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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 28.12.2023

Großartig

Lichtspiel
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Ich bin ja in der Regel immer sehr vorsichtig, wenn Bücher so sehr beworben oder gefeiert werden und sich gefühlt die halbe Welt einig ist, dass es sich um DAS Buch der Stunde handelt. Deshalb bin ich ...

Ich bin ja in der Regel immer sehr vorsichtig, wenn Bücher so sehr beworben oder gefeiert werden und sich gefühlt die halbe Welt einig ist, dass es sich um DAS Buch der Stunde handelt. Deshalb bin ich auch recht lange um das neue Buch von Daniel Kehlmann herumgeschlichen. Am Ende war ich dann aber doch einfach zu neugierig, um es nicht doch zu lesen. Am Ende hat mich das Buch sehr begeistert und es hat sich zu einem meiner Jahreshighlights entwickelt.
Wie genau allerdings die historischen Details sind vermag ich nicht zu beurteilen. Dazu sind meine Kenntnisse über Filmgeschichte einfach zu gering.
Mir haben die verschiedenen Perspektiven, aus denen die Geschichte erzählt wird, sehr gut gefallen. Dadurch ergaben sich für mich immer wieder neue Blickwinkel. Ein wirklich toller Erzählstil. Prägnante Szenen, die auf den ersten Blick unglaublich leicht erscheinen. Und hinter aufgesetzter und natürlich gekünstelter Heiterkeit verbergen sich menschliche Abgründe, NS-Ideologie, Macht und blanker Hass. Da ist zum Beispiel die schon vorab häufig besprochene Szene in Goebbels Büro. Jeder wird beim Lesen unweigerlich Goebbels' Gesicht vor Augen haben und seine fanatischen Reden. Und dieses skurrile Gespräch, in dem nicht einmal explizit gedroht wird. Und doch spürt man sofort mit welchen Machtbefugnissen Pabst' Gegenüber ausgestattet ist, kleine Machtspielchen werden vor seinen Augen durchgeführt und man weiß als Leser sofort, welche Konsequenzen es jetzt hätte, würde Pabst an dieser Stelle ablehnen.
Szenen wie diese finden sich immer wieder im Buch und ich finde sie unheimlich gut geschrieben, ich musste mehrfach tief durchatmen. Manchmal sind diese Momente auch eher subtil untergebracht und fast überliest man sie. Aber irgendwie bleibt man dann doch dran hängen, hält Inne und wird sich dann erst der ganzen Bedeutung einzelner Sätze bewusst.

Am Ende kann ich die Hauptfigur des G.W. Pabst für mich persönlich noch immer nicht einordnen. Er verlässt Hollywood vordergründig aufgrund seiner Erfolglosigkeit. Aber ist das wirklich alles? Ist die Sorge um seine Mutter wirklich so groß, wie er es überall verlauten lässt? Oder ist nicht doch das angekratzte Ego des großen und genialen Regisseurs ausschlaggebend, der Wunsch als große Persönlichkeit gesehen zu werden? Er ist für mich eine ambivalente Figur, schwer zu erfassen und manchmal auch schwer zu verstehen. Wenn er seine Umgebung in Kameraeinstellungen wahrnimmt, habe ich mich schon gefragt, ob neben seinen Filmen noch Platz ist für andere Dinge oder Menschen. Eine Mischung, die mich immer wieder dazu gebracht hat meine Sicht auf Pabst und sein Handeln zu überdenken.

Es wimmelt nur so von Namen anderer Regisseure, Drehbuchautoren und Schauspielern. Und ich hatte schon lange nicht mehr so viel Spaß dabei, nebenher Personen und deren historische Einordnung nachzuschlagen. Für mich ist "Lichtspiel" ein rundum gelungenes Buch.

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Veröffentlicht am 21.10.2023

Fantastisch

Das Gemälde
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Das Buch hat mir unglaublich gut gefallen. Auf einer Skala von 1 bis 10 würde ich eine glatte 20 dafür vergeben. Es gehört in diesem Jahr definitiv zum einen Jahreshighlights. Und das nicht nur, weil der ...

Das Buch hat mir unglaublich gut gefallen. Auf einer Skala von 1 bis 10 würde ich eine glatte 20 dafür vergeben. Es gehört in diesem Jahr definitiv zum einen Jahreshighlights. Und das nicht nur, weil der Grundstock für das Buch die Geschichte eines der berühmtesten Rennpferde aller Zeiten ist.

