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Veröffentlicht am 25.08.2023

Liebesgeschichten mit besonderem Hintergrund

Die Davenports – Liebe und andere Vorfälle
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Eine temporeiche, ereignis- und auch abwechslungsreiche Lesereise in das Leben von vier jungen Frauen Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts in Chicago. Sie müssen sich nicht nur mit den alltäglichen Fragen ...

Eine temporeiche, ereignis- und auch abwechslungsreiche Lesereise in das Leben von vier jungen Frauen Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts in Chicago. Sie müssen sich nicht nur mit den alltäglichen Fragen und Problemen Heranwachsender der oberen Gesellschaftsschicht oder auch des Hauspersonals herumschlagen – nein, ein weiterer zur damaligen Zeitpunkt erschwerender Umstand kommt hinzu: alle vier Frauen verfügen über eine dunklere Hautfarbe, was durchaus zu weiteren Problemen führen kann.
Ein wunderschönes stimmiges Gesamtbild von unterschiedlichen Charakteren, aktuellen Lebensumständen, Hoffnungen und konkreten Plänen werden durch die beiden Schwestern Olivia und Helen, Ruby, beste und engste Freundin von Olivia und Amy-Rose, Dienstmädchen auf Freeport Manor, dem hochherrschaftlichen Anwesen von Olivias und Helens Familie, ins Leben gerufen. Dabei sollte noch erwähnt werden, dass dem Vater von Olivia und Helen als ehemaliger Sklave nicht nur die Flucht bis nach Chicago gelungen war, sondern dass er ein sehr erfolgreiches Unternehmen aufbauen konnte, das ihm und seiner Familie ein luxuriöses Leben ermöglicht.
Olivia lernt man kurz vor ihrer Einführung in die Gesellschaft kennen und fiebert geradezu ihrem ersten Auftritt entgegen. Auch wenn sie meint, bereits vor diesem großen Tag einen geeigneten Kandidaten für Heirat und Familie in der gleichen Gesellschaftsschicht gefunden zu haben, gerät sie durch die Bekanntschaft mit dem Bürgerrechtler Washington DeWight ins Grübeln …
Helen, ihre um einige Jahre jüngere Schwester, entspricht in Gedanken und Lebensführungen so gar nicht, was sich für eine wohlhabende junge Frau schickt: neugierig und wissbegierig gilt ihr einziges Interesse der Autowerkstatt ihres Bruders, da sie sich zunehmend technisches Wissen aneignet und anwenden kann – sehr zum Leidwesen der Eltern, die auch für sie eine Heirat in gesicherten gehobenen Kreisen vorsehen. Turbulent und für sie zunächst unerklärlich die Anziehungskraft von Lawrence auf sie, sollte sich sein Interesse doch laut Plan der Eltern auf Olivia richten …
Ruby muss ihrer Freundin Olivia gegenüber ein Familiengeheimnis wahren, was ihr zunehmend schwerer fällt. Werden doch die finanziellen Mittel durch die Kandidatur ihres Vaters sehr in Mitleidenschaft gezogen, was durch ihre Heirat mit einem finanzkräftigen Ehemann wieder ins Lot kommen soll. Wäre da nicht der liebenswerte Harrison, der dem Schwiegersohn-Ideal der Eltern in keinster Weise entspricht …
Amy-Rose, aufgewachsen und später als Dienstmädchen auf Freeport Manor tätig, spart jeden Cent, den sie erübrigen kann, um sich ihren größten Traum eines eigenen "Haarsalons' zu erfüllen. Ein Laden ist bereits gefunden, wären da nicht die mit dem sich nahenden Abschied verbundenen Erinnerungen an die gemeinsame Kinder- und Jugendzeit mit den drei Davenportskindern, allen voran John, der eine Autowerkstatt betreibt, sehr zum Missfallen seines Vaters, der in diesem Geschäftszweig keine großen Erfolgsaussichten sieht.
Wie unschwer zu erkennen ist, finden sich verschiedene Geschichten zur ersten Liebe, bei denen man sich so manches mal ein Lachen nicht verkneifen kann. Aber auch Abschnitte, die zu Tränen rühren, wobei gerade diese Episoden auf eine wunderschöne und empathische Weise beschrieben werden. Ohne "zu dick" aufzutragen und mit sehr viel Raum für die eigene weiterführende Vorstellungskraft.
Den ganzen Roman umschwebt dank des flüssigen Schreibstils eine gewisse Leichtigkeit. Allerdings werden auch ernste Themen wie Rassismus, das Rollenverständnis von Mann und Frau, Klassenunterschiede mitberücksichtigt und vermitteln ein eindrucksvolle Bild in Lebensverhältnisse und Probleme einer wohlhabenden dunkelhäutigen Familie

