Einblicke in das Leben eines Teenagers und in die Handlungsstränge eines einsam und abgelegenen kleinen Dorfes. Eingefahrene Handlungsmuster und wenig moderne Elemente tauchten innerhalb der fortschreitenden Geschichte auf. Das alles wirkte auf mich jedoch an keiner Stelle neu oder unterhaltend. Gleichzeitig war es auch nicht komplex genug, um mich zu begeistern oder bei mir Spannung zu kreieren. Und das sollte ein Jugendkrimi, der mit seinem Klappentext eine gewisse Erwartungshaltung erzeugt, doch eigentlich zumindest versuchen.

Die 16-jährige Protagonistin Vega hat mich gelinde gesagt genervt. Ihre Handlungen sind zum größten Teil nachvollziehbar, haben aber alle etwas an sich, das sie als Person nicht sympathisch wirken lässt. Mir fiel es schwer, mit ihr zu fühlen, was zusätzlich von ihrer eigenen Gefühlskälte begünstigt wurde. Gleichzeitig besteht eine Diskrepanz zwischen ihrem doch eher kindischen Verhalten und ihrem ungefähr auf jeder zweiten Seite erwähnten Tabak- bzw. Alkoholkonsum sowie ihrer Ansicht zum ebenfalls vielfach erwähnten Thema Sexualität.

Vielleicht sollte ich den anfangs aufgestellten Eindruck, nicht zu wissen, was ich von Weißzeit nach dem Lesen habe, revidieren. Denn eigentlich habe ich mit diesem Buch nichts Positives gewonnen. Geht es euch auch manchmal so mit gewissen Büchern? Leider weiß man das vor dem Lesen nie. Vielleicht lest ihr Weißzeit aber auch mit anderen Augen als ich. Wer weiß?

Fazit:

Ein Buch, das man gelesen haben kann, aber nicht lesen muss.