Geraldine Brooks verflicht in ihrem Buch verschiedene Handlungsstränge aus verschiedenen Zeiten zu einem ganz wunderbaren Roman. Dabei verarbeitet sie Themen wie Sklaverei und (Alltags-)Rassismus und betrachtet sie aus dem jeweiligen zeitlichen Kontext. Das tut sie äußerst geschickt, jede Episode ist enthält dieses Thema und seine Auswirkungen in unterschiedlichem Maße, mal verdeckter, mal offensichtlicher. Aber immer so, dass es dem Leser sehr bewusst ist. Den Stil dabei finde ich wunderbar. Toll erzählend, mitfühlend, filigran, mitziehend, Bilder erzeugend. Ich hatte beim Lesen sehr häufig das Gefühl, in diesem Pferdestall zu stehen, auf dieser Rennbahn zu sein oder die Angst selbst zu spüren. Und obwohl die Geschichte komplex und facettenreich ist, hatte ich nie das Gefühl mich durch die Menge der Figuren und Handlungsstränge überfordert zu fühlen.
Die Autorin verblüfft dabei mit sehr profundem Wissen über Pferdezucht, Anatomie und die Geschichte der Rennpferde, ebenso über Kunst und die historische Einordnung von Sklaven in der Renngeschichte. Sie legt ihren Figuren dieses Wissen so passend in den Mund, dass selbst diese wissenschaftliche Aspekte nahtlos in die Geschichte eingebunden werden.

Die Figurengestaltung gefällt mir sehr. Jess und Theo sind ein bemerkenswertes Figuren-Duo. Beide sind dynamisch, klug und auf ihren Fachgebieten absolute Kenner. Die größte Unterschied ist ihre Hautfarbe. Jess ist weiß, Theo eine Person of Colour, aufgewachsen mit den Privilegien der weißen britischen Oberschicht. Dieser Umstand wird noch eine gewichtige Rolle in der Geschichte spielen.
Es treten zwischen beiden viele alltägliche, kleine Situationen auf, die für stumme Momente, Innehalten, Wut und Ärger sorgen. Unbeabsichtigte, schnell gesprochene Sätze, die wie Nadelstiche wirken. Diese Situationen machen den Leser nachdenklich, man überlegt unwillkürlich, was man selbst gesagt hätte.
Beim Ende bin ich mir nicht ganz so sicher, ob es nicht letztlich doch etwas zu viel war. Bei nochmaligem darüber Nachdenken finde ich es dennoch passend und auch nur konsequent, die Gegenwart so aktuell mit einzubeziehen.

Die Autorin verpackt ernste Themen in eine unterhaltsame Geschichte, lässt sie dadurch für den Leser leichter erscheinen, als sie es wirklich sind und regt zum Nachdenken und auch zu Diskussionen an. Die ganze Geschichte hat mich sehr bewegt und nachdenklich über meinen eigenen Umgang mit Sprache gemacht.

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Veröffentlicht am 08.10.2023

Eine wirklich schöne Geschichte

Skogen Dynasty (Crumbling Hearts, Band 1)
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Es geht doch nichts über eine schöne Liebesgeschichte. Und die Geschichte von Aleksander und Norah hat mir wirklich sehr gut gefallen.
Sowohl Aleksander als auch Norah sind mir sehr sympathisch. Was daran ...

Es geht doch nichts über eine schöne Liebesgeschichte. Und die Geschichte von Aleksander und Norah hat mir wirklich sehr gut gefallen.
Sowohl Aleksander als auch Norah sind mir sehr sympathisch. Was daran liegen könnte, dass ich beide nicht unbedingt als typisch für dieses Genre empfinde, trotz der etwas klassischen "reicher Mann und normales Mädchen" Verteilung. Aber Aleksander kommt bei mir sympathisch an. Er ist nicht der Aufreißer-Typ, hat ein Gespür für Menschen und ist sich über seinen weiteren Weg in der einer bekannten Unternehmer-Familie selbst noch nicht sicher. Norah ist sehr bodenständig, direkt und wirkt dadurch auf mich wie jemand, mit dem man auch in der wirklichen Welt gerne auf eine Trekking-Tour gehen würde.
Beide nähern sich eher vorsichtig einander an und die Beziehung kann sich wirklich aufgrund von Gesprächen und Kennenlernen entwickeln. Beide haben an ihren persönlichen Problemen zu tragen und gerade Norahs Geschichte hat mich sehr berührt.
Ich habe es wirklich sehr gerne gelesen.