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  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 23.08.2023

Auf der Suche nach Gewissheit

Entscheidungen an der Schwelle des Todes
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Das aktuelle Buch des bekannten und renommierten amerikanischen Gehirnchirurgen Dr. Lee Warren beinhaltet neben intensiven autobiographischen Inhalten auch sehr berührende Schicksale der von ihm betreuten ...

Das aktuelle Buch des bekannten und renommierten amerikanischen Gehirnchirurgen Dr. Lee Warren beinhaltet neben intensiven autobiographischen Inhalten auch sehr berührende Schicksale der von ihm betreuten Patienten.
Geprägt durch zum Teil eigene lebensbedrohlichen Ereignisse, unerwartete und auch mit gesundem Menschenverstand unerklärbaren lebensrettende Erfahrungen, hat er weder während seines ärztlichen Einsatzes in der Irak-Krise noch in der Begleitung seiner teils tödlich erkrankten Patienten seinen Glauben nicht verloren. Aber auch er ist nicht davor gefeit, dass er sich gerade im Hinblick auf einzelne Patientenschicksale mit Glaubenszweifeln beschäftigen muss. Dies umso mehr, als er durch einen nach wie vor ungeklärten Schicksalsschlag einen unerwarteten persönlichen Verlust akzeptieren muss.
Überaus empathisch versteht es der Autor, am zum Teil nur noch kurzen Lebensweg von Menschen mit Gehirntumoren teilhaben zu lassen – ohne sich dabei in medizinischen Fachbegriffen zu verlieren. Ihm gelingt es auf eine sehr verständliche Weise die Diagnose und auch Prognose zu vermitteln, ohne zu sehr ins Detail zu gehen und bei allem den Menschen, der betroffen ist, mit all seinen Facetten, Denkweisen und dem individuellen familiären Umfeld in den Mittelpunkt zu stellen. Genauso, wie kein Mensch dem anderen gleicht, so unterschiedlich auch die Reaktionen der Patienten auf gleichlautende Diagnosen. Da können Patienten über den gesamten Behandlungszeitraum begleitet werden genauso wie Patienten, die über eine überwältigende und starke Glaubenshaltung verfügen und von Behandlungsmöglichkeiten keinen Gebrauch machen möchten.
All dies verbunden mit den oft fragenden Gedanken des Autors nach der Allmacht Gottes bzw. dessen heilendem Eingreifen. Wobei die verhältnismäßig kurze, aber umso intensivere Auseinandersetzung des Autors mit der "Glaubwürdigkeit und Liebe" Gottes nach dem Tod seines Sohnes tiefe Einblicke in seine Verzweiflung, Fassungs- und Ratlosigkeit vermittelt. Aber auch teilhaben lässt an seinem Weg aus diesem glaubens- und vertrauensänderndem Verhältnis zu einem, seinem, Gott, der seine Kinder niemals im Stich lässt.
Hatte ich zunächst Vorbehalte, auf Grund des medizinischen Aufgabenbereichs des Autors mit zu vielen tragischen und leidvollen Patientenschicksalen konfrontiert zu werden und mögen diese auch tödlich geendet haben, so hat mich gerade die sachliche und doch empathische Beschreibung in Kombination mit den sehr persönlichen und vom christlichen Glauben geprägten Gedanken des Autors überzeugt und bereichert.

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Veröffentlicht am 22.07.2023

Schweigen ist Gold?

Das Leben, das uns bleibt
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Im Januar 1945 begibt sich Ruth gemeinsam mit ihren beiden jüngeren Geschwistern Lili und Jo und der Mutter auf eine gefahrvolle Reise: nur weg aus Breslau und auf nach Deutschland. Nachdem auch dem Vater ...

