So unglaublich aktuell, dass es schon fast unheimlich ist
Going ZeroGerade erst wird in den Nachrichten von der Forderung nach klaren Regeln für den Umgang mit KI, Künstlicher Intelligenz, berichtet:
„KI sei im Alltag angekommen und werde unser Leben grundlegend verändern“, ...
Gerade erst wird in den Nachrichten von der Forderung nach klaren Regeln für den Umgang mit KI, Künstlicher Intelligenz, berichtet:
„KI sei im Alltag angekommen und werde unser Leben grundlegend verändern“, hieß es in der Tagesschau vom 16.04.2023. Und auch die Sorge, „dass sich die Macht dieser KI-Systeme in zu wenigen Händen, von kommerziellen Interessen orientiert, bündelt“ (Holger Hoos, KI-Forscher RWTH Aachen), passt wie die Faust aufs Auge zu diesem Thriller.
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Zum Inhalt:
Ausnahmslos JEDEN ausfindig machen, in Echtzeit verfolgen und dessen nächste Schritte voraussagen – das ist das Ziel von Fusion, dem Projekt von Tech-Milliadär Cy Baxter.
Die CIA stellt ihm die erste Kooperation mit dem Privatsektor in Aussicht. Letzte Hürde ist das Bestehen des Betatests Going Zero: 10 ausgewählte Personen tauchen gleichzeitig ab. Nach zwei Stunden Vorsprung beginnt die Jagd durch Fusion. Innerhalb von 30 Tagen müssen sie alle Zeros festgesetzt haben.
Eine der Kandidatinnen ist die Bibliothekarin Kaitlyn Day: unscheinbar, gewöhnlich, ein potenziell leichtes Ziel! Doch sie verfolgt einen ausgeklügelten Plan, spielt Katz und Maus mit Fusion. Es winken drei Millionen Dollar Prämie.
Doch dies ist nicht ihre einzige Motivation…
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Meine Eindrücke:
Ich bin sehr froh, dass ich trotz des optisch wenig ansprechenden Covers auf dieses Buch und diesen Autor gestoßen bin. Eine fesselnde Geschichte, mit einem mehr als aktuellem Thema, interessanten Persönlichkeiten und Akteuren… und einem hohen erzählerischen Wert. Trotz teils 7 zeilenlangen Sätzen bleibt der Schreibstil klar und leicht, durch detaillierte Gedankengänge und viele Perspektivwechsel die Erzählung mitreißend, die Handlung durch den Countdown und die Jagd spannend bis zum Schluss. Noch dazu erzählt in kurzen Kapiteln, fiel es mir sehr schwer, das Buch aus der Hand zu legen!
Und ich kann mir nicht helfen: den Drehbuchautor in Anthony McCarten merkt man diesem Roman an. Die szenische Erzählweise, die detaillierten Beschreibungen von Bewegungen und Umgebung, den Sinn für Dramaturgie – sie werteten diesen Thriller noch einmal auf.
Geschickt werden die verschiedenen Standpunkte bezüglich des technologischen Fortschritts bei künstlicher Intelligenz in Form von verschiedenen Charakteren beleuchtet und das Hinterherhinken von Regierungsbehörden verglichen mit dem Privatsektor betont.
Durch Bezugnahme sowohl auf die Corona Pandemie als auch den Ukraine Krieg, erscheint die Handlung real und unmittelbar.
Man muss nicht paranoid sein, um beim Lesen dieses Romans nachdenklich zu werden. Schließlich betrifft er nicht nur jeden der Social Media nutzt, sondern auch alle, die neuere elektronische Geräte nutzen: Handy, Computer oder Laptop, aber auch Fernseher, Spielekonsole, ein Auto.
Welche der erwähnten Techniken existieren bereits? Wieviel gebe ich selbst im Internet preis? Wieviel Privatsphäre gibt es heutzutage noch? Und schlussendlich: Haben wir die Kontrolle bereits verloren?
Eines wird jedenfalls klar: der Aufwand, den man betreiben muss, um tatsächlich keine Spuren zu hinterlassen, ist bereits heute so hoch, dass man den resultierenden Zustand eigentlich nicht mehr ein „normales“ Leben nennen kann.
Leichte Abzüge in der B-Note gibt es für ein paar handlungs- und charakterbezogene Fragezeichen gegen Romanende.
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Mein Fazit:
Ein sehr lesenswerter Thriller, der aktueller nicht sein könnte und uns alle betrifft. Noch dazu mit hohem erzählerischem Wert, fesselnder Spannung und einer Anregung zur Selbstkritik.