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Veröffentlicht am 03.09.2023

Unterhaltsam und vielschichtig

Always love you (Ikonen ihrer Zeit 10)
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Ich liebe Romanbiografien und diese hat mich schon sehr gereizt. Whitney Houston, die Frau mit der Jahrhundertstimme und Interpretin des wohl am meisten missverstandenen Hochzeitssongs der Welt. Mit ihren ...

Ich liebe Romanbiografien und diese hat mich schon sehr gereizt. Whitney Houston, die Frau mit der Jahrhundertstimme und Interpretin des wohl am meisten missverstandenen Hochzeitssongs der Welt. Mit ihren Liedern verbinden viele Menschen weltweit besondere Momente und Gefühle. Noch heute werden sie regelmäßig im Radio gespielt.

Doch wo Licht ist, ist bekanntlich auch Schatten. Hanna Faber zeichnet in ihrem Buch das Bild einer jungen, schüchternen und unfassbar talentierten Frau, die ihr liebstes Hobby, das Singen, zu ihrem Hauptberuf machen möchte. Auf der anderen Seite ist diese junge Frau auch sehr zerbrechlich, unsicher und irgendwie immer auf der Suche nach bedingungsloser Liebe um ihrer selbst Willen. Diese Schwankungen bekommt der Leser immer dann ganz besonders zu spüren, wenn Whitney und Robyn sich mal wieder in die Haare bekommen und Whitney sich in Kleinigkeiten regelrecht hineinsteigern kann. Und es kristallisiert sich immer mehr heraus, dass Robyn nicht nur ihre beste Freundin ist, sondern auch ihr einziger konstanter Halt in ihrem Leben und ihrer turbulenten Umgebung. Das Band zwischen beiden muss unglaublich stark gewesen sein. Ich muss ehrlicherweise zugeben, dass ich an Robyns stelle wohl nicht alles so kommentarlos geschluckt hätte...

Mir hat das Buch sehr gut gefallen, das versucht ein differenziertes Bild der Künstlerin darzustellen und auch nicht so positive Aspekte der Person zeigt. Natürlich war Whitney Houston eine unfassbar grandiose Sängerin, mit soviel Talent beschenkt, wie es nicht häufig geschieht. Es zeigt ihre Erschöpfung, ihr Pflichtgefühl gegenüber ihrer Familie und wie sehr doch auch als erwachsene Frau noch das verunsicherte Mädchen in ihr steckt, dass sich nach Geborgenheit und einer Familie sehnt.
Aber sie war auch labil und unstet, ihr Kokainkonsum begann bereits in jungen Jahren.

Und trotz des leichten und unterhaltsamen Stils wird die Geschichte nicht flach oder geschmacklos. Nur beim Thema Rassismus hat die Autorin sich etwas sehr zurückgehalten. Ich denke, Whitney Houston dürfte mit dieser Problematik während ihrer Karriere weitaus mehr konfrontiert worden sein.

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Veröffentlicht am 01.09.2023

Wunderbar

Die Butterbrotbriefe
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Ein ganz wunderbares und bezauberndes Buch, das ich mir unheimlich gut gefallen hat. Carsten Henn beschreibt seine Figuren so genau, ohne dabei auszuufern. Spleens und Eigenheiten werden so charmant beschrieben, ...

Ein ganz wunderbares und bezauberndes Buch, das ich mir unheimlich gut gefallen hat. Carsten Henn beschreibt seine Figuren so genau, ohne dabei auszuufern. Spleens und Eigenheiten werden so charmant beschrieben, dass man eigentlich gar nicht anders kann, als die Figuren ins Herz zu schließen. Von Anfang an habe ich mich in der Geschichte wie zu Hause gefühlt.

Ich finde die Idee, Briefe auf Butterbrotpapier zu schreiben, witzig. Es ist so ein alltägliches, unscheinbares und mittlerweile altmodisches Material. Mir hat die Grundidee des Romans sehr gut gefallen. Und es gibt so viele tolle und - wie ich finde - kluge Sätze darin, die mir sehr ans Herz gegangen sind. Gleichzeitig ist es auch eine Liebeserklärung an das Schreiben und eine Hommage an den Brief.

Es gibt witzige Momente, geprägt von Situationskomik; herzerwärmende Begegnungen, heilende Umarmungen, kluge Erkenntnisse, sehr traurige Momente, in denen ich so sehr mit Kati mitgelitten habe. Und es gibt ganz wunderbare Briefe und erhellende Ausflüge in die Arktis. Für mich war es ein rundum gelungenes Leseerlebnis.

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