Im Januar 1945 begibt sich Ruth gemeinsam mit ihren beiden jüngeren Geschwistern Lili und Jo und der Mutter auf eine gefahrvolle Reise: nur weg aus Breslau und auf nach Deutschland. Nachdem auch dem Vater die Flucht gelungen ist, wird die Familie letztendlich in Freiburg sesshaft. Überschattet wird der Neuanfang jedoch von der Ungewissheit über den Verbleib des ältesten Sohns und Bruders, Harry, der im Zweiten Weltkrieg vermisst wird. Auch das Schicksal der von allen geliebten Großmutter ist ungewiss, da sie ihre Heimatstadt nicht verlassen wollte. Und auch Ilan, die erste und große Liebe Ruths, hat sein Versprechen, sich nach dem Krieg wieder zu finden, bisher nicht eingelöst …
Ruth, Lili und Jo – drei sehr unterschiedliche Charaktere, die auf ihre eigene Weise versuchen, in der neuen Heimat Fuß zu fassen, sich einzuleben und mit der schmerzhaften Vergangenheit abzuschließen. Dies gelingt Lili recht gut, Jo dagegen thematisiert zunehmend radikaler die Verbrechen der Nazi an den Juden und distanziert sich immer mehr von seiner Familie. Gibt es doch ein Geheimnis um ihre Herkunft, das sie nicht nur unbeschadet durch die Kriegsjahre geführt hat, sondern auch jetzt, in ihrer neuen Heimat, nicht ans Tageslicht kommen soll: die Großmutter war Jüdin. Diese familiären Wurzeln wurden durch Ruth's Mutter verleugnet und durch ihre Konvertierung zum Christentum praktisch dokumentiert.
Die Romanhandlung schildert nur auf wenigen Seiten die letzten Tage in Breslau, um dann mit einem großen Zeitensprung drei Jahre später in Deutschland fortzufahren. Jeder versucht auf seine Weise, sich mit den neuen Lebensverhältnissen nicht nur zu arrangieren, sondern sich auch ein eigenes Leben aufzubauen. Dabei werden die unterschiedlichen Charaktere auf sehr verständliche und überzeugende Weise berücksichtigt und in folgerichtige und realistische persönlich Entwicklungsprozesse umgesetzt. Dies für mich der besondere Reiz der gesamten Romanhandlung, entsteht doch ein sehr interessantes Gesamtbild dieser Familie. Jede Charaktere einzigartig und mit sehr viel Verständnis und Gefühl zum Leben erweckt. Mit Ecken und Kanten, mit Gedanken und Aktionen, die harmonieren und die individuelle persönliche Entwicklung realistisch und überzeugend darstellen.
Auch wenn Ruth als Hauptprotagonistin gelten soll, so wird vor allem auch ihren Geschwistern viel Raum gegeben, um sie kennenlernen zu können. Auch die Mutter und deren Beweggründe für ihr Handeln werden sehr empathisch dargestellt, auch wenn es schwerfällt, diese weiterhin bestehende Verneinungstaktik so viele Jahre nach Kriegsende und in ihrer neuen Heimat, Deutschland, zu verstehen bzw. zu akzeptieren.

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  • Atmosphäre
Veröffentlicht am 10.07.2023

Geheimnisse trennen, Offenheit und Liebe verbindet

Der Laden der unerfüllten Träume
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Der Titel – für mich auf den ersten Blick mit Wehmut behaftet. Und doch hat er mich fasziniert, wollte ich doch das Geheimnis der unerfüllten Träume lüften, die allem Anschein nach mit Glory Ann, Rosemary ...

Der Titel – für mich auf den ersten Blick mit Wehmut behaftet. Und doch hat er mich fasziniert, wollte ich doch das Geheimnis der unerfüllten Träume lüften, die allem Anschein nach mit Glory Ann, Rosemary und Sarah, drei Frauen aus drei aufeinanderfolgenden Generationen der Familie Clearwater aus der beschaulichen amerikanischen Südstaaten-Kleinstadt Brighton.
Glory Ann, die älteste der drei Frauen, betreibt mit ihrer Tochter Rosemary noch immer den seit vielen Jahrzehnten im Familienbesitz befindlichen Gemischtwarenladen "Old Depot Grocery". Ein Laden, der nicht nur den täglichen Lebensbedarf der Bewohner Brightons deckt sondern viele unbezahlbare Angebote großzügig allen Kunden zur Verfügung stellt: Mitgefühl, Herzenswärme, Fürsorge, um nur einige zu nennen. Doch die Zeiten sind nicht einfach und werden härter, wozu auch der neue Supermarkt nicht unerheblichen Anteil hat.
Neben den zunehmenden finanziellen Sorgen drängen aber auch noch offene Probleme und Fragen aus der Vergangenheit nach und nach offen zutage. Teilweise zurückzuführen auf die unerwartete Rückkehr der verwitweten Sarah, Rosemarys Tochter.
In zwei Erzählsträngen lernt man jede "Geheimnisträgerin", ihre Bewegründe für zum Teil jahrelanges Schweigen, kennen. Durch diese Einblicke erfährt man und erschließt sich so mancher Beweggrund und es ist faszinierend mitzuerleben, dass Verzeihung, Heilung und Vergebung möglich ist.
Jede Frauencharaktere hat mich mit ihrer Einzigartigkeit gefangengenommen und überzeugt. Empathisch und verständnisvoll kreiert, vor allem aber die realistische und treffende Verknüpfung von christlichen Glaubensinhalten und deren Auswirkungen im täglichen Alltag kommen auf eine bemerkenswerte und nachvollziehbare Weise zum Ausdruck. Mit anderen Worten: christlicher Glaube, praktisch gelebt, alltagstauglich

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Veröffentlicht am 10.07.2023

Eine bereichernde Freundschaft zwischen Mensch und Tier

Dalee
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Bereits auf Grund einer kurzen Leseprobe hat mich dieser Roman in seinen Bann gezogen, dass ich ihn sehr gerne in seiner vollständigen Fassung lesen wollte – und ich wurde nicht enttäuscht.
Bereits zu ...

Bereits auf Grund einer kurzen Leseprobe hat mich dieser Roman in seinen Bann gezogen, dass ich ihn sehr gerne in seiner vollständigen Fassung lesen wollte – und ich wurde nicht enttäuscht.
Bereits zu Beginn getragen von dem großen Verständnis, der Zuneigung, ja der Freundschaft zwischen einem (zunächst) noch kleinen indischen Jungen, Bellini, der aus einer Familie stammt, die bereits seit Generationen die Kunst der Mahut (Führung von Arbeits-Elefanten) beherrscht und einem Elefanten.
Der Autor lässt Bellini "seine" ganz persönliche Geschichte rückblickend erzählen:
Gemeinsam mit seiner Familie und ihrem Arbeits-Elefanten Dalee macht sich Bellini als kleiner Junge auf den langen und schwierigen Schiffs-Weg zu den weit entfernten Andamaneninseln. Angelockt von der Aussicht auf ein besseres Leben und eine erfolgreiche Zukunft, entpuppen sich diese Hoffnung schon gleich nach der Ankunft als falsche Erwartung bzw. Versprechen. Dalee, von dessen Arbeitsleistung die gesamte Familie abhängig ist, wird artgerecht behandelt. Doch Bellini sieht in Dalee mehr als nur ein Arbeitstier, für ihn ist er Vertrauter, Freund, Familienmitglied – eine ganz besondere Beziehung, die ihn mit Dalee verbindet. Umso erschreckender und aufwühlender dann die die mit dem zunehmenden Alter von Dalee einhergehende Veränderung: er beginnt zu vergessen. Nicht nur Arbeitsbefehle und seine gewohnte Umgebung sondern auch die Menschen, die ihm vertraut sind und die ihn umsorgen. Keine einfache Zeit – weder für Tier noch für Mensch, ganz besonders für Bellini.
Ein ruhiges und auch entspannendes Buch – und auch bereichernd. Dem Autor gelingt es auf gelungene Weise, ein bekanntes aber in diesem Sinne doch unbekanntes Land darzustellen. Interessante und sehr informative Einblicke in Sitten, Gebräuche und Kultur werfen zu können und dadurch einen hierzulande doch recht unbekannten Teil der indischen Geschichte kennenlernen zu können. Vieles war für mich neu, aber sehr faszinierend.
Ein entschleunigendes Buch, das für eine wunderschöne lesende Auszeit im Alltagsstress gesorgt hat.

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